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Autor: Gast - Der Kreuzberger

»Das Mesa Projekt« – Das neue Buch von Johannes Hucke in Rezension

Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse präsentiert der Info Verlag aus Karlsruhe in der Reihe Lindemanns Bibliothek ein neues Buch seines Bestseller-Hausautors Johannes Hucke, den Berlin-Spanien-Weinkrimi »Das Mesa-Projekt«.

Weinkrimis sind gar nicht so selten: Auf Anhieb findet sich im Internet eine Weinkrimi-Liste mit 20 empfohlenen Titeln, und schon mehrere Krimis des Weinjournalisten Johannes Hucke sind im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek.

Huckes neuer, mittlerweile neunter Krimi spielt hauptsächlich in Spanien, dem Anbaugebiet des Mesa-Weines, und in Kreuzberg. Wegen ihrer Beziehungen zum dortigen Weinfachandel geraten die Romanheldin, eine junge, unbedarfte Weinliebhaberin, und mehrere Berliner Fachverkäufer völlig unerwartet zwischen die Fronten einer Weinbauerndynastie und einer kriminellen Organisation.

Nach mehreren Überfällen auf Weinhandlungen kommt es zu einer wilden Treibjagd bis nach Spanien und zurück, die sehr spannend und anschaulich beschrieben ist. Dabei bleibt sogar noch Raum und Zeit für gehaltvolle lyrische Einschübe (zitiert wird Luis de Góngara y Argote, 1561-1627) und zum Blickwechsel auf Land und Leute und den landestypischen spanischen Wein – der unglaublich bekömmlich sein muss, weil die Fliehenden ihren Flüssigkeitsbedarf ausschließlich damit decken. Auf nüchternen Magen, ohne negative Folgen für das Durchhalte- und Denkvermögen!

Schon bald (auf Seite 26 von 227) stellt sich die Frage, ob ein Wein so gut sein kann, dass er zur Gefahr für die Menschheit wird. Diese Frage bleibt ungeklärt. Aber alle anderen Fäden des geschickt konzipierten Romans werden rechtzeitig entwirrt und lassen einen zufriedenen Leser zurück.

Info: Mesa-Weine gibt es wirklich, wobei davon im Alltag außer bei hemmungslos übermäßigem Genuss ganz sicher keine Gefahr für die Menschheit ausgeht. Vino de Mesa ist die Bezeichnung für spanischen Tafelwein aus der Mesata, dem kastilischen Hochland, der aus verschiedenen Rebsorten gewonnen wird, wobei das Ergebnis bei entsprechender Sortenauswahl sehr hochwertig sein kann.

»Das Mesa Projekt«
Paperback, 232 Seiten
ISBN 978-3-88190-742-2
Lindesmanns Bibliothek, Bd. 198
Preis 13,80 Euro

Geschrieben von Jutta Wunderlich




Nicht nur für Kinder – Märchenklassiker der Brüder Grimm

Weihnachtszeit ist Märchenzeit, und 2013 ist Brüder-Grimm-Jahr, weil seit 200 Jahren deren »Kinder- und Hausmärchen« im Handel sind und vor 150 Jahren Jacob Grimm und der viel weniger bekannte Ludwig Emil Grimm, der die Märchensammlung seiner Brüder Jacob und Wilhelm illustriert hat, gestorben sind. Grund genug also, zum Jahresende schnell noch mal die Grimm‘sche Märchensammlung herzusuchen oder eine der kultigen Märchenverfilmungen anzuschauen.

»Kinder brauchen Märchen« – was 171 Jahre später der amerikanische Kinderpsychologe und Psychoanalythiker Bruno Bettelheim ausführlich ein ganzes Buch lang begründet, haben sich die Brüder Grimm wohl auch schon gedacht, als sie sich 1806 an die Fleißarbeit gemacht haben, alle damals bekannten »Kinder- und Hausmärchen« zusammenzutragen. Schließlich haben sie die Erstausgabe der Märchensammlung dem kleinen Sohn ihres Freundes Achim von Armin gewidmet.

In erster Linie war das Ganze allerdings eine Auftragsarbeit mit hohem wissenschaftlichem Anspruch und in der Erstauflage mit entsprechend vielen trockenen sprach- und literaturwissenschaftlichen Ergänzungen. Gleichzeitig war dieser Job den Brüdern Grimm eine Herzensangelegenheit, die überlieferten Erzählungen als »Nationalschatz« für immer zu sichern. Nach sechs Jahren war es soweit. Die erste Ausgabe mit 161 Erzählungen in zwei Bänden kam bei den Lesern allerdings noch nicht so gut an: Kurz vor Beginn der Biedermeierzeit wollten die Menschen nicht so gern wüste Gewaltgeschichten und Abenteuer mit sexuellen Übergriffen (in der Dornröschen-Urfassung vergeht sich zum Beispiel der Prinz erst mal an der schlafenden Prinzessin, bevor er sie wachküsst, und Rapunzel war zum Zeitpunkt ihrer Befreiung längst schwanger, weil sie das Haar öfters mal für vorbeiziehende Prinzen heruntergelassen hatte) hören und lesen.

Da war die von Wilhelm Grimm überarbeitete Neuauflage von 1819 schon eher massentauglich. Wilhelm hatte hier die schlimmsten Grausamkeiten und »moralisch Anstößiges« weggelassen die Handlung allzu langer Geschichten gestrafft und bei diversen Märchen (u.a. Hänsel und Gretel, Schneewittchen) die Schuld am Unglück der Kinder der Stiefmutter gegeben, anstatt der leiblichen Mutter wie im Original. Noch besser ging die abgespeckte Version von 1825 mit 50 handverlesenen Märchen und zusätzlichen romantischen Illustrationen von Emil Ludwig Grimm über den Ladentisch und lag von da an wohl regelmäßig unter dem gerade erst eingeführten Weihnachtsbaum.

Dass die Märchensammlung »Deutscher Kinder- und Hausmärchen« nicht noch viel schmaler geworden ist, ist Jacob Grimm zu verdanken, der kein Problem damit hatte, Märchen aus anderen Ländern »einzubürgern«. Trotz der Liebe zu seinem Heimatland hat er alle Völker und Kulturen geachtet und geschätzt und daraus jeweils das Beste für sich und seine Märchensammlung bezogen. (Auch der gerade erwähnte, scheinbar typisch deutsche Weihnachtsbaum wurde übrigens nicht in Deutschland erfunden, sondern kam auf Umwegen in die deutschen Wohnzimmer. In Elsass stand er schon eher in den Stuben.) Ohnehin ist die Urheberschaft der Volksmärchen oft ganz schwierig zuzuordnen, und einzelne Motive gehen auf mittelalterliche Sagen zurück. Aus Italien stammen jedenfalls so bekannte Märchen wie »Tischleindeckdich«, »Rapunzel«, »Der gestiefelte Kater«, »Aschenputtel«, »Schneewittchen« und »Dornröschen«, wobei die vier Letzteren erst ins Französische übersetzt und in Frankreich weitererzählt wurden. Außerdem kamen Märchen aus »1001 Nacht« durch französische Übersetzer nach Europa, und Rotkäppchen (Le Petit Chaperon rouge) ist von Haus aus Französin.

Von »Frau Holle« lässt sich überhaupt nur sicher sagen, dass es sich um eine europäische Sagengestalt handelt. Auch die Herkunft von Hänsel und Gretel ist nicht zweifelsfrei zu klären, laut einer Anmerkung von Wilhelm Grimm »nach Erzählungen aus Hessen«. Die Geschichte kursierte aber wohl ebenso schon im Elsaß, in Skandinavien und im Balkan. Aus Hessen, wie die Brüder Grimm selbst, kommt zumindest der »Froschkönig« oder »Froschprinz« (der ursprüngliche Titel »König Froschprinz« wurde erst später in »Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich« umgeändert) und aus Norddeutschland das Märchen »Vom Fischer und seiner Frau« nach einer Aufzeichnung des Malers Philipp Otto Runge, von den Brüdern Grimm aus dem Plattdeutschen übersetzt.

Der Spruch »wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute« trifft nicht nur auf die Märchenheldinnen und – helden zu, sondern ganz besonders auf die Grimm‘schen Märchen an sich. Abgesehen davon, dass schon zahllose Theater- und Filmfassungen gibt, lassen sich immer wieder kreative Köpfe anregen, die alten Geschichten weiter zu erzählen.

Aktuell findet sich im Internet die Ankündigung einer Web-Serie »Die Helden der Gebrüder Grimm«. Die erste Folge handelt vom gar nicht so glücklichen Schneewittchen, das mit dem falschen Prinzen verheiratet werden soll. Man darf gespannt sein, ob sich Schneewittchen schon soweit emanzipiert hat, um sich den Plänen zu widersetzen! Umgekehrt widmet Heinz Rölleke sein Buch »Es war einmal. Die wahren Märchen der Brüder Grimm und wer sie ihnen erzählte« den Original-Überlieferungen und denjenigen, die sie den Brüdern Grimm zugetragen haben. Und für mehr Sex im Märchen ist der Autor, der unter dem Pseudonym Johann Christoph Spielnagel 1982 einen gegen die »sittliche Reinigung der Märchensammlung von Jacob und Wilhelm Grimm« gerichteten erotischen Märchenband, mutmaßlich mit den »erotischen Urfassungen« der berühmtesten Märchen, mit dem anzüglichen Titel »Zauberflöte und Honigtopf« herausgebracht hat.

Auch Wissenschaftler beschäftigen sich weiterhin mit der Wirkung der Märchen. Gerade erst, im 200. Kinder- und Hausmärchen-Jubiläumsjahr, konnte belegt werden, dass Märchen nicht nur für Kinder gut sind, sondern auch für demenzkranke Senioren: Wegen der positiven Assosiationen, weil Märchen das Leben lang im Langzeitgedächtnis verankert bleiben, und der damit verbundenen angenehmen (Kindheits-)Erinnerungen kommt bei den Kranken Stimmung auf.

Jede Menge Erinnerungen an Jakob und Wilhelm Grimm und ihre Märchen findet man in Berlin, nachdem die beiden damals bereits hocherfolgreichen Gelehrten ihre Heimat in Hessen aus politischen Gründen (beide beteiligten sich am Protest der »Göttinger Sieben«, der schief ging und ihnen ihre Professuren kostete) verlassen mussten und 1841 durch Fürsprache des preußischen Königs nach Berlin berufen wurden. Hier haben sie die wichtigste Zeit ihrer Karriere und die restliche Zeit ihres Lebens verbracht, woran das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität erinnert.

Begraben sind Jacob und Wilhelm Grimm und desse Söhnen Rudolf und Hermann auf dem Alten Sankt Matthäus Kirchhof in Schöneberg. In Berlin-Tiergarten, wo Jacob und Wilhelm Grimm gewohnt haben, gibt es die Brüder-Grimm-Gasse und in Lichtenrade und Kreuzberg jeweils eine Grimmstraße und die neue Bibliothek der Humboldt-Uni heißt Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum.

Nach ihren Märchenfiguren sind sogar 44 Straßen und Wege im Stadtgebiet benannt. Im Volkspark Friedrichshain steht der Märchenbrunnen mit Figuren aus neun Grimm‘schen Märchen, ein weiterer Märchenbrunnen in Neukölln, der Gänselieselbrunnen in Wilmersdorf und der Froschkönigbrunnen in Pankow. Auch Kreuzberg hat seinen Froschkönig oder vielmehr Froschprinzen: Der sitzt im U-Bahnhof Prinzenstraße am Bahnsteig Richtung Uhlandstraße auf einer der Dachstreben.

Geschrieben von Jutta Wunderlich




Terroristen als Beifang Rundumüberwachung – unser »Supergrundrecht?« (Teil 1)

Folgendes Szenario: Um deine klamme Kasse aufzubessern, hast du ein Zimmer in deiner Wohnung fürs Wochenende an zwei Touristen untervermietet. Als du vom Einkauf zurück kommst, sitzen die beide vor deinem Computer und schauen sich auf der Festplatte um. Als du sie fragst, was sie da machen, meinten sie nur, sie wollten sich nur mal ein Eindruck von dir verschaffen. Nun kannst du dich entscheiden, wie du darauf reagieren willst! Du bist empört, außer dir, wütend? Warum? Habst du etwas zu verbergen? Ach, das ist privat! Ja aber warum bist du dann nicht empört, außer dir und wütend, wenn der Staat oder die Geheimdienste es machen?

Wir müssen uns mit einem Fakt anfreunden, den wir zu gerne Verdrängen würden, wir sind gläsern geworden. Die technischen Möglichkeiten übersteigen schon heute unsere Vorstellungskraft und es wird gespeichert, was möglich ist. Das Internet ist nur ein Teil davon, das Smartphone, TollCollect, Kameras im öffentlichen Raum, etc. alles soll mit einander vernetzt werden. Das perfide ist, dass wir es erst mal nicht mitbekommen, es gibt auch zunächst keine direkten Auswirkungen auf einen selbst. Es wirkt harmlos, doch wenn man sich die Möglichkeiten ansieht, die auf einmal umsetzbar sind, wären Albträume das geringste Problem.

Schon immer wurden falsche Fährten gelegt, um von den eigentlichen Motiven abzulenken. Ein Paradebeispiel dafür ist der letzte Irakkrieg. Als Einstieg baute die USA ein Bedrohungsszenario auf »Saddam hat Massenvernichtungswaffen«, Angst baut sich auf. Dann wird eine Lösung angeboten, »den machen wir platt und alles wird wieder gut!« Hat man seine Handlung als alternativlos etabliert, setzt man sein Ansinnen in die Tat um und schon sind Fakten geschaffen. Heute wissen wir, dass dies eine Lüge war und alle sagen: Wusst´ ich´s doch, es ging ums Öl!

Tja gut geschossen Cowboy, dass Saddam sich von der Ölpreisbindung an dem Dollar lösen wollte, haben nur die wenigsten mitbekommen. Dies hätte nämlich die USA in größte finanzielle Schwierigkeiten gebracht und der schöne ausgehandelte Vertrag mit den Saudis, Öl nur in Dollar zu beziehen wäre ins Wanken geraten. Dass bei dem Kampf gegen Massenvernichtungswaffen von den Amerikanern selbst Massenvernichtungswaffen im großen Stil eingesetzt wurden (Uranbomben), interessierte schon gar keinen mehr. Die Rate von verkrüppelten Kinder, die inzwischen dort auf die Welt kommen, hat sich teilweise um mehr als das zehnfache erhöht, selbst in Gebieten die in keinen Kampfhandlungen verstrickt waren und das nur, weil der Wind ungünstig stand. Soviel zu der Gefahrenanalyse oder besser zu den Nebelkerzen der USA.

Wer nun denkt, dies wäre ein typisch amerikanisches Vorgehen, wird schnell enttäuscht werden, denn bei dem Thema Überwachung sieht es bei uns ähnlich aus. Auch hier wird eine fiktive Bedrohung aufgebaut (Terroristen), um ganz andere Ziele durchzusetzen. Denn eigentlich geht es um »BigData« (Massendaten).

Die ehemalige Mitarbeiterin im US Justizministerium Jesselyn Radack sagte: »Bei der flächendeckenden Rundumüberwachung geht es nicht um Strafverfolgung, es geht um die Kontrolle der Bevölkerung«. Genau hier sind wir auf der richtigen Fährte. Denn was ist BigData? Es ist der Vorsatz der Komplettüberwachung von Politik, Militär, Wirtschaft und Bevölkerung.

Solch einen Anspruch an eine Gesellschaft findet sich nur in totalitären Systemen wieder, doch genau diese Politik betreiben deutsche Innenminister seit Jahren. Terroristen sind nur der Beifang bei diesem Vorhaben, gemeint bist DU! Mit ECHELON hörten die USA in Bad Aibling (Bayern), einer der größten Lauschposten der Welt, seit 1971 im großen Stil alles ab, was möglich war (»Echelon hört ungefiltert den gesamten eMail-, Telefon-,Fax- und Telexverkehr ab, der weltweit über Satelliten weitergeleitet wird« Quelle: Verfassungsschutz Baden Württemberg. 1998). Als die Kritik immer lauter wurde, geschahen die Ereignisse am 11.9.2001 und alle Kritiker verstummten.

Man sollte noch wissen, dass die NSA die Abhörstation in Bad Aibling dem BND übergeben hat, natürlich mit den gleichen technischen Möglichkeiten. ELENA ging am 1. Januar 2010 an den Start und sollte die größte Datensammlung in Deutschland werden. Geplant war 40 Millionen Arbeitnehmerdaten zu erfassen, dort sollten neben den üblichen Personendaten und Qualifizierungen, auch Fehlzeiten und Gesinnung gespeichert werden. Nach Protesten wurde es Mitte 2011 wieder eingestellt. Doch bis dahin wurden immerhin schon 3,2 Millionen Arbeitnehmerdaten und 60 Millionen Bescheinigungen übermittelt.

Nebenbei werden deine Telefonverbindungsdaten und vor allem deine Bewegungsdaten gespeichert, außerdem ist immer interessant, wer so alles in deinem Adressbuch zu finden ist. Ganz pervers wird es mit INDECT, ein europäisches Überwachungssystem, das heimlich an der Bevölkerung vorbei entwickelt wird, dies könnte der größte Clou werden. Hier sollen zivile und militärische Elemente miteinander verbunden werden, um alles zu überwachen, was möglich ist. Es geht um eine Datenzusammenführung von Handy, Internet, sozialen Netzwerken, öffentlichem Raum (Kameras) bis hin zum Einsatz von Drohnen, die dich vielleicht mal auf deinem Heimweg verfolgen. Es besitzt Algorithmen, die menschliches Verhalten als normal oder verdächtig einstufen soll. Ein Computer entscheidet, ob du durchleuchtet wirst oder nicht. Fehler nicht eingeplant Mr. Tuttle (Brazil von Terry Giliam). Wer den Film »Staatsfeind Nr. 1« mit Will Smith kennt, bekommt eine Ahnung welche Möglichkeiten daraus entstehen. Technisch gesehen ist das Filmszenario keine Fiktion mehr.

