Fließendes Geld – Eine Alternative zum endlosen Wachstumswahnsinn?
Die derzeitige Situation um den Euro herum würde ich als ‚PreCrash-Phase‘ bezeichnen. Alle spüren, dass es nicht so weitergehen kann und dennoch entspringt dem kein Impuls zu handeln. Ich bekomme noch die Brötchen beim Bäcker, in der Kneipe mein Bier, was soll passieren.
Vorneweg muss ich sagen, ich weiß auch keine Lösung, aber ich bin ständig auf der Suche nach Möglichkeiten zur friedlichen Veränderung, denn der Tag X, wenn das Geldsystem kollabiert, wird bestimmt kein Zuckerschlecken! Dass es zusammenbrechen wird, ist mathematisch schon längst entschieden. Der Zinseszins kann nicht anders, als exponentiell zu steigen, somit unendlich und immer schneller ist der Anstieg! Die Zeit, in der man noch über Alternativen diskutieren kann, verrinnt. Die Politik verweigert sich dem fast kollektiv und hält an Plan A fest, nur der heißt eben Crash! Auch wenn sie uns jeden Tag ein neues Rettungspaket vorlegen und beteuern, dass ‚alles gut wird‘.
Ein Modell, um aus dem Zinskreislauf auszusteigen, ist das ‚Fließende Geld‘, auch Freigeld oder Schwundgeld genannt. Steffen Henke hielt darüber einen Vortrag, an den ich mich in diesem Artikel anlehne. Ich habe nicht Wirtschaft studiert, hier geht es mir eher darum, unsere gerichtete Denkweise bezüglich des Geldes in Frage zu stellen.
Wir sollten uns zuerst einmal vergegenwärtigen, dass das Geldsystem von Menschen gemacht wurde, also kann es auch von ihnen verändert werden. Eine demokratische Legitimation hat es nie erfahren, es wurde uns einfach aufgezwungen. Es gab schon Leben ohne Geld auf der Welt, somit ist es kein Naturgesetz. Wir können entspannt bleiben und uns nicht von den ganzen Horrorszenarien verängstigen lassen. Es sind schon viele Länder bankrott gegangen, das letzte große war Argentinien und es hat ihm nicht geschade. Die Alternative wäre, sich leer kaufen zu lassen. Der Planet wird der gleiche sein, auch wenn alle Länder Pleite gehen. Ach, was rede ich, sie sind es ja schon, ausnahmslos! Die Erdverschuldung aller Ländern betrug letztes Jahr ca. 32 Billionen US$. Nun fragt man sich, wer sind die Gläubiger? Wem schulden wir Geld und was macht er eigentlich damit?
In dem bekannten Buch über nutzloses Wissen stand, die drei reichsten Personen der Erde besitzen zusammen so viel, wie das Bruttosozialprodukt der 48 ärmsten Länder. Wie kommen solche Machtkonzentrationen zustande und was hat der Zins damit zu tun? Nochmal ein paar Zahlen: Die tägliche Summe von Finanztransaktionen weltweit beträgt 4.000 Milliarden US$, davon werden 1,25% für den Austausch von Waren und Dienstleistungen benötigt, also 50 Milliarden US$. Sprich, nur 1,25% sind notwendig, um das Leben, so wie wir es kennen, funktionieren zu lassen. Der Rest, also rund 3.950 Milliarden US$, sind Devisen und Optionsgeschäft, umgangssprachlich könnte man da von einer ‚Schieflage‘ sprechen.
In der letzten Ausgabe habe ich kurz versucht zu erklären, warum der Zins und Zinseszins zum Zusammenbruch der Geldwirtschaft führen muss. Es ist nicht möglich, einem durch Raum und Ressourcen begrenzten, endlichen System wie der Erde unendliches Wachstum abzuringen.
Warum wurden überhaupt Zinsen eingeführt?
