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Tag: 1. Mai 2013 - Der Kreuzberger

MolotowCocktail – Die Geschichte einer Volkswaffe

Wann wäre ein solcher Artikel passender, als in der Mai-Ausgabe? Die Idee dazu kam mir vor einiger Zeit, als ein Bekannter der British Special Forces mir von seinen Erfahrungen in Nordirland erzählte, wo Demonstranten ihren Mollys Cornflakes und Zucker beimischten, damit die brennende Flüssigkeit besser haften blieb.

Aber zunächst, damit niemand denkt oder glaubt, dass hier Bombenbauanleitungen verbreitet würden, ein Disclaimer, der mir bei meinen Recherchen im Internet aufgefallen ist und dem ich mich gerne anschließen möchte: »!!!Mollys bauen (und werfen) ist böse und unökologisch (manche Anschlagsziele wohl aber auch). Der folgende Text ist kein Aufruf zum Molly-Bau und -Werfen, sondern dient der Aufklärung darüber, wie Menschen, die sowas trotzdem tun, das machen, um Mollys erkennen und sich davor schützen zu können. Diese Seite dient damit der Dokumentation und Vorbeugung!!!« (Zitat: www.deu.anarchopedia.org/Molly-Workshop)

Der Molotowcocktail, auch Molly genannt, ist ein einfacher Wurfbrandsatz, der ohne große Kosten oder Aufwand aus Flaschen, Lunten und einem Gemisch brennbarer Flüssigkeiten herzustellen ist, weshalb er auch als Volks- oder Guerillawaffe gilt, die bei Aufständen, Krawallen oder Straßenschlachten Verwendung findet.

Die Geschichte von Brandsätzen geht bis in die Antike zurück, wo »Griechisches Feuer« und »Feuertöpfe« in Seeschlachten oder bei der Erstürmung von Festungen eingesetzt wurden. Die ersten Belege für den Einsatz von Molotowcocktails stammen aus den Russischen Interventionskriegen (1918-1922) und dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), damals aber noch nicht unter diesem Namen bekannt. Die Benzinbomben wurden zunächst – auf Turm, Motor oder Auspuff geworfen – erfolgreich gegen Panzer eingesetzt.

Die Bezeichnung Molotowcocktail geht auf die sowjetische Invasion in Finnland (1939/1940) und den damaligen Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten – Wjatscheslaw Molotow – zurück, der während der Annexion behauptete, die russischen Bomber würden Brot für die Zivilbevölkerung bringen. Diese Lüge beantworteten die empörten Finnen mit einem »Getränk passend zum Essen«, denn die russischen Streubomben wurden damals im Volksmund »Molotows Brotkörbe« genannt.

Weil Mollys im Preis-/Leistungsverhältnis sehr günstige Panzerabwehrwaffen darstellten, wurden sie in Finnland bald von einer staatseigenen (Likör-)Fabrik in Rajamäki industriell hergestellt. Insgesamt wurden 450.000 Stück produziert und nebst Streichhölzern paketweise an die Front geschickt. Später ließen auch die Rote Armee und die Deutsche Wehrmacht »Brandflaschen« herstellen bzw. gaben Anleitungen für deren Selbstbau heraus.

Den Weg von der Kriegswaffe zur Volkswaffe und in den Bereich der »zivilen Auseinandersetzung« fand der Molly ab der Mitte des letzten Jahrhunderts durch seine Verwendung beim Aufstand im Warschauer Ghetto (1943), beim Warschauer Aufstand (1944) oder dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Ungarn (1956).

Im Folgenden gewann er gerade bei Volksaufständen, in der Auseinandersetzungen zwischen Zivilbevölkerung und Militär oder mit dem staatlichen Gewaltmonopol überall auf der Welt immer mehr an Popularität. Neben vielen anderen Konflikten zählen in Europa die Studentenbewegung der 1960er Jahre, die Terrorwelle in den 1970ern, die Hausbesetzerszene der 1980er in Deutschland, die IRA und – immer noch aktuell – die Globalisierungsgegner und Widerstandleistende gegen das Euro-Regime dazu. Somit hat sich der Molotowcocktail, neben Worten und Steinen, zu einer Waffe des »kleinen Mannes« entwicklet und als Ausdruck ohnmächtiger Wut gegenüber übermächtigen Gegnern heraus stilisiert.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern, wird der Molotowcocktail auf der Liste verbotener Waffen geführt. D. h. Erwerb, Besitz, Überlassen, Mitführen, Verbringen, Herstellen, und Handeln sind unter Androhung von Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren verboten. Das Werfen wird seitens der Justiz im Allgemeinen als versuchtes Tötungsdelikt (Totschlag oder Mord) gewertet.

Also, wenn ihr irgendwo Mollys brennen oder fliegen seht, dann macht euch aus dem Staub und bringt euch in Sicherheit. Und »Ihr da oben« überlegt mal, was ihr getan und womit ihr den Zorn des Volkes entzündet habt.

Geschrieben von kersten

 




Zurück in die Zukunft – Eine Zeitreise zum 1. Mai 2030 und wieder zurück

Es begab sich vor gar nicht allzu langer Zeit, dass ich mich mal wieder auf der Suche nach dem neuesten Trend befand. Als ich die Manteuffelstraße entlang lief, rief eine düstere Stimme aus einer noch düsteren Ecke: »Hey, du!«. Ich drehte mich um und fragte: »Wer, ich?« »Ja, du«, antwortete die düstere Stimme und sprach: »Komm´ mal her. Ich habe etwas interessantes für deinen Bericht« Neugierig ging ich auf die Person zu und wunderte mich, woher er von meiner Suche nach Interessantem wusste.

Als ich vor ihm stand, versuchte ich vergeblich, das durch eine Kapuze fast vollständig verdeckte Gesicht meines Gegenübers zu erkennen. »Was ist denn so interessant?«, fragte ich. »Ich habe hier eine Zeitmaschine, und du darfst sie als Erster testen. Du kannst dir aussuchen, wann und wo du in der Vergangenheit oder in der Zukunft landen willst. Du musst nur einsteigen, die gewünschte Zeit eingeben und dann den roten Knopf dort drücken.« Verwundert schaute ich den mir Unbekannten an. Konnte ich ihm vertrauen? Ach, was soll´s, dachte ich bei mir und setzte mich in die Zeitmaschine, die wie eine überdimensionale Getränkedose aussah. Die mysteriöse Person erklärte mir die Bedienung, um mir kurz darauf mit einem hämischen Grinsen viel Spaß zu wünschen und verschloss die Tür. Ich stellte das Datum auf den 1. Mai 2030, beließ den Ort der Ankunft in der Manteuffelstraße und drückte den Startknopf. Es geschah nichts. Nur ein kurzes Surren, gleich dem eines anfahrenden Fahrstuhls, war zu vernehmen. Dann klickte die Verriegelung und die Tür sprang von alleine auf und gab die Sicht frei.

Neugierig stieg ich 17 Jahre später aus der Zeitmaschine und schaute mich um. Ich stand in einem Zeitungsladen, und der Inhaber sowie die anwesenden Kunden schauten mich verwundert an. Allem Anschein nach stand an der Stelle im Jahr 2013 noch kein Haus, und die Berechnungen der Zeitmaschine haben den städtebaulichen Wandel nicht mit berücksichtigt. Egal, ich verließ den Laden und stand auf der Manteuffelstraße. Ich machte mich auf den Weg in die Oranienstraße. Die Häuser der Umgebung machten den Eindruck, dass sie erst vor einigen Jahren renoviert wurden. Die Straßenbäume standen im saftigen Grün, und insgesamt herrschte eine friedliche Stille. Zu friedlich für den 1. Mai, dachte ich bei mir und ahnte Schlimmes, als ich die Straße hinunter lief. Ich sah, dass sich in die Räumlichkeiten der »Milchbar« ein Sterne-Restaurant eingenistet hatte und dort, wo sich früher die Freiluft Bar befand, ein Appartementwohnhaus errichtet wurde. Mein Blick die Oranienstraße entlang bestätigten meine Befürchtungen, die auf den ersten Metern in der Manteuffelstraße in mir aufkamen und ich blieb erschrocken stehen, als ich das volle Ausmaß erfasste.

Auf den Bürgersteigen standen auf jeder Seite der Straße Verkaufsstände, vor denen sich die feine Gesellschaft tummelte. Bei Hummer, Shrimps und Kaviar prosteten sie sich mit Champagner zu und genossen jede erdenkliche kulinarische Extravaganz, die man sich vorstellen kann. Nirgendwo gab es die Bierverkäufer, die aus gestapelten Kisten heraus verkauften. Nirgends zogen die Rauchschwaden von einem Rostbratwurstgrill oder einer Dönerbude durch die Straße. Einzig und allein das Hasir Restaurant hat sich etabliert und lag somit als letzte Kreuzberger Institution wie ein Fels in der Brandung im elitären Meer. Alle anderen alteingesessenen Geschäfte und Lokale wurden durch die Umstrukturierung des Bezirks vertrieben und durch exklusive Gastronomie und Boutiquen ersetzt. Nirgends waren altbekannte Gesichter zu sehen. Diese hatten sich zu einem Großteil aus Unmut über das Myfest bereits seit 2011 schon nicht mehr auf der O-Straße blicken lassen. Und hier unter der Schickeria waren sie ganz bestimmt nicht mehr anzutreffen. Dort, wo früher das Schild »Core Tex« hing, bei dessen Anblick ein jede/r KreuzbergerIn seit Jahrzehnten selbst im Vollrausch im Vorbeifahren mit der U-Bahn erkannte: »Ich bin zuhause, nächste Station muss ick raus«, war verschwunden und war gegen die Leuchtreklame eines Herrenausstatters ersetzt worden. Über die Köpfe der Menschenmassen hinweg sah ich, welch einen Wandel insbesondere dieser Teil von Kreuzberg seit 2013 durchlebt hatte. Ich lief weiter, und vor dem Eingang des ehemaligen Geschäftshauses am Oranienplatz empfing mich ein Kellner, der jedem, der vorbei lief, ein Glas Champagner anbot. Er gehörte zum Luxuskaufhaus Macy´s, das vor Jahren eingezogen war und an diesem Tag seine Pforten für das zahlungskräftige Publikum geöffnet hatte. Ich lehnte dankend ab und ging weiter. Ein paar Meter weiter, am Oranienplatz, keimte die Hoffnung in mir auf, doch noch auf ein paar revolutionäre Demonstranten zu treffen. Weiträumig hatte die Polizei den Platz abgesperrt. Die Hoffnung versiegte jedoch sogleich wieder, als ich den wahren Grund für die Absperrung erblickte. Wo ich vor ein paar Tagen, im Jahr 2013, im Vorbeigehen das Protestcamp erblickte, stand im Jahr 2030 eine Bühne, die sich über die gesamte Fläche des diesseitigen Platzes erstreckte und auf der sich gerade die Berliner Philharmoniker einrichteten, um ihr 1. Mai-Konzert zu spielen. Vor der Bühne hatten sich hunderte von Zuschauern auf den bereitgestellten Stühlen niedergelassen, um den Klängen zu lauschen. Angewidert verließ ich den Platz und lief über die Seitenstraßen zurück. Die einst hier und dort vorhandenen Baulücken in den Seitenstraßen waren verschwunden. Die Spielplätze sowie die Naherholungsflächen mussten der Neubebauung weichen. Auf meinem Weg durch die Eisenbahnstraße sah ich, dass die alte Markthalle immer noch existierte. Jedoch war auch sie der Umstrukturierung zum Opfer gefallen und beherbergte nun einen Gourmet-Tempel.