Dass es schon längst nicht mehr um Terroristen geht, wird selbst von Frau Merkel inzwischen unverblümt zugegeben: »Man darf nicht sagen, ach, das ist doch nicht so schlimm. Hier ein bisschen was weggeschmissen und dort einen angerempelt, hier mal auf den Bürgersteig gefahren und dort mal in der dritten Reihe geparkt. Immer unter dem Motto, ist alles nicht so schlimm, Ist alles nicht nach dem Gesetz, und wer einmal Gesetzesüberschreitungen duldet, der kann anschließend nicht mehr begründen, warum es irgendwann schlimm wird (…) Deshalb: Null Toleranz bei Innerer Sicherheit meine Damen und Herren.«

Hier werden keine Terroristen angesprochen, hier geht es wie Juli Zeh in ihrem Buch »Angriff auf die Freiheit« beschreibt, um die Unterbindung von »sozial schädlichem Verhalten«. Nach dieser Merkelschen Logik bauen wir bald Knäste für Menschen, die ihre Zigarette auf die Straße werfen. Ein Blick in die privaten TV-Sender zeigt, dass inflationär Programmformate wie »Mein Revier«, »Achtung Kontrolle« usw. die auf den Markt gekommen sind, die autoritäre und teilweise totalitäre Staatsvorstellungen bei Bagatelldelikten unters Volk schütten.

Es wird wieder eine Blockwartmentalität verbreitet und ein »Law & Order«-Klima geschaffen. Sowas passiert nicht zufällig und schon gar nicht in dieser Breite. Ein Blick ins europäische Ausland reicht schon aus, um zu erkennen, dass die größte Herausforderung der Staaten, die »Befriedung« ihrer eigenen Bevölkerung ist. Zu weit geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander und anstatt eine gerechtere Umverteilung voran zu treiben, wird das Geld in die Überwachung der Menschen investiert.

Wenn Innenminister Friedrich vom »Supergrundrecht Sicherheit« spricht, dem alles andere untergeordnet werden muss, so kann dies nur als Drohung begriffen werden und als Angriff auf die Freiheit des Einzelnen. Das Grundgesetz, das seit Gründung der Bundesrepublik als Fundament unserer Gesellschaft betrachtet wird, scheint für viele Politiker heute nur noch als lästiges Vehikel bei der Umsetzung ihrer Allmachtsphantasien. John Major bezeichnete mal die Grundrechte als Verbrecherrechte, so weit ist es schon gekommen.

Die 2007 von Schäuble und Frattini gegründete »Future Group«, die eine neue Architektur einer europäischen Innenpolitik entwickeln soll, obwohl die Innere Sicherheit nicht zu den geltenden EU-Verträgen des europäischen Gemeinschaftsrecht gehört, zeigt welche Schwerpunkte sie anstreben. Allein die Entwicklung unserer Reisepässe mit biometrischen Daten, Fingerabdruck und mit RFID-Chip, der deine Daten auf 10 Meter Entfernung abscannen kann, sind die Vorboten eines immer mehr in die Privatsphäre eingreifenden Sicherheitsapparates.

Wer dagegen vorgeht, wird vielleicht wie Edward Snowden in Diktaturen um Asyl bitten müssen, denn die »demokratischen Länder« scheinen Begriffe wie Freiheit und Grundrechte immer häufiger nur noch für Propaganda-Zwecke zu nutzen. Wie ist es sonst zu erklären, dass Kanzleramtsminister Roland Profalla nach den Enthüllungen von PRISM und TEMPURA, doch tatsächlich vor die Presse trat und sagte: »Recht und Gesetz werden nach amerikanischen und britischen Geheimdienst eingehalten, die Grundrechte unserer Bürger und Bürgerinnen werden gewahrt«. Somit sollte das Thema schleunigst von der Tagesordnung verschwinden und lästige Fragen, gerade vor der Wahl, eingedämmt werden. Zu dieser Aussage hatte der Kabarettist Christoph Sieber eine passende Antwort parat: »Seit wann bestimmt der Wurm, wann geangelt werden darf!«

Dies konnte nur ein Kratzen an der Oberfläche sein, welche Möglichkeiten gerade bei der Massenüberwachung und Steuerung, bei Cyberangriffen, Wirtschaftsspionage, Beeinflussung von Infrastruktur, Drohneneinsätzen, Trendbestimmung, Aufstandsbekämpfung, Sabotagemöglichkeiten usw. bestehen, lässt mich mit Ohnmacht zurück. Die Bevölkerung ist zum willfährigen Spielball von ominösen Mächten geworden, deren Hintermänner uns wohl verborgen bleiben werden. Deshalb möchte ich mit einem Statement schließen, dass einen kleinen Vorgeschmack auf das macht, was noch auf uns zukommen könnte oder vielleicht schon besteht?!

»Wir sind dankbar gegenüber der Washington Post, der New York Times, dem TIME-Magazin und anderen großen Publikationen, deren Chefs unseren Treffen beigewohnt und ihre Versprechen der Verschwiegenheit für beinahe 40 Jahren gehalten haben, es wäre unmöglich gewesen, unseren Plan für die Welt zu entwickeln, wenn wir in den Jahren im Rampenlicht der Öffentlichkeit gestanden hätten. Aber die Welt ist nun weiter fortgeschritten und bereit in Richtung einer Weltregierung zu marschieren. Die supranationale Herrschaft einer intellektuellen Elite und den Weltbankiers ist sicherlich vorzuziehen gegenüber der nationalen Selbstbestimmung, die in vergangenen Jahrhunderten praktiziert wurde.« David Rockefeller, in einer Ansprache der Trilateralen Kommission, 1991.

Dokumentationen zum Thema: »World Wide War« und »Städte in Angst«.

Buchtipp: »Angriff auf die Freiheit« von Ilija Trojanow und Juli Zeh.

Geschrieben von bookfield

 




MolotowCocktail – Die Geschichte einer Volkswaffe

Wann wäre ein solcher Artikel passender, als in der Mai-Ausgabe? Die Idee dazu kam mir vor einiger Zeit, als ein Bekannter der British Special Forces mir von seinen Erfahrungen in Nordirland erzählte, wo Demonstranten ihren Mollys Cornflakes und Zucker beimischten, damit die brennende Flüssigkeit besser haften blieb.

Aber zunächst, damit niemand denkt oder glaubt, dass hier Bombenbauanleitungen verbreitet würden, ein Disclaimer, der mir bei meinen Recherchen im Internet aufgefallen ist und dem ich mich gerne anschließen möchte: »!!!Mollys bauen (und werfen) ist böse und unökologisch (manche Anschlagsziele wohl aber auch). Der folgende Text ist kein Aufruf zum Molly-Bau und -Werfen, sondern dient der Aufklärung darüber, wie Menschen, die sowas trotzdem tun, das machen, um Mollys erkennen und sich davor schützen zu können. Diese Seite dient damit der Dokumentation und Vorbeugung!!!« (Zitat: www.deu.anarchopedia.org/Molly-Workshop)

Der Molotowcocktail, auch Molly genannt, ist ein einfacher Wurfbrandsatz, der ohne große Kosten oder Aufwand aus Flaschen, Lunten und einem Gemisch brennbarer Flüssigkeiten herzustellen ist, weshalb er auch als Volks- oder Guerillawaffe gilt, die bei Aufständen, Krawallen oder Straßenschlachten Verwendung findet.

Die Geschichte von Brandsätzen geht bis in die Antike zurück, wo »Griechisches Feuer« und »Feuertöpfe« in Seeschlachten oder bei der Erstürmung von Festungen eingesetzt wurden. Die ersten Belege für den Einsatz von Molotowcocktails stammen aus den Russischen Interventionskriegen (1918-1922) und dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), damals aber noch nicht unter diesem Namen bekannt. Die Benzinbomben wurden zunächst – auf Turm, Motor oder Auspuff geworfen – erfolgreich gegen Panzer eingesetzt.

Die Bezeichnung Molotowcocktail geht auf die sowjetische Invasion in Finnland (1939/1940) und den damaligen Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten – Wjatscheslaw Molotow – zurück, der während der Annexion behauptete, die russischen Bomber würden Brot für die Zivilbevölkerung bringen. Diese Lüge beantworteten die empörten Finnen mit einem »Getränk passend zum Essen«, denn die russischen Streubomben wurden damals im Volksmund »Molotows Brotkörbe« genannt.

Weil Mollys im Preis-/Leistungsverhältnis sehr günstige Panzerabwehrwaffen darstellten, wurden sie in Finnland bald von einer staatseigenen (Likör-)Fabrik in Rajamäki industriell hergestellt. Insgesamt wurden 450.000 Stück produziert und nebst Streichhölzern paketweise an die Front geschickt. Später ließen auch die Rote Armee und die Deutsche Wehrmacht »Brandflaschen« herstellen bzw. gaben Anleitungen für deren Selbstbau heraus.

Den Weg von der Kriegswaffe zur Volkswaffe und in den Bereich der »zivilen Auseinandersetzung« fand der Molly ab der Mitte des letzten Jahrhunderts durch seine Verwendung beim Aufstand im Warschauer Ghetto (1943), beim Warschauer Aufstand (1944) oder dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Ungarn (1956).

Im Folgenden gewann er gerade bei Volksaufständen, in der Auseinandersetzungen zwischen Zivilbevölkerung und Militär oder mit dem staatlichen Gewaltmonopol überall auf der Welt immer mehr an Popularität. Neben vielen anderen Konflikten zählen in Europa die Studentenbewegung der 1960er Jahre, die Terrorwelle in den 1970ern, die Hausbesetzerszene der 1980er in Deutschland, die IRA und – immer noch aktuell – die Globalisierungsgegner und Widerstandleistende gegen das Euro-Regime dazu. Somit hat sich der Molotowcocktail, neben Worten und Steinen, zu einer Waffe des »kleinen Mannes« entwicklet und als Ausdruck ohnmächtiger Wut gegenüber übermächtigen Gegnern heraus stilisiert.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern, wird der Molotowcocktail auf der Liste verbotener Waffen geführt. D. h. Erwerb, Besitz, Überlassen, Mitführen, Verbringen, Herstellen, und Handeln sind unter Androhung von Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren verboten. Das Werfen wird seitens der Justiz im Allgemeinen als versuchtes Tötungsdelikt (Totschlag oder Mord) gewertet.

Also, wenn ihr irgendwo Mollys brennen oder fliegen seht, dann macht euch aus dem Staub und bringt euch in Sicherheit. Und »Ihr da oben« überlegt mal, was ihr getan und womit ihr den Zorn des Volkes entzündet habt.

Geschrieben von kersten

 




Commons – Gemeingüter Was allen gehört, gehört geteilt!

Trotz der heutigen nationalen wie internationalen Probleme verharrt die Politik weiterhin in einer Art Innovationsstarre und wiederholt fast schon mantra-artig die immer gleiche Losung vom ewigen Wachstum als Heilbringer aller Missstände. Seit Jahrzehnten schon hat sich dieser Ansatz als nicht praktikabel erwiesen. Dennoch bestehen sie weiterhin darauf und verschließen sich vehement neuen Denkansätzen. Die Commons-Bewegung (Gemeingüter/Allmende) versuchen einen neuen (alten) Ansatz in die Diskussion zu werfen, wie sich der Blick auf unsere derzeitigen Verhältnisse ändern könnte. Dies geschieht allein dadurch, dass man bestimmte Güter nicht den Marktmechanismen und privaten Interessen unterwirft, sondern die Verwaltung darüber in die Hand der Allgemeinheit zurück gibt. Denn wir müssen uns wohl alle eingestehen, dass sich unsere Hoffnung, dass Wissenschaft und Technik in der Lage wären, Hunger, Not und Elend zu überwinden, sich nicht erfüllen werden. Sogar das genaue Gegenteil ist eingetreten und die Missstände wuchern zu globalen Problemen heran, die inzwischen unser aller Überleben gefährdet. Wenn also selbst unsere besten technischen Errungenschaften nicht zum Wohle der Menschen geführt haben, sollte man irgendwann anfangen, an anderen Orten zu suchen. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich unsere alten Denkmuster nicht bewährt haben und die Zeit reif ist, sie selbst einmal in Frage zu stellen!

Bevor ich jedoch zu den Commons komme, möchte ich auf einen Versuch hinweisen, den der renommierte Hirnforscher Prof. Gerald Hüther bei einem seiner Vorträge vorstellte, um anhand dieses Beispiels auf die Macht der Sozialisation aufmerksam zu machen. Von unseren Anlagen her wollen wir uns nämlich gemeinschaftlich verhalten, nun kann jede/r selbst entscheiden, ob wir Menschen so sind und immer in Konkurrenz treten wollen oder so gemacht wurden. Wer die Gemeingüterdebatte als illusorisch betrachtet, hat sicherlich berechtigte Bedenken. Ich sehe die Probleme jedoch eher bei den bestehenden Machtverhältnissen als in der Natur des Menschen.

Das Experiment

Babys von 6 Monaten wurden vor einen Bildschirm gesetzt und drei kleine Filme gezeigt.

1 Sequenz: Ein kleines gelbes Männchen krabbelt einen Berg hoch, es rutscht zwar ein paar Mal wieder ein Stück herunter, doch mit Mühen erreicht es dennoch den Gipfel.

2 Sequenz: Wieder krabbelt das kleine gelbe Männchen den Berg hoch, doch nun kommt ein kleines grünes Männchen hinzu und schiebt es von hinten ein wenig an und beide erreichen gemeinsam den Gipfel.

3 Sequenz: Das kleine gelbe Männchen schuftet sich wieder zum Gipfel vor, doch dort wartet ein blaues und stößt es zurück.

Nachdem die Babys die drei Filmchen gesehen hatten, wurden sie an einen Tisch gesetzt, wo ein grünes und ein blaues Männchen, wie aus dem Film, vor ihnen lagen und man wollte nun wissen nach welchem sie greifen werden.

Alle Babys griffen nach dem grünen Männchen, dem Unterstützer.

Den gleichen Versuch machte man mit den gleichen Kindern im Alter von einem Jahr, und es griffen nun 10 bis 20 % der Babys nach dem blauen Männchen (dem Runterstoßer).

Kinder richten sich nach denen, die »erfolgreich« sind. Dies ist uns als genetische Anlage mitgegeben worden. Zwischen Gut und Böse wird noch nicht unterschieden,. Sie beobachten nur, und einige haben scheinbar inzwischen schon verstanden, obwohl sie noch nicht einmal sprechen können, dass ein Runterstoßer erfolgreicher scheint. Jetzt stellt sich die logische Frage, wer ihnen das vorlebt. Was jedoch Anlass zur Hoffnung macht, ist ihr natürlicher Impuls zu unterstützen. Kinder sind immer der Spiegel unserer eigenen verinnerlichten Denkmuster. So muss ich an einen Ausspruch von Karl Valentin denken, der sagt. »Erziehung bringt nischt, die machen ein eh alles nach!«

Dies sollte nur ein kleiner Anstoß sein, dass wir anscheinend zu selten unsere Veranlagung ausleben, denn diese fußt auf Kooperation. Wir scheinen inzwischen schon so zugemüllt, dass es uns jedoch nur noch selten auffällt. Neue Ideen haben es immer schwieriger, durch die anerzogenen Muster durchzudringen. Zu oft nehmen wir die bestehenden Verhältnisse als gegeben hin, ohne eine persönliche Überprüfung. Wir akzeptieren einen Status Quo, obwohl unser persönliches Leiden sowie das der Gesellschaft immer sichtbarer wird. Prof.Gerald Hüther bringt es auf den Punkt: »Wir haben ein Wirtschaftssystem geschaffen, was aus sich selbst heraus die Menschen benutzt für das was es braucht, wir haben aber mal ursprünglich eine Wirtschaft gewollt, die den Bedürfnissen der Menschen dienen soll.«

Somit komme ich direkt zu der Frage: »Wem gehört die Welt?« Wie kann es sein, dass Wasser, Luft und Böden privatisiert werden, obwohl sie der ganzen Menschheit gegeben worden sind. Was ist mit öffentlichem Raum, Plätzen, Parks usw. Was ist mit Kulturgütern, freier Nutzung von Wissen, Mobilität, Internet, etc.? Wo fängt ein Gemeingut an, wo hört es auf? Die Heinrich-Böll-Stiftung, die sich mit dem Thema seit Längerem in Deutschland beschäftigt, nannte ihren Report darüber: »Gemeingüter – Wohlstand durch teilen«, könnte dies ein Schlüssel zur Neugestaltung von Gesellschaften werden?

Mit 78 Jahren verstarb 2012 die wohl bekannteste Commonforscherin der Welt, Elinor Ostrom. Als erste Frau überhaupt erhielt sie den Wirtschafts-Nobelpreis 2009. Die Hoffnung, nun würde auch das Thema der Gemeingüter mehr in den Fokus der Medien und Öffentlichkeit rücken und sich etablieren, war wohl zu positiv gedacht. Die Idee jedoch hat an Aktualität nichts verloren, gerade als mögliche Antwort bei den sich permanent zuspitzenden ökologischen wie ökonomischen Krisen, die wir tagtäglich erleben müssen.

