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Vom Abseits ins Aus? - Der Kreuzberger

Vom Abseits ins Aus?

Jugendladen vor dem Aus – sitzen Jugendliche bald wieder auf der Straße?

Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass der Jugendladen der Till Eulenspiegel-Kette e.V. in der Köpenicker Straße 189 aufgrund von Budgetkürzungen im Bezirk wahrscheinlich zum Jahresende schließen muss. Grund genug für uns, um nachzufragen, mit den Betroffenen zu sprechen und einen Interviewtermin mit einer der verantwortlichen SozialarbeiterInnen des Jugendladens war zu nehmen.

Der T.E.K. Jugendladen leistet nun seit über 37 Jahren (seit 1976) integrative Jugendarbeit in den Bezirken Kreuzberg und seit Maueröffnung auch in Friedrichshain. Integration bezieht sich hierbei nicht nur auf Jugendliche mit Migrationshintergrund, sondern auch auf solche aus sozial schwierigen Verhältnissen. Der Jugendladen arbeitet selbstverwaltet, d. h. alle Vorschläge, Änderungen und Aktivitäten werden in einem Plenum aus betreuten Jugendlichen, SozialarbeiterInnen und Verwaltung abgestimmt.

Im Schnitt werden ca. 30 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 25 Jahren in festen Gruppen betreut. Diesen Jugendlichen bietet der Jugendladen einen Rückzugsort genauso wie eine Begegnungsstätte, aber auch umfassende Hilfe bei der Bewältigung von persönlichen und alltäglichen Problemen, wie häuslicher Gewalt, Drogen, Obdachlosigkeit oder dem Wahrnehmen von Bildungschancen. Unter anderem stehen ein Jugendwohnzimmer, eine Siebdruckwerkstatt und eine Küche zur Verfügung, die gemeinsam genutzt, bewirtschaftet und gepflegt werden. Aber auch Reisen und Aktionstage (Kino, Sport, Ausflüge) fördern das Miteinander unter den Teilnehmern. Das Zusammenleben findet nach bestimmten Regeln statt, die gemeinsam in der Gruppe festgelegt werden. Hinzu kommt ein offener Bereich in Form eines Cafés, das unter anderem auch als Veranstaltungsort und Anlaufstelle dient und allen Interessierten zur Verfügung steht.

Das Konzept umfasst Einzelunterstützung und Gruppenarbeit von klärenden Gesprächen über Beratung bei psychosozialen Problemen, gezielter Hilfe bei Wohnungs-, Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche bis hin zur Begleitung von Ämtergängen oder der Zusammenarbeit mit weiteren Betreuern, wie z. B. Bewährungshelfern.

Das Ziel der T.E.K. Jugendarbeit besteht darin, die Jugendlichen durch Partizipa-tion und Selbstverwaltung in alle Entscheidungsprozesse einzubeziehen und mittels Überwindung von Rassismus, Sexismus und anderen Unterdrückungsmechanismen den Weg zur Entwicklung von selbstbestimmten, eigenverantwortlichen Persönlichkeiten in einem verantwortungsvollen Zusammenleben zu ebenen.

Und nun plötzlich soll kein Geld mehr für dieses etablierte und erfolgreiche Projekt vorhanden sein???

Der Grund dafür sind Sparmaßnahmen im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain. Von den rund 729.000 Euro/p.a. im Bereich Jugendsozialarbeit, die sich unter acht Projekten aufteilen, sollen im kommenden Jahr ca. 30 Prozent u.a. mit der Begründung eingespart werden »dass durch zunehmende Gentrifizierung und Besserstellung des Bezirks der Hilfebedarf unter den Jugendlichen sinkt«. Zur Rechtfertigung der Sparmaßnahmen wurde außerdem eine Liste mit weiteren Kriterien für die Zukunft des Jugendsozialarbeit aufgestellt, bei der einige Projekte zwangsläufig durch das Raster fallen, unabhängig davon, wie erfolgreich ihre Ansätze in der Vergangenheit waren.

Die vom Bezirk vorgegebenen Sparmaßnahmen werden im Jugendhilfeausschuss umgesetzt, der sich aus Vertretern des Jugendamts, Politikern und Bürgerdeputierten zusammensetzt. Die Vorschläge für die Umsetzung der Sparmaßnahmen wurden nach unseren Informationen vom Jugendamt zwischen Ende August und Mitte September wohl sehr kurzfristig, ohne rechtzeitige Einbeziehung der T.E.K.-Verantwortlichen und ohne Berücksichtigung von z. B. Kündigungsfristen für Mitarbeiter oder Räumlichkeiten beschlossen.

Aufgrund von politischer Unterstützung durch die Piraten und die Linke, aber auch durch die Proteste der Betroffenen bei den entsprechenden Sitzungen und das plötzliche Auftauchen zusätzlicher Finanzmittel im Bezirk scheint nun das letzte Wort hoffentlich doch noch nicht gesprochen.

Zur Zeit ist jedoch noch unklar, ob und wie es weiter gehen wird. Es liegen derzeit drei Vorschläge auf dem Tisch. Der Erste sieht die Schließung, der Zweite eine dramatische Kürzung der Mittel vor, und nur der Dritte würde eine Fortführung des Projekts mit der bisherigen und dringend benötigten Finanzierung in Höhe von 75.000 Euro pro Jahr ermöglichen.

Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft des Jugendladens soll nun am 5. November 2013 in einer weiteren Sitzung des Jugendhilfeausschusses fallen. Diese Sitzung ist öffentlich und findet um 17 Uhr im Bezirksamt Kreuzberg-Friedrichshain, Yorkstraße 4-11, statt. Jede/r die/der sich für den Fortbestand des Jugendladens einsetzen will, ist herzlich willkommen.

Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, kann sich unter www.tek36.de im Internet informieren oder einfach mal Donnerstag bis Sonntag zwischen 17 und 22 Uhr im Café vorbei schauen.

Geschrieben von Kersten