Am Lausitzer Platz angekommen, gab mir eine junge Frau einen Zettel in die Hand, der auf eine Veranstaltung im einstigen Lido hinwies. Das ehemalige Kino in der Schlesischen Straße hieß nun »Center Cine« und war wieder dem ursprünglichen Verwendungszweck zugeführt worden. Passend zum Feiertag veranstaltete das Kino einen 1. Mai-Rückblick unter dem Motto »Der 1. Mai vor 50 Jahren«. Dabei, so war auf dem Zettel weiter zu lesen, sollten Aufnahmen der Polizei gezeigt werden, wie sie Demon-stranten durch die Straßen jagten und wie sie selbst gejagt wurden.

Am Lausitzer Platz waren die einzigen Demonstranten zu sehen und auch die Polizei, die sich sonst im Hintergrund hielt, war hier massiv durch Beamte in Schutzanzügen vertreten. Nur von einer angespannten Stimmung war nichts zu spüren. Bei genauerem Betrachten der Leute erkannte ich, dass aus einem Einkaufswagen heraus Pflastersteine an die umher stehenden Personen verteilt wurden. Dem von einem jungen vermummten Mann geschobenen Einkaufswagen folgte ein weiterer, beladen mit Bierflaschen, die ich auf Grund der am Flaschenhals herausragenden Lappen als Molotowcocktails identifizierte. Kurz darauf erfolgte die Eröffnungsmelodie »Deutschland muss sterben« von Slime, und der Demonstrationszug setzte sich in Bewegung. Die Erinnerungen an längst vergangene 1. Mai-Krawalle kamen in mir auf, und ich schloss mich in freudiger Erwartung dem Zug aus offensichtlich gewaltbereiten Staatsfeinden an. Als sich die Demonstranten auf der Kreuzung Skalitzer- Ecke Oranienstraße befanden, fingen sie an, mit Pflastersteinen auf die Polizeibeamten zu werfen und die Lunten der Molotow-Cocktails zu entzünden und die Brandbomben ebenfalls in Richtung der Beamten zu werfen. Nebenbei stand die feine Gesellschaft und klatschte Beifall. Verwundert schaute ich dem Treiben zu. Nach einigen Sekunden realisierte ich, dass die Pflastersteine die Beamten folgenlos trafen und die Brandsätze zwar mit einem lauten Knall explodierten, jedoch kein Feuer entfachten. Ein Mann, der neben mir stand, sagte: »Eine Schande. Die echten Demonstranten sind an den Stadtrand verdrängt worden und liefern sich jetzt die Straßenschlachten mit der Polizei und den Rechten in Marzahn, Hellersdorf und Ahrensfelde und wurden durch diese Komparsen und Schauspieler ersetzt, die hier für die feine Gesellschaft beim Revolutionärem 1. Mai-Musical den Kasper spielen«, und zeigte in Richtung der vorgetäuschten Krawalle und fügte an: »Die einzigen, die den Wandel einigermaßen unbeschadet überstanden haben, sind die Drogenhändler im Görlitzer Park. Die haben es verstanden, sich den verändernden Umständen anzupassen und verkaufen anstatt Marihuana heutzutage Kokain und Heroin.« Während er mir dies erzählte, fuhren im Hintergrund zwei Wasserwerfer auf, und es ertönte die Durchsage: »Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei, dies ist die dritte und letzte Aufforderung. Räumen sie umgehend die Straße, ansonsten werden wir die Wasserwerfer zum Einsatz bringen.« Keiner der Anwesenden machte Anstalten, der Aufforderung Folge zu leisten. Warum auch, es war ja eh nur ein Schauspiel. Und so kam es, wie es kommen musste. Der Höhepunkt gipfelte in einer wilden Wasserschlacht seitens der Polizei, die zusätzlich mit selbstverständlich aus weichem Gummi bestehenden Knüppeln, völlig schmerzfrei für die Revolutionäre, auf diese einschlugen, was von den Demonstranten durch erneute Schaumstoff-Pflasterstein-Würfe beantwortet wurde. Kurz darauf war das Spektakel vorbei, und die Schauspieler erschienen noch einmal, um sich vor dem Applaus der Zuschauer zu verneigen. Gern wäre ich noch länger geblieben und hätte den Erzählungen des Mannes, der während der ganzen Zeit seine Wut über die Zustände äußerte, zugehört. Leider war meine Besuchszeit auf zwei Stunden begrenzt, länger wollte der Typ, der mich in die Zeitkapsel gesteckt hatte, nicht warten.

Nicht fassend, was ich sah, ging ich zurück in den Zeitungsladen, in dem die Zeitmaschine stand, bestieg diese unter den immer noch ungläubigen Blicken der Anwesenden, schloss die Tür, gab die Daten und Koordinaten ein und versetzte mich durch das Drücken des roten Knopfes wieder in die Gegenwart. Dort angekommen, stieg ich aus der Zeitmaschine und war noch fassungslos von dem gerade Gesehenen. Mein Gegenüber fragte: »Und, wie war es?« Entsetzt antwortete ich: »Ich habe Dinge gesehen, die glaubst du nicht. So etwas hat es früher nicht gegeben.«

Geschrieben vom TrendScout

 




Die Wasserkutsche – Mit dem Hausboot auf Entdeckungstour

Das Streckennetz der Berliner Wasserstraßen beläuft sich auf eine Gesamtlänge von zirka 6.700 Kilometern, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen von prachtvollen Brücken überspannt werden. Was läge da näher, die Stadt und ihre Umgebung vom Wasser aus zu erkunden? Mit einem der in liebevoller Handarbeit und komplett aus Holz gefertigten Hausboote von Franz, Johannes und Jan-Niklas Rademacher, dem Kopf von Wasserkutsche, ist dies seit 2010 möglich. Ohne die Verpflichtung, einen Bootsführerschein besitzen zu müssen, kann jeder nach einer Einweisung in die Bootstechnik und Bootskunde zum Kapitän werden.

Wer sich zu Wasser in Berlin nicht so gut auskennt, was bei den meisten Berlinern der Fall sein dürfte, kann sich von einer der kleineren Tagestouren bis hin zu mehrtägigen Fahrten über die Gewässer der Stadt und im Umland leiten lassen. Die kleineren Touren führen durch Neukölln, Kreuzberg, zum Lange See, der zwischen Grünau und den Müggelbergen liegt, oder einfach nur direkt um die Ecke zum gemütlichen Abhängen in die Rummelsburger Bucht. Die längeren Touren bringen einen vorbei an der Glienicker Brücke, dem Albert-Einstein-Haus in Caputh, zum Schloss Sanssouci in Potsdam und nach Werder und dort, je nach Saison, zum jährlich stattfindenden Baumblütenfest.

Die kleinen Hausboote sind aber nicht nur für Ausflüge und Kurzurlaube geeignet, sondern es lässt sich auf ihnen genauso gut zu zweit die Ruhe bei einem romantischen Picknick genießen oder ein lustiger Firmenausflug gestalten, bei dem der Chef ganz beruhigt mal das Ruder aus der Hand geben kann. Ganz gleich, für welche Tour man sich entscheidet, der Ausgangspunkt ist der Heimathafen in den „Höfen am Osthafen“ in der Schlesischen Straße 28 in Berlin-Kreuzberg.

 

Die Ausstattung

Die Boote sind zwei Meter breit und sechs Meter lang, und die Ausstattung bietet alles notwendige wie Kühlschrank, Musikanlage und Kochgelegenheit in Form eines zwei-flammigen Gaskochers. Das Boot bietet insgesamt sechs Personen Platz. Bei mehrtägigen Fahrten muss jedoch berücksichtigt werde, dass nur vier Schlafplätze vorhanden sind. Im Sommer könnte man eventuell die auf dem Dach zur Verfügung stehenden Liegeflächen als zusätzlichen Schlafplatz nutzen. Für die kühlen Tage gibt es eine Heizung, und selbstverständlich ist auch eine (chemiefreie) Toilette an Bord vorhanden, damit niemand Gefahr läuft, beim über die Reling scheißen ins Wasser und somit in die eigenen Hinterlassenschaften zu stürzen. Um nicht der Wasserschutzpolizei vor den Bug zu treiben, besitzt das Boot auch einen Anker, der es ermöglicht, vor unbefestigten Landabschnitten fest zu machen und an Land zu schwimmen. Dem Elektroantrieb sei dank, darf man mit den Booten auch in Naturschutzgebiete einfahren und die zum Teil unberührte Naturlandschaft genießen. Einziger Wermutstropfen ist, dass die innerstädtischen Verkehrswege nicht befahren werden dürfen und somit ein spät römisch dekadenter Landgang vor dem Szeneklub, durch das eigene Boot stilgerecht in Szene gesetzt, nicht möglich ist.

Auf der Internetseite von Wasserkutsche bekommt ihr von Elisa in einem fünf minütigem Film einen Eindruck davon vermittelt, wie die Boote gebaut werden, mit welcher Ausstattung die Boote ausgerüstet sind und dass die Musiker von »Mouse on Mars« auch schon mit den schwimmenden Kult-Booten unterwegs waren und aus Begeisterung über das Erlebnis ein Lied darüber komponiert haben.

Tel. 0157-86768468

Web: www.wasserkutsche.com




Commons – Gemeingüter Was allen gehört, gehört geteilt!

Trotz der heutigen nationalen wie internationalen Probleme verharrt die Politik weiterhin in einer Art Innovationsstarre und wiederholt fast schon mantra-artig die immer gleiche Losung vom ewigen Wachstum als Heilbringer aller Missstände. Seit Jahrzehnten schon hat sich dieser Ansatz als nicht praktikabel erwiesen. Dennoch bestehen sie weiterhin darauf und verschließen sich vehement neuen Denkansätzen. Die Commons-Bewegung (Gemeingüter/Allmende) versuchen einen neuen (alten) Ansatz in die Diskussion zu werfen, wie sich der Blick auf unsere derzeitigen Verhältnisse ändern könnte. Dies geschieht allein dadurch, dass man bestimmte Güter nicht den Marktmechanismen und privaten Interessen unterwirft, sondern die Verwaltung darüber in die Hand der Allgemeinheit zurück gibt. Denn wir müssen uns wohl alle eingestehen, dass sich unsere Hoffnung, dass Wissenschaft und Technik in der Lage wären, Hunger, Not und Elend zu überwinden, sich nicht erfüllen werden. Sogar das genaue Gegenteil ist eingetreten und die Missstände wuchern zu globalen Problemen heran, die inzwischen unser aller Überleben gefährdet. Wenn also selbst unsere besten technischen Errungenschaften nicht zum Wohle der Menschen geführt haben, sollte man irgendwann anfangen, an anderen Orten zu suchen. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich unsere alten Denkmuster nicht bewährt haben und die Zeit reif ist, sie selbst einmal in Frage zu stellen!

