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Monat: August 2010 - Der Kreuzberger

Ausgabe 8

Titelthema: Monsanto – Genial oder einfach nur Gen?
Weitere Themen: Vorwort – Sex habe ich genug, das Leben fickt mich jeden Tag / Horch und Guck – In Friedrichshain / Dr. Markus Ternes – Die Festkörperforschung / Kunst im Kiez – Kurt Mühlenhaupt / Howard Marks – Dopestorys über Señor Nice im KitKat Club / William Wires – Marketing / Neues von Jan Pfennig / Die Ordnung ist wieder hergestellt / Kurz Gesagtes: Das Kurzarbeitergeld, Konservierungsstoffe sind lebensverlängernd, Der Weltfriedenswanderer / Ungewohnte Töne im Wrangelkiez – Profimusiker testet das Holzophon / Touri Tipp – Der Wrangelkiez / Der lästige Hartz4-Empfänger – Leserbrief von Bookfield

Hier geht es zur PDF-Ausgabe Nr. 8




Der lästige Hartz 4 Empfänger – Leserbrief

Ups, da hab ich wohl keine Arbeit mehr! Diese Aussage könnten wohl viele in Berlin machen. Ein Teil weil er gerade mal wieder seinen Job verloren hat, ein anderer weil er schon lange keinen mehr hat. Alle haben eins gemeinsam, ob nun aus Faulheit oder aus Mangel an offenen Stellen, sie brauchen Geld zum existieren. Also geht man zum Amt und bittet um finanzielle Unterstützung. Das erst mal zum normalen Ablauf. In einem Land der Unterscheidungen zuckt auch hier der Reflex, die Gruppe der Arbeitslosen zu teilen, in Arbeitslosengeldempfänger und in Hartz 4ler. Die einen haben hart gearbeitet, viel Geld von ihrem Lohn in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und somit auch das legitime Recht auf Unterstützung, so wird behauptet. Die anderen sind dann doch eher Faul und liegen der Gesellschaft auf der Tasche, nicht Umsonst werden sie gerne als Sozialschmarotzer betitelt.

Nun frage ich mich natürlich: Wer darf Hilfe bekommen? Die Politik legt ein Profil an, welches Menschen in das Schema guter oder schlechter Arbeitsloser pressen. Dies machen sie natürlich mit Kalkül, denn sie stehen vor einem Problem.

ES GIBT NICHT MEHR GENUG ARBEIT !

Also die Bringschuld der Politik, Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, damit Arbeit entsteht und somit die Gesellschaft am Laufen zu halten ist nicht mehr im vollem Umfang gewährleistet. Natürlich könnte man jetzt einen Exkurs in die verschiedenartigen Gründe für diese Misere machen, Fakt bleibt, es gibt nicht genug Arbeit! Da nützt auch kein dummes Geschwätz von dem Ziel der Vollbeschäftigung. Sicherlich kann man das nicht für alle Berufsbereiche behaupten, denn in der Gruppe der Hochqualifizierten besteht ein Mangel, doch selbst bei dieser ist inzwischen die Sicherheit verloren gegangen, denn auch hier ist es sehr wichtig geworden, wo genau die Qualifikation besteht.

Mein Augenmerk bezieht sich eher auf die Schicht der Unqualifizierten, eine Gruppe die wirtschaftlich eigentlich gar nicht mehr zu gebrauchen ist und für den Staat nur noch als Kostenfaktor wahrgenommen wird. Diese Gruppe wächst, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Andere Länder haben ihre eigenen Modelle mit dieser Gruppe umzugehen, nicht umsonst gehören Slums zum normalen Bild von Großstädten, inzwischen auch in den meisten Städten Europas. Ich möchte hier nicht die Verhältnisse von Berlin, Paris usw. mit denen in Mexiko City, Bangkok oder Johannesburg vergleichen, doch es gibt eine Tendenz und die zeigt auf Verarmung und der hilflose Umgang mit ihr (Man geht heute davon aus das es weltweit ca. 200000 Slums gibt in denen ca. 1 Milliarden Menschen in Armut leben).

Die Hilflosigkeit beginnt damit, die genauen Probleme nicht sehen zu wollen und sich mit der Frage zu beschäftigen, was mache ich mit Personen die nicht mehr in den Wirtschaftskreislauf integriert werden können. Wer legt fest wer hilfreich für eine Gesellschaft ist und welche Indikatoren werden dafür herangezogen und besteht überhaupt noch der Anspruch bestimmte Gruppen in der Gesellschaft zu unterstützen.

Wir haben heute die Situation, das entweder Qualifikation, Macht oder Geld als Indikatoren für eine Akzeptanz in der Gesellschaft gelten, einige schaffen es auch durch hervorragende menschliche Handlungen, doch die können wir getrost vernachlässigen, denn diese werden meist nur als moralische Funktion hofiert.

Wir haben also diese Gruppen von Menschen innerhalb von Gesellschaften, die nicht mehr „gebraucht“ werden. Unser Denken ist meistens schon so geprägt, dass die meisten ein ähnliches Urteil über diese Gruppe fällen würden. Wir nennen dieses Denken unser eigen und sind bemüht durch unsere Handlungen selbst nicht dazu zu gehören. Denn alle wollen irgendwie gebraucht werden. Ich gebe zu bedenken, dass diese Einteilung nicht nach den Prinzipien der Menschlichkeit getroffen wurde, sondern nach der wirtschaftlichen Nutzbarkeit (Human-kapital). Nur wir haben das Problem, diese Gruppe existiert, sie ist da, jeden Tag läuft sie an uns vorbei. So wie die „DRITTE WELT“ bei uns in den Kaufhausregalen permanent präsent ist und wir die Menschen vergessen die diese Waren, unter meist erbärmlichen Verhältnissen herstellen. Genauso vergessen wir auch die Menschen bei uns, die sich aus Armut aus dem gesellschaftlichen Leben zurück ziehen müssen oder als “sozialer Schandfleck” vor den Einkaufshallen, im Park oder sonst wo herumlungern.

Was wir leider nicht machen, ist, zu hinterfragen welche Grundsätze wir herangezogen haben, um diese Missstände tolerieren zu können. Wir gehen wie selbstverständlich immer noch von Glaubensätzen aus, die so nicht mehr haltbar sind (ohne Fleiß kein Preis, wer Arbeiten will findet auch welche, erst die Arbeit dann der Lohn, es existiert eine soziale Marktwirtschaft, soziale Netze kümmern sich um Arme etc.). Die Situation hat sich geändert und es fallen heute selbst Menschen in das Armutsraster, die nach dem herkömmlichen Sinne alles richtig gemacht haben.

Doch wie kommt es überhaupt , dass wir eine Existenz nur denjenigen zusprechen die Arbeit haben. Wieso darf es den Faulenzer nicht geben? Warum werde ich gezwungen so viele Richtlinien einzuhalten, nur damit ich existieren darf. Wie wäre es, wenn sich meinetwegen erst mal ein Staat ,als ein Gebilde begreift, bei dem alle Mitglieder als gleichwertige Mitglieder verstanden werden, egal was jeder Einzelne darin für Handlungen vollzieht. Dieser Staat erst mal die Aufgabe hat, die Mitglieder dieser Gemeinschaft die Grundversorgung zu gewährleisten. Der Staat die Aufgabe hat, Unternehmen, die dieses Ziel mit umsetzen zu unterstützen und zu fördern. Das heißt auch das er bestimmte erforderlichen Mitteln der Infrastruktur nicht komplett privatisieren darf, wie z.B. die Wasserversorgung, den Strom/Gas, Nahverkehr, Nahrung, Kommunikation, Immobilien. Diese Grundversorgung muss gewährleistet sein, alles andere kann dem freien Handel untergeordnet werden. Welche Aufwendungen müssen erbracht werden um diesen Zustand der staatlichen Versorgung zu erreichen. Denn was wünschen sich denn alle? Ein erstmal sorgenfreies Leben im Bereich der Grundversorgung. Dieser Zustand sollte das Ziel aller Staaten sein, die in Kooperation untereinander sich bei diesem Unterfangen helfen.

Ok, das ist völlig unrealistisch! Warum? Realistisch betrachtet lassen wir gerade die Welt untergehen und fühlen uns auch noch im Recht mit der Meinung, das dies nicht zu verhindern ist. Die Klimaveränderung ist für die meisten noch nicht real erfahrbar, jedenfalls in Europa.

Doch sie kommt und das in einem Ausmaß und einer Geschwindigkeit die vor ein paar Jahren noch nicht so eingeschätzt wurde. Sie ist auch nicht das Problem, das Problem ist, das wir sie Ignorieren, auch wenn sie inzwischen als Gesprächsstoff all gegenwärtig geworden ist. Dies wird auch perspektivisch einen großen Einschnitt für den Welthandel bedeuten, denn irgendwann werden wir uns den Apfel aus Südafrika nicht mehr leisten können (was eigentlich eh Schwachsinn ist), da die Transportwege zu teuer werden (Öl wird knapp und teuer). Auch wird mehr Geld für den Wiederaufbau benötigt, dessen Zerstörung durch Naturereignisse oder provozierte Unfälle (z.B Ölpest) hervorgerufen wurden. Dazu kommt das die Länder die Europa, seit der Kolonialzeit ausgebeutet hat, eigen-ständiger werden und die Abhängigkeitsverhältnisse sich verändern oder uns wirtschaftlich überflügeln werden (siehe z.B. China und Indien). Solange die Wirtschaft noch auf gnadenlose Konkurrenz ausgerichtet ist, werden die anstehenden Probleme nicht bewältigt werden können. Es werden immer noch Kriege mit immensen Kosten geführt, nur um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und/oder die Versorgung von Rohstoffe zu sichern und nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, die in diesen Ländern leben. Um was geht es eigentlich?

Um die Bereicherung einiger weniger innerhalb eines Staates oder um eine intakte Gesellschaft, bei der alle Menschen integriert werden?

Lustig dabei ist, dass der Bundespräsident Köhler zurückgetreten ist, nur weil er auf diese allgemein Bekannte Praxis hingewiesen hat, ziemlich lächerlich das dies noch kein Konsens zu sein scheint. Die Politik denkt immer noch, die Bevölkerung besteht aus lauter Vollpfosten. Wenn man das Bildungssystem anguckt laufen wir zwar genau dort hin, doch noch ist es nicht so weit, auch wenn die Bildzeitung die Politik dabei kräftig unterstützt.

