Kunst im Kiez Die Zerstörung
Normalerweise berichte ich an dieser Stelle über Künstler aus Kreuzberg und deren Werke. Diesmal jedoch liegt es mir am Herzen über die Kunst und der ihr entgegen gebrachte Missachtung zu berichten. Die East Side Gallery ist ein gutes Beispiel dafür.
Die Missachtung in Form von, auf den von Künstlern nicht genutzten und somit anfänglich noch Weiß grundierten Flächensein „Zeichen“, „Tagg“, „Logo“ oder wie auch immer, anzubringen, nimmt immer größere Ausmaße an. Nachdem bereits einige Radiosender über dieses Thema berichteten, möchte ich hiermit nun auch die Aufmerksamkeit auf dieses Problem lenken.
Denn ich frage mich: Wie kann es sein, dass ein weltweit bekanntes und bewundertes Kunstwerk wie die East Side Gallery derartigen Verunstaltungen ausgesetzt werden kann? Jeden Tag laufen Scharen an Berlin-Besuchern an dem ehemaligen Teil der deutsch-deutschen Grenze entlang und bestaunen die Umgestaltung in Form einer Freiluft Galerie mit dutzenden von riesigen Gemälden von Künstlern aus verschiedenen Nationen. Ich bin kein ausgesprochener Kunstliebhaber und interessiere mich auch nicht überdurchschnittlich für die Malerei, aber wenn ein paar völlig bekloppte Vollidioten nichts besseres zu tun haben als mit einem „I was here…“-Spruch ein Kunstwerk zu verunstalten, dann nehme ich mir trotzdem das Recht heraus, dieses anzuprangern und zu hinterfragen, wo der Schuh drückt.
Um mir einen Überblick über die aktuelle Lage zu verschaffen und nachzusehen, was in der Zwischenzeit geschehen ist um die Schmierereien an dieser Stelle zu unterbinden, begab ich mich zum Ort des Geschehens und stellte fest…nix! Aber auch absolut rein gar nichts hatte sich seit meinem damaligen Besuch und der ersten Kenntnisnahme geändert. In Weltmetropolen, wie Berlin es nach den Worten unserer Regierenden ja immer so gerne sein möchte, postieren die Verantwortlichen in den Stoßzeiten des Besucherandrangs Wachpersonal zum Schutz von erhaltenswerten Kulturgütern. Diese Vorgehensweise um Vandalismus zu verhindern ist in anderen Weltmetropolen Standard. In anderen Weltmetropolen, aber eben nicht hier. Hier lässt man die Touristen an einer immer weiter verschandelten Mauer entlang laufen. Ganz nach dem Motto: Friss oder stirb – Schau es dir an oder lass es sein.
Oder könnte der Grund für das mangelnde Interesse an der East Side Gallery damit begründet sein, dass kein Geld durch Eintritt und Vermarktungsrechte in die staatlichen Kassen gespült wird und das Projekt somit ausschließlich als unangenehmer Kostenfaktor angesehen wird?Dem würde ich entgegenhalten, das die Deutsche Braunkohle auch keinen Gewinn abwirft und trotzdem seit Jahrzehnten für den Erhalt der Arbeitsplätze subventioniert wird. Egal, zurück zum Thema.
Mein Vorschlag für die Behebung des Problems ist Beamte, die den Polizeidienst aus Körperlichen oder Geistigen Gründen nicht mehr ausüben können und sonst in den Frühruhestand entlassen worden wären, dort einzusetzen und mit der Bewachung von Kulturgut zu betrauen. Die einsatzfähigen Polizeikräfte könnten somit weiterhin in gewohnter Truppenstärke die Toiletten am Bahnhof Zoo bewachen.