Um mit Waren und Dienstleistungen zu handeln, wurde ein künstliches Tauschmittel entworfen, Geld/Währung. Das Problem war nämlich, ich baue dir einen Schrank und du bist Bauer. Für die erbrachte Leistung erhalte ich 200kg Äpfel von dir, nur die verschimmeln mir natürlich. So wurde ein Wert festgelegt für die Arbeit und für die Äpfel, der sich in Geld ausdrücken lässt. Somit können wir sagen, der Schrank kostet zwar 200kg Äpfel, aber es wurde sich über Geld darauf geeinigt, dass ein Schrank 500 Taler kostet, genau soviel wie 200kg Äpfel. Durch solch einen Handel ergeben sich Wertigkeiten der einzelnen Produkte und Dienstleistungen, die sich in einen Preis manifestieren. Im Idealfall entspricht der Wert der Waren, Produktionsgüter und Dienstleistungen der umlaufenden Geldmenge.
Nun verdient aber jemand mehr, als er ausgeben kann und hortet das Geld zu Hause. Dieses Geld wird somit dem Wirtschaftskreislauf entzogen, die Geldmenge entspricht also nicht mehr dem der Waren und Dienstleistungen. Um dieses Tauschverhältnis wieder auszugleichen, müsste man entweder die Preise senken (es ist ja weniger Geld im Umlauf) oder die Produktion von Waren und Dienstleistungen verringern. Beides schienen keine praktikablen Lösungen zu sein. Denn Wirtschaft hat auch immer etwas mit Psychologie zu tun: Wenn ich als Käufer den Eindruck habe, die Preise könnten für das Produkt XY sinken, halte ich meine Kaufentscheidung zurück und horte somit wieder Geld. Daher hat man, um dieses gehortete Geld dem Kreislauf zuzuführen, Zinsen als Lockmittel erfunden. Wenn du Zinsen bekommst, wird dein Guthaben größer und damit gibt es keinen Anlass mehr, es zu Hause wegzuschließen. Also bringst du es logischerweise zur Bank und die bringt es wieder in den Wirtschaftskreislauf und vergibt es als Kredit weiter.
Die Kreditnehmer wiederum zahlen Zinsen auf das geliehene Geld, so kann die Bank dir deine Zinsen und sich selbst auch noch eine Marge zahlen. Das bedeutet, wenn du das Geld zur Bank bringst, bekommst du Zinsen, dadurch vermehrt sich dein Geld. Das bedeutet, es steigt nicht nur dein Guthaben durch die Zinsen, sondern auch die Schulden anderer in gleichem Maße, denn Guthabenzinsen und Margen werden aus den Schuldzinsen generiert. Beide Kurven entfernen sich exponentiell voneinander, das Plus des einen ist die Schuld des anderen. Das Beispiel von dem Reiskorn und dem Schachbrett, bei der sich die Summe der Reiskörner mit jedem Schachfeld verdoppelt, kennen die meisten. So ähnlich verläuft es auch mit den Zinsen. Steffen Henke hat in seinem Vortrag ein Beispiel gewählt, was dies noch einmal veranschaulicht. Du hast eine Million, die du mit 7,18% verzinsen lässt, nach genau zehn Jahren hat sich die Summe verdoppelt und jetzt hast du 2 Millionen. Nach weiteren zehn Jahren 4, dann 8, 16, 32, 64, 128 usw.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Währungsreform, der Startpunkt ist also 1948, hier ging der Zinswahnsinn von Neuem los. Am Anfang stieg er noch langsam, doch heute, 60 Jahre danach, ist das nicht mehr zu buckeln. Eine weitere Verdoppelung bis 2020 könnte die Welt und die Wirtschaft nicht verkraften. Durch die exponentielle Kurve wächst das Guthaben zu rasant, parallel mit den Schulden. Es wird so gern davon gesprochen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet. Schön wär´s, denn das wäre ein linearer Verlauf… schau dir mal deine Schere an, sie ist gleichschenkelig. Doch in der Realität ist es viel schlimmer.
Selbst mit einer sozialen Marktwirtschaft, die in Deutschland immer so gepriesen wird, ist es nicht gelungen, diesen Mechanismus aufzuhalten. Selbst in den Boomjahren hat es Deutschland nicht geschafft, seine Schulden zu tilgen, wann bitte schön soll dieses Ereignis also eintreten? Die Vermögensverteilung laut DIW (Deutsches Institut für Wirtschaft) von 2010 zeigt, dass 10% der Bevölkerung 90% des Vermögens besitzen. Man kann sich also vorstellen, wie es in anderen Ländern aussieht, die nicht so eine starke Zivilgesellschaft haben, Äthiopien lässt grüßen.
