125 Jahre Elektroauto – Damals und heute: Nur Fiktion oder eine deutsche Zukunftsvision?
So wie die Titelzeile: »125 Jahre Elektroauto«, so klingt auch der nachstehende Satz wie eine Zukunftsvision: »In den USA fahren 22 Prozent der Autos mit Benzin, 38 Prozent werden mit Elektromotoren betrieben und die verbleibenden 40 Prozent entfallen auf sonstige Verbrennungsantriebe.«
Dies dürfte den einen oder die andere zu der Annahme veranlassen, dass es sich bei diesem Bericht um einen Rückblick aus der Zukunft handelt. Tatsache ist jedoch, dass die eingangs genannten Zahlen aus dem Jahr 1900 stammen. Aus einer Zeit, in der das Auto und sein Antrieb noch in den Anfängen der Entwicklung steckten. Heutzutage liegt der Anteil der elektrisch betriebenen Fahrzeuge in den USA bei 0,25 Prozent. Hierzulande fahren mal mehr, mal weniger als 5.000 Elektrofahrzeuge und etwa 13.000 Hybridfahrzeuge durch die Straßen. Das ergibt bei bundesweit 58,7 Millionen angemeldeten Fahrzeugen einen Marktanteil von 0,022 Prozent bei den durch Hybrid-Technik und 0,00852 Prozent bei den elektrisch betriebenen Fahrzeugen.
Im Jahr 1821 begann die Entwicklung des Elektroantriebes, und bereits im April 1851 wurde die erste Probefahrt mit einer echten Elektrolok durchgeführt. Die zwei jeweils 20 PS starken Elektromotoren beschleunigten die Lok auf 31 km/h. Die Batterie war jedoch nur für eine kurze Zeit in der Lage, ausreichend Strom zu liefern. Im Jahr 1881 stellte der französische Erfinder M. Gustave Trouvé das erste offiziell anerkannte Elektroauto vor. Danach folgten weitere Entwicklungen, wie die von Werner Siemens, der in Berlin-Halensee einen elektrischen Kutschenwagen vorstellte, der als weltweit erster Vorläufer der heutigen Oberleitungsbusse gilt. Den vermutlich ersten elektrisch angetriebenen Personenkraftwagen der Welt baute 1888 die Coburger Maschinenfabrik A. Flocken (s. Foto).
Dies waren jedoch alles Fahrzeuge, die mehr oder weniger noch mit Funktionsfehlern zu kämpfen hatten oder deren Leistungen zu gering waren, als dass sie für eine Serienfertigung geeignet gewesen wären. Dies gelang jedoch 1890 dem Amerikaner William Morrison mit dem Bau seiner an einer Kutsche orientierten Fahrzeuge. Diese fuhren 10-12 km/h und hatten eine Reichweite von ungefähr hundert Kilometern. In Europa war es der Franzose Louis Antoine Kriéger, der 1897 in Courbevoie bei Paris die Société des Voitures Electriques gegründet hat. Das Unternehmen stellte Vorspannwagen mit Radnarben-Elektromotoren für Pferdekutschen her und ab 1898 auch komplette Elektrofahrzeuge.
Der Elektroantrieb wurde durch die Erfindung des Anlassers und die Serienfertigung von benzinbetriebenen Fahrzeugen in den Hintergrund gedrängt und verlor den Kampf der Antriebsmöglichkeiten. Nach 1912 verschwanden die Elektrofahrzeuge gefühlt gänzlich aus dem Straßenbild. Jedoch kamen sie als Nischenfahrzeuge in unterschiedlicher Weise zum Einsatz. In Großbritannien wurden und werden sie für die tägliche Anlieferung der Milch verwendet. In Deutschland wurden elektrobetriebene Fahrzeuge 1953 für die Briefkastenentleerung in Betrieb genommenen. Die sogenannten Nachbarschaftsfahrzeuge in den USA sind hingegen kaum erwähnenswert. Auch die anderen Projekte, die die Kommerzialisierung zum Ziel hatten, blieben erfolglos. Somit kann man die Zeit von 1912 bis 1990, aus elektroantriebstechnischer Sicht, als verschwendet ansehen. Angesichts des technischen Fortschritts auf anderen Gebieten ist der in dem Bereich von Elektroantrieben in den Kinderschuhen stecken geblieben. Nicht nur das. In den USA wurden ganze Produktionsreihen verschrottet. Die Dokumentation »Warum das Elektroauto sterben musste« (Who Killed the Electric Car) aus dem Jahr 2006 gibt einen guten Einblick in die Machenschaften der Konzerne. Es stellt sich zwangsläufig die Frage: Ist aus Sicht der Wirtschaft noch zu viel Öl vorhanden, das zunächst verkauft und verbraucht werden muss, bevor dem Elektroantrieb Vorschub eingeräumt werden kann?