Mit diesen Gedanken lief ich die Galerie entlang und sah an einigen Stellen, wo der Platz auf den von Künstlern unbehandelten, weißen Flächen keinen Platz für weitere Signaturen bot, besonders dreiste Arschlöcher (gibt es auch eine weibliche Form von Arschloch?) bereits auf die Flächen ausgewichen sind, die mit Kunstwerken versehen wurden. Dies sollte ein eindeutiges Signal an die Verantwortlichen sein, die Hände aus dem Schoss zu nehmen und endlich zu reagieren. Ansonsten werden demnächst die ersten „Mauerspechte“ mit Hammer und Meißel anrücken und Stück für Stück die Mauer zu einem erneuten Sanierungsfall machen.
Ich nahm mir vor, dem Ganzen in den nächsten Tagen einmal gründlich auf den Grund zu gehen. Zurück in der Redaktion setzte ich mich an meinen Computer und machte mich daran die Kontaktdaten der zuständigen Stellen herauszusuchen und sie mit meinen Fragen per E-Mail oder wenn nötig, telefonisch zu konfrontieren. Meine Fragen waren klar und deutlich definiert und sie waren strukturiert.
Frage 1: Was wird ihrerseits unternommen um die sich ausbreitenden Schmierereien an der East Side Gallery zu unterbinden?
Frage 2: Wann wird ihrerseits etwas gegen die sich ausbreitenden Schmierereien an der East Side Gallery unternommen?
Mit diesen beiden Fragen beschäftigte ich Herrn Alavi von dem East Side Gallery e. V. und das Büro vom Bezirksbürgermeister Herrn Dr. Schulz im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg.
In dem Telefonat, das ich mit Herrn Alavi geführt habe, erfuhr ich, dass die Arbeiten für eine Wiederherstellung der East Side Gallery bereits durch den Berliner Senat beschlossen und die dafür benötigten Gelder schon bewilligt wurden. Der Bezirk, der für die Durchführung der Arbeiten zuständig ist, spielt auf Zeit und schiebt die Aufgabe vor sich her. Auch die Vorschläge des Vereins, erhielten seitens der Verantwortlichen zwar Gehör aber schienen nicht auf den nötigen Sachverstand zu treffen. Denn der Sinn hinter dem Gedanken der Künstlerinitiative, mit Beleuchtung, Bewachung und weiterer Ausschilderung in Form von Informations- und Hinweistafeln, erneute Schmierereien zu verhindern ist noch nicht ganz in den Köpfen der Zuständigen angekommen. Die Verweigerung, dem Verein vor Ort ein Grundstück für die Errichtung eines Informationspavillons zur Verfügung zu stellen um näher an den Besuchern der Galerie zu sein, verhärtet die Fronten zusätzlich. Es wird vermutlich noch einige Gesprächsrunden zu diesem Problem geben müssen (wenn sie dann endlich mal zustande kommen), um irgendwann einmal, zu einem Abschluß zu gelangen.
Den Bezirksbürgermeister habe ich leider nicht erreicht und kann somit auch keine Stellungnahme seinerseits in diesem Zusammenhang liefern. Ich bitte alle an diesem Thema Interessierten, sich im Büro des Bezirksbürgermeisters Dr. Schulz, unter Tel.: 90298-2301 (Sekretariat) zu melden und den aktuellen Stand der Dinge zu erfragen.Es bleibt abzuwarten ob es dem Bezirk bis zum Frühjahr und somit auch bis zum erscheinen der ersten Besuchergruppen gelingen wird, die Schmierereien zu entfernen, ein Abstellen erneuter Verunreinigungen durch- und vor allem auch umzusetzen und dadurch den Ruf der East Side Gallery wiederherzustellen und zu retten.
Die Gedanken über eine Anmeldung für die Aufnahme und Eintragung in das Unesco-Weltkulturerberegister kann bis dahin als Wunschtraum auf Eis gelegt werden. Abschließend kann ich nur sagen, dass ich das Thema weiter verfolgen und zu gegebenem Zeitpunkt wieder aufgreifen und darüber berichten werde.