Doch was Tun? Fangen wir langsam an die neuen politischen und wirtschaftlichen Begebenheiten neu zu bewerten, welche Ziele werden überhaupt verfolgt, wohin fließen diese immensen Gelder und für was werden sie verwendet. Wieso klafft die Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander ohne das sich die Politik dafür wirklich interessiert. Vor dem Gesetz sollen alle gleich sein, doch bei der Arbeit werden Menschen in Summen bezahlt die weit über der überhaupt möglichen Arbeitsleistung liegen, hingegen andere mit Almosen abgespeist werden. Warum lässt ein Staat solche haarsträubenden Ungerechtigkeiten zu und versucht selbst in der Krise nicht auf diese überbezahlten Lohngruppen zuzugreifen, sondern folgt seinem Reflex des geringeren Widerstandes und stürzt sich wie immer auf die sozial schwach gestellten. Nur muss er langsam aufpassen, denn er bringt damit das Gesellschaftsgefüge durcheinander.

Die Krise ist da, auch wenn sie in Deutschland noch in abgeschwächter Form erfahrbar ist. Daher ist es dringend notwendig neue Prämissen des Zusammenlebens mitzugestalten. Die ‘Vermögensverteilung hat mittlerweile eine so große Schieflage, das sie endlich korrigiert werden muss, wo andere in 10 € Schritten rechnen, haben andere dieses Problem erst im 6 stelligen Bereich. Wie konnte es dazu kommen das Arbeit so unterschiedlich bewertet wurde und das Reichtum so extrem ungerecht verteilt ist. Die Lobbyisten in der Politik müssen sich langsam auf die Werte besinnen, die sie uns permanent vor heucheln. Und Otto Normal Verbraucher sollte langsam erkennen, wie viel Macht er eigentlich besitzt und sie nutzlos brach liegen lässt.

Wir haben die Möglichkeit, so lange zu warten bis unser Handlungsspielraum so klein geworden ist, um nur noch darauf als Notfall zu reagieren oder wir fangen jetzt damit an, um uns einen höheren Gestaltungsspielraum zu schaffen. Denn dieser würde den Verlustfaktor von Menschenleben sicherlich immens nach unten sinken lassen, auch wenn man oft den Eindruck hat, dass dies gar nicht gewünscht ist. Zur Zeit sieht es nach Rette sich wer kann aus und wer sich bei Katastrophen am besten Retten kann, wissen wir. Jedenfalls nicht das einfache Volk.

Letztendlich werden wir über kurz oder lang auf einander angewiesen sein, weil das Problem des Klimas, der Wirtschaft, des Friedens etc. zum Glück keine Ländergrenzen kennt. Die Frage ist nur setzt sich die Einsicht und Vernunft durch oder werden wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Beim 11.o9 haben wie gesehen, wie mit einer Krise umgegangen wurde die nicht auf Vernunft basierte sondern auf Rache und schwupp zwei Kriege angezettelt wurden, die ihrer eigenen Dynamik folgen. Lassen wir es nicht zu, dass sich solche Vorgänge von durchgeknallten Präsidenten wiederholen.

Beim Klima haben wir das Glück diesen Mechanismus leicht zu verstehen. Es zeigt uns in seiner sehr einfachen, aber verständlichen Weise auf, das wir nicht getrennt von der Welt handeln können ohne dafür die Konsequenzen zu tragen. Wenn ich also alles was mich umgibt zerstöre, werde ich letztendlich selbst zerstört. Ach, das haben wir nicht gewusst?! Ich weiß, ich dachte auch immer, Kinder gehören geschlagen damit sie Hören, bis ich das Messer im Rücken spürte!

Doch was heißt das? Es heißt Du bist verantwortlich für alles, es gibt keine Ausnahmen. Schau dir deine Rechtfertigungen deines Handelns an, doch letztendlich bist du es der handelt. Du findest die Welt Scheiße, liegst aber den ganzen Tag auf dem Sofa, du bist gegen Massentierhaltung, aber willst das Schnitzel für ein paar Cent. Du bist gegen die Armut, aber nicht bereit abzugeben. Die Umsetzung deiner Probleme sollen doch bitte schön andere übernehmen. Die Verantwortung wird meist abgegeben, um sich so den Schwierigkeiten nicht stellen zu müssen. Sowie der Spekulant nur den kurzfristigen Gewinn sieht, ohne sich Gedanken über dessen Auswirkungen zu machen, so verprügelt der Frustrierte den nächstbesten, um von seinem persönlichen Hilflosigkeit abzulenken. Kämpfen wie nicht gegen sondern für, fangen wir an zu formulieren wie es aussehen könnte und was dafür benötigt wird. Warten wir nicht auf andere, die für uns handeln sollen, handeln wir selbst, jede/r in dem Umfang seiner Möglichkeiten. Denn wenn man auf die Politik und Wirtschaft wartet ist es zu spät, sie hatten ein paar Jahrhunderte Zeit, wir haben gesehen und verstanden, das ihre Solidarität bei ihrem Egoismus endet.

Geschrieben von bookfield




Touri-Tipp – Wrangelkiez

Pünktlich zur Urlaubssaison möchten wir es nicht versäumen, dem Berlin-Besucher eine Möglichkeit aufzuzeigen seinen Urlaub in entspannter Ruhe und in geselliger Umgebung zu verbringen. Was würde sich da besser anbieten als der Besuch des berühmt-berüchtigten Wrangel-Kiezes?! Die sagenumwobenen und bereits weltweit gestreuten Gerüchte und Geschichten um unseren schönen Kiez reichen von “abgefahren” und “geil” bis zu “No Go Area”. Einige Vergleiche reichen sogar soweit, den Wrangelkiez mit den Zuständen in New York Harlem gleichzusetzen. Ein Grund mehr den Rest der Welt über die Lage im Kiez auf zu klären.

Die Geschichte um das Gebiet des heutigen Wrangel-Kiez beginnt um das Jahr 1845. Mit dem Bau des Landwehr Kanals und der Errichtung von ersten Wohnhäusern und Industrieanlagen. 1865 entstand der Görlitzer Bahnhof. Mit der Eröffnung der Bahnstrecke Berlin-Görlitz nahm die Bebauung rund um den Bahnhof enorm zu. In den Folgejahren entstand ein Mischviertel in dem sich überwiegend Arbeiter mit ihren Familien ansiedelten. Von 1874 bis 1878 wurde das heutige Oberstufenzentrum -Handel (Skalitzer-/Wrangelstr.), als Kaserne errichtet. In dieser Zeit wurden auch die letzten Grundstücke in der Wrangelstraße bebaut und das “Schlesische Viertel” wie es später genannt wurde, wurde um die Falckensteinstraße bis hin zur Taborstraße erweitert. Bis auf ein paar Ausnahmen waren die Bebauungspläne von Kreuz-berg 1910 abgeschlossen.

Vom 2. Weltkrieg und dem Bombardement der Alliierten weitgehenst verschont geblieben, präsentiert sich der Kiez in fast ursprünglicher Form. Auch die mutwillige Begünstigung des Verfalls einiger Hauseigentümer konnte der Bausubstanz nichts anhaben, sodaß sich der heutige Wrangelkiez in einem überwiegend renovierten Zustand präsen-tieren kann. Das älteste Haus, in dieser Gegend ist das Haus in der Görlitzer Straße 49 und stammt aus dem Jahr 1865.

Nun aber zur gegenwärtigen Geschichte vom Wrangelkiez. Seit der Mauer-öffnung und insbesondere in den letzten Jahren findet ein Wechsel vom Stadtrandbezirk, indem sich Imigranten, Sozialfälle und Staatsnonconforme Gestalten angesiedelt hatten, zum angesagten Wohngebiet für Künstler, Schauspieler und Jung-Yuppies statt. Die zentrale Lage bietet es an und so liegen auch einige der derzeit angesagtesten Clubs im und um den Wrangelkiez herum verteilt. Mit den Bewohnern änderte sich auch zunehmend das Bild der ansässigen Gewerbetreibenden. Neben dem Imbiss an der Berufsschule eröffnete eine McDonalds-Filiale Die Fast-Food Baguetteria “Subay´s” ließ sich an strategisch günstiger Position nieder und eine Reihe von unzähligen, neu eröffneten Backshops und Spätkauf-Läden buhlen um die Kundschaft. Die alteingesessenen Geschäftsleute und Gastronomen versuchen im Gegenzug mit neuen Ideen ihr Geschäft zu erhalten und sich gegen die immer stärker werdende Konkurrenz und steigende Mieten durchzusetzen.

Dazwischen versuchen Künstler und Designer mit ihrem Angebot und teil-weise innovativ eingerichteten Läden die “Anerkennung” der Nachbarn, in Form von Dazugehörigkeit zum Stamm der Kreuzberger, zu bekommen. Gleich-zeitig buhlen sie um die Aufmerksamkeit der Touristen um deren locker sitzendes Geld zu erhaschen. Alles in allem ein Bunter Mix der immer bunter zu werden scheint.

Damit wir wenigstens ein negatives Klischee vom Wrangelkiez bedienen und sich nicht noch mehr Menschen von außerhalb in unseren Kiez verlieben und herziehen möchten. Ja es gibt SIE. Und obwohl ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kreuzberger Urbevölkerung dem Genuss von Zustandsverändernder Substanzen frönt, sind sie dennoch nicht glücklich über die Existenz vom “Schwarzen Block” (nicht zu verwechseln mit der politisch orientierten Gruppe “Schwarze Block”) am Eingang zum Görlitzer Park. Zentral gelegen betreiben dort täglich die gleichen Suchtmittelhändler, afrikanischer Abstammung unbehelligt ihr Geschäft. Verhaltensregeln für den Kiez:

Die Kreuzbergerinnen und Kreuzberger sind im allgemeinen ein recht friedliebendes Völkchen Doch sollten einige Regeln beachtet und unbedingt eingehalten werden, damit dies auch so bleibt.

– Auch hier gilt das Recht am “Eigenen Bild”, also vorher fragen bevor ihr den urigen Punk oder die Straßengang ablichten möchtet. Es erspart unnötige Auseinandersetzungen, die insbesondere in Kreuzberg gerne bis auf Blut geführt werden.

– Nicht pfeifend durch den Görlitzer Park spazieren Die ortsansässigen BTM-Händler könnten sich angesprochen fühlen und euch die gesamte Produktpalette ihres Angebots ungewollt präsentieren.

– Jeden Umstand belassen wir er ist!

Keine Belehrungen, Ratschläge oder sonstige Lebensweisheiten zum Besten geben. Schnauze halten und durch!

Im Anschluß haben wir für euch die Höhepunkte vom Kiez zusammengefasst:

Shopping: Der “T-Shirt-Style”-Shop, in der Wrangelstraße 54 bietet euch coole Streetwear und Kunst aus dem Kiez zu fairen Preisen.