Was hat Wachstum mit Zinsen zu tun?
An dieser Stelle kommt für gewöhnlich das Argument, ein geregeltes Wirtschaftswachstum würde hier einen Ausgleich gegenüber den Zinsen schaffen. Deshalb wird das Wirtschaftswachstum auch so gerne als neue Religion der Politik missbraucht. Wenn die Wirtschaft in gleichem Maße wächst wie die Zinsen, würde der Anteil der Zinsen am Gesamtvolumen der Wirtschaftskraft gleich bleiben. Doch sobald dies nicht geschieht, und das Problem haben wir in einer Überflussgesellschaft, bricht das Kartenhaus zusammen. Denn damit wird der Anteil der Zinsen am bestehenden Kuchen größer, sprich: Der Staat hat weniger Geld für seine Bürger.
Nach dem Krieg, als alles zerstört war, gab es noch Wachstumsraten von 8, 10 oder 14%. Diese Zeiten sind vorbei. Nochmal: Eine endliche Welt kann kein unendliches Wachstum hervorbringen. Wir haben inzwischen schon alles zerstört, die Ressourcen größtenteils ausgebeutet, die Weltmeere verseucht oder leergefischt, die Böden versanden und vergiftet, die Luft verdreckt usw. Der Ertrag von Böden, Tieren, Pflanzen wurden schon bis zur Perversion vorangetrieben. Das Ende der Fahnenstange ist inzwischen erreicht und sie sprechen immer noch von Wirtschaftswachstum, das ist nüchtern betrachtet kriminell. Ein System, das sich exponentiell verhält, muss als gescheitert angesehen werden, auch wenn die Politikdarsteller etwas anderes behaupten. Die Mathematik lässt sich nicht bescheißen, und das Leben schon gar nicht.
Was ist ‚Fließendes Geld‘ und was ändert das?
Wenn wir jedoch am Geld festhalten wollen, wofür viele Argumente sprechen, so muss sich ein neues System etablieren. Dieses darf nicht exponentiell verlaufen und muss zugleich dafür Sorge tragen, ungenutztes Guthaben in den Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Das ‚Fließende Geld‘ könnte so ein Modell sein. Dies geschieht durch einen einfachen wie genialen Schachzug! Gehortetes Geld wird entwertet! Das wird natürlich vielen nicht gefallen, daher ist der Widerstand auch so groß. Doch warum sollten sich 90% der Weltbevölkerung nach den 10% Reichen richten? Es sollte einem bewusst werden, dass Zinsen ein leistungsfreies Einkommen sind. Die Bevölkerungen sind diejenigen, die es bezahlen müssen! Bei Ausgaben von 2.000€ monatlich sind heute schon 40-50 % versteckte Zinsen enthalten, also fast die Hälfte (ca. 1.000€) sind Zinstilgungen, ohne dass du jemals einen Kredit aufgenommen hast. Der würde noch oben draufkommen. Nein, es sind die Zinsen, die auf die Produkte und Dienstleistungen, die du konsumierst, aufgeschlagen werden und sich so versteckt im Preis wieder finden.
Eine riesige Umverteilung findet statt, nicht von Arm nach Reich, denn die Armen haben eh nichts, sondern von „Fleißig nach Reich“, wie es Andreas Popp von der Wissensmanufaktur es ausdrückte. Denn mittlerweile haben sie nur noch ihre Arbeitskraft anzubieten. Schauen wir uns doch nur mal die riesigen Arbeitskolonnen im produzierendem Gewerbe in der sogenannten Dritten Welt an oder beim Abbau von Rohstoffen. Wir alle sind Teil dieser Ausbeutung! Dies nicht als Vorwurf, eher als Anstoß gedacht, anders zu handeln, denn der Trend geht bei uns in die gleiche Richtung.