Doch was sind Gemeingüter?

Ich bediene mich hier der Auflistung der Heinrich-Böll-Stiftung, die sie in vier verschiedene Kategorien einteilt: Natur, Soziales, Kultur, Digitaler Raum!

In der Natur sind alle Menschen auf Wasser, Wälder, Boden, Fischgründe, Artenvielfalt, Landschaft, Luft, Atmosphäre mitsamt den damit verbundenen Lebensprozessen angewiesen. Jeder Mensch hat einen Anspruch auf Teilhabe an den Naturgütern, unabhängig vom Privateigentum an ihnen.

Im Sozialen sind Plätze, Parks und öffentliche Gärten, Feierabend, Sonntag und Ferien, aber auch Mitfahrgelegenheiten, digitale Netze oder Sport- und Freizeittreffs eine Voraussetzung dafür, dass Sozialbeziehungen florieren können. Wir alle profitieren von Räumen und Zeiten, die ungerichtete und unprogrammierte Begegnungen ermöglichen.

Soziale Gemeingüter können vielfach von den betroffenen Gemeinschaften und Bürgerinitiativen selber gepflegt werden. Sie reichen aber auch in den öffentlichen Bereich hinein, in dem die öffentliche Daseinsvorsorge eine wichtige Rolle spielt. Sollen komplexe Leistungen wie Gesundheitsversorgung, Mitbestimmung und ein stabiles Finanzsystem für alle gesichert werden, sind innovative Herangehensweisen jenseits von Markt und Staat erforderlich.

In der Kultur liegt es auf der Hand, dass Sprache, Erinnerung, Gebräuche und Wissen für jegliche materielle und nicht-materielle Hervorbringung unabdingbar sind. So, wie wir natürliche Gemeingüter für das Überleben brauchen, sind kulturelle Gemeingüter notwendig für unser kreatives Tun. Letztlich stützen wir uns in Geist und Geschick auf die Vorleistungen zurückliegender Generationen. In gleicher Weise müssen die Leistungen der Gegenwart an kommende Generationen frei zugänglich weitergegeben werden.

Im digitalen Raum funktionieren Produktion und Austausch umso besser, je weniger der Zugang zu den Objekten und Datenbeständen behindert wird. Für die Navigation in der virtuellen Welt und für eine kreative kulturelle Entwicklung ist es unabdingbar, dass Software-Codes sowie der Reichtum der hochgeladenen Texte, Töne, Bilder und Filme nicht hinter Eigentumsansprüchen verschlossen werden.

Obwohl es nach der Einteilung so aussieht, als könnte man die Gemeingüter klar bestimmen, stellt sich jedoch sehr oft die Frage, wo bestimmte Dinge Privateigentum sind, öffentliches Gut oder Naturgut, das für alle zur Verfügung stehen muss (Luft, Wasser). Aber es sind inzwischen auch Entwicklungen von Einzelnen oder einer Gruppe zum Standard geworden, so dass sie selbst zum Gemeingut geworden sind. Gerade im Bereich Internet würde man heute ohne HTML oder http nicht mehr weit kommen. Beispiele, wo Entwickler bewusst ein Gemeingut aufbauen wollten, sieht man bei Linux oder der freien Software für alle. Dies sollte eigentlich auch für den Zugriff auf Wissen in der Physik, Chemie, Medizin usw. gelten sowie bei der Entstehung von Sprache. Dies sind Prozesse, die sich in permanenter Weiterentwicklung befinden und letztlich eine Gemeinschaftsleistung darstellen, seit vielen Jahrhunderten schon.

Auch bei den öffentlichen Gütern muss differenziert werden, und dafür braucht es staatliche Institutionen, die Entscheidungen treffen, sei es über Straßen, Energieversorgung, Sicherheit usw. und deren Bereitstellung für das Wohl aller Menschen im Land durchsetzen. Bei globalen Gemeingütern wie der Weltmeere, Nutzung von Fischen, Wäldern, Böden, Quellen und Luft müssen Staaten untereinander Vereinbarung treffen, die das Überleben aller sichert. Gerade bei begrenzten Gemeingütern ist es wichtig, dass der Zugang gewährleistet bleibt und dies geht nur über eine gerechte und nachhaltige Verteilung. Dies zu organisieren und zu verwalten könnte die große Herausforderung von Regierungen werden. Wenn man die Gemeingüter allein dem Markt überlässt, werden sie schonungslos ausgeplündert, wie man bei der Abholzung der Regenwälder, das Leerfischen der Weltmeere und deren Verschmutzung oder den Patenten auf Saatgut und vieles mehr jeden Tag mit Zorn und Erschrecken vor Augen geführt bekommt.

Gemeingüter sind separiert zu betrachten, sie stellen eine Ergänzung zu den Märkten und den Leistungen des Staates dar. Sie sichern den Zugang zu überlebenswichtigen Ressourcen, und somit gewährleisten sie das Überleben jedes Einzelnen, unabhängig seiner finanziellen Möglichkeiten. Dabei sind nicht nur Essen und Trinken gemeint, sondern auch die kulturelle Teilhabe. So wie Kinderspielplätze für alle offen stehen sollten, gilt das auch für Plätze, Parks und Möglichkeiten des geselligen Beisammenseins. Gemeingüter sollen dazu dienen, Menschen in Würde leben zu lassen.

Doch wie entstehen Gemeingüter?

Voraussetzung ist immer ein gemeinsames Handeln von Menschen, und man spricht von drei Grundbausteinen die zusammenkommen müssen.

Der erste Baustein sind die Ressourcen, die genutzt werden sollen, das Fundament sozusagen. Der zweite Baustein sind die, die diese Ressourcen nutzen wollen. Also Menschen, die vom Fluß Wasser brauchen, um ihre Felder zu bewässern oder ein Schreibprogramm, um ein Buch zu schreiben oder vorhandenes Wissen für den Bau eines Hauses. Diese Communities, also Menschen die gemeinsam auf eine Ressource zurückgreifen, also sie nutzen wollen, machen die Ressource erst zu einem Gemeingut. und alle benötigen ein Stück für ihr eigenes Tun. Deshalb müssen sie sich verständigen (commoning), und dafür bedarf es Regeln.

Der dritte Baustein ist somit regulativ. Hier wird der Umgang mit den Gemeingütern festgelegt und Regeln und Normen bestimmt. Diese Rechte bestimmen die Nutzergemeinschaften weitestgehend selbst, falls sie nicht andere einschränken oder betreffen (Wasserquellen, Abholzung, Fischerei…). Bei den Ressourcen muss man jedoch auf einen Punkt hinweisen, der sehr wichtig ist.

Rivale und nicht rivale Ressourcen

Es gibt Ressourcen, die werden durch meine Nutzung weniger und andere werden mehr. Wenn ich zum Beispiel Wasser trinke, dann ist dieses weg. Ich habe es verbraucht, dir bleibt somit weniger verfügbar. Dadurch stehen wir in einem rivalisierenden Verhältnis zueinander, denn es steht nur eine begrenzte Menge zu Verfügung. Deshalb auch rivale Ressource. Wenn ich Dir jedoch Wissen vermittele oder dich von einer Idee begeistern will, so kannst du diese weiter tragen, denn sie wird mehr, wenn wir sie teilen. Dies wäre eine nicht rivale Ressource. Daher ist es auch ganz wichtig, zwischen Ressourcen zu unterscheiden, die mehr werden durchs Teilen oder eben weniger. Es liegt auf der Hand, dass für sie komplett andere Regelungen getroffen werden müssen.

Heute haben wir das Problem, dass für rivale und nicht rivale Ressourcen zumeist die gleichen Maßstäbe angesetzt werden. Überspitzt gedacht hieße das, wenn jemand den 4/4 Takt patentiert und nicht herausrückt, gäbe es die meiste Musik nicht mehr. Dass dies nicht geschehen ist, ließ Musikstile entstehen von Heavy über Schlager bis Techno, die alle auf den gleichen Takt basieren. Patente verhindern zu oft eine kreative Weiterentwicklung, obwohl sie eigentlich eine nicht rivale Ressource schützen, die sich ohne Patent noch in ganz andere Richtungen hätte entwickeln können. Doch genau so ähnlich läuft es ab, die Patente für Aidsmedikamente zum Beispiel, werden afrikanischen Staaten verweigert, obwohl die Eigenherstellung kein Problem wäre. Hier geht es einzig und allein um Eigentumsansprüche, und man lässt lieber Menschen sterben, anstatt von einer abstrusen Wertevorstellung abzulassen. Man darf sich die Frage stellen, ob Medikamente überhaupt Privateigentum sein dürften.

Die Heinrich-Böll-Stiftung schreibt dazu: »Ein nachhaltiger, fairer und kreativer Umgang mit Gemeingütern entscheidet sich nicht allein an der Frage der Eigentumsrechte. Entscheidend ist, von wem und wie Eigentumsrechte, vor allem Zugangs- und Nutzungsrechte, konkret ausgestaltet werden. Wer definiert die Spielregeln? Wer definiert diese Regeln so, dass sie Fairness und Verantwortung aus sich selbst heraus erzeugen? Wer kontrolliert ihre Einhaltung? Was sind die Bedingungen dafür, dass Gemeingüter auch morgen noch in Fülle zur Verfügung stehen? Ein Patentrezept gibt es nicht, doch es gibt Grundsätze, die ein Leben tragen, in dem Gemeingüter gedeihen. Ein einfacher Grundsatz leitet sich aus unseren Nutzungsrechten ab.«

Exklusive, andere vollkommen ausschließende private Eigentumsrechte an Gemeingütern darf es nicht geben.

Den Zugriff auf Gemeingüter sieht man in allen Bereichen, obwohl schon Immanuel Kant wusste: »Alle Menschen sind ursprünglich […] im rechtmäßigen Besitz des Bodens, […] sie haben ein Recht, da zu sein, wohin sie die Natur […] gesetzt hat. Dieser Besitz […] ist gemeinsamer Besitz, wegen der Einheit aller Plätze auf der Erdfläche, als Kugelfläche […].«

Dennoch kaufen reiche Industriestaaten und Multinationale Konzerne weltweit Ländereien auf von zumeist »schwächeren« Staaten, um die Versorgung der eigenen Bevölkerung und/oder den eigenen Profit zu sichern. Dabei werden die Bedürfnisse der dort ansässigen Menschen nicht oder in geringem Maße in die Überlegungen mit einbezogen. Das gleiche gilt auch für das Leerfischen der afrikanischen Küstengewässer von europäischen und internationalen Fangflotten, die mittlerweile die Existenz der Menschen, die vom Fischfang leben, massiv bedroht. Diese Liste ließe sich spielend weiterführen.

Eine Eigenschaft von Gemeingütern ist deshalb auch, dass sie nicht nur einer Generation zur Verfügung stehen, sondern auch in die Zukunft weitergegeben werden müssen, sprich, unsere Kinder besitzen die gleichen Rechte an ihnen. Eine Verschwendung, wie sie die letzten hundert Jahre stattgefunden hat und immer noch stattfindet, ist nur dem Umstand geschuldet, dass wir sie der Macht des Stärkeren unterworfen haben, ohne uns dabei die Konsequenzen bewusst zu machen. Deshalb ist ganz wichtig, dass Staat oder private Akteure nur (vorübergehende) Treuhänder oder Sachverwalter der Gemeingüter sein können. Allein der Gesellschaft obliegt die Gestaltung, die sie transparent und im Interesse der Allgemeinheit durchführen muss.

Aber auch in anderen Bereichen kann man beobachten, wie schwer es ist, Gemeingüter gesellschaftlichen Kräften zurückzugeben. Die Prinzessinnengärten am Moritzplatz sind von der Räumung bedroht, das Tempelhofer Feld für die Teilbebauung freigegeben. Andere Beispiele wie die immer öfter zu sehende Begrünung von Straßenrandstreifen in Eigenregie sind dagegen ein gutes Zeichen, dass Menschen ihr Recht auf Selbstgestaltung ihres Lebensraums wahrnehmen. Ein anderer Punkt ist die allgegenwärtige Werbung in der Stadt an jeder sich bietenden freien Fläche. Wer hat ihnen das Recht gegeben, Flächen, die für die Allgemeinheit zur Verfügung stehen, mit privatem Werbeterror einzukleistern, den wir letztendlich noch bezahlen müssen. Eine Givebox, in der man Dinge, die man nicht mehr brauchte, als Geschenk der Allgemeinheit zur Verfügung stellte, wie z. B. in der Falkensteinstraße, wurde vom Ordnungsamt abgerissen.

Man kann unschwer erkennen, wie breit gefächert die Problematiken und Chancen der Gemeingüter sein können und welche unterschiedlichen Größenordnungen sie einnehmen. Auch wenn dies nur ein kleiner Einblick sein konnte, sollte eins dabei hängen bleiben: Du bist gefragt, das Leben zu verändern, denn die Commons-Bewegung setzt auf die Beteiligung aller, um eine bessere, gerechtere und dem Leben zugewandte Veränderung der Gesellschaft herbeizuführen. Wie sie letztendlich aussehen könnte, werden wir nur gemeinsam bestimmen; doch der erste Schritt, der darin besteht, seine Denkmuster zu überprüfen und zu verändern, um seiner eigenen Kreativität wieder mehr Raum zu schenken und zu beobachten, wie es einem damit geht, könnte schon der entscheidende Schritt gewesen sein.

Geschrieben von bookfield




Tresentest – PIG7, Motorradwerkstatt auf Kreuzbergisch

Der Frühling kam auch in diesem Jahr wieder einmal überraschend, wie immer – wenn auch ein wenig spät. Und da waren sie wieder, meine drei Probleme: Keine Bikinifigur, Fahrrad nicht fit und auch das Motorrad stand den ganzen Winter nur in der Garage. Nichts von dem, was ich mir im Herbst vorgenommen hatte, konnte ich in der fiesen, dunklen Jahreszeit umsetzen. Also musste ich mir schnell Hilfe suchen, sonst ist der Sommer vorbei, ehe er begonnen hat.

Ok, bei der Bikinifigur und dem inneren Schweinehund kann mir nicht wirklich jemand helfen. Das Fahrrad bekomme ich mit ein bisschen Zeit und Schmiere alleine hin. Aber bei einigen Arbeiten an meinem zugegebenermaßen alten, dennoch sehr schönen Motorrad benötigte ich wirklich Hilfe und eine kompetente, gut ausgerüstete Werkstatt.

Bei meiner Suche stieß ich auf eine Mopedbude nicht all zu weit entfernt, in der Nähe des Mariannenplatz, die neben anderen Klassikern auch auf meinen Motorrad-typ spezialisiert ist. Dem wollte ich mal auf den Zahn fühlen. Also, den Kater gestiefelt und auf Schusters Rappen den Weg angetreten. Es war wirklich nicht weit, quer über den Mariannenplatz, vorbei an der Wagenburg, den Betaniendamm überquert und schon war ich in der Melchiorstr. 7.

Schon von außen weisen ein Leuchtschild und ein großes Graffiti »PIG 7« an der Hauswand auf eine Toreinfahrt in einem äußerlich wie ein Wohnhaus wirkenden Gebäude hin. Wirft man einen Blick hindurch, sieht man auf dem grünen Hof eine Remise mit überdachtem Vorplatz und vielen, mehr oder weniger gepflegten Oldtimer-Motorrädern davor. Zwischendrin findet sich auch immer mal wieder ein neueres Modell. Typenoffen also… Gerade zu gewährte mir ein großes, geöffnetes Holztor den Blick in eine Werkstatt mit mehreren, von Zweirädern besetzten Hebebühnen.

Sofort dachte ich: »Hier bin ich richtig«. Und ich sollte mich nicht täuschen. Aus der Werkstatt kam mir »Micha«, Michael Renzel, der Inhaber entgegen. Außer ihm war noch ein Azubi in anwesend, der grade am Kabelbaum eines Mopeds werkelte. Nach einem kurzen Smalltalk entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch. Hierbei erfuhr ich einiges über die fast 15-jährige Firmengeschichte, über Michas Leidenschaft für klassische Zweizylinder und darüber, dass er auch Händler für Enfield-Motorräder aus Indien und Ural-Gespanne aus Russland ist. Beides Motorräder, die zwar neu, aber in sehr klassischem Look daher kommen. In unserem Gespräch konnte ich auch feststellen, dass der Mann über großes Knowhow, technischen Sachverstand und ein ausgezeichnetes Feeling für Motorräder verfügt. Außerdem ist Micha Spezialist für Triumph und Yamaha XS650, SR/XT500. Und damit waren wir beim Thema.

Meine Maschine vertraue ich nämlich nicht jedem an. Dafür habe ich schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem lege ich auch gern selbst Hand an. Aber hier hatte ich von Anfang an Vertrauen. Einige Tage später, Micha hatte sich wegen des Frühjahrsansturms etwas Zeit ausgebeten, brachte ich mein Motorrad vorbei. Wir besprachen, was zu tun sein und er machte mir einen wirklich fairen Preis für die vereinbarten Arbeiten. Einen Tag vor dem Abholtermin erhielt ich sogar noch einen Anruf von Micha, der mich darauf hinwies, dass mein TÜV abgelaufen sei und mich fragte, ob er sich darum auch kümmern solle. Dankbar bejahte ich. Wann kuckt man schon mal auf sein eigenes Nummernschild? Hängt ja da, wo es immer hängt…

Beim Abholen betrat ich zum ersten Mal das Büro. Rustikal, kein Schischi, ein alter Schreibtisch, ein Glastresen und Regale angefüllt mit chromglänzenden Ersatzteilen, Ausstellungsmotoren und einigen Fanartikeln für Freunde der klassischen Motorradszene. Ein Mann ein Wort, der veranschlagte Preis hatte sich nur um die TÜV-Gebühr verändert. Keine Abzocke also, alles ok.