Kulinarisch: Kaffee-Kultur erlebt man im “Les Enfants Gates” Bei gutem Wetter lädt eine liebevoll gestaltete Terrassenkulisse inklusive kostenlosem Fußbad zum Verweilen ein.

Bäcker “Ladewig” steht für die Backkunst im Kiez. Hier gibt es überdimensionale Pfannkuchen, das beste Brot und die leckersten Kuchen und Torten.

Für die gute deutsche Küche empfiehlt sich ein Besuch im neu eröffneten “Eckbert Zwo”, in der Görlitzer Straße.

Party: Das “Lido” veranstaltet Konzerte und Partys, laut Veranstaltungsplan.

Der “Club der Visionäre” liegt unweit vom Wrangel-Kiez, Am Flutgraben 1 und lädt zum gemütlichen Abhängen und Feiern ein.

Kultur: Die Sankt Marien-Liebfrauen Kirche in der Wrangelstr. 50/51 ist ein neoromanischer Bau aus dem Jahr 1905 und war in der Vergangenheit des öfteren Drehort für verschiedene Film-produktionen.

Entspannung: Der Görlitzer Park bietet Abwechlung und Erholung für Groß und Klein. Das “Edelweiß” versorgt euch mit Speis´ und Trank. Die zahlreichen Spielplätze und der Kinderbauernhof bieten Spaß und Unterhaltung für die Kleinen.




Ungewohnte Töne im Wrangelkiez – Profimusiker testet das Holzophon

Neu im Sortiment des Campo Estilo sind zwei exotische Artikel: „Holzophone“ – Holz-Schlaginstrumente nach dem Vor-bild afrikanischer und asiatischer Schlitz-trommeln, nach Kreuzberg importiert aus Peusenhof.

In der Gegend um Peusenhof, reichlich 400 Kilometer von Berlin entfernt und hierzulande vermutlich noch weniger bekannt als der afrikanische und asiatische Kontinent, wächst der Stoff, aus dem die Holzophone sind. Bestes Holz unterschiedlicher Sorten in schönen Mischwäldern, unbelastet von schäd-lichen Umwelteinflüssen, weil weit weg von Verkehrsadern und Industrie-gebieten.

Und mittendrin, in einem von insgesamt vier Anwesen der Mini-Ortschaft Peusenhof, die auf herkömmlichen Straßenkarten gar nicht verzeichnet ist, lebt und arbeitet Roland, genannt „Rolo“ Horn. Rolo, Jahrgang 1959, ist gelernter Schreiner und hat sich autodidaktisch zum Instrumentenbauer weitergebildet. Seit über dreißig Jahren baut er inzwischen seine Schlitztrommeln, nennt sie Holzophone und hat dafür ein eigenes Konzept entwickelt, durch das sie anderen handelsüblichen Schlitz-trommeln überlegen sind.

 

DER HOLZOPHON-TEST

Für den Kreuzberger hat ein Profimusiker aus Berlin, dessen Namen wir an dieser Stelle nicht nennen dürfen, die erste Holzphon-Lieferung – zwei Exemplare in kleiner und mittlerer Größe – getestet und für sehr ordentlich befunden:

Der Klang ist warm, weich und sehr angenehm, weckt Assoziationen zum afrikanischen Kontinent und hat Ähnlichkeit mit dem der Kalimba. Der Spaßfaktor ist hoch, weil man leicht reinkommt und sofort loslegen kann.

Minimale Rhythmuskenntnisse und Erfahrung mit Schlaginstrumenten sind von Vorteil. Aber auch ohne Vor-kenntnisse hat man schnell Freude und Erfolgserlebnisse damit, zumal die Klangzungen so leicht ansprechen, dass man nicht einmal die mit gelieferten Schlägel einsetzen muss, sondern den Klang auch direkt mit den Fingern erzeugen kann.

Und nachdem das Instrument in sich pentatonisch korrekt gestimmt ist, klingt das, was man spielt immer irgendwie „richtig“. Damit ist das Holzophon auch für Kinder prima geeignet. Gut fürs Kind, weil damit der Ton direkt erzeugt werden kann, und gut für die Eltern, weil nichts scheppert und kracht!

Zur Verwendung in einer Band sind die Möglichkeiten der Schlitztrommeln, die immer nur über fünf Töne verfügt, von Natur aus begrenzt. Der Einsatz als Zusatzinstrument ist möglich, wenn man eine Melodielinie hat, die nicht mehr als genau die fünf Töne umfassen darf. Definitiv nicht geeignet ist das Holzphon als Übungsinstrument für Nachwuchs-Drummer, weil eben doch ganz anders in der Handhabung als ein Schlagzeug. (Schade für Eltern, Freunde und Nachbarn!)

Trotzdem bescheinigt der Profi dem Holzphon Bühnen- und Studioreife, um eine Melodie einzuspielen, wenn der Sound passt, und kann sich auch Jazzmusik mit Holzophon-Anteil vor-stellen. In der klassischen Musik gibt es seit den 40er Jahren bereits zwei Symphonien mit maßgeblicher Schlitz-trommel-Beteiligung (5. und 6. Symphonie von Sergei Prokofjew). Dafür muss das Instrument natürlich ganz korrekt gestimmt sein, was wiederum für Rolo Horn Ehrensache ist. Um eine solche Qualität gewährleisten zu können, musste Rolo etliche Jahre üben: „Das bekommt man erst im Laufe der Jahre in den Griff. Ich hatte früher unheimlich viel Ausschuss, bis ein gelungenes Stück dabei war.“ Schließlich war ihm das Instrumenten-bauen nicht gerade in die Wiege gelegt. Rolo stammt keineswegs aus einer Musikerfamilie, sondern kam nach frühen Jugendsünden (heimliches Anhören der „Schlager der Woche“) erst mit Mitte Zwanzig zur Musik, war dann sehr aktiv als Schlagzeuger in diversen Rockbands, von denen inzwischen allerdings nichts mehr zu hören ist. Und eben als Schlagzeuger machte er sich auf die Suche nach mehr Ausdrucks-möglichkeiten und fand die Schlitz-trommel: „Da hat man Schlagzeug und Melodie in einem.“

Noch länger war der Umweg zur Musik bei seiner kleinen Schwester Conny, die zwar schon immer eine musische Ader hatte, sich aber lange nur mit Malerei beschäftigte und wegen einer Fehl-einschätzung die Finger von allen Musikinstrumenten ließ. Inzwischen treten Rolo und Conny gemeinsam auf, umrahmen mit eigenen Holzophon-Kompositionen im Duett Veran-staltungen und haben eine erste CD „Trockenes Holz“ herausgebracht.

Die CD “Trockenes Holz” gibt es im „T-Shirt-Style“-Shop zum Anhören und Kaufen, außerdem sind Holzphone in zwei Größen vorrätig.

Geschrieben von Jutta Wunderlich




Der Weltfriedenswanderer ist wieder unterwegs.

In diesem Jahr läuft Weltfriedenswanderer Stefan Horvath wieder für den guten Zweck und war Mitte Juli im Wrangel-Kiez unterwegs. Im Zuge seiner Wanderschaft für den Weltfrieden, auf der er sich seit 1989 befindet hat er bereits über 40.000 Kilometer zurückgelegt und über 40 Paar Schuhe durchgelatscht. Wie bereits im letzten Jahr, besuchte er auch diesmal die redaktionellen Räumlichkeiten von Der Kreuzberger. In einem kurzen Gespräch berichtete er von seinen Erfahrungen und Erlebnissen die er im vergangenen Jahr, mit seiner Mission gemacht hat. Danach entschwand er wieder, nicht aber ohne eine Spende im Gepäck. So werden seine Füße in Zukunft das erstklassige Laufgefühl der handgestrickten Socken von den “Campo-Granny´s” erfahren und ihn vielleicht beflügeln den ein oder anderen Kilometer mehr für den Weltfrieden zu erwandern.

Wer mehr über Sefan Horvath und sein Leben und Tun erfahren möchte, muss im Internet nach Zeitungsberichten forschen, denn eine eigene Internet Seite gibt es von ihm leider noch nicht.

http://www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/ich-bin-kein-idiot-mehr/




Konservierungsstoffe sind lebensverlängernd!

Eine Studie, die von Der Kreuzberger in Auftrag gegeben wurde, hat erwiesen, dass Konservierungsstoffe eine lebensverlängernde Wirkung auf den menschlichen Organismus ausüben. Somit wurde widerlegt, das ausschließlich die moderne Gesundheitsmedizin für ein längeres Leben verantwortlich ist. Einen erheblichen Anteil, so zeigen die Ergebnisse der Studie, trägt die Lebensmittelindustrie mit ihren konservierenden Zusätzen wie Natriumnitrat (E251), Benzoesäure (E210), PHB-Ester (214) und Sorbinsäure (E210), bei.

Laut Aussage von den an der Studie beteiligten Forschern sind die vorliegenden Resultate jedoch noch nicht ausreichend erforscht, da die Probanden nicht bereit waren sich über einen längeren Zeitraum mit einer erhöhten Dosis der verschiedensten Konservierungsstoffe kontaminieren zu lassen. Weitere Forschungsreihen, die an Eintagsfliegen durchgeführt werden sollen, sind für das Jahr 2011 geplant. Wie die Verantwortlichen in einer Pressemitteilung veröffentlichten, müssen zunächst weitere, für eine Studienzulassung Verantwortliche durch Bestechung gefügig gemacht werden.




Das Kurzarbeitergeld…

wurde bis März 2012 verlängert. Wie in unserer Dezember/Januar-Ausgabe befürchtet, haben die politisch Verantwortlichen sich gegenüber der Wirtschaft erneut gebeugt und das Kurzarbeitergeld entgegen ihrer Aussage vom November 2009 erneut verlängert. Mit dieser Entscheidung werden die öffentlichen Kassen bis März 2012 zusätzlichen belastet. Dieser Beschluss bestätigt außerdem die Aussage unseres Bundesverteidigungs-ministers Dr. zu Guttenberg (Der Kreuz-berger Ausg.:7): “Das die Wirtschaftkrise mitnichten vorüber ist”. Zudem bestätigt sich auch unsere Befürchtung einer weiteren Pauschal-Subvention für die Industrie. Wir dürfen also gespannt sein wie lange die von der Bevölkerung erwirtschafteten Steuergelder weiterhin in den Erhalt unwirtschaftlich arbeiten-den Unternehmen und deren Manager gesteckt wird. Der Vorwand, mit dieser Maßnahme Arbeitsplätze sichen zu wollen, wurden bereits durch Fälle wie zum Beispiel Arcandor als Lüge enttarnt. Im Gegenzug werden kleine Händler die jede freie Minute in ihre Exsitenz stecken von der Staatsmacht drangsaliert und abkassiert (s. Bericht “Die Ordnung ist wieder hergestellt”).

