Vergast und vergessen – Die Machenschaften von Militär und Geheimdiensten

Die Versuche an Menschen in Deutschen Konzentrationslagern sind weithin bekannt. Dass der Amerikanische Geheimdienst CIA mit Drogen experimentiert und sich darauf spezialisiert hat Selbstmordattentäter heranzuzüchten, wird der ein oder die andere auch schon einmal gehört oder gelesen haben. Weitgehend unbekannt sind hingegen die Machenschaften anderer Länder, wie Russland, Japan, Tschechien, und Nordkorea.

Die Sowjetunion erschuf 1921 mit dem Labor 12 – auch die Kammer genannt – ein Versuchslabor, in dem unter der Leitung des Toxikologen Grigori Moissejewitsch Mairanowski an Häftlingen Experimente mit neu entwickelten Giften durchgeführt wurden. So weit bekannt ist, wurde hauptsächlich mit Substanzen gearbeitet, die bei einer Obduktion nicht nachweisbar wären. Über seine Opfer schrieb Mairanowski in einer Mitteilung an Lawrenti Beria, Chef der sowjetischen Geheimdienste, er habe „mehrere Dutzend Erzfeinde der Sowjetunion vernichtet“.Waleri Alexandrowitsch, Generaloberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, sprach in einem Vortrag 1993 davon, dass unter der Leitung von Mairanowski mehrere tausend Menschen unterschiedlicher Nationalitäten umgebracht wurden.

Das dieses Thema nicht an Aktualität verloren hat bestätigt die Aussage von Dr. Vadim Birstein, Buchautor: „Das ist keine Vergangenheit, diese Ideen existieren noch heute“. Der Regenschirmmord an dem bulgarischen Schriftsteller und Dissidenten Georgi Markow in London, im Jahr 1978 und die Ermordung des Ex-KGB Mitarbeiters Alexander Litwinenko im Jahr 2006, ebenfalls in London, sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Forschungsarbeiten aus dem russischen Labor 12 zurückzuführen.

Während sich die Sowjetunion ihre Experimente auf Häftlinge beschränkte, verseuchten die Japaner bei ihren Versuchen in China ganze Dörfer mit Pest. Nach dem sich die europäischen Staaten 1925 mit Genfer Protokoll auf eine Ächtung von Chemiewaffen und Giftgas geeinigt hatten, wurde die Art der Kampfführung Japan neu in die Kriegsstrategie mit aufgenommen. Ishii Shirō, Generalleutnant der Kaiserlichen Japanischen Armee, sah die Chance für eine zukünftige militärische Übermacht seines Landes durch die Nutzung der geächteten Waffen. Um Erkenntnisse über Chemiewaffen und biologische Kriegsführung zu sammeln, begab sich Shirō 1928 auf eine zweijährige Reise durch den Westen.

Unter seiner Führung wurde 1936 die Einheit 731 gegründet, die offiziell im Bereich der Seuchenbekämpfung arbeitete, also genau im gegensätzlichen Bereich. Neben den Versuchen mit Giften und biologischen Erregern wie Typhus und Milzbrand ließ er auch die Auswirkungen von Unterkühlung und Überdruck an Kriegsgefangene und Regimegegner erforschen. Mit den Erkenntnissen aus den Versuchen wollte Shirō den Krieg gegen Amerika beeinflussen. Sein Plan war es, unter anderem die Kalifornische Stadt San Diego mit Biowaffen anzugreifen. Die Amerikanischen Geheimdienste deckten das Vorhaben jedoch auf und drohte mit der Vernichtung der japanischen Führungselite. Daraufhin wurde der Plan seitens der Japaner verworfen, was die Amerikaner nicht davon abhielt, Hiroshima und Nagasaki trotzdem mit dem Abwurf der Atombombe zu zerstören.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs bereiteten die USA ein Abkommen mit Ishii Shirō vor, das 1948 zu stand kam. Darin wurde festgelegt, dass Shirō bei Übergabe seiner Forschungsunterlagen an die Amerikaner, in die USA auswandern dürfe und ihm und ihm wurde zugleich Straffreiheit zugesichert. Einige Amerikaner hatten zunächst Zweifel das Abkommen einzugehen, da sie selbst in den Nürnberger Ärzteprozessen die KZ-Ärzte verurteilten, die in ähnlich menschenverachtende Art und Weise ihre Forschungen betrieben hatten wie Shirō. Zum anderen befürchteten sie, dass herauskommen könnte, dass für die Experimente auch, in Kriegsgefangenschaft geratene US-Soldaten herangezogen wurden. Wie die acht Besatzungsmitglieder einer US-Bomberstaffel im Jahr 1945. Letzten Endes siegte die Gewissen- und Skrupellosigkeit.