Als ich mein Motorrad aus der Werkstatt schob, fiel mir noch ein altes Rennrad mit Bahnlenker auf, das an der Decke hing. Wie ich herausfand, ist Micha, wie ich auch, ein ambitionierter Radfahrer. Mit diesem Rad, sagte er, fährt er den Velothon. Ansonsten sei er Mountainbiker, wofür er in seinen Ferien gern mal in die Mittelgebirge oder die Alpen fährt. Deshalb handelt er neben der Motorradschiene auch noch mit extrem hochwertigen MTB-Rahmen der Firma Liteville. Leider nicht meine Preisklasse.

Alles in allem war ich sehr zufrieden mit meinem Werkstattbesuch. Arbeit, Preis und auch der persönliche, beinahe familiäre Kontakt haben gestimmt. Als Skeptiker mag ich es sehr, wenn ich auch mit demjenigen reden kann, der sich hinterher um mein Motorrad kümmert. Von meiner Warte aus kann ich den Laden wärmstens empfehlen. Aber macht euch am Besten selbst ein Bild.

PIG 7 – Typenoffene Motorradwerkstatt

Melchiorstraße 7, 10179 Berlin

Tel. 030-279 16 38

Web: www.pig7.de

 

Geschrieben von kersten




Leergefischt oder kein Fisch für Käpt´n Iglo

Wer am Strand sitzt und in die schier endlosen Weiten der Meere und Ozeane schaut, würde nicht vermuten, dass solch eine Größe in Gefahr sein kann. Die Dimension scheint für uns Menschen zu riesig und doch wird unter der Oberfläche ein erbarmungsloser Kampf geführt. Weit weg von den Küsten betreiben die Menschen Raubbau an den Lebewesen die das Meer beherbergt in einem Ausmaß, dass sie keine Chance mehr haben sich zu regenerieren.

Wir müssen uns mit einem Fakt auseinandersetzten, dass wenn in der gleichen Intensität weiter gefischt wird, die Bestände weltweit Mitte dieses Jahrhunderts kollabiert sein werden. Dies ist kein Horrorszenario, sondern die logische Auswertung der empirischen Daten, wie sie von allen Experten unisono bestätigt werden. Der Streit, der zu Zeit noch besteht ist, ob schon 70 Prozent oder schon 90 Prozent verbraucht wurden. Am klaren Trend jedoch, gibt es keine zwei Meinungen. Wer immer noch fragt, wo all die Fische hin sind, dem kann man einfach zurufen, WIR HABEN SIE GEGESSEN! Doch wie in vielen anderen Bereichen auch, wird trotz aller Warnungen weitergemacht und der Kampf um die Anteile an den letzten Beständen ist in vollem Gange. Wir werden uns darauf einstellen müssen, Fisch als Nahrungsquelle zu verlieren. Wir sind an einem Punkt gekommen, an dem die nachwachsenden „Rohstoffe“ eben nicht mehr nachwachsen können, da wir bei weitem mehr verbrauchen und den Populationen keine Möglichkeiten mehr geben, sich zu stabilisieren, geschweige denn zu regenerieren. Die Weltflotte könnte die Menge an Fisch, um das vierfache überfischen. Haben wir wirklich gedacht, wir könnten ewig so weiter machen und alle Lebewesen aus dem Meer endlos im Übermaß nutzen? Uns wird nun die Erkenntnis aufgezwungen, dass die Meere nicht unerschöpflich sind. Die Folgen unseres Handelns rücken somit greifbar an uns heran und sind nur noch einen Steinwurf von der eigenen Gegenwart entfernt. Die Kinder die wir heute im Sandkasten sitzen sehen, dürfen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tod der Weltmeere am eigenen Leib erleben und vielleicht fragen sie ihre Eltern: „WARUM habt ihr nichts getan?“ Trotz diesem Wissen steuern wir weiterhin unbeeindruckt in das ozeanische Desaster. Die Menschheit führt Krieg, der Gegner ist die Erde mit all ihren Lebewesen und es gibt keinen Zweifel, dass wir ihm meilenweit überlegen sind. Mit unbeschreiblicher Brutalität, beuten wir unseren Planeten aus und zerstören Leben, ob Tiere oder Pflanzen, ohne die Folgen und die Dimension wirklich zu begreifen. Die Weltmeere, die Wiege allen Lebens mit all ihrer Vielfältigkeit, Schönheit und ihrem schier unermesslichen Reichtum an Arten scheint dem Tode geweiht, wenn wir nicht schleunigst den Fakten Tribut zollen. Der Weltraum ist besser erforscht als die Tiefsee, doch noch bevor wir wissen was sie in sich beherbergt, werden wir sie zerstört haben, ohne nur die geringste Ahnung zu haben, welche Folgen dies nach sich zieht.

Der Fokus liegt in diesem Artikel auf dem Fischfang, vergessen sollte wir jedoch nicht, dass parallel die Meere als Müllkippe genutzt werden, allein der Plastikmüllberg im Pazifischen Ozeanstrudel, einer der fünf großen zirkulierenden Meeresströmungen, ist auf die Größe von Mitteleuropa angewachsen, mit einem Gewicht von zirka drei Millionen Tonnen und übertrifft die Menge des Planktons um das sechsfache, Tendenz steigend. Nebenbei wird Giftmüll verklappt und durch austretendem Öl aus Plattformen und Tankerunglücken ( zwischen 1963-1996 allein 686 Tanker) zusätzlich verseucht. Allein in der Nordsee stehen über 900 Öl-, Gas- und Versorgungsplattformen die den Meeresboden auf einer Fläche in der Größe vom Saarland in schwarze Schlammwüsten verwandelt haben (Quelle: Greenpeace). Die Weltmeere werden mit Sonar beschallt (mit bis zu 220 db, um dies einordnen zu können, 110 db ist die absolute Schmerzgrenze beim Menschen, ein Anstieg um 10 db heißt jedes Mal eine Verdoppelung der Lautstärke, sprich bis 220 db hat sich der Wert der Schmerzgrenze elf Mal mal hintereinander verdoppelt). Das nicht mehr Wale und Delphine mit blutigen Gehörgängen an die Küsten gespült werden, verwundert, aber vielleicht sinken sie einfach nur Tod auf den Meeresgrund. Laut Greenpeace überstieg die Radioaktivität des Meeresboden vor La Hague das 3900-fache des Normalwertes. Der Quecksilbergehalt im Walfleisch lag teilweise 5000-fach über dem Grenzwert. Hinzu kommen Chemikalien, speziell aus der Textil und Pharmaindustrie, diese greifen in die Genetik des Lebens ein und produzieren heute schon Multiresistente Viren und Bakterien und verändert die Fortpflanzung und Geschlechter, die Liste ließe sich endlos fortführen. Wir sollten uns zudem bewusst machen, dass der Klimawandel tiefe Einschnitte in unsere herkömmliche Nahrungsbeschaffungsstrukturen verursachen wird. Böden versanden oder werden weggespült. Nahrungsmittel werden während der Veränderung von Klimazonen knapp werden, nur das wir dann schon eine Resource, eine der kostbarsten Lebensmittelquellen der Erde, die als Puffer hätte dienen können verbraucht ist, freilebender Fisch!!!!

Die Leistungsfähigkeit unserer Fischerei, übertrifft bei weitem unsere Fähigkeit, uns zu beherrschen, so beschrieb ein Umweltexperte das Dilemma. Eine kleine Clique, die sich in multinationalen Konzernen und Politik tummelt entscheiden über ganze Ökosysteme. Diesen terroristischen Akt (wie soll man es anders nennen), wird von einer Minderheit umgesetzt und sie sind bereit das Welterbe aller Menschen, allein aus Profitinteressen zu vernichten. Ein Artensterben ungeahntem Ausmaßes rollt auf uns zu, fast unbemerkt, aber kontinuierlich und die Zentralen der Macht schweigen oder beteiligen sich daran. Zu selten dringen die Appelle der Forscher zu den Bevölkerungen durch. Unwissenheit wird gezielt als Waffe von den Regierungen eingesetzt und die Medien versagen, wie so oft unter dem Druck von Abhängigkeiten und Lobbyisten, selbst in Ländern wie Deutschland, die selbstherrlich von Pressefreiheit schwatzen.

Wenn wir im Urlaub, an den Küsten dieser Welt, in den kleinen Häfen herum schlendern und voller Romantik die bunten Fischerboote betrachten, bekommen wir leider einen falschen Eindruck, was sich draußen auf der offenen See wirklich abspielt. Industrielle Fangflotten, riesige Schiffsfabriken treiben nämlich dort, weit weg von störenden Blicken ihr Unwesen, um den erbarmungslosen Hunger der Menschen zu stillen und es geht um Geld, um sehr viel Geld. Ihre Waffen sind Netze, Hacken und modernste Technik, um auch den letzten Fisch noch zu orten. Damit diese Hightech Industrie besser verständlich wird und die Dimension dahinter begreifbarer, ein paar Beispiele. Die heute verwendeten Schleppnetze haben teilweise ein Ausmaß, dass bis zu 13 Jumbojets darin Platz finden können, ihnen entgeht nichts. Jedes Jahr werden bei der Langleinenfischerei 1.400.000.000 Hacken ausgeworfen, die Gesamtlänge könnte die Erde 550 mal umrunden. Grundschleppnetze durchpflügen Gebiete des Meeresbodens im wahrsten Sinne, denn es ist vergleichbar, wie wenn man an Land ein Feld sieben Mal umpflügen würde und jeder kann nun selbst erahnen was auf einem Feld wächst, was sieben Mal umgepflügt wurde, NICHTS! Zurück bleibt ein Schlachtfeld aus Pflanzenteilen, zerstörte Korallen usw. Es gibt Regionen im Meer, die auf den Entwicklungsstand von vor 5000 Jahren zurück katapultiert wurden.

Pro Jahr werden ungefähr 150 Millionen Tonnen Fisch „erzeugt“, durch Fischfang und Aquakulturen, davon sind 110 Millionen Tonnen für den Menschlichen Verzehr bestimmt. Dies ist jedoch nur der Anteil der an Land gebrachten Fische. Ein großes Problem besteht jedoch zusätzlich, durch den Beifang, der noch auf offener See Tod ins Meer zurück geschmissen wird. Genaue Zahlen gibt es darüber leider nicht und ist auch Regional unterschiedlich. In der Nordsee bewegt er sich laut Schätzungen der EU zwischen 40-60 Prozent des Fanges. Greenpeace verdeutlichte dieses anhand von Beispielen anschaulich. Für ein Kilo Shrimp sterben bis zu zwanzig Kilo andere Meereslebewesen, bei der Seezunge kommen auf ein Kilo, um die sechs Kilo Beifang. Es gibt Regionen da liegt er sogar bei 70-85 Prozent des Fanges. Es werden zudem Fische über Bord geschmissen, die nicht den gewünschten Preis bringen, um so schon auf hoher See Platz zu schaffen, für Arten die lukrativer für den Verkauf sind. Das ist mutwilliger, gedankenloser Mord an Lebewesen Der Beifang ist auch für die zahlreichen Zahnwalarten ein Problem, wie Tümmler, Schweinswale oder Delfine. Der WWF erklärt in einer Studie, dass heute bis zu 86 Prozent der 72 Zahnwalarten bedroht sind. Obwohl sie von der kommerziellen Jagt geschützt sind, verenden jährlich mehr als 300.000 Kleinwale in den Fischernetzen dieser Welt. Schon 2003 wurden jegliche Arten von Fischen und Meerestieren, die für den Verzehr durch den Menschen bestimmt waren, einem kollabierten Status zugeordnet.

Aber auch die Aquakulturen sind keine Alternativen, denn dort werden in der Regel Raubfische (z.B. Lachs) gezüchtet. Somit Fische, die in der Nahrungskette weit oben stehen. Dies hat zur Folge, dass inzwischen selbst die kleinen Fische Ziel der Fischereiflotten geworden sind, um als Futtermittel für die Zucht zu dienen. Für diese Art der Züchtung werden mehr Fische verbraucht, als sie als Nahrung wieder hergeben z.B. benötigt man für ein Kilo Lachs, fünf Kilo Sardellen. Mal abgesehen davon, dass Sardellen für den Menschen gesünder sind als Lachs. Würde man dieses Modell auf das Festland übertragen, würden Tigerfarmen aufgebaut werden, für die man den Bestand an Rehen in den Wäldern wegfängt. Der Hunger der Aquakulturen ist ungebrochen und Südamerika ist einer der größten Hersteller von Fischmehl als Futtermittel. Für die Produktion von einer Tonne Fischmehl werden 4,5 Tonnen Sardinen verbraucht. Es werden sechs Millionen Tonnen Fischmehl pro Jahr weltweit umgesetzt, davon allein produziert Peru 1,5 Millionen Tonnen für den Export. Die Abfälle die bei der Verarbeitung anfallen werden einfach ins Meer zurück gepumpt, es gibt in Peru Regionen bei der sich diese Abfälle in einer Höhe von zwei bis acht Metern als Schlamm in den Buchten angesammelt haben und die komplette Flora und Fauna zerstören. Nur ein paar Monate, wenn die großen Sardinenschwärme an den Küsten Südamerikas vorbeiziehen laufen die Fabriken auf Hochtouren und die Fangflotte nehmen sich was sie kriegen. Doch die kleinen Fische fehlen in der Nahrungskette anderer Tiere. Vögel und Seelöwen, obwohl sie weiter südlich in Schutzgebieten leben und angewiesen sind auf diese Nahrungsquelle gehen immer öfter auf Jagt leer aus. Welche Folgen und Massensterben dies zur Folge haben könnte, werden wir in Zukunft beobachten können.

Auf die erschreckenden Zahlen, müssen nun langsam Handlungen folgen. Beispiele wie in Neufundland, einmal eines der reichsten Kabeljaugebiete, die so massiv überfischt wurden, dass 1992 ein komplettes Fangverbot ausgesprochen wurde und mehr als 4.000 Fischer über Nacht arbeitslos gemacht hat, sollten zum Nachdenken anregen. Zumal der Bestand bis heute, mehr als zwanzig Jahre später, sich immer noch in einem katastrophalen Zustand befindet und es keine Anzeichen der Erholung gibt. Die alten Seefahrermythen, dass man auf dem Kabeljau über das Meer laufen konnte, werden nur noch als Legende weiterleben müssen.

Der blaue Thunfisch scheint der nächste in der Reihe. Für sein exzellentes Fleisch wird er geliebt und zu Höchstpreisen verkauft. Letztes Jahr wurde ein Exemplar für 400.000 US-Dollar verkauft, wie kann er da eine Chance haben. Fischfangexperten schlagen eine Fangmenge von 15.000 Tonnen für den blauen Thun vor, um den Kollaps zu vermeiden, um die Population langsam wieder aufzubauen dürften nicht mehr als 10.000 Tonnen gefangen werden. Jetzt schon sind die Fangmengen um 80 Prozent zurückgegangen und dennoch beschließen die EU Minister Fangquoten von 29.500 Tonnen, also doppelt soviel um den Kollaps zu vermeiden. Wenn man dann noch bedenkt, dass ungefähr 60.000 Tonnen illegal gefischt werden, scheint der Exodus die logische Konsequenz. Wie Kapitalismus auf solche Szenarien reagiert sieht man auch gut bei Mitsubishi. Sie kaufen den blauen Thun im großen Stil aus Atlantik und Mittelmeer auf, bis zu 60 Prozent des gefangenen Bestandes und frieren ihn ein. Schon jetzt besitzen sie geschätzte 60.000 Tonnen und warten wahrscheinlich auf die Ausrottung, um ihn dann zu Höchstpreisen zu verkaufen, so was nennt man wohl eine gute Investition.

Die westlichen Industriestaaten sind gefordert, Sie sind es, die die Fangrechte bei den meist korrupten ärmeren Länder erwerben, wie in Westafrika und anderswo und zerstören damit die traditionelle Fischerei, die keine Hoffnung mehr hat zu bestehen und immer mehr Afrikaner daher ihr erzwungenes „Glück“ in Europa suchen. Für über eine Milliarde Menschen ist Fisch der Hauptbestandteil der Nahrung und wir fressen ihnen ihre Lebensgrundlage weg. Wir sind Teil der Hauptverursacher der Katastrophe, somit liegt es an uns wie die Erde sich entwickeln soll. Ohne Druck auf die Politik wird nichts geschehen. Es gibt 4.000 Meeresreservate die jedoch nur 0,6 Prozent der Weltmeere ausmachen, der Rest darf überfischt werden. Es werden weltweit 15 -30 Milliarden US-Dollar für Subventionen ausgegeben, doch wird damit nur die Ausrottung der Fische finanziert. Fachleute haben errechnet, wie teuer eine Weltweite Überwachung der Fangflotten kosten würde, es wäre genau der Betrag der Subventionen. Es gibt somit kein Argument fürs Nichthandeln.