Bevor ich jedoch zu den Commons komme, möchte ich auf einen Versuch hinweisen, den der renommierte Hirnforscher Prof. Gerald Hüther bei einem seiner Vorträge vorstellte, um anhand dieses Beispiels auf die Macht der Sozialisation aufmerksam zu machen. Von unseren Anlagen her wollen wir uns nämlich gemeinschaftlich verhalten, nun kann jede/r selbst entscheiden, ob wir Menschen so sind und immer in Konkurrenz treten wollen oder so gemacht wurden. Wer die Gemeingüterdebatte als illusorisch betrachtet, hat sicherlich berechtigte Bedenken. Ich sehe die Probleme jedoch eher bei den bestehenden Machtverhältnissen als in der Natur des Menschen.

Das Experiment

Babys von 6 Monaten wurden vor einen Bildschirm gesetzt und drei kleine Filme gezeigt.

1 Sequenz: Ein kleines gelbes Männchen krabbelt einen Berg hoch, es rutscht zwar ein paar Mal wieder ein Stück herunter, doch mit Mühen erreicht es dennoch den Gipfel.

2 Sequenz: Wieder krabbelt das kleine gelbe Männchen den Berg hoch, doch nun kommt ein kleines grünes Männchen hinzu und schiebt es von hinten ein wenig an und beide erreichen gemeinsam den Gipfel.

3 Sequenz: Das kleine gelbe Männchen schuftet sich wieder zum Gipfel vor, doch dort wartet ein blaues und stößt es zurück.

Nachdem die Babys die drei Filmchen gesehen hatten, wurden sie an einen Tisch gesetzt, wo ein grünes und ein blaues Männchen, wie aus dem Film, vor ihnen lagen und man wollte nun wissen nach welchem sie greifen werden.

Alle Babys griffen nach dem grünen Männchen, dem Unterstützer.

Den gleichen Versuch machte man mit den gleichen Kindern im Alter von einem Jahr, und es griffen nun 10 bis 20 % der Babys nach dem blauen Männchen (dem Runterstoßer).

Kinder richten sich nach denen, die »erfolgreich« sind. Dies ist uns als genetische Anlage mitgegeben worden. Zwischen Gut und Böse wird noch nicht unterschieden,. Sie beobachten nur, und einige haben scheinbar inzwischen schon verstanden, obwohl sie noch nicht einmal sprechen können, dass ein Runterstoßer erfolgreicher scheint. Jetzt stellt sich die logische Frage, wer ihnen das vorlebt. Was jedoch Anlass zur Hoffnung macht, ist ihr natürlicher Impuls zu unterstützen. Kinder sind immer der Spiegel unserer eigenen verinnerlichten Denkmuster. So muss ich an einen Ausspruch von Karl Valentin denken, der sagt. »Erziehung bringt nischt, die machen ein eh alles nach!«

Dies sollte nur ein kleiner Anstoß sein, dass wir anscheinend zu selten unsere Veranlagung ausleben, denn diese fußt auf Kooperation. Wir scheinen inzwischen schon so zugemüllt, dass es uns jedoch nur noch selten auffällt. Neue Ideen haben es immer schwieriger, durch die anerzogenen Muster durchzudringen. Zu oft nehmen wir die bestehenden Verhältnisse als gegeben hin, ohne eine persönliche Überprüfung. Wir akzeptieren einen Status Quo, obwohl unser persönliches Leiden sowie das der Gesellschaft immer sichtbarer wird. Prof.Gerald Hüther bringt es auf den Punkt: »Wir haben ein Wirtschaftssystem geschaffen, was aus sich selbst heraus die Menschen benutzt für das was es braucht, wir haben aber mal ursprünglich eine Wirtschaft gewollt, die den Bedürfnissen der Menschen dienen soll.«

Somit komme ich direkt zu der Frage: »Wem gehört die Welt?« Wie kann es sein, dass Wasser, Luft und Böden privatisiert werden, obwohl sie der ganzen Menschheit gegeben worden sind. Was ist mit öffentlichem Raum, Plätzen, Parks usw. Was ist mit Kulturgütern, freier Nutzung von Wissen, Mobilität, Internet, etc.? Wo fängt ein Gemeingut an, wo hört es auf? Die Heinrich-Böll-Stiftung, die sich mit dem Thema seit Längerem in Deutschland beschäftigt, nannte ihren Report darüber: »Gemeingüter – Wohlstand durch teilen«, könnte dies ein Schlüssel zur Neugestaltung von Gesellschaften werden?

Mit 78 Jahren verstarb 2012 die wohl bekannteste Commonforscherin der Welt, Elinor Ostrom. Als erste Frau überhaupt erhielt sie den Wirtschafts-Nobelpreis 2009. Die Hoffnung, nun würde auch das Thema der Gemeingüter mehr in den Fokus der Medien und Öffentlichkeit rücken und sich etablieren, war wohl zu positiv gedacht. Die Idee jedoch hat an Aktualität nichts verloren, gerade als mögliche Antwort bei den sich permanent zuspitzenden ökologischen wie ökonomischen Krisen, die wir tagtäglich erleben müssen.

Doch was sind Gemeingüter?

Ich bediene mich hier der Auflistung der Heinrich-Böll-Stiftung, die sie in vier verschiedene Kategorien einteilt: Natur, Soziales, Kultur, Digitaler Raum!

In der Natur sind alle Menschen auf Wasser, Wälder, Boden, Fischgründe, Artenvielfalt, Landschaft, Luft, Atmosphäre mitsamt den damit verbundenen Lebensprozessen angewiesen. Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Teilhabe an den Naturgütern, unabhängig vom Privateigentum an ihnen.

Im Sozialen sind Plätze, Parks und öffentliche Gärten, Feierabend, Sonntag und Ferien, aber auch Mitfahrgelegenheiten, digitale Netze oder Sport- und Freizeittreffs eine Voraussetzung dafür, dass Sozialbeziehungen florieren können. Wir alle profitieren von Räumen und Zeiten, die ungerichtete und unprogrammierte Begegnungen ermöglichen.

Soziale Gemeingüter können vielfach von den betroffenen Gemeinschaften und Bürgerinitiativen selber gepflegt werden. Sie reichen aber auch in den öffentlichen Bereich hinein, in dem die öffentliche Daseinsvorsorge eine wichtige Rolle spielt. Sollen komplexe Leistungen wie Gesundheitsversorgung, Mitbestimmung und ein stabiles Finanzsystem für alle gesichert werden, sind innovative Herangehensweisen jenseits von Markt und Staat erforderlich.

In der Kultur liegt es auf der Hand, dass Sprache, Erinnerung, Gebräuche und Wissen für jegliche materielle und nicht-materielle Hervorbringung unabdingbar sind. So, wie wir natürliche Gemeingüter für das Überleben brauchen, sind kulturelle Gemeingüter notwendig für unser kreatives Tun. Letztlich stützen wir uns in Geist und Geschick auf die Vorleistungen zurückliegender Generationen. In gleicher Weise müssen die Leistungen der Gegenwart an kommende Generationen frei zugänglich weitergegeben werden.

Im digitalen Raum funktionieren Produktion und Austausch umso besser, je weniger der Zugang zu den Objekten und Datenbeständen behindert wird. Für die Navigation in der virtuellen Welt und für eine kreative kulturelle Entwicklung ist es unabdingbar, dass Software-Codes sowie der Reichtum der hochgeladenen Texte, Töne, Bilder und Filme nicht hinter Eigentumsansprüchen verschlossen werden.

Obwohl es nach der Einteilung so aussieht, als könnte man die Gemeingüter klar bestimmen, stellt sich jedoch sehr oft die Frage, wo bestimmte Dinge Privateigentum sind, öffentliches Gut oder Naturgut, das für alle zur Verfügung stehen muss (Luft, Wasser). Aber es sind inzwischen auch Entwicklungen von Einzelnen oder einer Gruppe zum Standard geworden, so dass sie selbst zum Gemeingut geworden sind. Gerade im Bereich Internet würde man heute ohne HTML oder http nicht mehr weit kommen. Beispiele, wo Entwickler bewusst ein Gemeingut aufbauen wollten, sieht man bei Linux oder der freien Software für alle. Dies sollte eigentlich auch für den Zugriff auf Wissen in der Physik, Chemie, Medizin usw. gelten sowie bei der Entstehung von Sprache. Dies sind Prozesse, die sich in permanenter Weiterentwicklung befinden und letztlich eine Gemeinschaftsleistung darstellen, seit vielen Jahrhunderten schon.

Auch bei den öffentlichen Gütern muss differenziert werden, und dafür braucht es staatliche Institutionen, die Entscheidungen treffen, sei es über Straßen, Energieversorgung, Sicherheit usw. und deren Bereitstellung für das Wohl aller Menschen im Land durchsetzen. Bei globalen Gemeingütern wie der Weltmeere, Nutzung von Fischen, Wäldern, Böden, Quellen und Luft müssen Staaten untereinander Vereinbarung treffen, die das Überleben aller sichert. Gerade bei begrenzten Gemeingütern ist es wichtig, dass der Zugang gewährleistet bleibt und dies geht nur über eine gerechte und nachhaltige Verteilung. Dies zu organisieren und zu verwalten könnte die große Herausforderung von Regierungen werden. Wenn man die Gemeingüter allein dem Markt überlässt, werden sie schonungslos ausgeplündert, wie man bei der Abholzung der Regenwälder, das Leerfischen der Weltmeere und deren Verschmutzung oder den Patenten auf Saatgut und vieles mehr jeden Tag mit Zorn und Erschrecken vor Augen geführt bekommt.

Gemeingüter sind separiert zu betrachten, sie stellen eine Ergänzung zu den Märkten und den Leistungen des Staates dar. Sie sichern den Zugang zu überlebenswichtigen Ressourcen, und somit gewährleisten sie das Überleben jedes Einzelnen, unabhängig seiner finanziellen Möglichkeiten. Dabei sind nicht nur Essen und Trinken gemeint, sondern auch die kulturelle Teilhabe. So wie Kinderspielplätze für alle offen stehen sollten, gilt das auch für Plätze, Parks und Möglichkeiten des geselligen Beisammenseins. Gemeingüter sollen dazu dienen, Menschen in Würde leben zu lassen.

Doch wie entstehen Gemeingüter?

Voraussetzung ist immer ein gemeinsames Handeln von Menschen, und man spricht von drei Grundbausteinen die zusammenkommen müssen.

Der erste Baustein sind die Ressourcen, die genutzt werden sollen, das Fundament sozusagen. Der zweite Baustein sind die, die diese Ressourcen nutzen wollen. Also Menschen, die vom Fluß Wasser brauchen, um ihre Felder zu bewässern oder ein Schreibprogramm, um ein Buch zu schreiben oder vorhandenes Wissen für den Bau eines Hauses. Diese Communities, also Menschen die gemeinsam auf eine Ressource zurückgreifen, also sie nutzen wollen, machen die Ressource erst zu einem Gemeingut. und alle benötigen ein Stück für ihr eigenes Tun. Deshalb müssen sie sich verständigen (commoning), und dafür bedarf es Regeln.

