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Autor: Olly - Der Kreuzberger

Ausgabe 26

Titelthema: Wahl-Spezial: Direktkandidaten-Interview
Weitere Themen: Vorwort – Verständnis / TouriTipp – Das Regierungsviertel – Schaltzentrale der Macht / Horch & Guck –
Wahlsonntag / TrendScout – Illegaler Gemüseanbau 2030 / Kurz Gesagtes – Bemerkt von bookfield / Zwei Köpfe – Zwei Meinungen – Wählen oder nicht wählen?

Hier geht er zur PDF-Ausgabe Nr. 26




Zwei Köpfe, zwei Meinungen – Die Wahl 2013

Warum wählen? Haben wir überhaupt eine Wahl?

Liebe LeserInnen, mittlerweile bin ich seit beinahe 25 Jahren wahlberechtigt und die Politik hat in meinem Leben immer eine große Rolle gespielt, nicht nur weil ich sie in der Schule als Leistungsfach hatte, sondern weil Diplomatie, Organisationsfähigkeit, Verantwortung, Durchsetzungsvermögen und Entscheidungsfreude allgemein wichtige Eigenschaften sind.

Leider vermisse ich diese nur allzu oft bei unseren Politikern in der heutigen Zeit. Ganz ehrlich, wer »Von-denen-da-oben« traut sich schon, auch mal eine wichtige, wenn auch gleichzeitig unpopuläre Entscheidung zu treffen, wagt es, sich auf die Seite des Volks/der Wähler und gegen die Lobbyisten zu stellen oder traut sich, langfristige Notwendigkeiten – über den Zeitraum von ein bis zwei Legislaturperioden hinaus – anzupacken, zum Beispiel die Überarbeitung des staatlichen Rentenmodells zur Altersabsicherung. Heutige Politiker regieren oft nur im »Hier und Jetzt«, ohne Visionen für die Zukunft von Staat und Volk, in der Hoffnung, ihr Schäfchen längst im Trockenen zu haben, wenn der Kollaps kommt.

Auch übernimmt kaum eine politische Persönlichkeit heute noch Verantwortung für ihr Handeln oder nimmt ihren Hut und zieht damit gewissenhaft die Konsequenz aus eigenem Fehlverhalten, bevor es zu einem öffentlichen Eklat kommt, siehe beispielsweise Christian Wulff. Jeder klammert bis zuletzt an sein Amt, egal wie sehr es dem öffentlichen Ansehen von Person, Partei, Politik oder der gesamten Republik in den Augen der restlichen Nation oder Welt schadet. Es wird schamlos weiter gelogen, vertuscht und kaum einer besitzt den – wenn auch zweifelhaften, wenn auch späten – Anstand eines Jürgen Möllemann, die Leine nicht zu ziehen.

Die oben genannten wichtigen Eigenschaften wurden längst auf dem Altar der parteipolitischen, monetären und lobbyistischen Interessen geopfert. Die meisten Politiker scheinen auch zu vergessen, dass sie Vertreter ihrer Wähler im Sinne des Volkes sind und keine Institution zum Selbstzweck.

Zu den fehlenden menschlichen Persönlichkeiten unter den Politikern kommt erschwerend, dass es abseits der großen Worte im Wahlkampf kaum Unterscheidungsmerkmale zwischen den großen, etablierten Parteien in der realen Politik und ihrer täglichen Umsetzung gibt.

Wir leben in Zeiten, wo grüne Politiker Anzüge tragen, Verbrauchssteuern auf Benzin erheben und sie Ökosteuer nennen, obwohl jeder weiß, dass es in Deutschland keine zweckgebundenen Steuern gibt.

Die Lobbyisten der CDU nehmen den Grünen die Butter vom Brot und schaffen die Kernenergie ab. Die Kosten dafür werden nicht etwa durch die langjährigen Nutznießer, milliardenschwere Energiekonzerne, getragen oder aus der sogenannten Ökosteuer gedeckt, sondern dem Volk in Form von signifikant gestiegenen Stromkosten (Netzausbau bla, bla) aufgebürdet.

Die Sozialdemokraten, die ihre Wurzeln in der Arbeiterschaft immer wieder betonen, führen Hartz IV ein, schaffen eine neue Unterschicht und spalten damit die Bevölkerung in arm, reich und superreich.