Verschiedenste Modelle für nachhaltige Fischerei liegen auf den Tisch, um die Vielfalt der Arten zu erhalten. Selbst für die Aquakulturen auf See gibt es Alternativen, wie z.b. in Holland bei denen Firmen mit Süßwasserfischen arbeiten. Die Sorte heißt Claresse und benötigt ca. 700 Gramm Nahrung für ein Kilo Fisch. Sie ist ein Allesfresser und verträgt sogar pflanzliche Nahrung. Bei diesem Modell wird mehr Fisch produziert als verbraucht, im Gegensatz zu den herkömmlichen Aquakulturen. Auch andere Initiativen gibt es. Umweltgruppen in Südamerika, versuchen Sardellen zum Speisefisch zu machen, anstatt ihn als Futtermittel zu verschwenden. Überall regt sich Widerstand, nur allein ohne den Einfluss von Regierungen wird es nicht zu schaffen sein oder erst dann die Erkenntnis greifen, wenn die Trümmer unseres Handelns vor uns liegen. Terroristen in Nadelstreifenanzug bestimmen die Geschicke der Welt, sie geben einen Dreck auf die Bedürfnisse der Menschen und Tiere, uns bleibt entweder die Hingabe an den Untergang oder wir raffen uns auf, zum entschlossenen Handeln dagegen. Du allein wirst dich entscheiden müssen, schau auf deinen Teller und denk nach.

http://gloria.tv/?media=234337

http://www.youtube.com/watch?v=okvINFn25bU

http://www.greenfacts.org/de/fischerei/index.htm

http://www.ecomare.nl/de/ecomare-encyclopedie/mensch-und-umwelt/rohstoffgewinnung-nordsee/foerderung-v-bodenschaetzen/foerderplatformen/

Geschrieben von bookfield




Donauklänge kommen aus dem Fenster von Wrangelfilm – Träumen erlaubt.

»Who is satisfied? Who wouldn’t sell his mind? Who is satisfied? Who wouldn’t sell his mind? Who can really say?« (aus dem Lied »It’s a bit of a pain« von der Krautrockband Faust). Ben ist zwar zufrieden, aber seine Seele verkaufte er für seinen Lebensunterhalt nicht nur einmal. Zuletzt auf einer Messe, als Schaf. Und wofür das alles? Für die Erfüllung eines Kindheitstraumes. So kitschig, wie das klingt, war die Wirklichkeit des Traumes dann nicht. Ben Mergelsberg, einer dieser vielen Filmemacher Berlins, ist in der Nähe der Donauquelle geboren und träumte in jungen Jahren nicht wie andere Jungs ein Fußballstar zu werden, sondern das Ende der Donau zu sehen. Die Waldorferziehung hat sich ausgezahlt. Zusammen mit Musikern und anderen Künstlern ging es also mit voll gepackten Autos zunächst nach Süddeutschland, um von dort sich auf den Weg zum Schwarzen Meer zu machen. Im Donautal trafen sie auf Jochen Irmler von Faust in seinem gleichnamigen Studio. Der hatte zwar »kein Bock sein Keyboard aufzubauen«, aber dafür konnten die Reisenden in seinem Studio jammen. Basti am Kontrabass, Raphi am Schlagzeug, Maschume Percussion während Lotti eine kleine Feuershow zeigte. Die Rolle von Ben, dem nicht mehr ganz kleinen Jungen: An der Kamera mit Hilfe von Sam, einem Neuseeländer stehen. Später fanden sie sich in Radiosendern in Ungarn, betrunken auf einer Hochzeit und serbischen Dörfern wieder. Die Gegensätze waren es, die Basti in Serbien beeindruckt haben: »Auf der einen Seite vom Krieg zerfallene Häuser und dann die fruchtbare Natur. Dies sorgte für eine spezielle Atmosphäre zwischen abgefuckt und wunderschön.« Am Ziel, dem Schwarzen Meer, angekommen waren alle müde und genervt von den Lkw´s, die voll beladen mit Scheiße an ihnen vorbei fuhren. Letztendlich war nur der Neuseeländer im Wasser, die anderen standen mit Bier an den Autos und starrten irritiert auf einen Strand voll mit unzähligen nackten Leuten in einer Kulisse von industriellen Schornsteinen. Der ganze Weg wurde mit einer Kamera begleitet. Auch andere Musiker hatten Lust zu spielen und so ist Bens Computer in der Wrangelstraße nun voll mit schönen Klängen und Bildern, die im Februar als Film erscheinen sollen. Okay, ich muss mir jetzt keine gekonnte Überleitung überlegen, was an dieser Stelle üblicherweise kommt ist bekannt: »Wir wollen Deine Kohle!«. Das ihr wahrscheinlich auch nicht den Bausparvertrag mit 18 abgeschlossen habt und nun zu viel Geld habt, ist uns klar. Es geht auch beim Crowdfunding Prinzip (nicht zu verwechseln mit Krautrock) nicht ausschließlich darum Geld zu bekommen, sondern auch den Film bekannt zu machen und Wrangelfilm der Nachbarschaft vorzustellen. »Hallo das sind wir, ein Kollektiv von Filmemachern.«

Und Ben, warum sollte man euch unterstützen? »Eine dumme Frage!«. Er ist eben nicht immer anspruchslos, wie bei dem Schafjob, sondern liebt auch gehaltvolles, wie beispielsweise Dj Marcelle, über die er einen Film drehte. Ein anderer Film von Ben heißt: »Junge, komm bald wieder!« und ist eine Dokumentation über den Obdachlosen Peter aus Zehlendorf, den Graffiti aufregen und der sehr heimatverbunden ist.

Mit den Spenden (auf www.indiegogo.com/danubesounds zu überweisen) soll außerdem eine Website kreiert werden, wo man visuell an der Donau entlang scrollen kann und sich auf dieser Reise, Musik und Filmausschnitte ansehen und anhören kann.

Wie üblich für diese Art des Spendensammelns, bekommt man schon bei kleinen Beträgen Geschenke und zusätzlich unterstützt man den Kiez.

Für das Träumen! Für Gemeinschaft und Begegnung in Berlin und der Welt. Auch sonst völlig naiv und idealisierend.

Gastbericht von Clara




Rosa Filmtage – Filmtage-Nachlese aus Berliner Sicht: Jubel bei der filmArche

BERLIN/HOF – So sehr wie lange nicht, waren diesmal die Internationalen Hofer Filmtage – wichtiger Branchentreff in Sachen neuer deutscher Film, Kontaktbörse, Talentschmiede und erklärtes Lieblingsfestival von vielen Fachbesuchern und Normalos – von Berliner Filmemachern geprägt.

Besonders erfreulich aus Kreuzberger Sicht ist die Erfolgsstory von „Silent Youth“: ein erstklassiger Studenten-Abschlussfilm von Diemo Kemmesies, Absolvent der filmArche e.V., einer noch relativ jungen, selbstorganisierten und als Verein geführten privaten Filmschule in der Schlesischen Straße, die sich langsam aber sicher in der Berliner Filmszene etabliert und deshalb auch immer mehr Kooperationspartner und Unterstützer findet. „Silent Youth“ ist der zweite Spielfilm von Kemmesies. Trotz sehr schmalem Budget prominent besetzt mit Josef Mattes, dem charismatischen Sohn von Film-/Fernseh-/Theater-Ikone Eva Mattes, und dem nicht weniger charismatischen Martin Bruchmann (Newcomer aus Leipzig, Absolvent der Schauspielschule Felix Mendelsohn Bartholdy in Leipzig und heuer im Hauptcast der ARDBestsellerverfilmung „Der Turm“) in den Hauptrollen.

Insgesamt kommt der Film mit nur vier Schauspielern aus und lebt von intensiv und feinfühlig inszenierten kammerspielartigen Szenen. Alles dreht sich um das zufällige Kennenlernen und die langsame Annäherung zweier junger Männer in Berlin. „Es ist eine klassische Coming-Out- Geschichte, die sich aber für die Momente interessiert, die man schnell wieder vergessen will: Das erste Ansprechen, das Knarzen des Stuhls auf dem man voreinander sitzt und nicht weiß, was man sagen soll. Und das Schweigen. Silent Youth ist ein Film über das In-sich-eingesperrt-sein, aber vor allem ist es ein Film über die Liebe“, beschreibt das Kemmesies auf der Website zum Film http://www.milieufilm.com/index/DE/filme/silent_youth.html

In Hof lief der Film nicht nur auf dem Festival, sondern war sogar als einer von acht Langfilmen für “Millbrook Autorenpreis” nominiert. Den Preis bekam allerdings nicht Kemmensis, sondern ein österreichisches Regie-Team für den Senioren-Liebesfilm „Anfang 80“. Dafür geht „Silent-Youth“ auf Festival-Welttournee: Nach der Uraufführung in Valencia, einem Startplatz in Kiew und in Hof läuft der Film auf dem Q! Festival Jakarta/Indonesien, dem Pink Screens Festival Brüssel/Belgien und dem Torino Film-Festival in Italien und ist damit die bislang erfolgreichste filmArche-Produktion. Und inzwischen gibt es auch schon konkrete Perspektiven für die Auswertung im Kino!

Den Kinostart-Termin am 29. November in der Tasche hatte schon vor der Hof-Premiere das Drama „Am Himmel der Tag“, Spielfilmdebüt und gleichzeitig Abschlussfilm von Pola Schirin Beck (1982 in Berlin geboren, Regiestudium an derHFF „Konrad Wolf“ Potsdam Babelsberg, ein Kurzfilm von ihr lief bereits 2008 auf der Berlinale in der Sektion Perspektive Deutsches Kino) und einer der gefragtesten Filme des Festivals. Als erstes Filmprojekt, das der RBB mit seiner neuen Initiative für Kinofilme unterstützt, und mit der neuen Jung-Tatortkommissarin Aylin Tezel in der Hauptrolle (mit grade mal 28 Jahren ist sie seit diesem Jahr als jüngste Tatort-Ermittlerin in Dortmund im Einsatz) stand der Film bei den Festival-Besuchern und der Jury ganz hoch im Kurs: Juan Sarmiento und David J. Rauschning (beide ebenfalls HFF Potsdam) wurden für Kamera bzw. Schnitt von „Am Himmel der Tag“ mit dem wichtigen „Förderpreis Neues Deutsches Kino“ und dem dazu gehörigen Preisgeld von 10.000 Euro ausgezeichnet.

Ein Hingucker bei den Kurzfilmen war „You missed Sonja“ von Félix Koch, nach der Kurzgeschichte „Rest Stop“ von Stephen King in Potsdam-Babelsberg gedreht. Während der 21 Minuten Laufzeit steigert sich die Handlung vom alltäglichen Beziehungszoff zum absoluten Alptraum und endet noch bösartiger als das Original.

Mehrmals täglich Rosa

Special Guest der 46. Internationalen Hofer Filmtage war Rosa von Praunheim, Stamm- und Dauergast in Hof und dem Festival seit eh und je verbunden, wichtiger Vertreter des postmodernen Films, bis 2006 Professor für Filmregie an der HFF Potsdam-Babelsberg, „Schwulenpabst“ und Wegbereiter der Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland. Für sein Lebenswerk und im Vorfeld seines 70. Geburtstags wurde er geehrt und gefeiert. Diesen Umstand nahm wiederum der umtriebige Jubilar zum Anlass, sage und schreibe 70 (in Worten: siebzig!) neu gedrehte Filme mitzubringen, die alle exklusiv in Hof das erste Mal gezeigt werden sollten, gerade noch rechtzeitig vor der Free-TV- und Kino-Premiere zum runden Geburtstag Ende November. Wurden sie auch, wenn auch gekürzt, verteilt auf sämtliche Festivaltage und sämtliche Tageszeiten. Dazu kam dann noch in der Sektion Dokumentarfilme die Hommage der „Rosakinder“ Julia von Heinz, Chris Kraus, Axel Ranisch, Robert Thalheim und Tom Tykwer für ihren Lehrer, Freund und Mentor.

Interessant und sehenswert war das eigentlich alles. Allerdings war das XXL-Special in Hof mit der unangenehmen Nebenwirkung verbunden, dass die Startplätze für die anderen Bewerber etwas weniger wurden. Und so hatten zumindest ein paar Filmemacher deswegen das Nachsehen. Prozentual gesehen relativiert sich das zwar, nachdem von rund 3.000 Einreichungen bzw. in Frage kommenden Filmen ohnehin nur eine Auswahl von 181 Filmen gezeigt werden konnte, eigenhändig und gewissenhaft ausgewählt und alles selber angeschaut von Festivalleiter Heinz Badewitz. Trotzdem bleibt im Nachhinein ein etwas schaler rosa Nachgeschmack.

Wem Rosa gefällt, der kann die ganzen 70 Filme jetzt auch auf DVD erwerben oder in seinem neuesten Buch „Ein Penis stirbt immer zuletzt“ (mit 70 Gedichte, 70 Zeichnungen, 7 Kurzgeschichten – und zufällig ausgerechnet grade nur noch 7 Exemplare verfügbar …) schmökern. Und im Haus am Lützowplatz wird bis zum 17. Februar, also bis zum Beginn der Berliner Festspiele, die Ausstellung „Rosen haben Dornen“ gezeigt, mit Filmausschnitten, Fotografien, Zeichnungen und Installationen.

Geschrieben von Jutta Wunderlich

 




Kein Zwang zur Arbeit – Bedingungsloses Grundeinkommen – die Ausbeutungbremse!

Hat bestimmt jede/r schon mal gehört, man soll Geld für Nichts kriegen und dann gibt es nur noch Faulenzer und bezahlbar ist es eh nicht, Punkt! So oder so ähnlich wird das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) von vielen immer noch wahrgenommen. Das BGE hat es zwar inzwischen in die Primetime der öffentlich/rechtlichen geschafft, bleibt jedoch meist bei dem Niveau des ersten Satzes hängen. Warum eigentlich? Ich frage mich das, weil in allen Parteien inzwischen darüber gesprochen wird, gleichzeitig jedoch darauf geachtet wird, es nicht zu hoch kochen zu lassen. Dabei hat es in der Bevölkerung eigentlich eine höher Aufmerksamkeit verdient, denn es kann als ernsthafte Alternative zu unseren sozialen Systemen diskutiert werden. Es ist keine Spinnerei, es gibt ein Begriff den ich treffend finde von Prof. Peter Ulrich, es ist ein höherwertiges Organisationsmodell, es wäre töricht dem blind gegenüberzustehen, während parallel das derzeitige Modell, uns direkt um die Ohren fliegt. Sei es Hartz IV, die Beamtenbesoldung, Renten, Arbeitslosengeld, Kindergeld usw., nichts scheint mehr gegenfinanziert.

Das BGE ist eigentlich eine ganz einfache Idee, komplex wird nur die Umsetzung, weil die bestehenden Verhältnisse so ausufernd geworden sind und selbst fürs Fachpersonal nicht mehr begreifbar. Unser bestehendes System zu entbürokratisieren und umzuwandeln, gegen ein wesentlich einfacheres und transparenteres und ganz wichtig, eines ohne Bedingungen und Zwang, rüttelt an unseren indoktrinierten Wertevorstellungen. Zum anderen setzt es einen gesellschaftlichen Entschluss voraus, dass nach Einführung eines BGE, eine Zeit der Neuorientierung eintreten wird, deren Ende eben nicht genau vorhersagbar ist. Doch seit wann ist die Zukunft beherrschbar? Es gibt Berechnungen, die von 150 Behörden sprechen, die nach der Einführung des BGE sinnlos wären, was für eine Erleichterung und dies bei gleichzeitiger Absicherung der Bürger!

Das BGE könnte das Potenzial haben, eine gesellschaftliche Umgestaltung in Friedenszeiten herbeizuführen, die ich vergleichbar sehe, wie Umwälzungen nach kriegerischen Konflikten. Diesmal jedoch zum Positiven für die Gesellschaft. Es lenkt den Fokus wieder zum Menschen, dass wäre doch mal was neues. Der Markt wird gezwungen sich seinen Verbrauchern wieder anzunähern, anstatt permanent den Profit heilig zu sprechen und ohne auf deren Kollateralschäden zu achten. Das ist natürlich nicht das, was die Banken, Märkte und Politik wünschen, finanziell freie und emanzipierte Bürger. Das muss für sie eine Horrorvorstellung sein, denn selbst, dass wir dieses Thema überhaupt diskutieren, kommt für viele schon einen Angriff auf ihre Macht bzw. Stellung gleich.

Lohn oder Einkommen zu beziehen ohne vorher eine »Leistung« erbracht zu haben, scheint für die meisten eher eine abstruse Forderung zu sein. Doch um was geht es eigentlich, hat ein Staat nicht die Aufgabe für seine Bürger zu sorgen, ist er nicht die ausführende Hand des Volkes in einer Demokratie. Aktuell lassen sich die Vollvertreter von Lobbyisten lenken und nur wenige sträuben sich dagegen. Wenn die Kanzlerin von den Märkten spricht, meint sie nie die Bevölkerung als Profiteur, nein sie missachtet ihre Aufgabe für die sie mal gewählt wurde und sie verkommt zum Büttel der wahren Mächtigen, der Banken und Großkonzerne.

Das BGE greift genau in dieses Machtgeflecht ein und nun kommen wir zum Kern, denn es vergibt Geld und somit Macht an die Bevölkerung weiter, ohne eine Forderungen aufzustellen. Dieser Eingriff verändert nicht die elementaren Grundzüge dieses Landes. Nein, es bleibt eine Demokratie, besser noch, es wird zu einer. Die Bürger bekommen nun wirkliche Entscheidungsfreiheit, anstatt als Stimmvieh funktionalisiert zu werden. Es bleibt eine freie Marktwirtschaft, es bleibt Kapitalismus, egal wie man dazu steht und ganz wichtig, es gilt weiterhin unser Grundgesetz. Vielleicht wird es dann endlich mal in Gänze angewandt, denn es ist wirklich ein Gutes, würde man die Artikel konsequent anwenden.