So Nahtlos wie der Kalte Krieg an den 2. Weltkrieg anschloss, genauso nahtlos gingen die Versuche mit Drogen und Chemiewaffen an Menschen weiter. Parallel zu den Forschungen in der Sowjetunion, entwickelte sich ab 1949 unter dem Tschechischen Geheimdienst StB in Prag, die Forschung mit Drogen. Die Tschechen erlangten mit den Jahren den Status der Chemiewaffen- und Drogenspezialisten des Ostblocks. Im Jahr 1968 flüchtete sich Generalmajor Jan Ŝejna in die USA und berichtete von seinen Erlebnissen unter anderem auch darüber, dass in einem Feldlazarett Versuche an Kriegsgefangenen vorgenommen wurden. Jedoch wollte weder der Amerikanische Kongress, noch der US-Geheimdienstapparat etwas mit ihm zu tun haben und taten seine Aussagen als Unsinn ab. Der Geheimdienst zahlte ihm 50.000 US-Dollar mit der Auflage zu verschwinden.

Nachdem er trotzdem weitere Interviews gab, starb er auf fragwürdige Weise. Den Aussagen Ŝejnas stehen die von Bohumil Eiselt der letzte lebende Arzt aus dem Feldlazarett entgegen. Eiselt widersrpicht den Aussagen Ŝejnas. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts und dem Beitritt Tschechiens zur NATO hatten die westlichen Geheimdienste Zugriff auf die Forschungsunterlagen. Dass sich die Amerikaner im ersten Golfkrieg 1991 die Tschechischen Spezialisten zur Hilfe holten, es darum ging, die Irakischen Kampfmittel zu ermitteln, war in sofern nicht verwunderlich, als dass diese, die Waffen Jahre zuvor entwickelt und an den Irak geliefert hatten.

Bei einem Besuch von zwei Militärermittlern 1999 in Prag bestätigte Vaclav Eminger die Begegnung mit Amerikanischen Häftlingen. Eminger war 18 Jahre lang als politischer Häftling der ČSSR im Gefängnis des Tschechischen Geheimdienst StB, inhaftiert. Zwei Mal sei er Amerikanern in begegnet.

Nach dem 2. Weltkrieg machten sich auch der Amerikanische Geheimdienst CIA daran Experimente mit Drogen durchzuführen und seine Forschungen auf den Ergebnissen von Mengele und Shirō aufzubauen. Im Koreakrieg setzten die Amerikaner wissenschaftlich erwiesen, Biokampfstoffe gegen China ein. Zeugen sagten aus, dass Ishii Shirō, der in die USA zwischenzeitlich mit allen bei den Menschenversuchen gewonnenen Daten ausgewandert war, nach Korea geflogen war um den Amerikanern vor Ort bei der biologischen Kriegsführung behilflich zu sein. Bewiesen wurde der Einsatz der Waffen durch Insekten und Bakterienstämme, die aus Shirōs Forschungsreihe stammten. Die Insekten die gefunden wurden kamen in China in der Natur nicht vor.