 




Die Ordnung ist wieder hergestellt …

…zumindest im Wrangel-Kiez und zumindest hinsichtlich der Laden-Öffnungs-Zeiten!

Zwei stattliche, vom Ordnungs-Amt besoldete und bekleidete Männer haben am Sonntag, den 11. April – von den Kirchen als Weißer Sonntag bezeichnet – unsere kleinen Zeitungs- und Spätkauf- Läden heimgesucht.

Innerhalb weniger Stunden haben sie mindestens 2000 € Beute gemacht. Ihre Waffe war (und ist) einzig das (Laden-Öffnungs)-Gesetz. Mit ihren Reizgas-Geräten mussten sie noch nicht einmal drohen. Denn: die Rechtslage ist eindeutig:

Seit 2007 ist die Handhabung des Gesetzes reine Ländersache. Und: Berlin brüstet sich zwar damit, in der BRD eine Spitzen-Position hinsichtlich: “unbüro-kratischer, arbeits-platz-schaffender und flexibler Lösungen” zu sein und auch Sonn- und Feiertage sind dabei grundsätzlich kein Hindernis.

Öffnungszeiten für Kunst- und Trödelmärkte bis 18 Uhr (Früher bis 16 Uhr), und Tankstellen rund um die Uhr (mit Getränken, Tiefkühlkost und Waren des täglichen Bedarfs) (mit welcher Begründung eigentlich???)

Ausnahme-Regelungen a) jährlich 10 Sonntage generell, zuzüglich, b) Grüne Wochen, März Musik Fest Tage (was ist das?), Theatertreffen und Fußball Welt-meisterschaften… sowie lokale Jubiläen und Straßen-Feste.

Diese Groß-Zügigkeiten gelten aber offensichtlich nur für die Großen. Und, wenn es die Großen stört, dann gibt es keinen Wettbewerb im Kleinen. Zu den Großen gehört übrigens (und immer noch) die übel-beleumdete Firma Kaiser´s: die Filiale hinter der Warschauer Brücke hat jede Nacht bis 24 Uhr geöffnet.

Nun kann mensch verschiedener Meinung darüber sein, ob das schön ist, wenn Sonntags nach 16 Uhr alles zu ist (außer Tankstellen und Imbiss-Buden) aber:

ich meine: es ist eine Große Schweinerei, den Spät-Kauf-Betreibern (übrigens darf auch der Copy-Shop) an Sonntagen nicht mehr öffnen – anders, als die Späten: überhaupt nicht!), also den “Kleinen Leuten” ohne Vorwarnung und drei Jahre nach Inkraft-Treten der neuen Regelung 230 Euro abzuknöpfen!!!

Und: bösatige Menschen (wie ich) könnten darin auch einen Bestandteil der “Gentrifikation” sehen. (Gentrifikation ist das Fachwort für “Aufwertung” eines Armen Kiezes und Vertreibung von weniger zahlungskräftigen Bewohnern)

Zur gepflegten Erinnerung: der “Trend” zu Eigentumswohnungen und deren Folgen (Baugruppen, Car-Lofts …) hält nicht nur an: er beschleunigt sich. Eine Bus-Linie wird gestrichen. Das Graffitti verschwindet. Die Grünanlagen werden auf “kriminalitätssicher” und “pflege-leicht” runtergefahren. Es steht zu befürchten, dass wir einen Auto-Bahn-Anschluss kriegen ….

Im übrigen bin ich der Meinung: es gibt keinen schöneren Kiez. Trotz alledem

Geschrieben von Ulf

 




Neues von Jan Pfennig: „In Berlin ist das Publikum cooler“

Im Herbst letzten Jahres stellte sich Jan “Stix” Pfennig dem Kreuzberger für ein Interview zur Verfügung. Jetzt traf sich Marek erneut mit dem sympathischen Musiker, der zwischenzeitlich ein Marathonprogramm an Auftritten in Hallen und Clubs absolviert hat. Dreieinhalb sehr intensive Tournee-wochen mit SIDO im Winter und eine zweite kleinere Tour im April, ebenfalls mit dem angesagten HipHop-Star liegen hinter ihm.

Clubs und Säle waren durchwegs immer voll, oft bis auf den letzten Platz ausverkauft, berichtet Jan Pfennig. Tolle Stimmung während der Auftritte und danach auch, denn intensiv gefeiert wurde auch. Zumal bei Bands dieser Kategorie die Musiker den Komfort haben, dass Instrumente und Equipment von Bühnenarbeiten versorgt werden.

Einen besten Spielort kann Jan nicht benennen. „Es gibt immer beste Auftritte nicht den besten Auftritt.“ Aber was das Publikum betrifft, so gab es doch Unterschiede: In Berlin ist das Publikum cooler! Im Süden waren die SIDO-Fans jünger, 14 bis Mitte 20. In Berlin kamen eher die ab 20-Jährigen, und die haben natürlich schon mehr gesehen und wissen gute Musik zu schätzen.

Für die nächste Tour mit SIDO ist noch kein Termin festgelegt, da steht frühestens im Herbst wieder eine größere Tour an, denn bisher ging’s jeden Winter auf Tour. Trotzdem ist der Schlagzeuger bis dahin kaum weniger auf Achse: „Ich spiele ja auch bei anderen Bands. Mein zweites Standbein ist Rotfront, eine Multi-Kulti-Band aus Berlin.

Mit Rotfront sind wir sehr viel unterwegs. Das sind jetzt keine Touren in dem Sinn, dass ganze Wochen vollgepackt sind, aber wir sind quer durch ganz Europa unterwegs. Über Kneipen in Frankreich bis Finnland, Holland, Polen, Tschechien, Österreich und die Schweiz.“ Deswegen bleibt der Koffer auch weiterhin immer gepackt, griffbereit für den nächsten Einsatz.

Mehr über Jan Pfennig – unter anderem auch Live-Konzert-Mitschnitte vom Frauenfeld Openair 2009 mit SIDO und von einem Konzert in Budapest mit Rotfront – Emigrantski Raggamuffin findet ihr unter www.myspace.com/janpfennig




Marketing

Als ich eines Tages im Graefe-Kiez auf der Straße ein Ölbild malte, erzählte mir eine Passantin, dass sie meine Postkarten aneinander reiht, um Straßenbilder zu erzeugen. Das wäre doch was für Google Maps: Alle meine Bilder entsprechend ihrer Lagen in einem Stadtplan zu integrieren. Dafür würde ich vermutlich sehr viel Zeit brauchen. Man würde denken, dass nach Jahren des Straßenansichten-Malens, komplette Straßenbilder automatisch entstehen würden. Tatsache ist, je mehr ich male, desto mehr müsste ich malen, um dieses Ziel zu erreichen. Ich müsste dann dafür mehr Postkartenmotive drucken lassen, auch von Postkarten, die sich eventuell nicht so gut verkaufen lassen würden. Alternativ dazu, könnten Fans Bilder von meiner Website ausdrucken und zusammen puzzeln…

Aber: Mein Ziel ist es nicht komplette Straßenzüge abzuarbeiten und zu dokumentieren, sondern thematische Zusammenhänge, die ein lokales Bild des Wandels darstellen, zu untersuchen. Durch die kontinuierliche Beschäftigung mit kleinen geographischen Nachbar-schaften, entstehen die Themen fast automatisch.

Da ich keine Galerievertretung habe, hatte ich mich vor genau zwei Jahren entschieden, meinen Ölbildern mittels Postkarten mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Von den fast 60 Motiven, die ich drucken ließ, haben Kiezbewohner und Touristen über 16,000 Postkarten in Buchläden, Geschenkläden, Schreibwarengeschäfte und bei mir persönlich erworben. Außerdem biete ich gerahmte Digitaldrucke im DIN A3 Format bei „T-Shirt-Style“ in der Wrangelstraße an; aktuell hängen auch 12 solcher Drucke im „Eissalon Tanne B“ auf dem Lausitzer Platz.

Natürlich sind Postkarten und Drucke nicht das Originalbild auf Leinwand. Das Abbild eines Originalölbildes reicht für viele Menschen, die sich einfach über einen bestimmten Laden, über ihren Kiez im neuen Licht offenbart, freuen.

Eine Reproduktion, so gut die Druck-technik es erlaubt, ist was anderes als das Original, in der Farbigkeit, in der Tiefenwirkung von Ölfarben und nicht zuletzt mit der Leinwandstruktur. Einmal fragte mich ein Passant, ob er das Bild, woran ich gerade arbeitete, kaufen könnte. Da ihm der Preis zu teuer –ein relativer Begriff– war, bot ich ihm an, mein Bild in einer Fabrik im Ausland einmal reproduzieren zu lassen, aber diese Kopie wäre nicht von mir signiert. Der Kaufpreis wäre allerdings auf ein Fünftel reduziert. Da er das Wesen eines Originalbildes mit der Künstlersignatur erkannt hatte, lehnte er instinktiv ab.

William Wires, Juni 2010




Howard Marks – Dopestorys über Señor Nice im KitKat Club

Nur dem Zufall war es zu verdanken, dass ich von Howard Marks und seinem bevorstehenden Auftritt im KitKat Club erfuhr. In der Klatschpresse las ich einen achtzeiligen und gut versteckten Text der auf dieses Ereignis hinwies. Da ich zufälligerweise gerade an einer Buch-vorstellung von “Dope Stories” und “Señor Nice” saß, fügte sich die Möglichkeit, den Autor persönlich kennenzulernen, in meine Arbeit optimal ein. Komisch ist es aber schon, dass selbst der Verlag, mit dem ich seit längerer Zeit aufgrund des Berichtes in Kontakt stehe, mich nicht auf diesen Termin hingewiesen hat.

 

Zur Person:

Howard Marks (65), war in den ´70 und ´80 Jahren im großen Ausmaß dafür verantwortlich, dass Marihuana und Haschisch die Konsumenten weltweit erreichte. Von den Anbaugebieten in Asien, Südamerika und Pakistan schmuggelte er in seinen Glanzzeiten bis zu 50 Tonnen, der von staatlicher Seite her verbotenen Pflanzenteile, mit Hilfe von Flugzeugen und Frachtschiffen, quer über den gesamten Globus zu den Abnehmern in Australien, Amerika und Europa. Seit der Verhaftung und einer mehrjährigen Haftstrafe in einem amerikanischen Gefängnis ist aus dem ehemals erfolgreichen Drogenschmuggler ein nicht minder guter Schriftsteller und Unterhaltungskünstler geworden.