Der dritte Baustein ist somit regulativ. Hier wird der Umgang mit den Gemeingütern festgelegt und Regeln und Normen bestimmt. Diese Rechte bestimmen die Nutzergemeinschaften weitestgehend selbst, falls sie nicht andere einschränken oder betreffen (Wasserquellen, Abholzung, Fischerei…). Bei den Ressourcen muss man jedoch auf einen Punkt hinweisen, der sehr wichtig ist.

Rivale und nicht rivale Ressourcen

Es gibt Ressourcen, die werden durch meine Nutzung weniger und andere werden mehr. Wenn ich zum Beispiel Wasser trinke, dann ist dieses weg. Ich habe es verbraucht, dir bleibt somit weniger verfügbar. Dadurch stehen wir in einem rivalisierenden Verhältnis zueinander, denn es steht nur eine begrenzte Menge zu Verfügung. Deshalb auch rivale Ressource. Wenn ich Dir jedoch Wissen vermittele oder dich von einer Idee begeistern will, so kannst du diese weiter tragen, denn sie wird mehr, wenn wir sie teilen. Dies wäre eine nicht rivale Ressource. Daher ist es auch ganz wichtig, zwischen Ressourcen zu unterscheiden, die mehr werden durchs Teilen oder eben weniger. Es liegt auf der Hand, dass für sie komplett andere Regelungen getroffen werden müssen.

Heute haben wir das Problem, dass für rivale und nicht rivale Ressourcen zumeist die gleichen Maßstäbe angesetzt werden. Überspitzt gedacht hieße das, wenn jemand den 4/4 Takt patentiert und nicht herausrückt, gäbe es die meiste Musik nicht mehr. Dass dies nicht geschehen ist, ließ Musikstile entstehen von Heavy über Schlager bis Techno, die alle auf den gleichen Takt basieren. Patente verhindern zu oft eine kreative Weiterentwicklung, obwohl sie eigentlich eine nicht rivale Ressource schützen, die sich ohne Patent noch in ganz andere Richtungen hätte entwickeln können. Doch genau so ähnlich läuft es ab, die Patente für Aidsmedikamente zum Beispiel, werden afrikanischen Staaten verweigert, obwohl die Eigenherstellung kein Problem wäre. Hier geht es einzig und allein um Eigentumsansprüche, und man lässt lieber Menschen sterben, anstatt von einer abstrusen Wertevorstellung abzulassen. Man darf sich die Frage stellen, ob Medikamente überhaupt Privateigentum sein dürften.

Die Heinrich-Böll-Stiftung schreibt dazu: »Ein nachhaltiger, fairer und kreativer Umgang mit Gemeingütern entscheidet sich nicht allein an der Frage der Eigentumsrechte. Entscheidend ist, von wem und wie Eigentumsrechte, vor allem Zugangs- und Nutzungsrechte, konkret ausgestaltet werden. Wer definiert die Spielregeln? Wer definiert diese Regeln so, dass sie Fairness und Verantwortung aus sich selbst heraus erzeugen? Wer kontrolliert ihre Einhaltung? Was sind die Bedingungen dafür, dass Gemeingüter auch morgen noch in Fülle zur Verfügung stehen? Ein Patentrezept gibt es nicht, doch es gibt Grundsätze, die ein Leben tragen, in dem Gemeingüter gedeihen. Ein einfacher Grundsatz leitet sich aus unseren Nutzungsrechten ab.«

Exklusive, andere vollkommen ausschließende private Eigentumsrechte an Gemeingütern darf es nicht geben.

Den Zugriff auf Gemeingüter sieht man in allen Bereichen, obwohl schon Immanuel Kant wusste: »Alle Menschen sind ursprünglich […] im rechtmäßigen Besitz des Bodens, […] sie haben ein Recht, da zu sein, wohin sie die Natur […] gesetzt hat. Dieser Besitz […] ist gemeinsamer Besitz, wegen der Einheit aller Plätze auf der Erdfläche, als Kugelfläche […].«

Dennoch kaufen reiche Industriestaaten und Multinationale Konzerne weltweit Ländereien auf von zumeist »schwächeren« Staaten, um die Versorgung der eigenen Bevölkerung und/oder den eigenen Profit zu sichern. Dabei werden die Bedürfnisse der dort ansässigen Menschen nicht oder in geringem Maße in die Überlegungen mit einbezogen. Das gleiche gilt auch für das Leerfischen der afrikanischen Küstengewässer von europäischen und internationalen Fangflotten, die mittlerweile die Existenz der Menschen, die vom Fischfang leben, massiv bedroht. Diese Liste ließe sich spielend weiterführen.

Eine Eigenschaft von Gemeingütern ist deshalb auch, dass sie nicht nur einer Generation zur Verfügung stehen, sondern auch in die Zukunft weitergegeben werden müssen, sprich, unsere Kinder besitzen die gleichen Rechte an ihnen. Eine Verschwendung, wie sie die letzten hundert Jahre stattgefunden hat und immer noch stattfindet, ist nur dem Umstand geschuldet, dass wir sie der Macht des Stärkeren unterworfen haben, ohne uns dabei die Konsequenzen bewusst zu machen. Deshalb ist ganz wichtig, dass Staat oder private Akteure nur (vorübergehende) Treuhänder oder Sachverwalter der Gemeingüter sein können. Allein der Gesellschaft obliegt die Gestaltung, die sie transparent und im Interesse der Allgemeinheit durchführen muss.

Aber auch in anderen Bereichen kann man beobachten, wie schwer es ist, Gemeingüter gesellschaftlichen Kräften zurückzugeben. Die Prinzessinnengärten am Moritzplatz sind von der Räumung bedroht, das Tempelhofer Feld für die Teilbebauung freigegeben. Andere Beispiele wie die immer öfter zu sehende Begrünung von Straßenrandstreifen in Eigenregie sind dagegen ein gutes Zeichen, dass Menschen ihr Recht auf Selbstgestaltung ihres Lebensraums wahrnehmen. Ein anderer Punkt ist die allgegenwärtige Werbung in der Stadt an jeder sich bietenden freien Fläche. Wer hat ihnen das Recht gegeben, Flächen, die für die Allgemeinheit zur Verfügung stehen, mit privatem Werbeterror einzukleistern, den wir letztendlich noch bezahlen müssen. Eine Givebox, in der man Dinge, die man nicht mehr brauchte, als Geschenk der Allgemeinheit zur Verfügung stellte, wie z. B. in der Falkensteinstraße, wurde vom Ordnungsamt abgerissen.

Man kann unschwer erkennen, wie breit gefächert die Problematiken und Chancen der Gemeingüter sein können und welche unterschiedlichen Größenordnungen sie einnehmen. Auch wenn dies nur ein kleiner Einblick sein konnte, sollte eins dabei hängen bleiben: Du bist gefragt, das Leben zu verändern, denn die Commons-Bewegung setzt auf die Beteiligung aller, um eine bessere, gerechtere und dem Leben zugewandte Veränderung der Gesellschaft herbeizuführen. Wie sie letztendlich aussehen könnte, werden wir nur gemeinsam bestimmen; doch der erste Schritt, der darin besteht, seine Denkmuster zu überprüfen und zu verändern, um seiner eigenen Kreativität wieder mehr Raum zu schenken und zu beobachten, wie es einem damit geht, könnte schon der entscheidende Schritt gewesen sein.

Geschrieben von bookfield




Sanitär Veredelt – Tierversuche mit Gummibärchen

Beruf Lebenskünstler? Von Haus aus sei er Lebenskünstler, erklärt Sebastian, 40 Jahre, der beruflich schon viel ausprobiert hat und momentan ein ganz besonders Projekt am Laufen hat: Mit handelsüblichen Gummibärchen veredelt er normale Waschbecken zu coolen Designerstücken.

Sebastian stammt aus Hannover. Dort hat er auch noch ein Atelier und pendelt deswegen regelmäßig zwischen Berlin und Hannover. Der Liebe wegen und wegen eines Jobs ist er nämlich vor einem halben Jahr nach Berlin gezogen und ist hier sehr zufrieden.

Zur künstlerischen Tätigkeit kam er auf Umwegen, nach einer Ausbildung zum Schwimmmeistergehilfen im Stadtbad Laatzen. Weil ihm aber kreative Arbeiten eindeutig mehr liegen, orientierte er sich noch mal um, verzierte erst Zimmertüren mit Glasscherben und veredelte Schränke mit Buntglas im Tiffany-Style. Von innen mit drehbaren Lichtern illuminiert, ergab das »sensationelle Effekte« und kam bei den Käufern unheimlich gut an. Nachdem Sebastian aber nicht der Typ ist, der sich gerne festlegt und des Profits wegen x-mal dasselbe machen will, hat er die Schrankveredlung nach einem Jahr selbstständiger Tätigkeit anderen überlassen und zwischendurch als Koch gearbeitet, wo er immerhin bei den Arrangements der Gerichte mit kreativen Ideen punkten konnte.

Zufällig kam er dann zur Sanitärveredlung. Ein weites Feld mit guter Perspektive: Waschbecken, Badewanne oder zumindest Duschwanne braucht jeder und benutzt sie mindestens ein- bis mehrmals am Tag. »Und dem wollte ich was Spielerisches verleihen.« So kam Sebastian auf die Idee, diese praktischen, aber meistens viel zu langweiligen Gebrauchsgegenstände von oben bis unten und rundum mit kunterbunt gemischten Gummibärchen zu beschichten. Das macht er jetzt im großen Stil unter dem Künstlernamen Eduardo Padrino und dem Label Sanitärveredlung Sesch, und sein Gummibärchen-Design hat schon jede Menge Fans.

Ganz neu ist die Idee nicht, aber total sympathisch, denn Gummibärchen liebt eigentlich jeder, und wer keine (mehr) nascht, verbindet damit zumindest schöne Kindheitserinnerungen.

Das hat auch Günther Siraky aus Reutlingen (Jahrgang 1962) erkannt, der ebenfalls Alltagsgegenstände umgestaltet und seit 2007 mit großen Aktionen auf seine »art of gum« aufmerksam macht. Da ging er mit einem alten, komplett mit Gummibärchen beklebten Mercedes-Benz auf Europa-Tour und bewies damit sowohl die Alltagstauglichkeit als auch das Kult-Potential von Gummibärchen-Kunst.

Und Johannes Cordes aus Meppen (57) hat sich auf Pop.Art mit Gummibärchen spezialisiert. Mit Tausenden der Bärchen klebt er großformatige Interpretationen von Warhol-Klassikern und knallbunte Comic-Kunst, lässt sich aber auch schon mal von Leonardo da Vinci oder René Magritte inspirieren.