Auch in anderen Bereichen haben die Amerikaner die Drecksarbeit in andere Hände abgegeben. Damals wie heute nahmen und nehmen die Amerikaner die Forschungsergebnisse dankend an und die beteiligten Forscher und Wissenschaftler gleich mit sich. Somit schließt sich der Kreis und es wird einem bewusst, dass die Regime dieser Welt Taten wie diese zulassen, nur um sich selber nicht die Finger schmutzig machen zu müssen. Dieser Vorgehensweise liegt alte Tradition zu Grunde. Syrien war ein stets verlässlicher Partner wenn es darum ging mit, in Amerika verbotenen Foltermethoden an Informationen zu gelangen und verdächtige Personen zu Aussagen zu bewegen, anstatt sich, wie in Abu Ghuraib die Hände schmutzig zu machen.

Wie weit die Amerikaner gegangen sind, um an Forschungsergebnisse zu gelangen zeigt der Fall von Hiroschima und Nagasaki. Beide Städte waren militärisch nicht von strategischer Bedeutung. Ein Widerspruch dieser These würde automatisch die Frage aufwerfen, warum sie dann nicht bereits viel früher bombardiert worden und bis zu den Bombenabwürfen, die das Ende des Krieges zwischen Amerika und Japan herbeiführten unversehrt geblieben waren. Die nach den Bombenabwürfen herbeigeeilten amerikanischen Ärzte, Krankenschwestern Wissenschaftler und Kameraleute hatten jedenfalls nicht die Absicht humanitäre Hilfe zu leisten, sie wollten nur die Auswirkungen der Detonationen dokumentieren und für spätere Zwecke auswerten. Die Menschen waren ihnen egal, sie waren Versuchsobjekte.

Nicht minder erschreckend sind die Erkenntnisse, die Abraham Cooper vom Simon Wiesenthal Zentrum im Jahr 2003 erlangte. Die Informationen die er erhielt, deuteten an, dass es in Nordkorea Gaskammern geben soll. »Es geht nicht um Nazi Deutschland, die Wannsee Konferenz. Es geht also nicht um die billigste Methode, wie man Menschen töten kann, Darum geht es hier nicht, soweit wir wissen. Aber es gibt Experimente mit politischen Häftlingen, auch in Gaskammern, um die Nordkoreanische Massenvernichtungswaffen zu verbessern. Cooper reist darauf hin nach Korea, um sich in Seoul mit drei ehemaligen Nordkoreanern zu treffen. Ihre Aussagen sind um so bemerkenswerter, da sie keine Opfern, sondern ehemaligen Täter waren.

Auf die Frage nach der Arbeit mit Gaskammer-Versuchen, antwortete ihm der erste seiner Gesprächspartner: »Ja klar, habe ich. Das war nichts besonderes. Es war 1979. Es war ein Experiment. Ich habe es für eine gewisse Zeit gemacht.« Die Frage nach dem Warum beantwortete Coopers Gegenüber mit: »Es war gut für die Karriere.« Danach beschrieb er ein Experiment, bei dem ein Ehepaar und ihre zwei Kinder langsam, aber sicher vergast wurden und die anwesenden Wissenschaftler dokumentierten, wie lange es dauerte. Während dessen versuchten die Eltern den Kindern ihren letzten Atem zu spenden, damit diese noch ein paar Sekunden, vielleicht eine Minute leben würden. Nach Gewissensbissen gefragt, bekam Cooper zur Antwort: »Warum sollte ich? Die politischen Gefangenen waren eh so gut wie tot.«

Coopers dritter Gesprächspartner berichtet von zwei Gruppen Wissenschaftler. Er sei in der ersten Gruppe gewesen, die verschiedene Kampfgase an Tieren teste. Unter den Gasen waren auch nicht nachweisbare, die für Mordaufträge benutzt werden könnten. Bei den Versuchen ging es darum herauszufinden, wie lange die Kadaver auf dem Schlachtfeld noch toxisch waren und wie lange man warten müsste, bis die eigenen Truppen nachrücken könnten. Er berichtete detailliert von verschiedenen Sorten Gas. Als seine Gruppe die Arbeit abgeschlossen hatte, mussten sie die Ergebnisse an die zweite Gruppe übergeben, die die gleichen Versuche mit Menschen durchführten.