Und die FDP überlässt sowieso jeden seinem Schicksal.

Alle zusammen aber lassen es zu, dass Industrie und Wirtschaft – nicht nur durch die Vergabe von Aufsichtsratsposten – in unserem Land und auf unserem Kontinent einen so großen Einfluss gewinnen, dass die Unterstützung von Banken oder die Subvention von Unternehmen zur Verhinderung einer Abwanderung ins Ausland vorrangiger ist, als die Entlastung der Bürger, ein bedingungsloses Grundeinkommen oder eine realisierbare Alterssicherung.

Zusammengefasst habe ich den Eindruck, dass es der Politik heutzutage an Visionen für die Zukunft, mindestens aber am Mut zu deren Umsetzung fehlt. Vielmehr kommt es mir vor, als würde hier inzwischen nur noch die Verwaltung des Untergangs stattfinden, bei der jeder hofft, noch soviel wie möglich abzugreifen und gleichzeitig dafür betet, dass das Schlimmste nicht in seiner Legislaturperiode passieren möge. Deshalb bleibt mir – nach vielen Versuchen, Beobachtungen, Hoffnungen und Enttäuschungen – das Gefühl, eigentlich noch nie eine Wahl gehabt zu haben oder zumindest nur die des kleinsten Übels. Rio Reiser / Ton, Steine, Scherben sangen einst: »…Ich bin nicht frei und ich kann nur wählen, welche Diebe mich bestehlen, welche Mörder mir befehlen…«

Und trotzdem werde ich auch diesmal wieder zur Wahl gehen. »WAS?!« werden jetzt einige nach dem soeben Gelesenen entsezt rufen und ich kann es ihnen nicht verübeln. Ich habe auch diesmal keine allzu große Hoffnung, etwas zu verändern. Aber zu leicht möchte ich es »Denen« auch nicht machen.

2009 betrug die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl nur rund 72 Prozent und hatte damit seit Kriegsende einen historischen Tiefstand erreicht. Der Trend lässt vermuten, dass in diesem Jahr noch weniger Menschen ihr Stimme abgeben. Dies bedeutet aber wiederum, dass jede einzelne Stimme um so mehr zählt. Kleine Mathematik… Wenn 72 Prozent der Menschen 100 Prozent der Politik bestimmen ergibt sich daraus folgende Rechnung: 100/72=1,39. Das heißt jede abgegebene Stimme zählt knapp 1,4-fach. Und leider gibt es hierzulande keine Mindestwahlbeteiligung, die eine bestimmte Anzahl abgegebener Stimmen notwendig machen würde, um eine Regierung zu legitimisieren.

Noch zwei weitere Argumente… Erstens: Ich möchte es nicht den anderen wehrlos überlassen, mein Schicksal zu bestimmen. Selbst wenn ich nicht gewinne, habe ich doch meine Meinung kund getan. Schließlich demonstriere ich ja auch für Dinge, die mir wichtig sind und äußere hier in der Zeitung meine Meinung. Zweitens: Je wertvoller eine Stimme wird, umso mehr kann sie ausrichten und das gilt leider auch für die, die ich nicht mag oder die, die Organisationen/Parteien unterstützen, denen ich nicht noch mehr an Macht überlassen will. Dem muss man etwas entgegensetzen, auch wenn das Ganze ein abgekartetes Spiel ist.

Jetzt bleibt nur noch eine Frage offen. Was wählt man, wenn man eigentlich nichts wählen kann? Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Ich werde hier niemand zu etwas verführen… Aber es gibt da in mir eine Idee für einen Anfang: Nämlich die Mehrheitsverhältnisse so mit zu gestalten, dass es keiner Partei oder Koalition möglich ist, ohne Zustimmung zumindest eines Teils der Opposition Entscheidungen oder Gesetzte durchzubringen. Von einer solchen Konstellation erhoffe ich mir einen echten politischen Dialog in der Sache, zugunsten der Wähler und Menschen, statt einer Vertretung von Interessen der Parteipolitik, Wirtschaft oder einer Lobby. Wenn das nicht hilft, bleibt nur noch Revolution. Aber geschichtlich betrachtet, haben die Deutschen – im Vergleich beispielsweise zu den Franzosen – auch noch niemals eine vernünftige Revolution zu Stande gebracht. Und solange die Politik dafür sorgt, dass selbst die Hartzer grade noch satt werden, sofern sie ihr Geld nicht für anderes ausgeben, mache ich mir aber da wenig Hoffnung. »Satt geht nicht auf die Straße« und der deutsche Arsch ist ohnehin schwerfällig. Das wissen »Die-da-Oben« leider genau.

