Gastbericht (BÜSO)

Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität, BüSo, hat seit langem vor der Finanzkrise gewarnt und ein Insolvenzverfahren für das bankrotte Finanzsystem gefordert. Mit diesem Programm tritt die BüSo auch im September zur Bundestagswahl an: ein Insolvenzverfahren bedeutet die Abschreibung fauler Schulden, d.h. solcher Finanztitel und Wertpapiere, die aus wilder Spekulation und der Profitgier der Spekulanten entstanden sind, aber überhaupt keinen Bezug zu realen Wert haben. Statt der „Rettungspakete“ für Spekulanten könnten dann durch staatliche Kredite wieder große Projekte zum Aufbau der Wirtschaft in Deutschland gefördert werden. Der riesige kommunale Investitionsrückstau kann so endlich in Angriff genommen und es kann dort investiert werden, wo es seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten überfällig ist: bei Straßen, Brücken, Schulen, Krankenhäusern oder auch Gleisen und Bahnhöfen. Diese Investitionen bedeuten produktive Arbeitsplätze. Sozialversicherungen, Renten- und Gesundheitskassen stellen dann kein Problem dar, wenn es produktive Vollbeschäftigung gibt.

Kurz gesagt, das Insolvenzverfahren ist notwendig, um überhaupt einmal Licht ins Dunkel des kollabierenden Finanzsystems zu bringen. Um die Krise zu lösen, muß man erst einmal ihre Ursachen kennen. Den Präzedenzfall für eine solche Untersuchung gibt es bereits.

Die Szene ist eine Anhörung in den Vereinigten Staaten. Es ist im Jahr 1933. Auf der einen Seite sitzt J.P. Morgan, der „Löwe der Wall Street“, der nur widerwillig seine Aussage macht. Auf der anderen Seite sitzt Ferdinand Pecora. Schon in vorhergehenden Jahren untersuchte der New Yorker Bezirksstaatsanwalt Pecora den Einfluss der Wall-Street Größen auf den Börsenkrach von 1929 und die folgende Depression in den Vereinigten Staaten. 1933 entdeckte er, dass Finanzminister Andrew Mellon Gesetze geschaffen hatte, die es Morgan und anderen erlaubten, ihre Geschäfte an der Regierung vorbei zu schmuggeln. Dem Vorstandsvorsitzende der National City Bank, Charles Mitchel, wies Pecora nach, dass er während des großen Krachs Aktien seiner eigenen Bank verkauft, also gegen sie gewettet hatte – was illegal war. Pecora deckte dann den bis dahin größten Betrug in der amerikanischen Bankengeschichte auf, das Anaconda-Kupfer-Geschäft der National City Bank. Und er bewies, dass Mitchel ein alter Freund von Finanz-minister Andy Mellon war!

Der hatte das Land in den Jahren zuvor quasi regiert – im Namen der Präsidenten Harding, Coolidge und Hoover, die er lenkte und ausnutzte. Pecora erhielt für seine Arbeit monatlich 255 Dollar vom Senatsausschuss – weniger als die meisten Wallstreet-Größen wöchentlich als Trinkgelder verteilten. Pecora stieß diese Hohepriester von ihren Thronen und stellte sie als das bloß, was sie wirklich waren: klein und habgierig. Auf diese Weise wurde er in Amerika ein Volksheld.

Durch das wiedergewonnene Vertrauen konnte die US-amerikanische Regierung unter Roosevelt mit Unterstützung der Bevölkerung Gesetze schaffen, die den Spekulanten die Arbeit versalzten. Unter dem neuen Glass-Steagall Act mussten Investmentbanken strikt von Geschäftsbanken, die die Konten der Bürger verwalteten und Kredite an Mittelstandsfirmen herausgaben, getrennt werden. So konnte die amerikanische Regierung entscheiden, welche Banken wirklich staatlich refinanziert werden mussten, um zum Wiederaufbau der US-Wirtschaft beitragen zu können.

Und scheint nicht diese Entscheidung heute die schwerste zu sein? Niemand weiß, wohin die Gelder aus den seit 2008 gezahlten Rettungspaketen fließen und dennoch hat die Regierung ein Gesetz für die Gründung von Bad Banks geschaffen – um noch mehr Geld an bankrotte Banken herauszugeben. Staatssekretär Jörg Asmussen, der die beruhigenden Reden für unseren Finanzminister Steinbrück schreibt, war selbst Hauptakteur bei der Schaffung der True Sale International, die Deutschland an den internationalen Verbriefungsmarkt brachte und unseren

Banken erlaubte, aus Schulden Geld zu machen. Aber auch viele der deutschen Gemeinden haben sich durch Spekulationen wie den Cross Border Leasing-Geschäften in den Ruin getrieben.

Die Bürgermeister der jeweiligen Gemeinden waren froh, durch den Verkauf der Infrastruktur, wie z.B. Kanalisation oder Müllabfuhr, ein scheinbar ausgeglichene Haushalte, manchmal sogar Gewinne vorlegen zu können. Durch den Zusammenbruch der Versicherungsgesellschaften in der Finanzkrise müssen diese Gemeinden jetzt zurückkaufen, was sie zuvor veräußert hatten – und das zum Marktpreis, der um das 2 oder 3-facheangestiegen ist – oder die ausfallenden Gewinne der beteiligten Gesellschaften ersetzen. Wie sieht es denn eigentlich mit unserer Infrastruktur selbst aus? In Berlin fällt ein erheblicher Teil des öffentlichen Nahverkehrs aus, da weder genügend technische Geräte zur Radprüfung der S-Bahn-Wagen, noch ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Andererseits warnte das Arbeitsamt vor kurzem vor einem neuen Anschwellen der Arbeitslosigkeit – betroffen sind eine Millionen Menschen! – da entweder kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse zu Ende gingen, oder die Firmen sogar ganz schließen mussten. Die Banken, die Geld aus den Rettungspaketen bekommen, vergeben keine Kredite mehr, da sie sich selbst ein Polster anschaffen wollen, um die nächste Krise an der Börse überstehen zu können und munter weiter Geschäfte zu machen.

Der plötzliche Gewinn der Deutschen Bank inmitten dieser Krise ist beispielhaft dafür. Anstatt also zu überlegen, ob man nun noch weitere 30 % des Arbeitslosengeldes kürzt oder weitere Gesundheitsreformen vornimmt, in denen dann entschieden werden soll, welches Leben noch lebenswert ist und welches nicht, ist die Reorganisation des Finanzsystems und die Schaffunge eines Kreditsystems dringend notwendig, damit wir wieder in den Aufbau der Realwirtschaft investieren können.

BÜSO

 

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