Zurück zum ‚Fließendem Geld‘! Der Wert des gehorteten Geldes wird um einen vorher bestimmten, durch den Staat oder die Zentralbank festgelegten Entwertungsfaktor geringer. Dies kann abgewendet werden, indem es zur Bank gebracht wird, denn dort wird die Werterhaltung garantiert. Mit diesem kleinen Trick bleibt die Geldmenge konstant und orientiert sich nur noch an den Waren und dem Dienstleistungssektor. Eine Inflation kann somit nicht mehr stattfinden (1.000€ sind auch nach 10 Jahren noch 1.000€). Doch wie das Geld zu entwerten sei, darüber streiten sich die Fachleute.
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger schrieb darüber, wie im Hochmittelalter des 12. bis 15. Jahrhunderts ‚Brakteaten‘ hergestellt wurden, aus Blech geprägte Münzen, die jedes Jahr erneuert wurden, wobei die alten nur mit einem Abschlag umgetauscht werden konnten. Aus diesem Abschlag wurde der Staatshaushalt finanziert. Ist so etwas heute noch realistisch? Jedes Jahr das Geld austauschen?
Nach meinen Informationen sind ca. 13,5 Milliarden Euroscheine im Umlauf, zu einem Herstellungspreis von ca. 5 Cent pro Schein. Bei einem Austausch entstehen also Kosten von ca. 690 Millionen Euro. Ich denke, das ist eine verhältnismäßig kleine Summe, die jedes Jahr für eine neue Währung aufgebracht werden müsste. Die Summe wäre zudem europaweit aufzubringen und bei jährlich neu ausgegebenen Banknoten würde wohl auch die Fälscherlust schwinden.
Nun ist dieses Modell leider aktuell nicht in der Realität zu finden, aber es gibt ein paar Beispiele in der Geschichte. Zum einen schreibt man dem ‚Fließendem Geld‘ den Reichtum und die Entstehung der Hansestädte zu und kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Österreich noch das ‚Wunder von Wörgl‘. Dort führte der Bürgermeister Michael Unterguggenberger 1932/33 in der Tiroler Marktgemeinde Wörgl eine regionalen Zweitwährung ein und löste inmitten der Rezession einen Wirtschaftsboom aus, bis ihn der Staat bzw. die Zentralbank stoppten. Unterguggenberger folgte einer Idee des Wirtschaftstheoretikers Silvio Gesell, der schon 1911 schrieb: „Die Währung kann nur fest sein, wenn die Geldnoten in ihrem Wert schwinden“.
Geld besitzt gegenüber Waren einen scheinbar großen Vorteil: Es bleibt wertbeständig. Wenn ein Bauer hingegen seine Ware anbietet, so muss er sie in einem bestimmten Zeitraum loswerden, sonst verdirbt sie ihm und der Wert geht verloren. Anders beim Geld – und so kann man mit dem Verfall der Ware spekulieren. Niemand stellt sich heute die Frage, warum alles vergänglich ist und nur das Geld von der Vergänglichkeit verschont bleibt.
Silvio Gesell ist zudem noch davon überzeugt, dass Geld mit Zins gefährlich ist. Er schreibt: „Ein Geld, das gesetzmäßig in der Weise arbeitet, dass es sich zurückzieht, wenn es zu fehlen beginnt (Deflation), und das in Masse auf dem Markt erscheint, wenn es dort schon übermäßig vertreten ist (Inflation), kann nur dem Schwindel und Wucher dienen und muss als unbrauchbar bezeichnet werden.” Deshalb trat er für das ‚Freigeld‘ oder ‚Fließende Geld‘ ein, das ohne Zinsen, frei von der Bindung an Gold und frei von kapitalistischer Ausbeutung auskommen muss.
Welche qualitative Veränderung solch ein System haben könnte, gibt euch noch der anhängende Text mit, und wer sich mit dem ‚Wunder von Wörgl‘ beschäftigen will, muss nur diesen Suchbegriff eingeben und wird schnell fündig – eine wirklich spannende Geschichte, die leider bewusst nicht in die Öffentlichkeit gezogen wird.
Dass es einen Wechsel geben muss, scheint unausweichlich!