Geschrieben von Kersten

 

…oder nicht wählen? Zur Wahl ohne Wahl?

Alle vier Jahre bin ich gefragt. Ich, der Wähler! Nun wird, in ihren Augen, um meine Gunst gebuhlt. Die Stadt wird wieder zugekleistert mit überdimensionierten Köpfen und Parolen, deren Inhalte sich nicht von der daneben hängenden Kekswerbung absetzen können und einen zudem vom Verkehr ablenken, eigentlich unverantwortlich! Vertrauen wollen sie verbreiten, genau das, was verloren ging. Es sind aber auch schwere Zeiten, und wenn wir uns mal anschauen, wo wir stehen in Deutschland, also, im Vergleich zu … stehen wir doch blendend da, nicht wahr? Sicherlich kann ich mich nicht beschweren, wenn es um meine persönliche Existenz geht. Im Vergleich zu … geht´s mir wirklich gut, also noch. Genug zu essen, ein Dach überm Kopf, was will ich mehr? Ein bisschen mehr Bescheidenheit würde mir gut zu Gesicht stehen.

Doch ist das ein Grund zu wählen, bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich nicht hingehe? Zum Wählen braucht man normalerweise verschiedene Angebote, aus denen man auswählen und eine Entscheidung treffen kann. Doch wo sind diese noch zu erkennen? In welchem Einheitssumpf sollte ich welche Parteien wegen was nochmal schnell wählen? Nur marginale Abweichungen sind mit Mühe wahrnehmbar. So brachte Rot-Grün die Agenda 2010 auf den Weg, mit all ihren sozialen Einschränkungen, und führte Deutschland in einen völkerrechtswidrigen Krieg auf dem Balkan. Dagegen läutete Schwarz-Gelb mit einer 180-Grad-Drehung die Energiewende ein, gegen die sie sich jahrzehntelang vehement gesträubt hatten. Ohne dass sich die Informationslage diesbezüglich nur einen Müh geändert hätte! Parolen und Politiker werden nach Werbewirksamkeit verändert und besetzt, leider nicht nach Kompetenz, nur so ist dieses Ressort-Hopping erklärbar. Die Beliebigkeit der Einsatzgebiete zwingt mich »leider« an ihrem Fachwissen zu zweifeln. Zudem werden sie von Lobbyisten massiv bedrängt und es gibt nicht wenige, die unter diesem Druck nachgeben. Haben sie ihre Schuldigkeit getan, wartet nicht selten ein gutes Pöstchen im Aufsichtsrat eines xy-Konzerns, und auf einmal bekommt eine alte Entscheidung rückwirkend Sinn.

Apropos Vertrauen, ich wollte mich bemühen, doch fällt es mir immer schwerer. Also, wenn ich ehrlich bin, ist es schon längst versickert, in den Datennetzen unserer Sicherheitsorgane, in den Anbiederungen an die Märkte und Banken und in den hohlen Sprechblasen ohne Visionen und Konzepte für die Zukunft. Nein, mein Vertrauen ist verpufft, dabei ist man heute fast schon dankbar, für jede erwähnenswerte Idee, für jedes Kraftpröbchen mit dem Finanzsystem oder multinationalen Konzern und vor allen Dingen für jede noch so kleine Offenlegung der Faktenlage. Die permanenten Lügengerüste, mit denen Politiker uns abspeisen wollen, sind nicht mehr erträglich. Sie halten uns scheinbar wirklich für so dumm. Noch nicht einmal die Bekundung, sich als Volksvertreter dem Volk verpflichtet zu fühlen, haben sie noch nötig (außer im Wahlkampf natürlich). Die Märkte sollen es richten, und wie sie es richten, sehen wir an den Auswüchsen in Asien, Afrika und Südamerika. Dürfen wir uns auf ähnliche Veränderungen einstellen, sobald die Zeiten härter werden? Sind Griechenland und Spanien uns nur ein paar Jahre voraus?