Seitdem ziehen die Jahre ins Land und die Ölquellen werden irgendwann versiegt sein –
Experten streiten über den genauen Zeitpunkt, aber nicht mehr darüber, ob. Viel wesentlicher ist die Tatsache, dass die Erfindung des Elektroautos über Jahrzehnte in den Schubladen der Ingenieure verschwand und auch nach dieser langen Zeit keine bessere Technik vorhanden ist. Vor 125 Jahre begann in Deutschland die Entwicklung des Elektroautos. 125 Jahre, in denen die Entwicklung dieser Alternative zum Antrieb von Fahrzeugen sträflich vernachlässigt wurde.
Aktuell überlegt die Industrie, die Produktion und Weiterentwicklung im Bereich Hybridantrieb auszubauen. Beim Hybridfahrzeug wird der Verbrennungsmotor mit dem Elektromotor kombiniert, was in Zukunft den Kraftstoffverbrauch senken und die Fortbewegung finanzierbar halten soll.
Die Zukunftsvision unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht zudem vor, dass bis zum Jahr 2020 eine Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren sollen. Ein ehrgeiziges Ziel, wenn die Entwicklung der vergangenen 125 Jahre berücksichtigt wird.
Knackpunkt Akku
Nach wie vor stehen potentielle E-Auto-Kunden der Lebensdauer von Akkumulatoren (Energiespeicher) und der geringen Reichweite skeptisch gegenüber. Verständlicher Weise: Ein Auto muss nicht nur den täglichen Arbeitsweg, sondern am Wochenende auch den Ausflug und in den Ferien die Strecke zum Urlaubsort bewältigen können. Seien wir ehrlich, wer hat schon Lust, Gefahr zu laufen, beim Wochenendausflug in den Spreewald gemeinsam mit der Familie und der nervigen Schwiegermutter wegen Akkuschwäche für bis zu sieben Stunden festzusitzen, die es benötigen kann, bis der Akku wieder aufgeladen ist? Auch das Aussetzen einer lästig gewordenen Schwiegermutter wird erschwert, da der Radius gegenüber eines mit Verbrennungsmotor betrieben Autos ungleich geringer ist. Die Ingenieure sind somit angehalten nachzubessern.
Zumeist kommen die Serienfahrzeuge nicht über 100-150 Kilometer hinaus. Ausnahmen bilden der Tesla Roadster mit 350 Kilometern, TGMY EV Himiko, je nach Getriebe, mit bis zu 550 Kilometern und der e-Wolf Alpha-1SRF ein Radical SR8-Umbau mit 300 Kilometern. Seit über einem Jahr ist mit dem PG Elektrus ein deutsches Fahrzeug auf dem Markt, das der Konkurrenz die Stirn bietet. Der Elektromotor mit 200 Kilowatt (zirka 272 PS) Leistung und 350 Newtonmetern beschleunigt den Wagen in unter drei Sekunden auf 100 km/h. Darüber hinaus erreicht der PG Elektrus laut Herstellerangaben eine Höchstgeschwindigkeit von über 300 km/h und besitzt je nach Fahrweise eine Reichweite von über 300 Kilometern. Der Clou, die Akkus können nicht nur über die Steckdose aufgeladen werden, sondern auch während der Fahrt über die am Heck angebrachten Solarzellen. Der Preis von 240.000 Euro plus Mehrwertsteuer ist jedoch nicht für jeden Geldbeutel erschwinglich (s. Foto oben).
Die Hersteller versuchen, die geringe Reichweite mit einer kurzen Ladezeit der Akkus von etwa 30 Minuten wieder wett zu machen. Das Problem ist jedoch, dass der sogenannte Schnellladevorgang die Lebensdauer der Akkus beeinträchtigt, sie sogar erheblich verkürzt. Die Medaille hat also zwei Seiten. Je nach Art des eingebauten Akkumulators kann man die Reichweite zusätzlich erhöhen. Für kleines Geld gibt eine kleine Reichweite, für großes Geld eine große Reichweite. Die bereits erwähnten Hybrid-Fahrzeuge gleichen diesen Mangel aus. Mit einer neuartigen Antriebstechnik hat Opel den Ampera auf den Markt gebracht. Der Opel Ampera wird von einem 111 kW (150 PS) 2 starken, elektrischen Aggregat angetrieben. Dieses befindet sich im Motorraum neben dem Verbrennungsmotor und besteht aus zwei elektrischen Motoren sowie einem Planetengetriebe.
Nicht nur die Reichweite, auch die Lebensdauer erhöht sich mit der Bereitschaft, einen höheren Kaufpreis zu akzeptieren. Während ein günstigerer Bleiakkumulator 5.000 bis 50.000 Kilometer hält, schafft der kostenintensivere Nickel-Cadmium-Akkumulator 100.000 bis 250.000 Kilometer.