Wenn ich jeden Monat 1.000 € bekomme, habe ich eine finanzielle verlässliche Größe um mein Leben zu gestalten. Ich bin nicht mehr gezwungen, jede Bedingung bei der Arbeit zu akzeptieren. Nun ist auch der Arbeitgeber gefragt mir ein Angebot zu machen – ich meine ein wirkliches Angebot. Allein durch das BGE würde sich die Qualität der Arbeitsplätze erhöhen. Der Zwang, jedes Arbeitsangebot annehmen zu müssen, um sein Überleben zu sichern, würde wegfallen. Zumindest im Billiglohnbereich käme es bestimmt zu einer Neuausrichtung der Löhne. Dazu käme, das nun viele in die Selbstständigkeit wechseln würden, nun könnten sie ihre Kreativität ausleben, egal in welchem Bereich. Doch nicht nur auf dem Arbeitsmarkt käme es zu Verschiebungen. Die Frage, was würden sie tun, wenn sie 1.000 € monatlich bekommen, zwingt im Prinzip jede Person über ihr eigenes Leben nachzudenken. Niemand wäre mehr da, auf dem man die Schuld abwälzen könnte, du wirst allein verantwortlich für dein Leben. So was muss sich als Vorstellung langsam entwickeln. Das BGE kommt einer Vereinbarung gleich, zwischen allen Bürgern die in diesem Land leben, allen ein Mindeststandart an Wohlstand zu gewähren, ja auch denen die man nicht mag.

Die 4 Bedingungen für das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE): Existenzsichernd, gesellschaftliche/kulturelle Teilhabe, kein Zwang zur Arbeit (bedingungslos) und individuelle Auszahlung. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, wird eine realistische Geldmenge, die zum Leben ausreicht jedem Bürger dieses Landes/der Region ausbezahlt (Dez.2012 würde ich von einer Summe zwischen 800 – 1000 € ausgehen).

So, eigentlich würde man nun vermuten, alle springen hoch und schreien Hurra und fangen an herauszufinden und durchzurechnen, ob so etwas überhaupt realistisch ist! Wolfgang Schäuble hat wohl mal gesagt, dass 1 Billion Euro für Transferleistungen aufgewendet werden und das ist ungefähr die Summe die das BGE pro Jahr kosten würde. Das heißt dann wohl, schon alles bezahlt nur falsch organisiert oder eben genau so organisiert, dass nur bestimmte Gruppen davon profitieren.

Denn Geld war noch nie das Problem!

Wir müssen beobachten, wie sich auch bei uns der Wohlstand zurück zieht und einer immer kleiner werdenden Einwohnerzahl vorbehalten bleibt. Nicht, weil nicht genug vorhanden wäre, die Waren sind da und betteln auf den Halden um Abnehmer. Durch künstlich erschaffene Verteilungsszenarien werden Menschen in Armut gehalten und andere in überbordenden Luxus. Es werden Waren und somit Wohlstand verweigert, um bestimmte Gruppen zu kontrollieren und abhängig zu halten, damit sie Handlungen vollziehen, die sie freiwillig nicht ausführen würden. Der natürliche Impuls des Teilens, wurde durch Konkurrenz viel zu oft ersetzt. Das die Menschen jedoch Gemeinschaften anstreben und bereit sind etwas herzugeben sieht man in verschiedensten Bereichen, bei Ehrenämter, der Mutter, dem Vater, bei Freunden, Vereinen, auf Facebook, bei Fans, Bürgerinitiativen etc. Es sollen in Deutschland 65 Milliarden Arbeitsstunden der Lohnarbeit zugeordnet sein, hingegen 88 Milliarden ohne Bezahlung erbracht werden. Ohne die freiwillige und ehrenamtliche Arbeit, wäre unsere Zivilgesellschaft schon längst auseinandergebrochen. Wenn der Mensch sein Auskommen hat, gibt er in der Regel gerne, daher liegt es eigentlich nahe, Voraussetzungen zu schaffen und zu fördern, die das Gemeinschaftsgefühl stärken und solidarische Verhaltensweisen hervorrufen. Wer weiterhin auf Ausgrenzung beharrt, sieht jetzt schon die Früchte in rechtsradikalen Gruppierungen, die immer mehr Zulauf bekommen und ein ernstzunehmendes Problem für unsere Gesellschaft werden (zur Zeit mit freundlicher und gezielter Hilfe vom Verfassungsschutz und Polizei, aber das ist ein anderes Thema).

 

1. Arbeit auf den Arbeitsmarkt oder auf Augenhöhe mit dem Boss!

Wer hat eigentlich die Wertigkeit von Arbeit festgelegt? Sollte ein Staat nicht darauf achten, dass die verrichtete Arbeit zumindest ausreichend Nutzen für die Gesellschaft abwirft. Denn der Spruch Leistung muss sich wieder lohnen, kann heute nur noch als blanker Zynismus angesehen werden. Heerscharen von Billiglöhner rackern sich täglich ab und schaffen es oft nur, ihre eigene Existenz gerade so zu sichern. Dürfen und können überhaupt bestimmte Berufe der Marktwirtschaft untergeordnet werden. Das Erziehen von Kindern oder das Pflegen von Menschen, das Malen eines Bildes, das Schreiben eines Buches, eines Musikstückes, können doch nicht nach den gleichen Kriterien bemessen werde werden, wie das Herstellen eines Fernsehers oder die Beratung eines Geldgeschäftes. Wenn wir die Bewertung von Arbeit nur profitausgerichteten Unternehmen überlassen, die wenn das Land abgegrast ist weiterziehen, schaufeln wir uns unser eigenes Grab. Meist ist es noch profitabler die Umwelt auszubeuten, als sie zu erhalten, die Menschen kaputt schuften zu lassen, als ihnen ein akzeptables Leben zu gewähren. Je schwächer Staaten sind, desto hemmungsloser scheint die Ausbeutung der Wirtschaft. Hier schafft das BGE einen kleinen Ausgleich, sozusagen eine Ausbeutungsbremse. Denn es fordert eine Akzeptanz ein, dass jedem Bürger das Menschenrecht zu leben gewährt wird, mit einer Summe, bei der er Teilnehmer der Gesellschaft bleibt. Man kann es Einkommen nennen oder einfach eine Summe die den Respekt an dem Menschen selbst ausdrückt, existieren zu dürfen nicht vegetieren. Es wird keine Leistung eingefordert, es gibt keine Bringschuld, nein nur weil jemand existiert, darf er menschenwürdig leben.

Dies stellt ein Eingriff in unser allgemein verankertes Denken dar. Nicht die Märkte, nein der Mensch rückt wieder in den Mittelpunkt. Durch die Übergabe von Geld, bekommt er mehr Freiheiten an die Hand und wird somit, dass ist die Gefahr für die Wirtschaft, flexibler bei der Annahme von Arbeit. Man kann jetzt NEIN sagen, wenn der Job zu schlecht ist oder die Bezahlung zu mies. Der Arbeitsplatz selbst wird nun der Marktwirtschaft unterworfen. Du bist nicht mehr gezwungen alles zu tun, um überleben zu können. Für dein überleben ist gesorgt, was für ein Stressabbau.

Diesen Machtverlust wird die Wirtschaft bzw. Banken nicht kampflos hergeben, dass ist schon mal sicher, sie brauchen willfährige, abhängige Arbeitnehmer. Aber man kann schon diese immense Verschiebung erahnen, die damit zusammenhängt. Allein unser geeichtes Denken nur durch Lohnarbeit Geld zu bekommen, gegen ein Modell des Einkommen für alle auszutauschen, hebelt unser ganzes pseudo-Leistungsprinzip aus den Angeln. Wir haben stumm akzeptiert, dass letztendlich Betriebe und Staat für unser Überleben verantwortlich sind und entscheiden dürfen, welche Arbeit belohnt wird. Die Hausfrau, der Künstler, die vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten und Projekte, alles keine Arbeit?

Der Staat sieht sich selbst schon als Puffer, für die Arbeiter, die von der Wirtschaft nicht mehr gebraucht werden. Diese sollen durch ein Sozialsystem aufgefangen werden, was auch im Prinzip nicht falsch ist, nur nicht in der Form wie es praktiziert wird. Die Wirtschaft diktiert, der Staat federt ab. Er verkommt so zum Arbeitsantreiber fremder Interessen! Mit massiven Druck sollen z.B. Hartz4ler wieder in die Lohnarbeit gezwungen werden, egal mit welcher Arbeit, egal wie es ihnen geht, egal wie sinnvoll sie ist, egal welche Leidenschaften sie ausleben wollten, sonst Sanktionen. Der Staat als Vollzugsbeamter der Wirtschaft, dass ist kein Konzept. Das BGE vergibt Freiräume für Ideen und schafft Kreativität, auch wenn sich einige erst mal eine Auszeit nehmen sollten. Der Wunsch etwas zu erschaffen, da bin ich mir sicher, wird sich letztendlich durchsetzen. Allein das der Staat somit einen Vertrauensvorschuss für seine Bürger demonstriert, wird an ihm nicht spurlos vorbeigehen. Sie werden es ihm perspektivisch durch den Aufbau einer neuen, durch Gemeinschaften geprägten Zivilgesellschaft danken. Denn durch die gewonnene finanzielle und persönliche Freiheit haben die Menschen nun die Chance, der wirklichen Mitgestaltung.

 

2. Gleichberechtigung 2.0

Ein weiterer großer überfällige Machtverlust betrifft die Männer. Deshalb verwundert es, dass nicht mehr Frauen dieses Thema massiv vorantreiben. Auch hier könnte es, durch das BGE, elementare Veränderungen geben, diese wären nach den 68er die logische Fortführung für die Gleichstellung der Frau, denn nun findet nach der »Rechtlichen«, endlich auch die Finanzielle statt. Durch die individuelle Auszahlung wird die Stellung der Frau (mit Koppelung der Auszahlung für die Kinder) ganz neu definiert. Egal ob in der Familie oder Alleinstehend mit Kind oder einfach Single oder mit Freund. Es wird finanzielle Unabhängigkeit vergeben und somit Entscheidungsfreiheit. Unentgeltliche Arbeiten bei der Kindererziehung, als Hausfrau oder das Pflegen von Eltern, Alten oder ein Ehrenamt, was bisher nicht finanziell honoriert wurde, bekommt nun Beachtung durch ein Einkommen. Noch sind diese Frauen gezwungen zusätzlich Lohnarbeit zu verrichten, um nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu kommen, sei es beim Staat ( bei Hartz4 als Bittstellerin) oder beim Partner der sie mitfinanzieren soll. So lange ist es noch nicht her, dass Ehefrauen ihre Männer um Erlaubnis fragen mussten, ob sie arbeiten dürfen (bis Mitte der 70er). Das Zeitalter in dem der Mann das Familienoberhaupt war und als Alleinversorger auftrat ist vorbei, es ist egal wie man dem gegenüber steht, die Realität spricht schon lange eine andere Sprache, zumindest in Städten. Das Erziehungsgeld was jetzt beschlossen wurde, ist genau dieses nicht eingestehen der veränderten Verhältnisse. Noch heute fühlen sich viele Männer von emanzipierten Frauen bedroht und so was sollen sie auch noch unterstützen, bestimmt nicht, diese Hürde muss noch genommen werden.

Doch anderseits gibt es auch immer mehr Männer die sich überfordert oder nicht gewillt fühlen, dieser alten Moralvorstellung folge zu leisten und selbst die Löhne lösen dieses Versprechen schon lange nicht mehr ein. Eigenständige Frauen mit eigenen Auskommen, kann nur das Ziel sein. Das BGE kann so etwas bieten. Jedoch haben wir immer noch ein Steuermodell, dass auf dieser alten Wertevorstellung beruht. Der Wandel ist längst überfällig, allein die Arroganz Hausarbeit und Kindererziehung nicht zu bezahlen und als gegeben zu begreifen, lässt die Borniertheit des Systems erkennen, man müsse sich nur vorstellen es würde mehr Männer widerfahren.

Schließen möchte ich mit einem Zitat von Prof. Peter Ulrich (Universität ST. Gallen), aus dem Film »Grundeinkommen« und ist eigentlich in schwizzerdütsch gesprochen.

»Wenn wir nicht ganz blauäugig sind, müssen wir wahrscheinlich davon ausgehen, dass der Arbeitsmarkt, die Leistung der sozialen Integration für alle Menschen, nicht mehr erfüllen können wird in Zukunft. Und wenn man die zweite Option, das Bedingungslose Grundeinkommen, ausblendet, dann zwingt uns das dazu, alles auf die Karte Wirtschaftswachstum zu setzen, um jeden Preis.Und so ist es realpolitisch heute. Von ganz rechts bis ganz links und zurück, rufen alle nach Wirtschaftswachstum. Das heißt, man denkt in Quantität und verdrängt damit die Chance, qualitativ neue und höherwertige Organisationsmodelle für unsere Gesellschaft zu entwerfen.«

Empfehlung zum BGE

Buch: ISBN 978-3-430-20108-7 Titel: 1000 € für alle von G.Werner und A.Goehler

Netz: http://www.buergerinitiative-grundeinkommen.de/

TV Talk: http://www.youtube.com/watch?v=1-NDoC9ULIM&feature=related

Film: http://www.youtube.com/watch?gl=DE&v=XqJjWe1QeUY

 

Geschrieben von bookfield




Kreativ in Kreuzberg

»Die besten Ideen habe ich, wenn ich sie bei anderen schon gesehen habe.« Und sind es nicht die besten Ideen, die sich aus einem marktwirtschaftlichen Kalkül heraus verwerten lassen?

Die erste Bemerkung erinnert mich an die Reaktionen mancher angesichts eines sehr hoch bewerteten abstrakten Ölbildes: »Das kann ich auch malen.« Gemeint ist: »Da steckt wenig Arbeit drin«, als ob Kunst nach Stundensatz abgerechnet würde, oder »Das ist keine Kunst«, was zugegebenermaßen eine – eventuell nicht informierte – Meinungsäußerung ist. Zusammen betrachtet dürften die Meinungsgeber mit einer Leinwand, wenigen Arbeitsstunden und ohne lästigen Anspruch, einen Haufen Geld verdienen. Dazu kann ich nur sagen: Dann los!

Die zweite Bemerkung berührt die historische und aktuelle Entwicklung der Kunstverwertung. Eines will ich dazu sagen: Die Ideen anderer lassen sich gut verkaufen. Dies bezieht sich auf die Kommerzialisierung eines Trendbezirks, z.B. das Abfotografieren von Street Art, Graffitis und Wandmalereien, die Vermarktung als Postkarten o.ä. wobei meistens die Urheber nicht mal erwähnt werden. Es findet ein Kannibalismus statt, bei dem sich Vermarkter unreflektiert auf die Ideen und Arbeit Anderer fokussieren, ohne den Einsatz eigener Kreativität. Der zu Grunde liegende Anspruch begnügt sich mit einer Anbiederung an touristische Erwartungen. Dazu gehört auch die Kategorie der platten Abarbeitung von Bauwerken, wie Brücken und Kirchen, die an die belanglosen Ansichtskarten mit der Aufschrift »Grüße aus …« erinnern.

Daraus zu schließen, dass Fotos von Street Art und Bauwerken prinzipiell unkreativ sind, ist falsch. Manche Fotografen gehen thematisch vor und zeigen in Bilderserien aussagekräftige künstlerisch-persönliche Interpretationen. Im Einzelnen spielt dabei sowohl der eigene Anspruch, als auch die öffentliche Kritik eine Rolle. Das Gesamtergebnis einer lokalen Kreativitätsbilanz gibt Aufschluss über ein Selbstverständnis, gerade wenn diese Aktivitäten dem eigenen Umfeld entspringen. Daran erkennt man eine gewisse Ehrlichkeit und Authentizität.

»Street-Arts dürfen im Rahmen der Panoramafreiheit von Dritten fotografiert und die Fotos verwertet werden, ohne dass der Künstler in diesen Fällen etwas dagegen ausrichten kann. Bleibt nur das Recht der Künstler, bei Verwertung ihrer Werke genannt zu werden, sofern dies möglich ist.«

Privatisiere den Görlitzer Park!

Mir fällt die zunehmende Privatisierung des öffentlichen Raumes auf.

Daher wäre es konsequent, den leicht mit Gittertüren abzuschließenden Park zu privatisieren. Hunde, Drogendealer, übermäßiges Grillen wären damit unter Kontrolle gebracht. Eintrittsgelder würden die Grünpflege und das Sauberhalten finanzieren. Zu überlegen wäre die Zulassung von Verkaufsbuden entlang der bereits geteerten Gehwegachse. Noch eine Einnahmequelle… So viele Probleme auf einem Mal gelöst!

Keine gute Idee? Große Bereiche des engen Straßenraumes im Wrangelkiez sind bereits vom Bezirk an private Geschäftsinteressen vermietet: Speziell an Gaststätten, die weit über ihre beanspruchte Mietfläche hinaus weitere Quadratmeter Gehweg mit Stühlen und Tischen besetzen, frei nach dem Motto »Legal, illegal, Fresslokal«. Wie war das wieder mit dem illegalen Besetzen und der Berliner Linie?