Auf jeden Fall ist das Konzept Gummibärchen-Design ausbaufähig. Sebastians/Eduardos Gummibärchen-Waschbecken hat sich gut bewährt und den Langzeit-Alltagstest bestanden, wie zu erwarten war. Schließlich werden die angehefteten Bärchen nach allen Regeln der Sanitärveredlerkunst mit bis zu 35 Schichten flüssigem Kunststoff überzogen und sind danach praktisch unbegrenzt haltbar und verschleißgeschützt. Sebastian: »Wenn man die Technik beherrscht, ist das gar kein Problem. So eine Waschbeckenbeschichtung wird dann wahrscheinlich älter als der Besitzer.« Das Gleiche gilt für Badewannen, die in Planung sind. Und der Besitzer einer Gummibärchenbadewanne könnte somit lebenslang in einer Badewanne unter den Blicken von Tausenden von Gummibärchen baden.

Prototypen von sonstigen kleineren Gebrauchsgegenständen gibt es im Atelier von Sebastian noch mehrere, bisher aber jeweils nur Unikate, die als Demo-Werkstücke im Einsatz sind.

Da jedes Stück in reiner Handarbeit hergestellt wird, gibt es keine Festpreise, sondern der Preis richtet sich nach dem tatsächlichen Aufwand und ist offenbar auch verhandelbar: »Das bunt bedruckte Papier ist nicht mein Hauptinteresse«, sagt Sebastian, der auch so sein Auskommen hat. Sebastians Original-Gummibärchen-Waschbecken oder -Badewannen sind grundsätzlich kunterbunt. Auf Wunsch gibt’s aber auch sortierte Farben, wobei die Lieferfrist etwa eineinhalb Monate beträgt. (Eine Umrüstung bereits eingebauter Badewannen oder Waschbecken empfiehlt sich deswegen eher nicht, denn das wäre wegen der vielen Kunststoffschichten, die zwischendurch noch trocknen müssen, mit mindestens 35 Hausbesuchen und eineinhalb-monatiger Bade- oder Wasch-Abstinenz verbunden …).

Aktuell arbeitet er an einer limitierten Auflage von Waschbecken-Variationen, unter anderem eine Luxus-Ausführung mit Gummibärchen/Swarovski-Kristall-Kombination bei einem Gummibärchen-Anteil von rund neun Tüten. Dann beginnt die Arbeit an einer Badewannen-Kollektion (mit zehn bis 13 Kilo Gummibärchen pro Stück).

Es ginge auch noch größer: Ein Schwimmbad mit Gummibärchen wäre genauso realisierbar, würde bestimmt nicht nur bei den Kindern für gute Laune sorgen und hätte vielleicht das Zeug zur neuen Berliner Touristen-Attraktion!

Vom Ortswechsel nach Berlin hat Sebastian sehr profitiert, von der Vielfalt und dem Lebensgefühl, das viele Künstler hier schätzen. Was die machen, interessiert ihn natürlich auch. Aber Künstlertreffs, Künstlergruppen und -foren spielen für ihn keine Rolle. Selber geht er lieber seinen eigenen Weg, sucht auch keinen Anschluss: »Ich suche eigentlich gar nichts. Hab schon alles gefunden.« Und das glaubt man ihm gerne.

Sebastian Schmelz

Künstlername: Eduardo Padrino, Sanitärveredlung Sesch

Web: gummibaerchenwaschbecken.Jimdo.com

 

Geschrieben von Jutta Wunderlich

 




Tresentest – PIG7, Motorradwerkstatt auf Kreuzbergisch

Der Frühling kam auch in diesem Jahr wieder einmal überraschend, wie immer – wenn auch ein wenig spät. Und da waren sie wieder, meine drei Probleme: Keine Bikinifigur, Fahrrad nicht fit und auch das Motorrad stand den ganzen Winter nur in der Garage. Nichts von dem, was ich mir im Herbst vorgenommen hatte, konnte ich in der fiesen, dunklen Jahreszeit umsetzen. Also musste ich mir schnell Hilfe suchen, sonst ist der Sommer vorbei, ehe er begonnen hat.

Ok, bei der Bikinifigur und dem inneren Schweinehund kann mir nicht wirklich jemand helfen. Das Fahrrad bekomme ich mit ein bisschen Zeit und Schmiere alleine hin. Aber bei einigen Arbeiten an meinem zugegebenermaßen alten, dennoch sehr schönen Motorrad benötigte ich wirklich Hilfe und eine kompetente, gut ausgerüstete Werkstatt.

Bei meiner Suche stieß ich auf eine Mopedbude nicht all zu weit entfernt, in der Nähe des Mariannenplatz, die neben anderen Klassikern auch auf meinen Motorrad-typ spezialisiert ist. Dem wollte ich mal auf den Zahn fühlen. Also, den Kater gestiefelt und auf Schusters Rappen den Weg angetreten. Es war wirklich nicht weit, quer über den Mariannenplatz, vorbei an der Wagenburg, den Betaniendamm überquert und schon war ich in der Melchiorstr. 7.

Schon von außen weisen ein Leuchtschild und ein großes Graffiti »PIG 7« an der Hauswand auf eine Toreinfahrt in einem äußerlich wie ein Wohnhaus wirkenden Gebäude hin. Wirft man einen Blick hindurch, sieht man auf dem grünen Hof eine Remise mit überdachtem Vorplatz und vielen, mehr oder weniger gepflegten Oldtimer-Motorrädern davor. Zwischendrin findet sich auch immer mal wieder ein neueres Modell. Typenoffen also… Gerade zu gewährte mir ein großes, geöffnetes Holztor den Blick in eine Werkstatt mit mehreren, von Zweirädern besetzten Hebebühnen.

Sofort dachte ich: »Hier bin ich richtig«. Und ich sollte mich nicht täuschen. Aus der Werkstatt kam mir »Micha«, Michael Renzel, der Inhaber entgegen. Außer ihm war noch ein Azubi in anwesend, der grade am Kabelbaum eines Mopeds werkelte. Nach einem kurzen Smalltalk entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch. Hierbei erfuhr ich einiges über die fast 15-jährige Firmengeschichte, über Michas Leidenschaft für klassische Zweizylinder und darüber, dass er auch Händler für Enfield-Motorräder aus Indien und Ural-Gespanne aus Russland ist. Beides Motorräder, die zwar neu, aber in sehr klassischem Look daher kommen. In unserem Gespräch konnte ich auch feststellen, dass der Mann über großes Knowhow, technischen Sachverstand und ein ausgezeichnetes Feeling für Motorräder verfügt. Außerdem ist Micha Spezialist für Triumph und Yamaha XS650, SR/XT500. Und damit waren wir beim Thema.

Meine Maschine vertraue ich nämlich nicht jedem an. Dafür habe ich schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem lege ich auch gern selbst Hand an. Aber hier hatte ich von Anfang an Vertrauen. Einige Tage später, Micha hatte sich wegen des Frühjahrsansturms etwas Zeit ausgebeten, brachte ich mein Motorrad vorbei. Wir besprachen, was zu tun sein und er machte mir einen wirklich fairen Preis für die vereinbarten Arbeiten. Einen Tag vor dem Abholtermin erhielt ich sogar noch einen Anruf von Micha, der mich darauf hinwies, dass mein TÜV abgelaufen sei und mich fragte, ob er sich darum auch kümmern solle. Dankbar bejahte ich. Wann kuckt man schon mal auf sein eigenes Nummernschild? Hängt ja da, wo es immer hängt…

Beim Abholen betrat ich zum ersten Mal das Büro. Rustikal, kein Schischi, ein alter Schreibtisch, ein Glastresen und Regale angefüllt mit chromglänzenden Ersatzteilen, Ausstellungsmotoren und einigen Fanartikeln für Freunde der klassischen Motorradszene. Ein Mann ein Wort, der veranschlagte Preis hatte sich nur um die TÜV-Gebühr verändert. Keine Abzocke also, alles ok.

Als ich mein Motorrad aus der Werkstatt schob, fiel mir noch ein altes Rennrad mit Bahnlenker auf, das an der Decke hing. Wie ich herausfand, ist Micha, wie ich auch, ein ambitionierter Radfahrer. Mit diesem Rad, sagte er, fährt er den Velothon. Ansonsten sei er Mountainbiker, wofür er in seinen Ferien gern mal in die Mittelgebirge oder die Alpen fährt. Deshalb handelt er neben der Motorradschiene auch noch mit extrem hochwertigen MTB-Rahmen der Firma Liteville. Leider nicht meine Preisklasse.

Alles in allem war ich sehr zufrieden mit meinem Werkstattbesuch. Arbeit, Preis und auch der persönliche, beinahe familiäre Kontakt haben gestimmt. Als Skeptiker mag ich es sehr, wenn ich auch mit demjenigen reden kann, der sich hinterher um mein Motorrad kümmert. Von meiner Warte aus kann ich den Laden wärmstens empfehlen. Aber macht euch am Besten selbst ein Bild.

PIG 7 – Typenoffene Motorradwerkstatt

Melchiorstraße 7, 10179 Berlin

Tel. 030-279 16 38

Web: www.pig7.de

 

Geschrieben von kersten




Leserbrief zu Tresentest »Unser täglich Brot…«

Servus,

wie kann man denn so einen Laden wie Toros am Oranienplatz als einen Gastrotipp den Menschen anbieten? Die Bude ist ein Mononatriumglutamatverbrenner des Top 10 und stinkt nach Maggi, so dass ich einen anderen Weg über den Ampel nehmen muss, falls ich zum Lidl einkaufen gehe. Es sollte in der ersten Rubrik »Vergast und vergessen« (meine Titel-Empfehlung: »Vergast und vergiftet«) beschrieben werden. Naja, vielleicht die ganz schwer von Monogluto abhängigen Leute lassen sich nicht davon aufhalten…na dann, Gluten Appetit! Gregor

 

Antwort auf diesen Leserbrief:

Moin moin Gregor,

zunächst danke ich Dir für Dein Interesse an unserer Zeitung und noch mehr danke ich Dir für Deine ehrliche Meinung/Kritik.

Bei dem Gastro Tipp handelte es sich, wie im Bericht erwähnt, um die gute »Handwerkerküche«, die keinen gesteigerten Wert auf mononatriumglutamatfreie Ernährung legt. Ich werde Deinen Hinweis jedoch berücksichtigen und früher oder später die Feinschmecker aus unserer Redaktion entsenden, um durch sie die wahrhaften kulinarischen Feinheiten der Stadt zu ergründen und in einem Bericht aufzuführen. Somit wäre jedem Anspruch genüge getan, dem des Gourmet und dem des Gourmand. Um Dir weitere Enttäuschungen zu ersparen, rate ich Dir von Kiezeaner zu Kiezeaner dringend von dem Besuch der anderen von mir in dem Gastro Tipp erwähnten Restaurationen ab. Auch diese werden nicht Deinen Ansprüchen gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen, Oliver Jung

 




Lesermeinungen zur Ausgabe 23 zu »Kreuzberg ausverkauft?«

Der Text von Kersten in der März/April Ausgabe spricht viele Probleme an, mit denen sich die BewohnerInnen Kreuzbergs konfrontiert sehen. Diese Entwicklung wurde bereits Ende der 80er Jahre von einigen vorhergesagt und spätestens nach dem Mauerfall für das damalige Soziotop bittere Realität.