Lag der Anschaffungspreis vor Jahren bei einer für Kunden unattraktiven Summe von mehreren 10.000 Euro, ist er mit dem bescheidenen Fortschritt in erschwingliche Dimensionen gerückt. Ein Stadtauto ist derzeit bereits für 6.000 bis 15.000 Euro zu bekommen. Der bereits erwähnte Tesla ist ab 50.000 Euro zu haben. Dazwischen liegen jede Menge Elektroautos, die in direktem Wettbewerb um die Kundschaft buhlen. Der Elektro Smart Coupé liegt bei 23.680 Euro. Er hat eine Reichweite von 149 Kilometern und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h. Der Nissan Leaf ist im Internet unter nissan.de mit 33.990 Euro angegeben. Um preislich attraktiver werden zu können, müssen die Batterien in ihrer Lebensdauer, Speicherkapazität und schlussendlich auch in den Absatzahlen verbessert werden.
Darüber hinaus stehen die Elektroautos in der Kritik, da auch sie für die Aufladung der Akkus Strom benötigen, der aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Ziel wird es somit bleiben, die Solarzellentechnik zu verbessern, um Fahrzeuge in Zukunft mit Sonnenenergie betreiben zu können und lediglich bei schlechtem Wetter auf die Leistung aus den Akkus zurückgreifen müssen. Sollte der Strom zukünftig vollständig aus erneuerbaren Energien gewonnen oder direkt durch Solarzellen direkt umgewandelt werden können, würde die derzeitige Co² Emission von 550 Gramm CO² pro kW/h auf nahe zu Null sinken.
Das Solarauto stellt die derzeit einzig wahre Alternative zu den herkömmlichen Fortbewegungsmitteln dar. Es verbraucht keine fossilen Brennstoffe und schont dadurch die Umwelt. Es ist leise und schont somit Nerven. Und es ist auf dem Weg, für die Kundschaft technisch ansprechend ausgestattet zu sein, um den Alltagsbedingungen Stand halten zu können. Lediglich die bei der Herstellung verwendeten Materialien für die Solarzellen, deren Energieausbeute noch nicht optimiert ist, werden aus wertvollen Rohstoffen hergestellt. Aber irgendwas ist halt immer. Dabei ist der Fortschritt in dem Bereich in den vergangenen Jahrzehnte unverkennbar.
Von 2007 bis 2008 umrundete Louis Palmer mit dem solarstrombetriebenen Elektroauto »Solar Taxi« die Welt und legte in der Zeit eine Strecke von 50.000 Kilometern zurück. Das erste eigenständige Solarauto »SolarWorld GT« umrundete von 2011 bis 2012 die Welt und macht vom Aufbau her den Eindruck, in nicht all zu ferner Zukunft die Serienreife erreichen zu können (s. Foto linke Seite, unten).
Um den Ehrgeiz der EntwicklerInnen zu fördern, finden regelmäßig weltweit sogenannte Solarralleys statt, von der die erste 1985 unter dem Namen »Tour de Sol« in der Schweiz durchgeführt wurde. Bei diesen Wettbewerben wurden und werden stets neue Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt. Als Höhepunkt gilt dabei die World Solar Challenge, die aktuell alle zwei Jahre veranstaltet wird. Dabei erreichen die führenden Teams Gesamtdurchschnittsgeschwindigkeiten von 100 km/h. Im September 2005 gelang dem Team Nuon mit dem Solarmobil NUNA III der dritte Sieg in Folge. Der Weglängenrekord liegt bei 830 Kilometern am Tag und wurde von dem niederländischen Team NUNA II im Oktober 2003 aufgestellt. Darüber hinaus gibt es sechs weitere internationale Wettbewerbe, in denen sich die Teams messen. Der Landgeschwindigkeitsrekord liegt bei 165 km/h und wurde 2006 in Taiwan von der Ashiya Universität aufgestellt. Bereits 2005 erreichten sie mit dem Sky Ace TIGA die Rekordgeschwindigkeit von 150 km/h.
Die gegenwärtige Situation in der Entwicklung von Elektroautos sieht düster aus. Ein ungeliebtes Kind, das per Gesetz zur Eingliederung in den Automarkt gezwungen werden muss. Die Industrie wehrt sich und bietet als Integrationshilfe das Hybridauto. So hat die eine Seite zum Teil ihren Willen und die anderen ihre Renditen.
Bildnachweis:
1 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fb/1888_Flocken_Elektrowagen_sw.jpg
2 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3d/PG_Elektrus_Front.jpg
3 http://blog.ruhrmobil-e.de/files/2012/05/estherheilgenberg_am_steuer.jpg