Darüber hinaus wird die Nutzung des öffentlichen Raumes durch private Videokameras (im Wrangelkiez z.B. Kaiser’s, Green Bamboo) und andere Methoden kontrolliert. Beim Malen vor Ort in der Dieffenbachstraße kam ein Mann schnurstracks auf mich zu und verlangte, dass ich mit dem Malen sofort aufhören solle. Er gab sich als der Hauseigentümer aus und wollte nicht, dass das Haus »abgebildet« wird. Da ich ihm nicht gehorchte und weiter an der Leinwand pinselte, rief er die Polizei an. Zwei Beamte erschienen sodann am Tatort und redeten mit ihm. Wahrscheinlich wurde der Mann über den Begriff »Panoramafreiheit« unterrichtet. Dann sind sie alle gegangen, ohne mich weiter zu belästigen. Die künstlerische Freiheit lebt noch!

Geschrieben von William Wires, Oktober 2012




Das Piepvögelchen vom Görli – Dorit Schneider-Maas, Portrait einer Illustratorin aus Kreuzberg

Nachdem ich mit »Horch und Guck – Meisterspione a.D.« und »Neukölln ist Überall«, zwei Bücher für die Erwachsene, kritische Leserschaft vorgestellt habe, möchte ich es nicht versäumen eine Frau vorzustellen, die Bücher für den Nachwuchs illustriert.

In einem Portrait stelle ich euch Dorit Schneider-Maas vor. Sie lebt seit einigen Jahren in Berlin-Kreuzberg und genießt das Leben im Kiez. Damit ich mich nicht mit fremden Federn schmücke, weise ich darauf hin, dass mir der Text vom Schlehdorn Verlag zur Verfügung gestellt wurde.

Bunt. Kotti. Falafel im Görlitzer Park.

Dorit Schneider-Maas, geboren 1981, studierte Architektur und Stadtgeschichte. Heute lebt sie in ihrer Wahlheimat Berlin.

»Ich habe einen komplizierten Lebenslauf«, sagt sie von sich selbst, aber der Weg zur Illustratorin war sehr einfach. »Ich sah den Aushang: WIR SUCHEN ILLUSTRATOREN! Und da dachte ich, versuche ich’s mal«.

Das Leben hält Überraschungen bereit und so begann ihre Karriere mit der »Piepvögelchen«-Reihe des Schlehdorn Verlages. Heute ist sie froh, den Schritt gewagt zu haben.

Ihr Leben als Kinderbuchillustratorin führt sie noch nicht lange, »Ich habe erst vor drei Jahren so richtig damit angefangen«. Dennoch ist sie bereits sehr erfolgreich und hat sich schon einen Namen gemacht.

Auf die Frage, warum sie sich Kreuzberg ausgesucht hat, schmunzelt sie »Kreuzberg ist für mich am meisten Berlin. Es ist der gemischteste Bezirk von allen«.

Die eigene Zufriedenheit mit dem Ergebnis ihrer Arbeit steht für sie an oberster Stelle, ob es den anderen gefällt ist für sie zweitrangig.

Auf die Frage nach ihrem eigenen Stil lacht sie. »Ich glaube ich bin noch in der Findungsphase«. Sie liebt das Komplizierte, Bilder, bei denen man denkt »Boa, das hat richtig viel Arbeit gekostet«. Aber andererseits mag sie die »Herausforderung, mit wenigen Strichen etwas Schönes zu schaffen«.

Die Liebe zum Zeichnen begleitet die Dorit schon seit Kindertagen. »Mein Vater hat viel gezeichnet und mir schöne Bilder hinterlassen«.

Momentan genießt sie ihr Mutterglück, mit einer »Mischung aus Albernheit und Leichtigkeit« beschreibt sie ihr Leben. Aber sie will zurück zur Illustration und wünscht sich für ihre Zukunft, dass sie sich mit der Kunst ein festes Standbein aufbauen kann.

Es gibt noch viele Spielarten der Illustration, in denen sich die junge Frau ausprobieren möchte. Für ihre private Zukunft hofft sie, »es geht so weiter, wie es im Moment ist«.

 

Kurzinterview

Wie lange bist du in Kreuzberg?

Seit fünf Jahren.

Deine Lieblingsorte in Kreuzberg?

Das Kanaldreieck, die Panierstraßen Brücke (neue Admiralsbrücke) dort gibt es den schönsten Sonnenuntergang.

Kreuzberg in 3 Worten?

Bunt. Kottbusser Tor und der Falafel Mann im Görlitzer Park.

Was macht Kreuzberg für dich aus?

Ich wohne in einer Ecke, was noch das alte Kreuzberg ist – Ofenheizungswohnung! (lacht)

Dein Leben in 3 Worten?

Milla. Milla. Milla.

 

Bücher von Dorit Schneider-Maas:
»Piepvögelchen und der Schmetterling«
ISBN 978-3-94-1693-00-5
»Piepvögelchen tanzt Ballett«
ISBN 978-3-94-1693-01-2
»Piepvögelchen hat Geburtstag«
ISBN 978-3-94-1693-02-9
Im Internet unter:
www.piepvögelchen.de und
www.schlehdorn-verlag.de




Just… a Lost Soul

Neulich am Landwehrkanal wurde meine Arbeit an einem Ölbild bewundert. Meine Präsenz auf der Straße offenbart einiges über mich als Maler und Person und gleichzeitig erlebe ich diverse Mikrokosmen der Gesellschaft: Ihre Einstellungen, Aktivitäten usw.

In den Nachbarschaften, wo ich zur Zeit schwerpunktmäßig arbeite – besonders Friedrichshain, Kreuzberg und Neukölln – kursiert ein breites Spektrum an Existenzen, von Armen bis Reichen, von Sprayern bis Büromenschen. Aspekte davon sind in meinen Bildern sicherlich abzulesen.

An der oben genannten Location wurde ich von einem aufdringlichen, tätowierten ‚Penner‘ angesprochen. Sein Anspruch bestand darin, mir seine Kunstwerke auf einem modernen Smartphone zu zeigen. Es gibt ab und zu solche, die mir so einen ‚Austausch‘ aufzwingen wollen. Was mich besonders erstaunte, war das Hakenkreuz-Tattoo an seinem Handgelenk. Nach seiner äußeren Erscheinung hätte ich das nicht erwartet.

Andere Tattoos schienen mir auf eine gegensätzliche Einstellung hinzuweisen. Ich erinnerte mich daran, dass ich das besagte Symbol schon mal vor ca. zehn Jahren auf dem Hals eines Fußgängers am Schlesischen Tor gesichtet hatte. Es kursiert im Kreuzberger Kiez auch dieser Typus von ‚Lost Soul‘ (verlorene Seele).

Oben habe ich die Bezeichnung ‚Penner‘ gebraucht. Ursprünglich ist damit ein Obdachloser gemeint, öfters auch eine Person, die nicht aufmerksam ist und mittlerweile einfach ein unangenehmer Mensch. Es ist eine gesellschaftliche Zuordnung: Ein ‚Penner‘ nimmt an der Gesellschaft nicht sinnvoll teil, der wird ausgegrenzt.

Dass ‚Penner‘ zu sehr der produktiven Gesellschaft im Sozialstaat auf der Tasche liegen, ist eine Einstellung, die im Verhältnis zu den derzeitigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten steht und nicht besonders konsequent durchdacht ist. Man könnte sich fragen, wer bei welchen Banken und Firmen verpennt hat, und sich obendrein mit Subventionsgeldern und üppigen Boni belohnt? In einem anderen Fall – las ich neulich – bezahlte ein Versager, während er Tausende von Menschen aus Arbeitsverhältnissen entließ, seiner Ehefrau einen Monatslohn von 60.000. Aber das ist nichts Neues.

Durch meine Begegnungen während der Arbeit werde ich mit Einzelschicksalen konfrontiert. Diese lassen sich nicht so einfach pauschal in Gruppen zusammenfassen: Es sind große Variationen innerhalb Gruppierungen. Was mich erfreut, ist die Tatsache, dass sogar ‚Penner‘ Zugang zu meinen Bildern finden und Interessantes zu sagen haben.

Übrigens, das Ölbild ‚Just… a Lost Soul‘ zum Artikel gibt’s als Postkarte. Insgesamt biete ich inzwischen 125 Motive an. Die neuen Kalender 2013 zeigen nicht nur meinen heimatlichen Wrangelkiez, sondern auch meine Erkundungen im Reichenberger Kiez und im Reuterkiez.

Geschrieben von William Wires, August 2012




Lokalkrimi – „Der Weg des Bösen“, Horror aus Kreuzberg von Sybille Meyer

Lokalkrimis kommen gut an und werden immer öfters geschrieben und gelesen. Als Romane verbreiten sie sich seit den 90er Jahren schwunghaft und schaffen es längst bundesweit in die Bestseller-Listen. Inzwischen machen auch die Medien mit Lokal-Krimi-Hörbüchern und Verfilmungen gute Geschäfte. Nach dem gleichen Rezept hat die Berlinerin Sibylle Meyer einen lokalen Horror-Roman geschrieben. Ihr Erstlingswerk „Der Weg des Bösen“ spielt an bekannten und eindeutig benannten, realen Orten in Berlin. Vorwiegend – etwa zu 90 Prozent – in Berlin-Kreuzberg, der Rest in anderen Bezirken der Stadt.

Wie jemand, der sich 465 Seiten lange Horrorgeschichten ausdenkt, wirkt Sibylle Meyer auf den ersten Blick überhaupt nicht. Zum Interview kommt sie nicht etwa mit Gothic-Outfit und schwarz lackierten Fingernägeln, sondern in grüner Gärtnerkluft. Denn in erster Linie verdient sie als Landschaftsgärtnerin ihr Geld und hat inzwischen auch eine eigene Firma – einen kleinen Betrieb mit vier Leuten. Das Schreiben ist für sie nur ein Nebenberuf, aber ein sehr wichtiger.

Sibylle Meyer wurde 1960 in Kreuzberg geboren, ist hier aufgewachsen und hat auch lange hier gelebt. Mit dem Scheiben hat sie ganz früh angefangen: „Vermutlich als ich gelernt hatte, einzelne Buchstaben zu ganzen Sätzen zusammen zu setzen. Ich weiß noch, wie unsere Klassenlehrerin – es war wohl in der zweiten Klasse – mit uns zum ersten Mal in eine öffentliche Bücherei gegangen ist. Ich wusste sofort: Das ist meine Welt! Wenn ich alle Bücher, die ich in meinem Leben gelesen habe, im einem Haus zusammentragen würde, hätte ich wohl meine eigene öffentliche Bücherei.“

„Meine erste Geschichte, die ich dann auch eingesandt hatte, habe ich im Alter von zehn Jahren geschrieben. Sie handelte von einem kleinen Cockerspaniel und war etwa zwölf A4-Seiten lang. Natürlich ist daraus nichts Großes geworden, aber ich habe mein Leben lang weiter geschrieben. Erst Mal nur für mich, meine Familie und Freunde.“

Inzwischen hat Sybille Meyer noch ein Sachbuch veröffentlicht, über Haustiere aller Art, „alles, was vier Pfoten oder Flügel hat“, das ihr sehr wichtig ist. „Ich hatte mein Leben lang Tiere, immer waren es entweder ausgesetzte Tiere oder aber sie wurden einfach so mal weggegeben, weil man sie nicht mehr brauchte. Dagegen etwas unternehmen zu können, ist mein größter Wunsch.“

Gut möglich, dass ihr Buch jetzt im einen oder anderen Fall tatsächlich dazu beiträgt, dass der Mensch mit seinem Haustier besser umgeht und an Aussetzen oder Weggeben gar nicht mehr denkt.

Tierfreundin und Horror-Fan

Ihre Vorliebe als Leserin gilt aber schon lange der Horror- und Fantasy-Literatur. Lieblingsautoren sind Anne Rice, Marion Zimmer-Bradley und Wolfgang Holbein. Und der erste Roman, den sie 2009 über ‚Books-on-Demand‘ veröffentlicht hat – „Der Weg des Bösen“ – ist ihr erster eigener Horror-Roman. Ein Jahr Arbeit steckt in den 465 Seiten und das für Horrorbücher absolut ungewöhnliche Konzept, mit echten Schauplätzen, die die Autorin selbst gut kennt: Beginnend in der Yorckstraße und quer durch ganz Kreuzberg. Am Großen Stern kommt es schließlich zum Showdown von Gut und Böse: „Alles ist mit drin, allerdings vor 20 Jahren.“ Auch von der Grenzöffnung ist die Rede und von den Unruhen am 1. Mai, als es in Kreuzberg besonders hoch herging, mit rücksichtslosen Straßenschlachten zwischen Autonomen und Polizei.

Die Schauplätze sind also echt, die Personen frei erfunden. Nach bewährtem Strickmuster von Fernseh-Soaps kommen alle möglichen Berufs-, Alters- und Bevölkerungsgruppen vor – Multi-Kulti vom Schweden bis zum Inder, Professoren und Obdachlose, Homosexuelle und ungewollt Schwangere, Hausbesetzer, Punks, Skinheads und in den Hauptrollen ein sympathisches junges Pärchen und zwei markige Kommissare. Dazu kommt ein halbes Dutzend diverser Haustiere, denn ohne die geht bei Sibylle Meyer nämlich gar nichts. Auf der Gegenseite treiben, wie es sich für einen Horrorroman gehört, fiese Monster und Bestien ihr Unwesen, Leichen verschwinden auf unerklärliche Weise aus ihren Gräbern und parapsychologische Phänomene machen den Menschen im Allgemeinen und den Romanhelden im Besonderen das Leben schwer.

Ohne Risiken und Nebenwirkungen

Der Selbstversuch am zartbesaiteten Leser (also bei mir) hat gezeigt, dass man das Buch trotzdem ohne bleibende Folgen und sogar ohne Alpträume konsumieren kann.

Obwohl dauernd richtig schlimme Dinge passieren und innerhalb der ersten 100 Seite bereits elf Menschen auf brutale Art und Weise zu Tode kommen, ist das Grausige (zum Glück!) so unwahrscheinlich, dass man gar nicht in Versuchung kommt, so was im richtigen Leben zu befürchten.

Nervig ist es beim Lesen, wenn die Autorin stellenweise gar zu ausführlich die Befindlichkeiten ihrer Figuren beschreibt oder wenn Fehler im Text – grade dort, wo es besonders spannend wird – ablenken.

Alles in Allem bietet „Der Weg des Bösen“ jedenfalls viel Lesestoff und eine insgesamt klug gestrickte Story, die bis zum Schluss immer wieder für Überraschungen gut ist, ohne Risiken und Nebenwirkungen, besonders reizvoll für ortskundige Kreuzberger.

„Der Weg des Bösen“, Taschenbuch mit 468 Seiten, Verlag: Books on Demand
ISBN-10: 3837040054 und
ISBN-13: 978-3837040050,
erhältlich bei Amazon.
Leseprobe unter:
http://www.sibyllemeyer.de/leseprobe-1.html
Weiteres auf der Autorenseite von Sibylle Meyer bei Amazon.

Geschrieben von Jutta Wunderlich




Fließendes Geld – Eine Alternative zum endlosen Wachstumswahnsinn?

Die derzeitige Situation um den Euro herum würde ich als ‚PreCrash-Phase‘ bezeichnen. Alle spüren, dass es nicht so weitergehen kann und dennoch entspringt dem kein Impuls zu handeln. Ich bekomme noch die Brötchen beim Bäcker, in der Kneipe mein Bier, was soll passieren.

Vorneweg muss ich sagen, ich weiß auch keine Lösung, aber ich bin ständig auf der Suche nach Möglichkeiten zur friedlichen Veränderung, denn der Tag X, wenn das Geldsystem kollabiert, wird bestimmt kein Zuckerschlecken! Dass es zusammenbrechen wird, ist mathematisch schon längst entschieden. Der Zinseszins kann nicht anders, als exponentiell zu steigen, somit unendlich und immer schneller ist der Anstieg! Die Zeit, in der man noch über Alternativen diskutieren kann, verrinnt. Die Politik verweigert sich dem fast kollektiv und hält an Plan A fest, nur der heißt eben Crash! Auch wenn sie uns jeden Tag ein neues Rettungspaket vorlegen und beteuern, dass ‚alles gut wird‘.

Ein Modell, um aus dem Zinskreislauf auszusteigen, ist das ‚Fließende Geld‘, auch Freigeld oder Schwundgeld genannt. Steffen Henke hielt darüber einen Vortrag, an den ich mich in diesem Artikel anlehne. Ich habe nicht Wirtschaft studiert, hier geht es mir eher darum, unsere gerichtete Denkweise bezüglich des Geldes in Frage zu stellen.

Wir sollten uns zuerst einmal vergegenwärtigen, dass das Geldsystem von Menschen gemacht wurde, also kann es auch von ihnen verändert werden. Eine demokratische Legitimation hat es nie erfahren, es wurde uns einfach aufgezwungen. Es gab schon Leben ohne Geld auf der Welt, somit ist es kein Naturgesetz. Wir können entspannt bleiben und uns nicht von den ganzen Horrorszenarien verängstigen lassen. Es sind schon viele Länder bankrott gegangen, das letzte große war Argentinien und es hat ihm nicht geschade. Die Alternative wäre, sich leer kaufen zu lassen. Der Planet wird der gleiche sein, auch wenn alle Länder Pleite gehen. Ach, was rede ich, sie sind es ja schon, ausnahmslos! Die Erdverschuldung aller Ländern betrug letztes Jahr ca. 32 Billionen US$. Nun fragt man sich, wer sind die Gläubiger? Wem schulden wir Geld und was macht er eigentlich damit?