Unter unserem Namen wurden seitdem – ohne personelle Kontinuitäten – unzählige Aktionen gegen die kapitalistische Umwandlung im Kiez durchgeführt. Anfängliche Kübelaktionen gegen Luxusrestaurants trafen wohl noch auf einige Zustimmung, spätestens mit dem Auftreten der Gruppe »Klasse gegen Klasse« wurden aber auch die unterschiedlichen Interessenlagen der Menschen im Kiez offenkundig. Seitdem haben mehrere Generationen von »Autozündlern« und »Mai-Chaoten« mehr oder weniger im luftleeren Raum gewirkt, ohne dabei einen engeren Bezug zur Stimmungslage der meisten KreuzbergerInnen zu haben. Wir, und die meisten unserer Vorgänger, wollen weder einen Lokalpatriotismus pflegen oder ganz konservativ vermeintlich bessere Zeiten erhalten. Schon gar nicht sollen Menschen wegen ihres höheren Einkommens oder andere Konsumgewohnheiten bekämpft werden, was anscheinend öfter unterstellt wird.

Vielmehr geht es immer darum das Recht auf Wohnraum, die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben, am öffentlichen Raum, zu verteidigen bzw. zu erkämpfen.Aus der ersten Generation der Hausbesetzer in Kreuzberg sind einige inzwischen bei den Organisatoren des Myfest gelandet oder arbeiten als Sozialarbeiter in Jugendeinrichtungen mit der Polizei zusammen. So wie andere ihren eigenen wirtschaftlichen/beruflichen Aufschwung an die (gastronomische) Entwicklung des Bezirks gekoppelt haben. Was die Mehrheit der AnwohnerInnen über diese Entwicklung denkt, wissen wir nicht. Irgendwann sind unsere Kontakte, die einmal über den eigenen Tellerrand hinaus gingen, abgerissen. Viele sind nach Neukölln ausgewandert und auch dort schon wieder vertrieben worden.

Kersten ruft in seinem Text ausdrücklich nicht zur Gewalt auf und darauf würden auch wir uns nicht reduzieren lassen wollen. An irgendeinem Punkt muss Widerstand jedoch auch praktisch werden und stößt dabei mit dem Gesetz zusammen.

Eigentlich wollen wir diesen Punkt nicht alleine bestimmen und auch nicht gegen die Stimmung der Bevölkerung in 36 handeln, jedoch die Resonanz auf unsere Texte, Veranstaltungen und Demos blieb in den letzten Jahren zum größten Teil szeneintern.

Lediglich bei wenigen Sachen, wie z.B. die Zwangsräumung in der Lausitzer Str. im Februar, können wir noch eine gewisse Akzeptanz unsere Aktionsformen registrieren. Wir gehen davon aus, dass mehr Menschen hier die Position von Kersten teilen, dass die Kommentare im Tagesspiegel über »Linksradikale« nicht die Meinung der Mehrheit wiedergeben.

Wir sind allerdings auf einen regeren Kontakt oder wenigstens Austausch mit unserer Nachbarschaft angewiesen, um die in dem Artikel »Kreuzberg Ausverkauft?« skizzierten Probleme angehen zu können, ohne dabei völlig abgehoben vom Rest zu erscheinen. Interessant wäre, wer von den gelegentlichen Autobränden genervt ist und ob es nicht doch klammheimliche Freude gibt, wie die Randale am 1.Mai (oder anderen Tagen) tatsächlich aufgenommen wird, wie die Ansichten zu dem rassistischen Diskurs über die Situation im Görli sind und ob die Verdrängung durch Gentrification hingenommen wird wie schlechtes Wetter oder eben nicht.

Die Hetze in den Medien gegen uns ist seit Jahren fester Bestandteil der Medienlandschaft, wir erleben manchmal direkten Hass aber auch Zustimmung; ob wir von einem authentischen Meinungsbild unter KreuzbergerInnen ausgehen oder dem einen oder anderen Trugschluss aufsitzen, ist völlig unbekannt. Daran wollen wir etwas ändern. Es wird uns immer geben und unser Handeln soll dabei nicht den Interessen der Leute im Kiez widersprechen oder feindlich wirken. Das ist ein Diskussionsangebot weil wir uns noch nicht für eine nihilistische Tendenz entschieden haben.

Autonome Gruppen




Horch & Guck Das Bewerbungsgespräch (Teil 1)

Guck rief: »Post für dich«, als er das Büro betrat und wedelte mit einem Brief in der Hand. Horch schaute misstrauisch. »Die Farbe vom Umschlag verheißt nichts gutes. Ökograu ist immer irgendeine Scheiße von den Behörden.«

»Da könntest du Recht haben. Jau, hier steht´s, vom Jobcenter.«

»Scheiße, dann ist es noch schlimmer, als irgendeine Behörde.«

Horch öffnete den Brief und las vor:

»Sehr geehrter Herr Horch, da Sie aufgrund Ihrer geringen Pensionsansprüche im Leistungsbezug öffentlicher Kassen stehen, freuen ich mich Ihnen ein Arbeitsangebot unterbreiten zu können, das Ihren Qualifikationen entspricht und mit dem Sie in Zukunft Ihren benötigten Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten können. Bitte finden Sie sich am 14.02.2013 um 10:30 Uhr in der Chausseestraße 96-99 in Berlin Mitte und dort in Gebäude D beim Personalchef ,Herrn Kuhn, in Zimmer 2063 ein. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten, behalte ich mir eine Sanktionierung Ihrer Leistungsbezüge nach Paragraph…bla, bla, bla. Diese Penner wollen mich echt noch mal vermitteln. Und das wegen 136 Euro, die sie mir monatlich zuzahlen müssen.«

»Was soll´s, du kannst doch mal hinfahren und dir anhören, was die von dir wollen.«

»Weißt du eigentlich wer in der Chausseestraße 96-99 sitzt?«

»Nein, auf Anhieb nicht.«

»Der Bundesnachrichtendienst, mein Freund! Und die wollen mich als Mitarbeiter! Das können die aber mal ganz schnell wieder vergessen«. Horch überlegte kurz. „Und ich glaube, ich habe da auch schon eine gute Idee, um der Anstellung in diesem Verein zu entgehen.« Mit diesen Worten griff Horch zum Telefonhörer und wählte eine Nummer: »Guten Tag, Horch mein Name. Ich würde für den 14. Februar gern eine SS-Uniform reservieren lassen. Die Größe? Da müsste ich erst einmal nachschauen. Kann ich Ihnen die Angaben per E-Mail zukommen lassen? Sehr gut. Ob ich irgendwelche Orden benötige? Hm, ja, so zwei drei wären bestimmt nicht schlecht. Dann verbleiben wir so. Danke und einen schönen Tag noch.«

»Was hast du vor« , fragte Guck verwundert.

»Dem Jobcenter werde ich in die Suppe spucken. Wie du sicher mitbekommen hast, habe ich mir beim Kostümverleih eine SS-Uniform reserviert, schließlich will ich dem Ereignis meiner ›Wiedereinstellung‹ in den aktiven Dienst angemessen gekleidet beiwohnen.«

»Das ist nicht dein Ernst? Musst du immer provozieren?«

»Das ist mein voller Ernst. Und außerdem, wer fängt denn an zu provozieren, die oder ich? Der BND wird schon sehen, was er davon hat, einen alten Genossen wie mich re-krutieren zu wollen«, erwiderte Horch.

»Du kannst doch nicht in einer SS-Uniform zum Vorstellungsgespräch beim BND gehen!«

»Wenn nicht beim BND, wo dann? Oder bist du auch der Meinung, ich hätte lieber die Uniform von Gerneralfeldmarschall Göring nehmen sollen? Die hätte mehr hergemacht, oder?« und grinste.

»Du bist doch völlig bescheuert. Die verhaften dich, noch bevor du die erste Sicherheitsschleuse passiert hast.«

»Ach Quatsch, du und deine Miesmacherei. Davon abgesehen ist es mein Ziel, dass die mich gleich wieder hinauswerfen, und außerdem habe ich da noch ein Ass im Ärmel. Dass kann ich dir leider nicht verraten, ansonsten würdest du zum Mitwisser und somit automatisch auch zum Mittäter in dieser Angelegenheit.«

»Ist auch besser so, ich will gar nicht wissen, was du schon wieder angestellt hast. Trotz alle dem kannst du da nicht in SS-Uniform auftauchen.«

»Lass mich mal machen, Hauptsache ich habe meinen Spaß, und den werde ich ganz sicher haben«, freute sich Horch.

Einige Wochen später war es soweit und Horch fuhr früh am Morgen zum Kostümverleih.

»Guten Morgen, ich habe eine SS-Uniform auf den Namen Horch reservieren lassen.«

»Guten Morgen. Warten Sie, ich schaue kurz nach und ich bin sofort wieder bei Ihnen.«

»Ja, danke«, erwiderte Horch.

Kurz darauf erschien der Mitarbeiter mit der Uniform. »Arbeiten Sie beim Film?«

»Nein, ich habe ein Bewerbungsgespräch und will angemessen gekleidet erscheinen.«

»In dem Aufzug? Das kann sich ja nur um eine Anstellung bei der NPD handeln.«

»Na ja, nicht ganz, aber fast. Ich soll für den BND tätig werden«, sagte Horch und fragte: »Kann ich die Uniform hier irgendwo anprobieren?«

»Selbstverständlich. Die Umkleidekabinen finden Sie in der ersten Etage, rechts von der Treppe.«

»Ich danke Ihnen.« Horch machte sich auf den Weg, die Treppe hinauf zu den Umkleidekabinen. Nach ein paar Minuten stand er umgezogen vor der Spiegelwand, die sich neben den Umkleidekabinen befand, und betrachtete sich von oben bis unten. Die Uniform saß wie angegossen.

Er ging wieder hinunter zu dem Mitarbeiter und sagte: »Ich lasse die Uniform gleich an. Kann ich meine Klamotten bis nachher irgendwo deponieren? Ich denke, ich bin in zwei drei Stunden wieder zurück. Ach und könnten Sie mir ein Taxi rufen? Wenn ich in dem Aufzug mit der U-Bahn fahre, stehe ich morgen in der Zeitung, und das muss ja nicht sein.«

»Klar, geben Sie her, ich lege Ihre Sachen hinten in unser Büro, da sind sie sicher aufgehoben, und das Taxi rufe Ihnen gleich.« Der Mitarbeiter legte die Sachen von Horch ins Büro und rief ihm ein Taxi. Wenige Minuten später war Horch auf dem Weg zum BND-Komplex in der Chausseestraße in Berlin-Mitte. Dort angekommen, stieg er aus dem Taxi und ging auf den, am Haupteingang stehenden Wachposten zu.

»Guten Tag, Ich habe ein Vorstellungsgespräch, hier ist mein Einladungsschreiben.«

Verwundert nahm der Wachmann den Brief entgegen. Im ständigen Wechsel schaute der Wachmann zwischen Horch und dem Schreiben, das er in den Händen hielt, hin und her, nicht glaubend, wer beziehungsweise in welch einem Aufzug sein gegenüber vor ihm stand. »Sie wollen hier hinein?«, fragte der Wachmann.