Diskutieren wir also Alternativen und seien wir nicht unvorbereitet, wenn sie uns vor vollendete Tatsachen stellen. Der Druck muss von der Straße kommen. Die Politik besitzt zumeist nicht mehr den Realitätssinn, deshalb müssen andere gesellschaftliche Gruppen mit einbezogen werden, um die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Wir sind alle gefragt, denn die Politiker sind, so erschreckend es auch sei, zu dumm oder nicht willens. Beispiele wie das von Herrn Mappus in Baden-Württemberg, der nur noch als Lakai von Bänkern fungiert hat, sollten uns die Augen öffnen. Er ist und wird nichtder letzte sein, da stehen noch viele andere in der Schlange.
Auszug aus der Seite http://mensch-sein.de/geld.html von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger:
Hochmittelalter und Hansestädte
Eineinhalb Jahrtausende nach dem Zerfall des Römischen Reiches wird Europa von einer geldpolitischen Innovation aus dem mittelalterlichen „Winterschlaf“ erweckt: Der Erzbischof von Magdeburg und die Stauferkönige wissen nicht, wie sie ihren Haushalt finanzieren sollen. Sie führen die „Brakteaten“ ein – aus dünnem Blech einseitig geprägte Münzen, die unter dem Bild des Fürsten oder Königs das Jahr zeigen, in dem sie gültig sind. Diese Münzen werden jährlich „verrufen“ – für ungültig erklärt. Mit einem „Abschlag“ von 20 Prozent können dann 100 alte Münzen gegen 80 neue, gültige Münzen umgetauscht werden. Mit dem Abschlag finanzieren die Herrscher den Staatshaushalt.
Und weil das so einfach ist, machen die meisten europäischen Monarchien zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert es ihnen nach. Was die mittelalterliche Hochkultur mit fließendem Geld erschafft, lässt uns heute nur noch staunen:
Die vielen wunderschönen mittelalterlichen Städte werden gegründet oder prachtvoll ausgebaut: Colmar, Tübingen, Rothenburg, Regensburg, Passau, Prag, Görlitz, Quedlinburg, Xanten, Antwerpen, Luzern, Zürich, Graz, Salzburg und all die unzähligen malerischen Fachwerkstädte überall in Mitteleuropa. Fast alle großen Dome und Kathedralen Europas werden in dieser Zeit erbaut – unter anderem die in Köln, Fulda, Straßburg und Freiburg. Und die Hanse verwandelt ärmliche Fischerhäfen rund um die Ostsee in Oasen blühenden Reichtums: die Hansestädte.
Die Fünftagewoche wird fast überall eingeführt – ganz ohne Gewerkschaften: außer dem Sonntag ist der „blaue Montag“ arbeitsfrei. Teilweise gibt es sogar eine Vier-Tage-Woche und die wöchentliche Arbeitszeit beträgt vielfach nur 30 Stunden. Der Kulturhistoriker Egon Friedell beschreibt die üppigen Festgelage des einfachen Volkes mit Gauklern und Geschichtenerzählern, Musikanten und Troubadouren – da läuft jedem von uns heute das Wasser im Munde zusammen. Es ist eine Zeit, die überquillt vor triefendem Hochgenuss.
Was ist das Geheimnis dieser wirtschaftlichen und kulturellen Blüte? Weil am Ende eines Jahres auf die Brakteaten eine 20prozentige Steuer zu zahlen ist, investieren die Leute ihr Geld lieber in großartige Bauwerke und Kunst oder sie verjubeln es und genießen ihr Leben.
Die Blütezeit dieses Hochmittelalters – von etwa 1150 bis 1450 – wird von der finsteren Epoche des Mittelalters abgelöst, nachdem die Herrscher gierig geworden sind. Den Abschlag von 20 Prozent haben sie auf bis zu 40 Prozent erhöht und den Zeitraum von einem Jahr, nachdem die Münzen jeweils „verrufen“ werden, auf ein halbes Jahr verkürzt.
Das zerstört das Vertrauen der Bevölkerung in das Geld und weckt den Ruf nach Gold, das von sich aus werthaltig ist – und deshalb nicht fließen muss. Edelmetallwährungen werden dann auch eingeführt und beenden diese wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit.
Bildnachweis:
1 wikipedia.org, Foto: Katharina Surhoff, GNU-Lizenz
2 stock.xchng, Foto: Roberto Felter, Royality Free
Geschrieben von bookfield