Dieser ehrenwerte Mann, der früher unter anderem als “Mr. Nice” seine Geschäfte abwickelte, besuchte am 17.07.2010 unserer Stadt um über seine Erlebnisse und die Erfahrungen die er im Zusammenhang mit seinem Beruf als Drogenschmuggler gemacht hat zu berichten.

Mit Kamera, Aufnahmegerät und jeder Menge Vorfreude auf diesen viel versprechenden Abend begab ich mich in Richtung Veranstaltungsort. Da ich schon reichlich spät dran war, hatte ich Bedenken noch eine Eintrittskarte zu bekommen. Ich kam, unter dem Einfluss von der in meiner Vorbereitungszeit auf dieses Ereignis eingenommenen Substanzen, am Ort des Geschehens an und war……der 1! Wie konnte das sein? Der Veranstalter hatte in der Hoffnung, dass sich weitere Zuschauer einfinden würden, um den Worten des Meisters zu lauschen, den Beginn der Veranstaltung um 30 Minuten auf 21:30 Uhr verschoben. Ich nutzte die Zeit des Wartens sinnvoll und brachte eine weitere Dosis der bewußseinsverändernden Substanz in meinen Körper ein und ließ mich auf einem der noch leider zahlreich freien Plätze nieder. Und so waren es sechs Leute die sich im kleinen Kreis um Howard scharten um seinen Auftritt zu verfolgen. Mit einer kurzen Begrüßung der Anwesenden durch Howard und seiner durchaus charmanten Begleitung Andrea Mohr, die an diesem Abend ebenfalls aus ihrem Leben berichten sollte, begann der Abend.

Einleitend wurde ein Film mit Interviews von DEA-Agenten und anderen Personen, die ihn über Jahre hin verfolgten und schließlich auf Mallorca fest-nahmen, gezeigt. Anhand dieser Aus-sagen wird deutlich, wie geschickt er es verstand, sein Spiel mit den Behörden zu treiben. Der nachfolgende Auftritt baute auf den zuvor gezeigten Beitrag auf und ergänzte ihn durch weitere Informationen. Im Wechsel mit Andrea Mohr, die an diesem Abend über ihre eigenen Erfahrungen im Drogengeschäft berichtete, sprach Howard über sein abenteuerliches Leben, in dem er unter anderem als MI6-Agent gemeinsame Sache mit DEA-Agenten, IRA-Kämpfern und der Mafia machte.

Was ich persönlich am bemerkenswertesten fand und was Nachahmer bei ihren Planungen bedenken sollten, dass Howard ausdrücklich auf sein unermessliches Glück, das er in seinem bisherigen Leben und insbesondere bei der Arbeit als Schmuggler hatte, hingewiesen hat.

Um nur einige Beispiele zu nennen: Er hat sein Studium in Physik erfolgreich beendet, danach erfolgreich Drogen gehandelt und mit noch mehr Erfolg geschmuggelt. Kam, als er er-wischt wurde, vor Gericht damit durch, im Auftrag des englischen Geheimdienstes gehandelt zu haben und musste einige Jahre später in Amerika, zu 25 Jahren verurteilt, nur sieben Jahre davon absitzen. Völlig mittellos nach England abgeschoben, bekam er das Angebot sein erstes Buch “Mr. Nice” zu schreiben. Die Auftritte bei den Werbeveranstaltungen für seine Bücher waren so erfolgreich, dass er fortan auch als Unterhaltungskünstler mit seiner Show sein Geld verdiente. Ob es immer nur Glück oder nicht doch hier und da auch mal der richtige Kontakt im Spiel war, hat er nicht verraten.

Und damit Howard auf seine alten Tage auch in Zukunft nicht auf seinen “Guten-Morgen”-Joint verzichten muß, komme ich nun zum eigentlichen Grund dieses Berichtes. Mit “Dopestories” und “Señor Nice” sind nämlich vor einiger Zeit zwei weitere Werke erschienen, die ich euch an dieser Stelle kurz vorstellen möchte.

Das Buch mit dem fast zu erwartenden und passenden Titel “Dope Stories” behandelt Themen wie das amerikanische Knastsystem, was man darüber wissen sollte und was man dort lernt. Ich vermute, die meisten von euch haben noch keine Erfahrung mit den Sitten und Gebräuchen in Gefängnissen gemacht. Sollte sich dies im Laufe eures Lebens jedoch einmal ändern, bietet euch dieses Kapitel nützliche Tipps und Informationen für das korrekte Verhalten hinter Gittern. Des Weiteren findet ihr Ratschläge, wie man als Drogenhändler spurlos verschwindet. Vermutlich wurden diese Tipps mehrfach vom Meister persönlich auf ihren Erfolg hin getestet und über die Jahre, die er auf der Flucht war, perfektioniert. Kurz und knapp berichtet er auch über die schlimmsten 10 Sekunden seines Lebens. Sein Einsatz für die Legalisierung von Marihuana und die Aufklärungsarbeit zu diesem Thema, die er durch seine Bücher und Auftritte leistet, kommt genauso zur Geltung wie seine zahlreichen Reise-berichte aus den unterschiedlichsten Ländern wie Dänemark, Brasilien, Estland und Israel.

Zudem haben einige Gastautoren ihren Beitrag zu diesem Buch geleistet und Texte der Literaten Charles Baudelaire und von William S. Burroughs finden ihre Erwähnung. Kurzum findet man auf den 179 Seiten über dreißig Kurzgeschichten die fast alle irgendwie mit Drogen zu tun haben und sei es nur deshalb weil Howard darin vorkommt.

Fazit: Die Thematik des Buches ist klar vorgegeben und man bekommt, was man erwartet. Auszüge aus dem Leben eines, an erlebten Abenteuern, reichen Mannes. Es ist gut geschrieben und noch besser zu lesen, so dass ich nach wenigen Stunden, die es dauerte, das Buch in sich auf zu saugen, feststellte: Schade, das war´s schon!?

Die Endtäuschung währte nicht lang, denn schließlich gab es da ja noch ein weiteres Buch, das darauf wartete gelesen zu werden.

Das Werk mit dem Titel “Señor Nice” ist die Fortsetzung der erfolgreichen, in fünf Sprachen übersetzten und weltweit über 750000 mal verkauften Autobiographie von Howard Marks, die 1996 unter dem Namen “Mr. Nice” veröffentlicht wurde. Das Buch schließt nahtlos an diesen Bestseller an und Howard Marks bekräftigt mit dem zweiten Teil zu seinem Leben, den Ruf als intelligenter und unterhaltsamer Schriftsteller.

Er berichtet über die Jahre 1996 bis 2006. Die Zeit nach seiner Karriere als Schmuggler und die ersten Jahre in Freiheit. Seine ersten Schritte im Showgeschäft verlaufen erfolgreich und das Rahmenprogramm bei diesen Auftritten bietet hier und da Ereignisse, die Howard mit in die Geschichten einfließen lässt. Er schreibt über die Kandidatur für die “Legalize Cannabis Party” zum britischen Unterhaus und die dafür notwendigen Auftritte in Pub´s, Club´s, Bordellen und anderweitig skurrilen Orten an denen er Werbung für die Partei machte.

Interessante Einblicke in seinen Familienstammbaum bietet die von ihm intensiv betriebene Ahnenforschung. Diese ließ er auch bei seinen zahlreichen Aufent halten in den verschiedensten Ländern, nie außer Acht und brachte Unglaubliches zu Tage. Auf der Suche nach Spuren seiner walisischen Vorfahren bereiste er unter anderem Länder wie Panama, Jamaika, und Brasilien. Er folgte Hinweisen, die ihn auf die Spur von Henry Morgan, dem berüchtigsten Piraten der Karibik, brachte.

Er trifft auf seinen Reisen die unterschiedlichsten Leute an den unwirklichsten Orten dieser Welt. Zu den prominentesten Personen zählen dabei zum Beispiel Jimmy Page, Sean Penn und weitere Größen der Promiszene. Andere Begegnungen mit völlig unbekannten Personen, die er bei seinen Aufenthalten in den verschiedensten Ländern kennen lernte, waren von von nicht minder interessanter Natur.

Von Jamaika berichtet er über ein abgefahrenes Open-Air Konzert mit Musikgrößen aus der Region und schreibt ausführlich darüber, wie er den Tod vor Augen, auf einem Traktor durch den Dschungel rast.

Ihr erfahrt warum Howard Marks auf die Schweizer Behörden, denen er stets positiv gegenüber eingestellt war, einen starken Gram hegt. Hingegen ist er von den mexikanischen Behörden, die ihn bei seiner Einreise in das Land zu einer “Autogrammstunde” zwangen, stark begeistert.

 

Fazit:

Das Buch “Señor Nice” bietet nicht die gleich hohe Spannung wie das Buch “Mr. Nice”. Doch an Witz und Provokationen mangelt es in seinen Geschichten auch diesmal nicht. Für jeden, der das erste Buch gelesen hat, ein absolutes Muss.

 

Bezugsquellen

Erschienen sind die beiden Bücher “Dopestories” und “Señor Nice” im Edition Steffan Verlag und sind in jedem gut sortierten Buchladen zu finden oder aber zu bestellen. Auch der Hanfshop eures Vertrauens kann euch bestimmt bei der Beschaffung dieser Lektüren behilflich sein. Ihr könnt euch auch direkt an den Verlag wenden,

Edition Steffan Verlag

Hansaring 145-147

D-50670 Köln

Tel.-Nr.: 02 21/ 73916 73

www.edition-steffan.de

Dope Stories ISBN: 3-923838-55-7

Preis: 9,90€/180 Seiten

Señor Nice ISBN: 3-923838-54-9

Preis:14,90€/345Seiten




Kunst im Kiez – Kurt Mühlenhaupt

Er fand bereits in vielen Berichten vom Kreuzberger seine Erwähnung. Sei es als Bewohner eines Kiezes oder als bedeutender Künstler. Aufgrund umfangreichen Informationsmaterials und guten Kontakten zu Menschen die “Kurtchen”, wie sie ihn liebevoll nannten, gut kannten und immer wieder besucht haben, haben wir uns in dieser Ausgabe für ihn und seine Arbeiten entschieden.

So turbulent und abwechslungsreich wie sein Leben war, so turbulent war auch der Start in sein Leben. Er entschied sich, seiner Mutter die langweilige Zugfahrt, am 19.Januar 1921, von Prag nach Berlin, durch seine Geburt etwas aufregender zu gestalten.