»Von wollen kann keine Rede sein, ich muss, wie Sie dem Schreiben entnehmen können«, antwortete Horch.

»In dem Aufzug? Da sind Sie sich sicher?«, hakte der Wachmann nach.

»Da bin ich mir sogar ganz sicher«, erwiderte Horch bestimmt.

»Warten Sie hier, ich frage nach, ob das seine Richtigkeit hat.«

Aber anstatt zu warte, folgte Horch dem Wachmann und schlich sich, von diesem unbemerkt, an ihm vorbei.

Kurz darauf befand Horch sich auf dem Weg zu Gebäude D. Um die Gefahr gering zu halten niemandem über den Weg zu laufen, verschaffte sich Horch durch einen Seiteneingang Zutritt. Er stieg die Stufen hinauf bis in die zweite Etage und begab sich zum Raum 2063, wo laut dem Schreiben seine Zielperson, der Personalchef Herr Kuhn saß.

Als er vor der Tür stand, atmete Horch noch einmal tief durch, ergriff die Türklinke und öffnete die Tür mit beherztem Schwung und stand nach zwei Schritten vor dem Schreibtisch des Personalchefs.

Völlig überrascht und erschrocken zugleich sprang dieser aus seinem Sessel auf. Mit weit aufgerissenen Augen schaute er Horch an, als würde er den Teufel persönlich sehen.

Horch schrie im Befehlston: „Nehmen Sie gefälligst Haltung an, wenn ein dienstälterer Rang den Raum betritt“, nahm die Dienstmütze vom Kopf und klemmte sie sich unter den Arm.

»W-wer sind Sie denn? Und was erlauben Sie sich? Und was zum Henker soll der Aufzug in dieser Uniform? Sind Sie völlig bescheuert?«

»Ich bin Horch und erlaube mir, Sie auf Ihr dienstliches Fehlverhalten hinzuweisen und auf die Uniform bezogen, passe ich mich, wie ich finde, optisch nahezu perfekt an das in dieser Behörde offensichtlich vorherrschende politische Gedankengut an. Wenn ich das mal so sagen darf.«

»Wer hat Sie Wahnsinnigen hier herein gelassen?«

»Der Wachmann am Haupttor«, antwortete Horch.

Erschrocken fragte der Personalchef: »Ist das ein Ak-47 auf Ihrer Schulter?«

Horch blickte linksseitig über seine Schulter und danach wieder zu seinem Gegenüber und nickte: »Jepp, ich dachte, ich bringe zum Dienstantritt gleich mal ein paar nützliche Gerätschaften mit. Bei euch sieht es ja, soweit wie ich informiert bin, schlecht aus, wenn es um die Ausrüstung für den Ernstfall geht.«

»Wie sind Sie mit dem Ding hier herein gekommen? Und warum hat der Wachmann Sie nicht schon am Haupttor aufgehalten oder zumindest den Alarm ausgelöst?«

»Der Wachmann wollte sich telefonisch über die Richtigkeit meiner Einladung zum Bewerbungsgespräch rückversichern. Dies habe ich genutzt, um mich, sagen wir mal so, selbst hereinzulassen.«

»Und die Sicherheitskontrollen unten am Eingang?«, fragte der Personalchef

»Welche Sicherheitskontrollen?«

»Wie? Welche Sicherheitskontrollen? Die unten am Eingang zu diesem Gebäude.«

»Ich bin durch den Notausgang hereingekommen.«

»Durch den Notausgang? Der ist doch von außen nur mit einer speziellen Chipkarte zu öffnen.«

Horch grinste ohne Anstalten zu machen, darauf antworten zu wollen.

Der Personalchef nahm den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer vom Sicherheitsdienst. Als am anderen Ende das Gespräch angenommen wurde und sich der Sicherheitsdienst meldete, sagte der Personalchef: »Ach, dass freut mich aber, dass doch jemand von ihnen im Hause anwesend ist. Hier ist Herr Kuhn, der Personalchef. Hätten Sie die Güte und würden Ihren Arsch umgehend zur mir ins Büro bewegen? Hier steht ein Herr Horch in einer SS-Uniform und einem geschulterten AK-47 vor mir. Ich glaube, wir haben ein kleines Sicherheitsproblem, und ich hätte von Ihnen gern eine Erklärung dazu, danke«, und legte den Telefonhörer ohne eine Antwort abzuwarten wieder auf.

Fortsetzung folgt…

 




125 Jahre Elektroauto – Damals und heute: Nur Fiktion oder eine deutsche Zukunftsvision?

So wie die Titelzeile: »125 Jahre Elektroauto«, so klingt auch der nachstehende Satz wie eine Zukunftsvision: »In den USA fahren 22 Prozent der Autos mit Benzin, 38 Prozent werden mit Elektromotoren betrieben und die verbleibenden 40 Prozent entfallen auf sonstige Verbrennungsantriebe.«

Dies dürfte den einen oder die andere zu der Annahme veranlassen, dass es sich bei diesem Bericht um einen Rückblick aus der Zukunft handelt. Tatsache ist jedoch, dass die eingangs genannten Zahlen aus dem Jahr 1900 stammen. Aus einer Zeit, in der das Auto und sein Antrieb noch in den Anfängen der Entwicklung steckten. Heutzutage liegt der Anteil der elektrisch betriebenen Fahrzeuge in den USA bei 0,25 Prozent. Hierzulande fahren mal mehr, mal weniger als 5.000 Elektrofahrzeuge und etwa 13.000 Hybridfahrzeuge durch die Straßen. Das ergibt bei bundesweit 58,7 Millionen angemeldeten Fahrzeugen einen Marktanteil von 0,022 Prozent bei den durch Hybrid-Technik und 0,00852 Prozent bei den elektrisch betriebenen Fahrzeugen.

Im Jahr 1821 begann die Entwicklung des Elektroantriebes, und bereits im April 1851 wurde die erste Probefahrt mit einer echten Elektrolok durchgeführt. Die zwei jeweils 20 PS starken Elektromotoren beschleunigten die Lok auf 31 km/h. Die Batterie war jedoch nur für eine kurze Zeit in der Lage, ausreichend Strom zu liefern. Im Jahr 1881 stellte der französische Erfinder M. Gustave Trouvé das erste offiziell anerkannte Elektroauto vor. Danach folgten weitere Entwicklungen, wie die von Werner Siemens, der in Berlin-Halensee einen elektrischen Kutschenwagen vorstellte, der als weltweit erster Vorläufer der heutigen Oberleitungsbusse gilt. Den vermutlich ersten elektrisch angetriebenen Personenkraftwagen der Welt baute 1888 die Coburger Maschinenfabrik A. Flocken (s. Foto).

Dies waren jedoch alles Fahrzeuge, die mehr oder weniger noch mit Funktionsfehlern zu kämpfen hatten oder deren Leistungen zu gering waren, als dass sie für eine Serienfertigung geeignet gewesen wären. Dies gelang jedoch 1890 dem Amerikaner William Morrison mit dem Bau seiner an einer Kutsche orientierten Fahrzeuge. Diese fuhren 10-12 km/h und hatten eine Reichweite von ungefähr hundert Kilometern. In Europa war es der Franzose Louis Antoine Kriéger, der 1897 in Courbevoie bei Paris die Société des Voitures Electriques gegründet hat. Das Unternehmen stellte Vorspannwagen mit Radnarben-Elektromotoren für Pferdekutschen her und ab 1898 auch komplette Elektrofahrzeuge.

Der Elektroantrieb wurde durch die Erfindung des Anlassers und die Serienfertigung von benzinbetriebenen Fahrzeugen in den Hintergrund gedrängt und verlor den Kampf der Antriebsmöglichkeiten. Nach 1912 verschwanden die Elektrofahrzeuge gefühlt gänzlich aus dem Straßenbild. Jedoch kamen sie als Nischenfahrzeuge in unterschiedlicher Weise zum Einsatz. In Großbritannien wurden und werden sie für die tägliche Anlieferung der Milch verwendet. In Deutschland wurden elektrobetriebene Fahrzeuge 1953 für die Briefkastenentleerung in Betrieb genommenen. Die sogenannten Nachbarschaftsfahrzeuge in den USA sind hingegen kaum erwähnenswert. Auch die anderen Projekte, die die Kommerzialisierung zum Ziel hatten, blieben erfolglos. Somit kann man die Zeit von 1912 bis 1990, aus elektroantriebstechnischer Sicht, als verschwendet ansehen. Angesichts des technischen Fortschritts auf anderen Gebieten ist der in dem Bereich von Elektroantrieben in den Kinderschuhen stecken geblieben. Nicht nur das. In den USA wurden ganze Produktionsreihen verschrottet. Die Dokumentation »Warum das Elektroauto sterben musste« (Who Killed the Electric Car) aus dem Jahr 2006 gibt einen guten Einblick in die Machenschaften der Konzerne. Es stellt sich zwangsläufig die Frage: Ist aus Sicht der Wirtschaft noch zu viel Öl vorhanden, das zunächst verkauft und verbraucht werden muss, bevor dem Elektroantrieb Vorschub eingeräumt werden kann?

Seitdem ziehen die Jahre ins Land und die Ölquellen werden irgendwann versiegt sein –

Experten streiten über den genauen Zeitpunkt, aber nicht mehr darüber, ob. Viel wesentlicher ist die Tatsache, dass die Erfindung des Elektroautos über Jahrzehnte in den Schubladen der Ingenieure verschwand und auch nach dieser langen Zeit keine bessere Technik vorhanden ist. Vor 125 Jahre begann in Deutschland die Entwicklung des Elektroautos. 125 Jahre, in denen die Entwicklung dieser Alternative zum Antrieb von Fahrzeugen sträflich vernachlässigt wurde.

Aktuell überlegt die Industrie, die Produktion und Weiterentwicklung im Bereich Hybridantrieb auszubauen. Beim Hybridfahrzeug wird der Verbrennungsmotor mit dem Elektromotor kombiniert, was in Zukunft den Kraftstoffverbrauch senken und die Fortbewegung finanzierbar halten soll.

Die Zukunftsvision unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht zudem vor, dass bis zum Jahr 2020 eine Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren sollen. Ein ehrgeiziges Ziel, wenn die Entwicklung der vergangenen 125 Jahre berücksichtigt wird.

 

Knackpunkt Akku

Nach wie vor stehen potentielle E-Auto-Kunden der Lebensdauer von Akkumulatoren (Energiespeicher) und der geringen Reichweite skeptisch gegenüber. Verständlicher Weise: Ein Auto muss nicht nur den täglichen Arbeitsweg, sondern am Wochenende auch den Ausflug und in den Ferien die Strecke zum Urlaubsort bewältigen können. Seien wir ehrlich, wer hat schon Lust, Gefahr zu laufen, beim Wochenendausflug in den Spreewald gemeinsam mit der Familie und der nervigen Schwiegermutter wegen Akkuschwäche für bis zu sieben Stunden festzusitzen, die es benötigen kann, bis der Akku wieder aufgeladen ist? Auch das Aussetzen einer lästig gewordenen Schwiegermutter wird erschwert, da der Radius gegenüber eines mit Verbrennungsmotor betrieben Autos ungleich geringer ist. Die Ingenieure sind somit angehalten nachzubessern.