In dem bekannten Buch über nutzloses Wissen stand, die drei reichsten Personen der Erde besitzen zusammen so viel, wie das Bruttosozialprodukt der 48 ärmsten Länder. Wie kommen solche Machtkonzentrationen zustande und was hat der Zins damit zu tun? Nochmal ein paar Zahlen: Die tägliche Summe von Finanztransaktionen weltweit beträgt 4.000 Milliarden US$, davon werden 1,25% für den Austausch von Waren und Dienstleistungen benötigt, also 50 Milliarden US$. Sprich, nur 1,25% sind notwendig, um das Leben, so wie wir es kennen, funktionieren zu lassen. Der Rest, also rund 3.950 Milliarden US$, sind Devisen und Optionsgeschäft, umgangssprachlich könnte man da von einer ‚Schieflage‘ sprechen.

In der letzten Ausgabe habe ich kurz versucht zu erklären, warum der Zins und Zinseszins zum Zusammenbruch der Geldwirtschaft führen muss. Es ist nicht möglich, einem durch Raum und Ressourcen begrenzten, endlichen System wie der Erde unendliches Wachstum abzuringen.

 

Warum wurden überhaupt Zinsen eingeführt?

Um mit Waren und Dienstleistungen zu handeln, wurde ein künstliches Tauschmittel entworfen, Geld/Währung. Das Problem war nämlich, ich baue dir einen Schrank und du bist Bauer. Für die erbrachte Leistung erhalte ich 200kg Äpfel von dir, nur die verschimmeln mir natürlich. So wurde ein Wert festgelegt für die Arbeit und für die Äpfel, der sich in Geld ausdrücken lässt. Somit können wir sagen, der Schrank kostet zwar 200kg Äpfel, aber es wurde sich über Geld darauf geeinigt, dass ein Schrank 500 Taler kostet, genau soviel wie 200kg Äpfel. Durch solch einen Handel ergeben sich Wertigkeiten der einzelnen Produkte und Dienstleistungen, die sich in einen Preis manifestieren. Im Idealfall entspricht der Wert der Waren, Produktionsgüter und Dienstleistungen der umlaufenden Geldmenge.

Nun verdient aber jemand mehr, als er ausgeben kann und hortet das Geld zu Hause. Dieses Geld wird somit dem Wirtschaftskreislauf entzogen, die Geldmenge entspricht also nicht mehr dem der Waren und Dienstleistungen. Um dieses Tauschverhältnis wieder auszugleichen, müsste man entweder die Preise senken (es ist ja weniger Geld im Umlauf) oder die Produktion von Waren und Dienstleistungen verringern. Beides schienen keine praktikablen Lösungen zu sein. Denn Wirtschaft hat auch immer etwas mit Psychologie zu tun: Wenn ich als Käufer den Eindruck habe, die Preise könnten für das Produkt XY sinken, halte ich meine Kaufentscheidung zurück und horte somit wieder Geld. Daher hat man, um dieses gehortete Geld dem Kreislauf zuzuführen, Zinsen als Lockmittel erfunden. Wenn du Zinsen bekommst, wird dein Guthaben größer und damit gibt es keinen Anlass mehr, es zu Hause wegzuschließen. Also bringst du es logischerweise zur Bank und die bringt es wieder in den Wirtschaftskreislauf und vergibt es als Kredit weiter.

Die Kreditnehmer wiederum zahlen Zinsen auf das geliehene Geld, so kann die Bank dir deine Zinsen und sich selbst auch noch eine Marge zahlen. Das bedeutet, wenn du das Geld zur Bank bringst, bekommst du Zinsen, dadurch vermehrt sich dein Geld. Das bedeutet, es steigt nicht nur dein Guthaben durch die Zinsen, sondern auch die Schulden anderer in gleichem Maße, denn Guthabenzinsen und Margen werden aus den Schuldzinsen generiert. Beide Kurven entfernen sich exponentiell voneinander, das Plus des einen ist die Schuld des anderen. Das Beispiel von dem Reiskorn und dem Schachbrett, bei der sich die Summe der Reiskörner mit jedem Schachfeld verdoppelt, kennen die meisten. So ähnlich verläuft es auch mit den Zinsen. Steffen Henke hat in seinem Vortrag ein Beispiel gewählt, was dies noch einmal veranschaulicht. Du hast eine Million, die du mit 7,18% verzinsen lässt, nach genau zehn Jahren hat sich die Summe verdoppelt und jetzt hast du 2 Millionen. Nach weiteren zehn Jahren 4, dann 8, 16, 32, 64, 128 usw.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Währungsreform, der Startpunkt ist also 1948, hier ging der Zinswahnsinn von Neuem los. Am Anfang stieg er noch langsam, doch heute, 60 Jahre danach, ist das nicht mehr zu buckeln. Eine weitere Verdoppelung bis 2020 könnte die Welt und die Wirtschaft nicht verkraften. Durch die exponentielle Kurve wächst das Guthaben zu rasant, parallel mit den Schulden. Es wird so gern davon gesprochen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Schön wär´s, denn das wäre ein linearer Verlauf… schau dir mal deine Schere an, sie ist gleichschenkelig. Doch in der Realität ist es viel schlimmer.

Selbst mit einer sozialen Marktwirtschaft, die in Deutschland immer so gepriesen wird, ist es nicht gelungen, diesen Mechanismus aufzuhalten. Selbst in den Boomjahren hat es Deutschland nicht geschafft, seine Schulden zu tilgen, wann bitte schön soll dieses Ereignis also eintreten? Die Vermögensverteilung laut DIW (Deutsches Institut für Wirtschaft) von 2010 zeigt, dass 10% der Bevölkerung 90% des Vermögens besitzen. Man kann sich also vorstellen, wie es in anderen Ländern aussieht, die nicht so eine starke Zivilgesellschaft haben, Äthiopien lässt grüßen.

 

Was hat Wachstum mit Zinsen zu tun?

An dieser Stelle kommt für gewöhnlich das Argument, ein geregeltes Wirtschaftswachstum würde hier einen Ausgleich gegenüber den Zinsen schaffen. Deshalb wird das Wirtschaftswachstum auch so gerne als neue Religion der Politik missbraucht. Wenn die Wirtschaft in gleichem Maße wächst wie die Zinsen, würde der Anteil der Zinsen am Gesamtvolumen der Wirtschaftskraft gleich bleiben. Doch sobald dies nicht geschieht, und das Problem haben wir in einer Überflussgesellschaft, bricht das Kartenhaus zusammen. Denn damit wird der Anteil der Zinsen am bestehenden Kuchen größer, sprich: Der Staat hat weniger Geld für seine Bürger.

Nach dem Krieg, als alles zerstört war, gab es noch Wachstumsraten von 8, 10 oder 14%. Diese Zeiten sind vorbei. Nochmal: Eine endliche Welt kann kein unendliches Wachstum hervorbringen. Wir haben inzwischen schon alles zerstört, die Ressourcen größtenteils ausgebeutet, die Weltmeere verseucht oder leergefischt, die Böden versanden und vergiftet, die Luft verdreckt usw. Der Ertrag von Böden, Tieren, Pflanzen wurden schon bis zur Perversion vorangetrieben. Das Ende der Fahnenstange ist inzwischen erreicht und sie sprechen immer noch von Wirtschaftswachstum, das ist nüchtern betrachtet kriminell. Ein System, das sich exponentiell verhält, muss als gescheitert angesehen werden, auch wenn die Politikdarsteller etwas anderes behaupten. Die Mathematik lässt sich nicht bescheißen, und das Leben schon gar nicht.

 

Was ist ‚Fließendes Geld‘ und was ändert das?

Wenn wir jedoch am Geld festhalten wollen, wofür viele Argumente sprechen, so muss sich ein neues System etablieren. Dieses darf nicht exponentiell verlaufen und muss zugleich dafür Sorge tragen, ungenutztes Guthaben in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Das ‚Fließende Geld‘ könnte so ein Modell sein. Dies geschieht durch einen einfachen wie genialen Schachzug! Gehortetes Geld wird entwertet! Das wird natürlich vielen nicht gefallen, daher ist der Widerstand auch so groß. Doch warum sollten sich 90% der Weltbevölkerung nach den 10% Reichen richten? Es sollte einem bewusst werden, dass Zinsen ein leistungsfreies Einkommen sind. Die Bevölkerungen sind diejenigen, die es bezahlen müssen! Bei Ausgaben von 2.000€ monatlich sind heute schon 40-50 % versteckte Zinsen enthalten, also fast die Hälfte (ca. 1.000€) sind Zinstilgungen, ohne dass du jemals einen Kredit aufgenommen hast. Der würde noch oben draufkommen. Nein, es sind die Zinsen, die auf die Produkte und Dienstleistungen, die du konsumierst, aufgeschlagen werden und sich so versteckt im Preis wieder finden.

Eine riesige Umverteilung findet statt, nicht von Arm nach Reich, denn die Armen haben eh nichts, sondern von „Fleißig nach Reich“, wie es Andreas Popp von der Wissensmanufaktur es ausdrückte. Denn mittlerweile haben sie nur noch ihre Arbeitskraft anzubieten. Schauen wir uns doch nur mal die riesigen Arbeitskolonnen im produzierendem Gewerbe in der sogenannten Dritten Welt an oder beim Abbau von Rohstoffen. Wir alle sind Teil dieser Ausbeutung! Dies nicht als Vorwurf, eher als Anstoß gedacht, anders zu handeln, denn der Trend geht bei uns in die gleiche Richtung.

Zurück zum ‚Fließendem Geld‘! Der Wert des gehorteten Geldes wird um einen vorher bestimmten, durch den Staat oder die Zentralbank festgelegten Entwertungsfaktor geringer. Dies kann abgewendet werden, indem es zur Bank gebracht wird, denn dort wird die Werterhaltung garantiert. Mit diesem kleinen Trick bleibt die Geldmenge konstant und orientiert sich nur noch an den Waren und dem Dienstleistungssektor. Eine Inflation kann somit nicht mehr stattfinden (1.000€ sind auch nach 10 Jahren noch 1.000€). Doch wie das Geld zu entwerten sei, darüber streiten sich die Fachleute.

Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger schrieb darüber, wie im Hochmittelalter des 12. bis 15. Jahrhunderts ‚Brakteaten‘ hergestellt wurden, aus Blech geprägte Münzen, die jedes Jahr erneuert wurden, wobei die alten nur mit einem Abschlag umgetauscht werden konnten. Aus diesem Abschlag wurde der Staatshaushalt finanziert. Ist so etwas heute noch realistisch? Jedes Jahr das Geld austauschen?

Nach meinen Informationen sind ca. 13,5 Milliarden Euroscheine im Umlauf, zu einem Herstellungspreis von ca. 5 Cent pro Schein. Bei einem Austausch entstehen also Kosten von ca. 690 Millionen Euro. Ich denke, das ist eine verhältnismäßig kleine Summe, die jedes Jahr für eine neue Währung aufgebracht werden müsste. Die Summe wäre zudem europaweit aufzubringen und bei jährlich neu ausgegebenen Banknoten würde wohl auch die Fälscherlust schwinden.

Nun ist dieses Modell leider aktuell nicht in der Realität zu finden, aber es gibt ein paar Beispiele in der Geschichte. Zum einen schreibt man dem ‚Fließendem Geld‘ den Reichtum und die Entstehung der Hansestädte zu und kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Österreich noch das ‚Wunder von Wörgl‘. Dort führte der Bürgermeister Michael Unterguggenberger 1932/33 in der Tiroler Marktgemeinde Wörgl eine regionalen Zweitwährung ein und löste inmitten der Rezession einen Wirtschaftsboom aus, bis ihn der Staat bzw. die Zentralbank stoppten. Unterguggenberger folgte einer Idee des Wirtschaftstheoretikers Silvio Gesell, der schon 1911 schrieb: „Die Währung kann nur fest sein, wenn die Geldnoten in ihrem Wert schwinden“.

Geld besitzt gegenüber Waren einen scheinbar großen Vorteil: Es bleibt wertbeständig. Wenn ein Bauer hingegen seine Ware anbietet, so muss er sie in einem bestimmten Zeitraum loswerden, sonst verdirbt sie ihm und der Wert geht verloren. Anders beim Geld – und so kann man mit dem Verfall der Ware spekulieren. Niemand stellt sich heute die Frage, warum alles vergänglich ist und nur das Geld von der Vergänglichkeit verschont bleibt.

Silvio Gesell ist zudem noch davon überzeugt, dass Geld mit Zins gefährlich ist. Er schreibt: „Ein Geld, das gesetzmäßig in der Weise arbeitet, dass es sich zurückzieht, wenn es zu fehlen beginnt (Deflation), und das in Masse auf dem Markt erscheint, wenn es dort schon übermäßig vertreten ist (Inflation), kann nur dem Schwindel und Wucher dienen und muss als unbrauchbar bezeichnet werden.” Deshalb trat er für das ‚Freigeld‘ oder ‚Fließende Geld‘ ein, das ohne Zinsen, frei von der Bindung an Gold und frei von kapitalistischer Ausbeutung auskommen muss.

Welche qualitative Veränderung solch ein System haben könnte, gibt euch noch der anhängende Text mit, und wer sich mit dem ‚Wunder von Wörgl‘ beschäftigen will, muss nur diesen Suchbegriff eingeben und wird schnell fündig – eine wirklich spannende Geschichte, die leider bewusst nicht in die Öffentlichkeit gezogen wird.

 

Dass es einen Wechsel geben muss, scheint unausweichlich!

Diskutieren wir also Alternativen und seien wir nicht unvorbereitet, wenn sie uns vor vollendete Tatsachen stellen. Der Druck muss von der Straße kommen. Die Politik besitzt zumeist nicht mehr den Realitätssinn, deshalb müssen andere gesellschaftliche Gruppen mit einbezogen werden, um die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Wir sind alle gefragt, denn die Politiker sind, so erschreckend es auch sei, zu dumm oder nicht willens. Beispiele wie das von Herrn Mappus in Baden-Württemberg, der nur noch als Lakai von Bänkern fungiert hat, sollten uns die Augen öffnen. Er ist und wird nichtder letzte sein, da stehen noch viele andere in der Schlange.

 

Auszug aus der Seite http://mensch-sein.de/geld.html von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger:

Hochmittelalter und Hansestädte

Eineinhalb Jahrtausende nach dem Zerfall des Römischen Reiches wird Europa von einer geldpolitischen Innovation aus dem mittelalterlichen „Winterschlaf“ erweckt: Der Erzbischof von Magdeburg und die Stauferkönige wissen nicht, wie sie ihren Haushalt finanzieren sollen. Sie führen die „Brakteaten“ ein – aus dünnem Blech einseitig geprägte Münzen, die unter dem Bild des Fürsten oder Königs das Jahr zeigen, in dem sie gültig sind. Diese Münzen werden jährlich „verrufen“ – für ungültig erklärt. Mit einem „Abschlag“ von 20 Prozent können dann 100 alte Münzen gegen 80 neue, gültige Münzen umgetauscht werden. Mit dem Abschlag finanzieren die Herrscher den Staatshaushalt.

Und weil das so einfach ist, machen die meisten europäischen Monarchien zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert es ihnen nach. Was die mittelalterliche Hochkultur mit fließendem Geld erschafft, lässt uns heute nur noch staunen:

Die vielen wunderschönen mittelalterlichen Städte werden gegründet oder prachtvoll ausgebaut: Colmar, Tübingen, Rothenburg, Regensburg, Passau, Prag, Görlitz, Quedlinburg, Xanten, Antwerpen, Luzern, Zürich, Graz, Salzburg und all die unzähligen malerischen Fachwerkstädte überall in Mitteleuropa. Fast alle großen Dome und Kathedralen Europas werden in dieser Zeit erbaut – unter anderem die in Köln, Fulda, Straßburg und Freiburg. Und die Hanse verwandelt ärmliche Fischerhäfen rund um die Ostsee in Oasen blühenden Reichtums: die Hansestädte.

Die Fünftagewoche wird fast überall eingeführt – ganz ohne Gewerkschaften: außer dem Sonntag ist der „blaue Montag“ arbeitsfrei. Teilweise gibt es sogar eine Vier-Tage-Woche und die wöchentliche Arbeitszeit beträgt vielfach nur 30 Stunden. Der Kulturhistoriker Egon Friedell beschreibt die üppigen Festgelage des einfachen Volkes mit Gauklern und Geschichtenerzählern, Musikanten und Troubadouren – da läuft jedem von uns heute das Wasser im Munde zusammen. Es ist eine Zeit, die überquillt vor triefendem Hochgenuss.

Was ist das Geheimnis dieser wirtschaftlichen und kulturellen Blüte? Weil am Ende eines Jahres auf die Brakteaten eine 20prozentige Steuer zu zahlen ist, investieren die Leute ihr Geld lieber in großartige Bauwerke und Kunst oder sie verjubeln es und genießen ihr Leben.

Die Blütezeit dieses Hochmittelalters – von etwa 1150 bis 1450 – wird von der finsteren Epoche des Mittelalters abgelöst, nachdem die Herrscher gierig geworden sind. Den Abschlag von 20 Prozent haben sie auf bis zu 40 Prozent erhöht und den Zeitraum von einem Jahr, nachdem die Münzen jeweils „verrufen“ werden, auf ein halbes Jahr verkürzt.

Das zerstört das Vertrauen der Bevölkerung in das Geld und weckt den Ruf nach Gold, das von sich aus werthaltig ist – und deshalb nicht fließen muss. Edelmetallwährungen werden dann auch eingeführt und beenden diese wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit.

Bildnachweis:

1 wikipedia.org, Foto: Katharina Surhoff, GNU-Lizenz

2 stock.xchng, Foto: Roberto Felter, Royality Free

 

Geschrieben von bookfield