Touri – Tipp – Der Chamissoplatz
Diesmal berichten wir euch von einem Geheimtipp architektonischer Baukunst, aus der südwestlichen Ecke von Kreuzberg. Dem Chamissoplatz.
Er wurde nach dem Naturforscher und Dichter Adelbert von Chamisso (1781-1838) benannt. Zwischen Willibald-Alexis- und Arndtstraße gelegen ist der Chamissoplatz nur einen Katzensprung von der Bergmannstraße entfernt. Er ist in dem hektischen Treiben, welches um ihn herum stattfindet, eine Oase der Ruhe und Erholung.
Der Platz ist durchweg eingerahmt von Häusern aus der Gründerzeit (1859-1873). Detail liebende Hausbesitzer haben in den vergangenen Jahrzehnten liebevoll in den nahezu originalgetreuen Erhalt ihrer Häuser investiert. Mit dem im Zentrum gelegenen Spielplatz ist er auch für Familien aus der Umgebung ein beliebter Treffpunkt, um vom Alltag abzuschalten. Der Bestand an alten Bäumen und die um den Spielplatz angelegte Grünanlage trägt zu einem harmonischen Gesamtbild bei und bietet zugleich einen natürlichen Schallschutz.
So verwundert es kaum, dass die Kulisse rund um den Chamissoplatz regelmäßig von Filmproduktionen für Dreharbeiten genutzt wird. Auch die meisten Stadtrundfahrten steuern diesen Kiez an, wenn es darum geht einen gut erhaltenen und typischen Ort Berlins zu präsentieren. Rund um den Platz laden zahlreiche Bars und Restaurants zum gemütlichen Verweilen ein. Auch das ein oder andere Geschäft bietet fernab von dem sonst üblichen Einkaufstrubel seine Waren an, zudem findet an der Ostseite des Chamissoplatzes jeden Samstag ein Biomarkt statt. Die Produkte, die dort angeboten werden, stammen alle aus eigenem Anbau beziehungsweise eigener Produktion und kommen ausschließlich aus der Region Berlin und Brandenburg.
Ein weiteres “Bauwerk” aus der Zeit um 1900 verschafft dem originalgetreuen Gesamtbild des Chamissoplatzes eine einmalige Vollständigkeit. An der nordwestlichen Ecke, schräg gegenüber von Haus Nr. 1 befindet sich ein voll funktionsfähiges Pissoir und zugleich eine der letzten Domänen der Männlichkeit.
Die Geschichte dieser öffentlichen Bedürfnisanstalten lässt sich bis in die 1870er-Jahre zurückverfolgen. Den Bau dieser, im Volksmund auch als “Madai-Tempel” bezeichneten Anlagen, veranlasste der damalige Polizeipräsident von Berlin, Guido von Madai. 1878 wurden diese durch modernere, nach Plänen des Baustadtrats Carl-Theodor Rospatt entwickelten Nachfolger ersetzt. Aufgrund ihrer Form waren sie allgemein als “Café Achteck” bekannt. Mit dem Einzug der “Mir-Egal”-Mentalität in den 70er und 80er-Jahren verkamen diese, zu stinkenden Kloaken. Erst seit 1996 bemüht sich ein Berliner Unternehmen um die Sanierung und den Unterhalt dieser Anlagen. Das Pissoir am Chamissoplatz war eines der ersten das im Zuge dieser Maßnahme denkmalgerecht restauriert wurde. Um das Niveau dieses Berichtes ein wenig anzuheben, begeben wir uns nun in die kulturellen Kreise rund um den Chamissoplatz.
Kurt Mühlenhaupt (1921 – 2006), ein erfolgreicher Maler, Bildhauer und Schriftsteller, verbrachte hier viel Zeit mit Freunden und hielt unzählige Augenblicke vom Kiez in seinen Bildern fest. Genauso wie der Dichter Gerhard Kerfin. Nicht so bekannt, aber kulturell nicht minder wertvoll, beschreibt dieser in seinen Büchern die Eindrücke und Erlebnisse, die er in seinem Kiezleben gesammelt hat. Bisher sind 17 Werke in Eigenauflage und in limitierter Stückzahl von 300 bis 500 Auflage erschienen. Zwei Menschen deren Leben und Karriere nicht unterschiedlicher hätten verlaufen können. Nach wie vor ist der Chamissoplatz ein beliebter Treffpunkt für Künstler und Individualisten und nicht selten läuft einem hier oder da ein Schauspieler, Filmproduzent oder Musiker über den Weg.
Aufgrund seiner zentralen Lage ist der Chamissoplatz aus allen Richtungen gut zu erreichen.
Verkehrsanbindung
U7 – Station Gneisenaustraße
U6 – Station Platz der Luftbrücke
U6, U7 – Station Mehringdamm
Bus 140, M19 – Station U Bhf. Mehringdamm
TIPP: Die Bergmannstraße – mit vielen verschiedenen Läden, Cafés und Bars die Flaniermeile des Kiez´ und ein Muss für jeden, der von sich behaupten möchte, Kreuzberg erlebt zu haben. Die weltberühmte Currywurstbude “Curry 36” befindet sich direkt um die Ecke, am Mehringdamm 36 direkt an der Kreuzung Mehringdamm/Yorckstraße. Der ehemalige Flughafen Tempelhof und das Denkmal für die Opfer der Luftbrücke von 1948/49, liegen etwa 15 Minuten Fußweg entfernt.