Zumeist kommen die Serienfahrzeuge nicht über 100-150 Kilometer hinaus. Ausnahmen bilden der Tesla Roadster mit 350 Kilometern, TGMY EV Himiko, je nach Getriebe, mit bis zu 550 Kilometern und der e-Wolf Alpha-1SRF ein Radical SR8-Umbau mit 300 Kilometern. Seit über einem Jahr ist mit dem PG Elektrus ein deutsches Fahrzeug auf dem Markt, das der Konkurrenz die Stirn bietet. Der Elektromotor mit 200 Kilowatt (zirka 272 PS) Leistung und 350 Newtonmetern beschleunigt den Wagen in unter drei Sekunden auf 100 km/h. Darüber hinaus erreicht der PG Elektrus laut Herstellerangaben eine Höchstgeschwindigkeit von über 300 km/h und besitzt je nach Fahrweise eine Reichweite von über 300 Kilometern. Der Clou, die Akkus können nicht nur über die Steckdose aufgeladen werden, sondern auch während der Fahrt über die am Heck angebrachten Solarzellen. Der Preis von 240.000 Euro plus Mehrwertsteuer ist jedoch nicht für jeden Geldbeutel erschwinglich (s. Foto oben).

Die Hersteller versuchen, die geringe Reichweite mit einer kurzen Ladezeit der Akkus von etwa 30 Minuten wieder wett zu machen. Das Problem ist jedoch, dass der sogenannte Schnellladevorgang die Lebensdauer der Akkus beeinträchtigt, sie sogar erheblich verkürzt. Die Medaille hat also zwei Seiten. Je nach Art des eingebauten Akkumulators kann man die Reichweite zusätzlich erhöhen. Für kleines Geld gibt eine kleine Reichweite, für großes Geld eine große Reichweite. Die bereits erwähnten Hybrid-Fahrzeuge gleichen diesen Mangel aus. Mit einer neuartigen Antriebstechnik hat Opel den Ampera auf den Markt gebracht. Der Opel Ampera wird von einem 111 kW (150 PS) 2 starken, elektrischen Aggregat angetrieben. Dieses befindet sich im Motorraum neben dem Verbrennungsmotor und besteht aus zwei elektrischen Motoren sowie einem Planetengetriebe.

Nicht nur die Reichweite, auch die Lebensdauer erhöht sich mit der Bereitschaft, einen höheren Kaufpreis zu akzeptieren. Während ein günstigerer Bleiakkumulator 5.000 bis 50.000 Kilometer hält, schafft der kostenintensivere Nickel-Cadmium-Akkumulator 100.000 bis 250.000 Kilometer.

Lag der Anschaffungspreis vor Jahren bei einer für Kunden unattraktiven Summe von mehreren 10.000 Euro, ist er mit dem bescheidenen Fortschritt in erschwingliche Dimensionen gerückt. Ein Stadtauto ist derzeit bereits für 6.000 bis 15.000 Euro zu bekommen. Der bereits erwähnte Tesla ist ab 50.000 Euro zu haben. Dazwischen liegen jede Menge Elektroautos, die in direktem Wettbewerb um die Kundschaft buhlen. Der Elektro Smart Coupé liegt bei 23.680 Euro. Er hat eine Reichweite von 149 Kilometern und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h. Der Nissan Leaf ist im Internet unter nissan.de mit 33.990 Euro angegeben. Um preislich attraktiver werden zu können, müssen die Batterien in ihrer Lebensdauer, Speicherkapazität und schlussendlich auch in den Absatzahlen verbessert werden.

Darüber hinaus stehen die Elektroautos in der Kritik, da auch sie für die Aufladung der Akkus Strom benötigen, der aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Ziel wird es somit bleiben, die Solarzellentechnik zu verbessern, um Fahrzeuge in Zukunft mit Sonnenenergie betreiben zu können und lediglich bei schlechtem Wetter auf die Leistung aus den Akkus zurückgreifen müssen. Sollte der Strom zukünftig vollständig aus erneuerbaren Energien gewonnen oder direkt durch Solarzellen direkt umgewandelt werden können, würde die derzeitige Co² Emission von 550 Gramm CO² pro kW/h auf nahe zu Null sinken.

Das Solarauto stellt die derzeit einzig wahre Alternative zu den herkömmlichen Fortbewegungsmitteln dar. Es verbraucht keine fossilen Brennstoffe und schont dadurch die Umwelt. Es ist leise und schont somit Nerven. Und es ist auf dem Weg, für die Kundschaft technisch ansprechend ausgestattet zu sein, um den Alltagsbedingungen Stand halten zu können. Lediglich die bei der Herstellung verwendeten Materialien für die Solarzellen, deren Energieausbeute noch nicht optimiert ist, werden aus wertvollen Rohstoffen hergestellt. Aber irgendwas ist halt immer. Dabei ist der Fortschritt in dem Bereich in den vergangenen Jahrzehnte unverkennbar.

Von 2007 bis 2008 umrundete Louis Palmer mit dem solarstrombetriebenen Elektroauto »Solar Taxi« die Welt und legte in der Zeit eine Strecke von 50.000 Kilometern zurück. Das erste eigenständige Solarauto »SolarWorld GT« umrundete von 2011 bis 2012 die Welt und macht vom Aufbau her den Eindruck, in nicht all zu ferner Zukunft die Serienreife erreichen zu können (s. Foto linke Seite, unten).

Um den Ehrgeiz der EntwicklerInnen zu fördern, finden regelmäßig weltweit sogenannte Solarralleys statt, von der die erste 1985 unter dem Namen »Tour de Sol« in der Schweiz durchgeführt wurde. Bei diesen Wettbewerben wurden und werden stets neue Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt. Als Höhepunkt gilt dabei die World Solar Challenge, die aktuell alle zwei Jahre veranstaltet wird. Dabei erreichen die führenden Teams Gesamtdurchschnittsgeschwindigkeiten von 100 km/h. Im September 2005 gelang dem Team Nuon mit dem Solarmobil NUNA III der dritte Sieg in Folge. Der Weglängenrekord liegt bei 830 Kilometern am Tag und wurde von dem niederländischen Team NUNA II im Oktober 2003 aufgestellt. Darüber hinaus gibt es sechs weitere internationale Wettbewerbe, in denen sich die Teams messen. Der Landgeschwindigkeitsrekord liegt bei 165 km/h und wurde 2006 in Taiwan von der Ashiya Universität aufgestellt. Bereits 2005 erreichten sie mit dem Sky Ace TIGA die Rekordgeschwindigkeit von 150 km/h.

Die gegenwärtige Situation in der Entwicklung von Elektroautos sieht düster aus. Ein ungeliebtes Kind, das per Gesetz zur Eingliederung in den Automarkt gezwungen werden muss. Die Industrie wehrt sich und bietet als Integrationshilfe das Hybridauto. So hat die eine Seite zum Teil ihren Willen und die anderen ihre Renditen.

Bildnachweis:

1 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fb/1888_Flocken_Elektrowagen_sw.jpg

2 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3d/PG_Elektrus_Front.jpg

3 http://blog.ruhrmobil-e.de/files/2012/05/estherheilgenberg_am_steuer.jpg

 




Es ist Winter in Deutschland (Vorwort Ausgabe 24)

Auf meinen Runden durch den Kiez fallen mir immer wieder am Straßen and abgestellte Dinge auf. Diesmal war es eine Tasche mit Büchern, die zu verschenken war, wie der darauf angebrachte Zettel offenbarte. Oben auf lag ein Buch mit dem Titel »Die geheime Sprache von….«.

Mein Interesse war geweckt und so nahm ich das Buch, um den auf dem Buchrücken zusammengefasst stehenden Inhalt zu ergründen. Es handelte sich um einen »märchenhaften Roman«. Ohne weiter zu überlegen, legte ich das Buch zurück in die Tasche. »Märchenhafte Romane« dachte ich bei mir, die brauche ich bei meinem Leben nun wirklich nicht. Wobei neben dem ganzen vorhandenen medialen Sondermüll ein märchenhafter Roman noch eine der anspruchsvollsten Arten ist, sich zu unterhalten. Weitaus schlimmer sind Medien, wie Zeitung, Radio und Fernsehen. Die Frage, die sich einem unwillkürlich stellt: Haben die Menschen Angst vor der Wahrheit, Angst, der Realität ins Gesicht zu blicken? Dies würde zumindest erklären, warum sie versuchen, sich mit der Krönung des Dschungelkönigs, der Wahl von Germany‘s next Topmodel, der Wok-WM, Berlin Tag & Nacht oder eben einem märchenhaften Roman von der Umwelt abzulenken, die sie umgibt, ja, sie gar gänzlich auszublenden und zu verdrängen. Obwohl wir hierzulande ansteigende Plusgrade zu verzeichnen haben, herrscht Winter in Deutschland, geistiger Winter. Die Menschen haben ihre Gedanken, ihre Fähigkeit nachzudenken, eingefroren.

Bild und B.Z. als Urheber für den gesellschaftlichen geistigen Abstieg verantwortlich zu machen, gilt heute nicht mehr. Längst liefern – aus meiner Sicht – auch angesehene Formate und Medien, wie die »Tagesschau« belanglose Inhalte oder drohen, wie der »Tagesspiegel«, im Sumpf der medialen Belanglosigkeit zu versinken. Die Folgen der verklärenden Medienberichterstattung haben wir vor Augen. Die Tatsachen werden verdrängt, wie eine zum Teil demotivierte Jugend ohne sichere Zukunftsaussichten, real steigende Arbeitslosenzahlen, die auch durch Zwangsmaßnahmen vom Jobcenter nicht weggeredet werden können, Arbeitslöhne von unter fünf Euro die Stunde, die bereits heutzutage bestehende Altersarmut und Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von weiteren, durch unsere unfähigen Volksvertreter verursachten Missstände.

Vor dem Hintergrund der »Zypern-Krise« beruhigt Malte Diesselhorst von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz im »Tagesspiegel« Ende März 2013 die LeserInnen. Er schreibt sinngemäß, wenn die von den Banken angebotene Einlagensicherung durch die Geldhäuser nicht mehr gewährleistet werden könne, würde der deutsche Staat einspringen, »So war es jedenfalls immer in der Vergangenheit.« Sollte dies auch nicht möglich sein, würde laut politischer Bekundung der Europäische Rettungsschirm finanziell aushelfen. Dass »politische Bekundungen« einen feuchten Scheißdreck wert sind, wissen wir nicht erst seit den letzten Wahlen. Ich bin gespannt, wann die Ersten aus ihrer Scheinwelt, in der sie leben, herauskommen und realisieren, dass auch sie in dem sinkenden Schiff sitzen und das Manöver der Bundespolizei nicht nur der Befriedung von Auseinandersetzungen der Hooligans und dem »Aufzeigen von Schwächen« dienlich war. Auf den Boden der Tatsachen gelangen sie alle, die einen landen härter (siehe BP-Manöver) die anderen sanfter.