Wenn er auch immer wieder verschiedene Dinge aufgegriffen hat und sie umsetzte, so war die Kunst von Beginn seiner beruflichen Laufbahn stets Mittelpunkt in seinem Leben. Es begann 1936 mit einer Lehre zum Modellbauer die er erfolgreich beendete. Nach einer nie völlig verheilten Kriegsverletztung besuchte er 1943 für ein Jahr die Kunstschule des Westens. Von 1946 – 48 erweiterte er sein Können an der Hochschule für Bildende Künste Berlin. In den folgenden Jahrzehnten arbeitet er als Leierkastenmann, Trödler und Schalenbimmler. 1961 gründete er in Kreuzberg die Künstlerkneipe “Leierkasten” und ein Jahr darauf den ersten Bildermarkt vor seinem Trödelladen.

Mit der Errichtung der ersten Druckwerkstatt, 1965, war der Grundstein für spätere Vorhaben gelegt. Denn bei der grundsätzlichen Idee, Grafiken für kleine Leute zu machen, blieb es nicht lange. Drei Jahren nach Eröffnung erschien das erste Handpressbuch unter dem Titel “Haus Blücherstraße”. Weitere sollten folgen.

1970 zieht er zum Chamissoplatz, um sich besser um seine Ladengalerie und Kundschaft kümmern zu können. Gemeinsam mit Aldona Gustas, Günther Grass, Wolf-Dieter Schnurre und anderen gründet er 1971 die “Künstlerpoeten”. Mit dieser Gruppe hatte er die nächsten fünfzehn Jahre im In- und Ausland erfolgreiche Ausstellungen. In dieser Zeit zieht er sich auch etwas zurück und es wird ruhiger um ihn. Er nimmt aus Rücksichtnahme auf seine Gesundheit Abstand von dem Trubel der Großstadt und zieht 1976 von Kreuzberg nach Kladow. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Dudu-Zwerge. 1978 entstehen im Zuge seines bisher größten Auftrags, vierzehn große Bezirksbilder für das Internationale Kongresszentrum (ICC) in Berlin-Charlottenburg.

Das Kurtchen nicht nur malen konnte, bewies er mit dem ersten Platz, den er für seine Plastik “Feuerwehrbrunnen” erhielt. Das in zweijähriger Schaffensphase entstandene Kunstwerk wurde 1981 auf dem Kreuzberger Mariannenplatz eingeweiht.

Für einen mehrmonatigen Studienaufenthalt verließ er 1984 Berlin und zog in die Metropole New York. 1986 erwarb er ein Weingut in Montes des Cima, baute sich ein Atelier aus und arbeitete fortan mehrere Monate im Jahr im sonnigen Portugal. Über das Centro Cultural de Almansil veranstaltete er vor Ort mehrere Ausstellungen und brachte somit auch den Portugiesen seine Kunst näher, die dies über ihr zahlreiches Erscheinen zu würdigten wussten.

Mit dem Erwerb einer ehemaligen Berliner Brauerei in Kreuzberg entstand in Gemeinschaftsarbeit mit seiner Lebensgefährtin Hannelore Frisch, 1989 ein Künstlerhof im Herzen von Berlin. Auch heute befinden sich in der Fidicinstraße 40, zurückgezogen auf den Hinterhöfen, kleine Werkstätten und Ateliers verschiedener Künstler und Handwerker, die zum stöbern und vorbei schauen einladen.

Nach über 60 Jahren holt ihn seine alte Kriegsverletzung ein und fesselt ihn für fast zwei Jahre an sein Bett. Das war für ihn aber kein Grund nichts zu tun und so schrieb er in dieser Zeit seine in elf Bänden verfassten Memoiren. Nach der Genesung gab er 1995 seiner Lebensgefährtin, Hannelore Frisch, das “Ja”-Wort und heiratete sie in dem nördlich von Berlin gelegenem Ort Bergsdorf. Hier lebte und arbeitete Kurt Mühlenhaupt gemeinsam mit seiner Frau auf einem Gutshof. Die, in der Ferne, aus der Erinnerung entstandenen Bilder über Berlin rechtfertigte er mit den Worten:”Ick hab´ Berlin im Kopp!”.

So ist es auch nicht verwunderlich, das der Speicher auf dem Gutshof schnell und reichlich mit Kunstwerken gefüllt war.

Im Jahr 1998 beginnt er die Mark Brandenburg künstlerisch zu thematisieren. Es entstehen Werke über die Dorfbewohner, die typischen Landschaften der Mark sowie Blumenstillleben.

Am 16. April 2006 verstarb Kurt Mühlenhaupt in Bergsdorf.

Informationen und Veranstaltungstermine findet ihr im Internet unter: www.muehlenhaupt.de




Dr. Markus Ternes – Die Festkörperforschung

Ich erinnere mich noch gut an meine Schulzeit und die, meiner Meinung nach, Unnötigkeit des ein oder anderen Unterrichtsstoffs, den ich nie wieder benötigen würde aber ihn trotzdem für die Klassenarbeiten in meinen Kopf quetschen musste. Zu einem Großteil hat sich diese Ansicht auch bestätigt. Denn wer brauchte in seinem späteren Leben noch die Daten des Dreißigjährigen Krieges? Wer benötigt im Alltag die Bruchrechnung? Wer zieht effektiven Nutzen aus dem Wissen rund um die verschiedenen Sphären, die unseren Planeten umgeben? Niemand!? Aber das ein oder andere holt einen früher oder später doch wieder ein. Denn hätte ich im Physik-Unterricht ein wenig mehr Einsatz gezeigt, hätte ich euch zu dem Thema der Oberflächenforschung ein paar Grundinformationen liefern können. Aber Der Kreuzberger wäre ja nicht Der Kreuzberger, wenn uns für dieses Problem nicht eine Lösung eingefallen wäre. So ist es mir eine Ehre, euch Dr. Markus Ternes – Fest-körperforscher am Max-Planck Institut in Stuttgart vorstellen zu dürfen.

Am Anfang ein paar Daten aus dem Leben unseres Gastes.

Sein Leben bis zum Beginn seiner beruflichen Laufbahn ist schnell erzählt und recht unspektakulär. Er wuchs in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg auf. Hier besuchte er die örtliche Schule und absolvierte erfolgreich sein Abitur. Das war´s.

Mit dem Abi in der Tasche zog er nach Berlin und wohnte im seiner Zeit noch lebendigeren und angesagtem Charlottenburg.

An der Technischen Fachhochschule studierte er in den nächsten Jahren Physik und spezialisierte sich in den letzten zwei Jahren seines Studiums auf den Forschungszweig der Oberflächenforschung der er bis heute treu geblieben ist. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums arbeitete Dr. Markus Ternes für vier Jahre in der Schweiz, in einem Labor in Lausanne. Aufgrund besserer Chancen und eines guten Teams, das er bereits in einem dreimonatigen Aufenthalt zuvor kennen-gelernt hatte, zog es ihn nach Californien. Hier arbeitete und forschte er zwei Jahre in einem renommierten Labor. Danach zog es ihn wieder zurück in die Heimat Deutschland. Seitdem arbeitet er im Max-Planck Institut in Stuttgart an der Erforschung von Atomen. ihren Funktiontionen und deren Verhalten unter verschiedensten Bedingungen. Jeden Tag steht Dr. Ternes mit seinen Kollegen vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Sei es, dass Ergebnisse und Bilder eines zuvor durchgeführten Experiments neue, unvorhersehbare Fragen aufwerfen, die zu klären sind. Oder sie müssen für eine anstehende Versuchsreihe ein Gerät entwickeln. Hierfür sitzen die Forscher beisammen und führen endlose Diskus-sionen, sie beraten die nächsten Schritte um die Fertigung neuer Bauteile voran-zutreiben. Nach Plänen der Forscher stellen dann die Schlosser, Elektriker, und Feinmechaniker die Einzelteile her. Diese werden dann wiederum von den “Auftraggebern” zusammengesetzt.

Zum Beispiel das Rastertunnel-Mikroskop (siehe Foto). Mit diesem Instrument ist es den Forschen möglich, atomare Strukturen aufzulösen.

Wie das Rastertunnel-Mikroskop aufge-baut ist und wie es funktioniert hat Dr. Markus Ternes im Interview mit Marek eindrucksvoll beschrieben.

Jetzt wird es kompliziert:

Das Hauptbauteil des Rastertunnel-Mikroskop ist ein Draht mit einer sehr feinen Spitze. Sie ist so fein, dass sie am Ende aus nur einem Atom besteht. Als Materialien für diesen Draht werden Wolfram und Platinverbindungen (Platin-Iridium oder Platin-Rhodium) ver-wendet. Um das Ende des Drahts auf ein einzelnes Atom zu reduzieren kommt bei Wolfram ein Ätzverfahren zum Einsatz und bei den Platinverbindungen wird dies durch ein Zug-/Schnitt-Verfahren erreicht. Diese Spitze fährt die zu untersuchende Probe rasterförmig ab.

Dabei nutzt es den quantenmecha-nischen Tunneleffekt aus. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert das Ganze wie die Nadel bei einem Schallplatten-spieler. Die Nadel liegt auf dem Objekt auf und tastet es ab. Bei einem Schallplatten-spieler ist das Resultat, der Ausstoß von Schallwellen. Bei dem Rastertunnel-Mikroskop die Anzeige von Meßergebnissen.

Das Rastertunnel-Mikroskop stellt die Oberfläche nicht als Bild im klassischen Sinne dar. Die Auflösung wird nicht durch Wellenlänge, sondern durch den Radius der Spitze und die Genauigkeit der Positionsbestimmung der Spitze bestimmt. Somit erreicht das Auflösungs-vermögen atomare Größenordnung.

Desweiteren fielen in dem Gespräch Begriffe wie Schrödingergleichung, Ray-leigh-Kriterium, HOPG, Piezo-Effekt, auf die ich aber nicht weiter eingehen möchte.

Soweit der fachliche Teil.

Stellt sich abschließend die Frage:

Wem nutzt die Oberflächenforschung?

Ein Beispiel das Dr. Ternes benennen konnte, sind ultra glatte Farben und Lacke. Ansonsten ist dies Grundlagen-forschung. Mit dem Wissen auf dem Gebiet der Oberflächenforschung werden zum Beispiel auch folgende Fragen beantwortet: Warum sind viele Eisenatome magnetisch aber ein einzelnes Eisenatom nicht? Ab welcher Zahl an Eisenatomen werden diese Magnetisch? Wovon hängt es ab?