Die Augenzeugen berichten von unglaublichen Erlebnissen, die sie aus „diplomatischen Erwägungen“ nicht öffentlich bestätigen dürfen. Wie Kim Young Soon. Sie war von 1970 bis 1979 Gefangene im Lager Yodok und verlor dort ihre Eltern und einen Teil ihrer Kinder. Kim Tae Jin war von 1985 bis 1989 im Lager Yodok interniert. Als er entlassen wurde, musste er versichern, dass er über das Erlebte und die Zustände im Lager Stillschweigen bewahren würde. Jung Gwangil war von 2000 bis 2003 inhaftiert und sagt: »Ich kann bezeugen, dass aus meiner Gruppe jeden Tag einer starb.« Ehemalige Insassen berichten von Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen mit flüssigem Metall. Es zählt zudem belegten Tatsachen, dass Menschen ohne Betäubung operiert wurden um die Ergebnisse nicht durch die Verabreichung von Betäubungsmitteln zu verfälschen.

In einem belegten Fall wurde zwei Menschen in den Bauch geschossen, um ihnen die Projektile bei vollem Bewusstsein zu entfernen. Sinn dieses Versuchs war, den Operateuren beizubringen wie sie Projektile aus Schusswunden zu entfernen hatten. Andere Ärzte übten Amputationen und schnitten ihnen die Luftröhre auf. In anderen Fällen wurden den Versuchsmenschen, ebenfalls bei vollem Bewusstsein Gliedmaßen abgetrennt um zu erforschen, wie lange es dauert bis sie sterben würden. Es wurden Menschen Vergast um zu erforschen wie sie auf welches Gas wie reagieren, wie schnell der Tod einsetzt und ob die verabreichten Substanzen nach dem Ableben nachweisbar sind. Diese Frage war insbesondere für die Geheimdienste von besonderer Bedeutung, da sie somit Menschen ermorden konnten ohne Spuren zu hinterlassen. Bis heute sollen in fünfundzwanzig Gulags bis zu 200.000 Häftlinge interniert sein.

Das Stillschweigen der Weltöffentlichkeit zu diesem Thema macht Cooper an einem Beispiel deutlich. Bereits im 2. Weltkrieg wurden weder die Gaskammern und Krematorien der Konzentrationslager, noch die Zufahrtswege, wie die Bahngleise bombardiert, womit die Vernichtung von Menschenleben vielleicht nicht gestoppt, aber dennoch in ihrem Fortschreiten behindert worden wären. Nur die Fabriken für die Kriegsproduktion wurden von den Bomben der Alliierten zerstört. »Es war eine politische Entscheidung der Alliierten. Die Juden zu retten hatte keine Priorität. Es ist mittlerweile gut dokumentiert, dass die Fabriken um Auschwitz herum bombardiert wurden, aber die Gaskammern, von denen die Alliierten wussten, die sie aus der Luft fotografiert hatten, die Gaskammern wurden verschont«, und fügt an: »Es gab kein ZDF, CNN, keine BBC und kein Internet in den 30er Jahren, als Stalin die Gulags errichtete. Das gleiche gilt für die Deutschen Vernichtungslager der 40er Jahre. Wir haben keine Ausrede mehr.« Abschließend beklagt Cooper dass diese Tatsachen kaum Beachtung in der Gesellschaft finden und die Medien, Regierungen und Internationale Organisationen schweigen. Lediglich die Washington Times berichtete auf der Titelseite über die von ihm auf einer Pressekonferenz mitgeteilten Missstände in Nordkorea.

Die Informationen zu diesem Bericht stammen unter anderem aus der BBC-Dokumentation „Mengeles Erben“ von ….aus dem Jahr 2004 und wurden um aktuelle Daten ergänzt.

Geschrieben von Olly

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