Wir bedanken uns bei unserem Gesprächspartner für das Interview und wünschen Dr. Markus Ternes weiterhin viel Erfolg bei der Suche nach Antworten auf seine Fragen.

Für diejenigen unter euch, die sich intensiver mit diesem Thema befassen möchten, gibt es im Internet zahlreiche Informationsmöglichkeiten.

PS: Hätte auch nur einer von uns in der Schule besser aufgepasst, dann wäre jetzt wenigsten einer unter uns der verstanden hätte worum es ging.

Interview/Foto: Marek

Text: Olly




Horch & Guck: In Friedrichshain

Die Grillsaison ist im vollen Gange und Horch & Guck wollten in Erfahrung bringen, ob der saisonbedingte Preis-anstieg bei Grillkohleanzündern negative Auswirkungen auf die Branche der Brandstifter, speziell die der Autobrand-stifter hat. Den letzten nennenswerten Anstieg im Bereich der Autobrand-stiftung, der dem revolutionärem Wider-stand angelastet wird, gab es zum Ende der Grillsaison 2009. Damals haben sämtliche Händler der Stadt ihre Lager-bestände für den Winter, von Grill- auf Heizmaterial umgestellt und die Grillan-zünder zu Schleuderpreisen veräußert. Nun ist es, im Bereich der aktiven Kapitalvernichtung, seit einiger Zeit wieder etwas ruhiger geworden und dem Staatsschutz gehen somit wertvolle Folgeaufträge durch die Lappen. Unterm Strich eine wirtschaftliche Katastrophe, denn: Die Autohersteller verkaufen keine neuen Autos, den Versicherungen fehlen die Argumente und Gründe für neue Vertragsabschlüsse und der Staatsapparat sitzt, zur Untätigkeit verdammt und völlig unterfordert in den Amtsstuben und verschlingt sinnlos Steuergelder.

Mit dem Ziel die Ursachen für diesen unhaltbaren Zustand zu ergründen, zogen sie los und fanden…..

Gar nichts. Wenn da wenigstens Nix gewesen wäre, aber da war absolut überhaupt rein gar nichts das einen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem Preisanstieg von Grillkohleanzündern und dem wirtschaftlichen Zerfall der Anti-Mobilitätsbewegung gegeben hätte.

Und so nutzten Horch & Guck das schöne Wetter für einen ausgiebigen Zug durch die Nachbargemeinde Friedrichshain. Sie schlenderten durch die Revaler Straße vorbei am RAW-Club und bogen dann in die Libauer Straße ab, um dem Kopier-Planeten in der Kopernikus Straße, den Vervielfältigungskomplizen vom Kreuzberger, einen Besuch abzustatten. Als die stets freundlichen Mitarbeiter sie in der Ferne erblickten, wollten sie noch schnell eine Mittags-pause vortäuschen und abschließen, aber Horch & Guck waren schneller. So waren sie der verbalen Belästigung ihrerseits gnadenlos ausgeliefert. Gut gelaunt zogen sie weiter und durch-stöberten die Antiquitäten- und Zweite Hand Läden in der Grünberger Straße. Dank einer beschissenen Rente und der daraus resultierenden Finanzkrise im Geldbeutel ist es dann auch beim Stöbern geblieben. Nach einiger Zeit (eigentlich komisch, dass es überhaupt so lange gedauert hat) überkam Guck sein all gegenwärtiger Hunger. Dank früherer Expeditionen in diesen Bezirk, einigten sie sich unverzüglich auf die “Futtern wie bei Muttern” – Küche beim Fleischer “Domke”, der strategisch günstig an der Warschauer Straße 64, Ecke Kopernikus Straße liegt. Der absolute Geheimtipp im Kiez. Riesige Portionen zu kleinen Preisen und das Allerbeste ist, es schmeckt. Von der Bockwurst bis zur Rinderroulade mit Kartoffeln und Rotkohl, gibt es alles was das Herz begehrt. Mit voll gefressener Plauze begaben sich Horch & Guck Richtung Heimat. Weiter als bis zur Warschauer Brücke schafften sie es allerdings nicht. Auf der Wiese zwischen all den bereits Anwesenden war noch Platz für die zwei Meisterspione a. D. und so ließen sie sich für einen gemütlichen Gedankenaustausch nieder. Nach einigen Stunden rafften sie sich wieder auf um auf einen Sprung in der “Bar 25”, die in der Holzmarkstraße 25 liegt, vorbei zu schauen. Nach kurzer Wartezeit in einer Schlange von Leuten, die gleichermaßen darauf warteten die Gesichtskontrolle zu bestehen und somit ungehinderten Eintritt zu erhalten, betraten sie den Klub, nachdem sie an der Kasse noch 10 € Eintritt abgedrückt hatten. Ein Rundgang durch den Klub unter freiem Himmel verschaffte Horch & Guck einen Überblick über die verschiedenen Angebote an Unterhaltung und die Lage der Bars. Das Puplikum, viel zu jung für zwei in die Jahre gekommenen Meisterspione a. D., bestand zu 99,9 Prozent aus “wichtigen” Persönlichkeiten wie Szenedrinktrinkern, sich laut unterhaltende (damit auch jeder mitbekommt, wie enorm wichtig sie sind) Agenturmitarbeitern und Appel-Nutzern, die selbst hier nicht die Finger von dem geliebten Gerät lassen konnten. Mit der Erkenntnis, im richtigen Klub, aber unter den falschen Leuten zu sein, traten Horch und Guck den Rückzug an und verließen die “elitäre” Runde. Vorbei an der East-Side Gallery schlenderten sie im Anschluß über die Oberbaum-brücke und erreichten nach einem erlebnisreichen Tag die Heimat.

Einkaufstipp: Subculture – Streetwear Shop in der Grünberger Straße 33, ein Muss für jeden der Friedrichshain besucht.

Geheimtipp: Nehmt bloß keine Grill-kohleanzünder mit. Ihr befindet euch automatisch im Kreis der Verdächtigen, wenn ihr nicht anhand von drei Zeugen, deren polizeiliches Führungszeugnis keine Eintragungen vorweisen darf und eines psychologischen Gutachtens, in dem ein staatlich anerkannten Gutachter bestätigt das ihr Grillkohleanzünder ausschließlich zum entzünden von Grillkohle verwendet, das Gegenteil beweist.

Horch & Guck – Die Meisterspione a. D.




Monsanto – Genial oder einfach nur Gen?

Wie bereits im Vorwort erwähnt, hatte ich vor, mit diesem Bericht auf den Zug der allgemeinen Presse aufzuspringen und das ein oder andere noch nicht gelüftete Geheimnis von Monsanto aufzudecken und bereits aufgedecktes anzuprangern. Aber die von mir gewissenhaft und unvoreingenommen betriebene Recherche brachte die Erkenntnis, dass Monsanto branchenüblich handelt und somit keinen Mehr-wert an Kritik liefert. Wenn ich also einen reißerischen Bericht über die Gentechnik hätte machen wollen, so hätte ich die anderen Unternehmen wie BASF, Bayer, DuPont und die ganzen anderen mit einbeziehen müssen. Da dies den Rahmen gesprengt hätte oder eine 74-teilige Serie entstanden wäre, habe ich mich darauf beschränkt, objektiv über das Thema – Monsanto – zu berichten. Beginnend mit den zusammengefassten Eckdaten aus dem Werdegang des Unternehmens findet ihr im Anschluss daran Auszüge aus dem Gespräch mit dem Monsanto – Presse-sprecher Dr. Andreas Thierfelder, mit dem wir uns in Düsseldorf getroffen haben.

Monsanto Chemical Works – wurde 1901 von John Francis Queeny in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri gegründet. Das Unternehmen hatte sich vorgenommen, Produkte für die Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie zu produzieren. Die aktive Produktion begann in dem Jahr 1902, mit der Herstellung von Saccharin und es folgten 1904 die Produkte Koffein und Vanillin. 1917 beginnt die Aspirin-Produktion und Monsanto ist mit diesem Produkt bis in die 1980er Jahre unangefochtener Marktführer im eigenen Land.

International tätig ist das Unternehmen seit 1919, durch den Erwerb von 50% an den R.A. Graesser Chemical Works in Ruabon (Wales). 1929 übernimmt Monsanto die Firmen Rubber Services Lab. (Kautschukchemikalien), Merrimac Chemicals & Co. (Textilchemikalien, Papier- und Lederherstellung). 1930 folgt dann noch der Zukauf von Southern Cross Chemical Co. Pty Ltd. in Melbourne (Australien).

Im Jahr 1933 verstirbt der Firmengründer John F. Queeny und hinterlässt ein am Markt gefestigtes international aufgestelltes Unternehmen. In den folgenden Jahren erwirbt Monsanto Chemical Works, dass sich 1933 in Monsanto Chemicals Company umbenennt und 1964 seinen endgültigen Namen Monsanto Company annimmt, weitere Unternehmen der Chemie- Industrie. 1950 wird mit American Viscose das Gemeinschaftsunternehmen Chemstrand für die Produktion von Acrylfasern und Nylon gegründet. Die daraus entstandene Solutia Inc. ist heute ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Monsanto und Weltmarktführer in der Acrylfaser- und die Nr. 2 bei Nylonproduktion. Von 1954 bis 1967 arbeitet Monsanto zusammen mit Bayer in dem Gemeinschaftsprojekt Mobay an der Isozyanat-Chemie. Das Düngemittelgeschäft, dass Monsanto seit dem Erwerb der Lion Oil 1955 betreibt, wurde 1960 um die Sparten Herbizide und Astro Turf erweitert und in einer eigenen Abteilung zusammengefasst.

Seitdem wird die Entwicklung und Produktion hinsichtlich der Schädlings- und Unkrautbekämpfung kontinuierlich voran getrieben.

Weitere nennenswerte Unternehmenszukäufe gab es 1997 mit dem Zukauf von Calgene, dem Hersteller der Flavr-Savr-Tomate. 2005 mit der Übernahme von Seminis, einem amerikanischen Produzenten von Obst- und Gemüsesaatgut. 2005 fügte Monsanto – Emergent Genetics Inc. mit in seine Unternehmensstruktur ein. 2006 war es Delta & Pine, ebenfalls Saatguthersteller und führend auf dem Gebiet der sogenannten Terminator Technologie (Genetic Use Restriction Technologies) die für den Betrag von 1,5 Mrd. US-Dollar hinzu-gekauft wurden. Die bisher letzte Betei-ligung ist der Kauf von dem auf gentechnisch veränderten Weizen spezialisierten Unternehmen West Bred im vergangenen Jahr 2009.

Aufgrund der aktuellen Medienberichterstattung, haben wir die Vergangenheit ruhen lassen und uns auf die Klärung der gegenwärtige Sachlage konzentriert. Dazu merkte Herr Dr. Thierfelder im Vorgespräch zum Interview an: Das es beiden Parteien, Monsanto genauso wie den Kritikern, schwer fällt aufeinander zuzugehen. Da die jeweilige Seite auf dem vollen Wahrheitsgehalt ihrer gemachten Aussagen besteht. Bei genauer Betrachtung der Dinge stellt man fest das es weder schwarz noch weiß gibt, sondern sich die Suche nach der Wahrheit in einem Graubereich abspielt.

Mit der Einführung des ersten GVO- Saatguts in Europa im Jahr 1996, begann die Diskussion um die Frage von Sinn und Nutzen der neuartigen Technik. Monsanto, als Vorreiter auf dem Gebiet von genoptimierten, Saatgut, geriet zunehmend in den Focus von Genforschung – Kritikern und der Presse. Als erstes wollten wir deshalb wissen wie es zu erklären ist, dass Monsanto mit seiner Arbeit gegenüber seinen Konkurrenten wie Bayer, Hoechst, DuPont oder Pioneer HiBred, derart massiv in die öffentliche Kritik geraten ist.

Man sich vor Augen halten, erklärte uns Dr. Thierfelder, dass Monsanto in den Jahren von 1980 bis 1996 annähernd 1,5 Mrd. US-Dollar in die Studien zur Erforschung von genetisch verändertem Saatgut investiert hat. In der selben Zeit konzentrierten sich die anderen Unternehmen mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 15 Mrd. US-Dollar auf die Weiterentwicklung von Pflanzenschutzmitteln und haben somit den Anschluss auf diesem Sektor der Forschung verpasst. Monsanto konnte mit einem anfänglichen Vorsprung von 16 Forschungsjahren seine weltweite Marktpräsenz ausbauen. Es ist somit den Aktionären zu verdanken, die mit risikoreichen Investitionen in die Gentechnik ihr Vertrauen in Monsanto bekräftigten und am Ende mit steigenden Kursen belohnt wurden. Allein 2009 wurden Investitionen in Höhe von über eine Milliarde US-Dollar in die Weiterentwicklung der Gentechnik gesteckt.

Auf die Frage nach der Marktführerschaft, die im Bereich von genverändertem Saatgut annähernd bei 90 Prozent liegt und was in jedem Pressebericht gerne als Zeichen des skrupellosen Vorantreibens der Geschäftspraktiken.

gewertet wird, klärt Dr. Thierfelder auf: Die von Monsanto erreichte Marktführerschaft von 90 Prozent bezieht sich auf den US-amerikanischen Markt und das Geschäft mit den Bauteilen der Gentechnik. Derzeit arbeiten ungefähr 180 unabhängige Saatgutzüchter in Amerika mit Gen-Bausteinen von Monsanto. Diese erwerben von dem Unternehmen die Lizenz, einen oder mehrere gentechnisch veränderte Bausteine in ihr eigenes Saatgut durch Pflanzenkreuzungen einzubringen. Das daraus gewonnene Saatgut ist somit nicht von Monsanto produziert, enthält aber die “Technik” des Unternehmens.

Auf die Frage nach der umstrittenen Terminator Technologie (Genetic Use Restriction Technologies – GURT), antwortete Dr. Thierfelder: Monsanto hat einen Vertrag unterzeichnet, der festlegt, dass die Terminatortechnologie nicht bei Saatgut wie zum Beispiel Weizen, das für die Lebensmittelproduktion verwendet wird, eingebracht werden soll. Außerdem kann diese Technologie auch dazu eingesetzt werden bestimmte Eigenschaften in dem Saatgut abzuschalten. Das bedeutet, dass das mit Lizenz erworbene Saatgut zum Beispiel die Eigenschaft besitzt, resistent gegen bestimmte Schädlinge zu sein und dementsprechend einfach zu handhaben ist. Das aus dieser Pflanze bei der Ernte gewonnene Saatgut hingegen hat diese Eigenschaft durch den Einsatz der Terminator Technologie “ausgeschaltet” und muss ohne Resistenz dement-sprechend umfangreicher behandelt werden.

Zu der Problematik der indischen Baumwollbauern und deren Missernten, die überwiegend mit den Produkten und Geschäftspraktiken von Monsanto in Verbindung gebracht wurden, erklärt Herr Thierfelder folgendes: Hierzulande ist es aufgrund von Bevölkerungsstruktur und des vorhandenen Bildungsniveaus leichter, durch Lehrgänge das Wissen um die korrekte Verwendung und den Umgang mit dem gentechnisch verändertem Saatgut und den Pflanzenschutzmitteln zu vermitteln als in Indien. Während in Deutschland ein paar dutzend Landwirte an diesen Veranstaltungen teilnehmen, können es in Indien einige tausend Bauern sein, die sich informieren wollen. Dass bei diesen Massen nicht die Probleme des einzelnen geklärt werden können, liegt auf der Hand. Die Pflanzenschutzberater können vor Ort nur den falschen Versprechungen der Händler entgegenwirken und versuchen durch die Vermittlung von Wissen, Mißernten zu begrenzen. Am Ende jedoch liegt das Vertrauen bei den Händlern von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, die ihre Ware auf die typische Art und Weise anpreisen. “Magic Beans” ist nur ein Wort das im Zusammenhang damit fällt und aus dem indischen übersetzt werden kann mit: “Egal wann und egal wo, dieses Saatgut, mein Freund, wächst immer und überall, vor allem unter jeder Bedingung”.

Wenn der Landwirt viel zu spät bemerkt, dass dem gegebenen Versprechen des Saatguthändlers nicht so ist, sind die Folgen, eine Missernte, bereits unabwendbar. Hinzu kommen die Fehler im Umgang mit den Pflanzenschutzmittel. Weder Schutzmaßnahmen für die eigene Gesundheit noch die Hinweise für den fachgerechten Einsatz des jeweiligen Produkts werden aus Bildungsmangel missachtet. So kann es sein, dass Saatgut gegen eine, in bestimmten Gegenden massiv auftretenden Schädlingsart resistent ist, aber andere Lebewesen weiter-hin mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden müssen. Lassen die Landwirte dies außer Acht ist das Ergebnis Ernteausfall und eine daraus resultierende Verschuldung der Bauern bei Banken und Händlern.

Außerdem gibt Dr. Thierfelder zu bedenken, dass Monsanto seine Produkte in jedem Jahr aufs neue an den Mann bzw. die Frau bringen muss. Jeder Landwirt hat schließlich die freie Wahl von welchem Hersteller er sein Saatgut bezieht. Somit liegt auch die Priorität bei Monsanto in der Herstellung von qualitativ hochwertigen Produkten. Dies gilt für die Sparte von gentechnisch verändertem Saatgut, genauso wie für die Sparte der Pflanzenschutzmittel.

Die Frage, wo steht das Unternehmen Monsanto in 25 Jahren, beantwortete Herr Thierfelder mit der Vermutung, dass das Unternehmen seine Aktivitäten im Bereich der Genforschung weiterhin ausgebaut haben wird. Man wird wohl auch die Marktführerschaft, durch den schon heute vorangetriebenen Zukauf von Saatgutproduzenten, ausgebaut haben. Das Hauptaugenmerk wird aber wohl weiterhin auf die Arbeit mit Mais und Soja als Futtermittel und auf Baumwolle und Raps als Faserpflanze gerichtet sein. Die Zukunft wird zeigen ob Monsanto sich darauf konzentrieren wird, die Möglichkeiten im Bereich der Gentechnik durch seine Forschungen voranzutreiben und die daraus resultierenden Ergebnisse in Form von Lizenzen dem Markt zur Verfügung zu stellen. Der Bereich Pflanzenschutz wird in Zukunft nicht maßgeblich an der Entwicklung des Unternehmens beteiligt sein.

Ein weiterer Punkt den wir klären wollten ist die Beteiligung von Monsanto an der Weltsaatgutbank auf Spitzbergen. Auch hier gab sich Herr Thierfelder unerwartet auskunftsfreudig. Gemeinsam mit Bill Gates, dem größten Finanzierer des Projekts, der Rockefeller Stiftung, der Syngenta Stiftung, DuPont Pioner, HiBred betreibt Monsanto diesen in ein Bergmassiv getriebenen Saatgutbunker. Bis zu 3 Mio. verschiedener Pflanzensamen können darin für die Zukunft sicher und haltbar eingelagert werden.

Percy Schmeiser, ein Farmer aus Kanada, ist der wohl bekanntesten Fall, bei dem es zu Rechtstreitigkeiten um die Verwendung von Monsantos Saatgut kam und die am Ende von dem Unternehmen gewonnen wurden. Es ging in dem Fall um die Frage ob Herr Schmeiser wissentlich und mutwillig Saatgut von Monsanto, das zuvor durch starke Winde von Nachbarfeldern auf seine Felder geweht wurde, angebaut hat.

Herr Schmeiser sagte dazu vor ein paar Jahren in einem Interview: Durch die ungewollte Kreuzung seines Saatguts mit dem von Monsanto sind 50 Jahre eigene Zuchtarbeit zerstört worden.

Herr Dr. Thierfelder sagt zu dem Fall: Das Herr Schmeiser laut Gutachten auf einem bestimmten Teil seiner Felder und somit gezielt Saatgut von Monsanto ausgesäht hat. Die Höchstgrenze von zufällig ausgebrachter Fremdsaat liegt bei einem Maximum von 50%. Der Anbaubereich um den es in konkretem Fall ging, wies hingegen ein Vorhanden-sein von 90% Monsanto Saatgut nach.

Wie die Problematik der Saatgutvermischung in Zukunft geregelt wird, werden wohl die Gerichte entscheiden.

Wir bedanken uns bei Monsanto und ihrem Pressesprecher Herrn Dr. Andreas Thierfelder für die Beantwortung unserer Fragen.

Mal schau´n ob “Bayer” demnächst genauso bereitwillig auf unsere Anfrage reagiert.

Abschließend habe ich die Fernsehberichte aufgeführt, die dazu veranlasst haben, diesen Bericht zu schreiben:

“Gift im Angebot-Die Erfolgsstory des US-Multis Monsanto”

“Tote Ernte – Der Kampf ums Saatgut” “100% Baumwolle-Made in India”

“Monsanto-mit Gift und Genen”

“Die Genverschwörung”

Interview: Marek & Olly

Foto: Marek

Text: Olly