Was steckt dahinter, wenn die deutsche Politik ihren eigenen Machtverlust vorbereitet und nationalstaatliche soziale Errungenschaften durch ESM und Lissabon-Vertrag kampflos abschenkt? Im Mittelpunkt von Parteien scheint als erklärtes Ziel nur noch der eigene Machterhalt zu stehen. Inhalte sind eher lästige Begleiterscheinungen, die man taktisch einzusetzen versucht. Beschäftigung mit sich selbst, weil die großen Entscheidungen längst woanders gefällt werden?

Doch ich schweife ab! Wählen soll ich, vergesst es. Ich lass mir nicht vorwerfen, das was ihr da macht, hätte ich mitentschieden. In meinem Namen sollt ihr nicht mehr sprechen, die Zeit des Taktieren ist vorbei, nicht das kleinere Übel will ich und auch keine strategische Entscheidung. Solange sie mit ihrem eigenen Sumpf beschäftigt sind, solange werde ich ihnen meine Legitimation verweigern und eigene Wege gehen. Lassen wir uns nicht für blöd verkaufen. Druck auf diese Politik auszuüben, erreicht man nicht mit einem Kreuzchen. Es gilt, sich wieder einzumischen, sich zu organisieren, das mögen sie nicht. Nur der Druck der Straße wird die Machtstrukturen verändern können, die Politik kann es anscheinend nicht mehr, ist darin gefangen oder nicht mehr interessiert. Ich bin auch nicht mehr gewillt, bei diesem Spiel meine zugewiesene Rolle als Stimmvieh einzunehmen. Wenn bei Monopoly die Straßen verteilt sind und du hast nur Bad- und Turmstraße, dann kannst du strampeln wie du willst. Entweder es wird neu gemischt und neu verteilt oder rate mal wer die Lust verliert! Nicht wählen bedeutet nicht unpolitisch zu sein, es kann auch bedeuten, dass man einfach nur das Spiel durchschaut hat!

Selbst ungültig oder nicht wählen spielt für die Wahlkampfkostenrückerstattung keine Rolle. Da die staatliche Parteienfinanzierung auf ca. 150 Millionen Euro begrenzt ist und diese Summe »Dank« diverser Zuschüsse jedes mal überschritten wird, kann der komplette Geldpool immer auf die Parteien proportional verteilt werden. Obwohl nur jede abgegebene Stimme Geld bringt (ca. 70 – 85 Cent pro Wähler). Das Einzige auf was ich als Nichtwähler verzichte, ist die Mitbestimmung auf das Verhältnis wie das Geld bei den Parteien verteilt wird. Man muss halt Opfer bringen, puh! Ist in der Wahlfreiheit nicht auch deren Verweigerung mit eingeschlossen? Meine Wahl ist keine Wahl! Super Slogan!

Doch ein kleiner Fakt lässt mich etwas nachdenklich werden. Neben SPD-CDU-FDP-DIEGRÜNEN, gibt es noch Parteien, die andere Wege gehen wollen und deren Stärkung könnte den Boden für NGO´s (Non-Governmental Organization) verbessern, sollte ich also doch strategisch wählen? Zum Glück muss das jede/r für sich selbst entscheiden!

Geschrieben von bookfield

 




The winner is….

Monsanto! Na, wer hätte das gedacht, der »World Food Prize 2013« geht an Monsanto und Syngenta, die sich mit Gift, Genen und »kriminellen« Aktionen den Nahrungsmittelmarkt aneignen wollen. Nachdem schon der Friedensnobelpreis mit Obama und der EU zur Lachnummer mutiert ist, können wir nun auch diesen »Oscar« der Lebensmittelbranche direkt in die gelbe Tonne treten. Doch »Der Kreuzberger« meint, wer so viele Millionen wie Monsanto in die Stiftung pumpt die den Preis vergibt, der hat es dann auch redlich verdient. Also, herzlichen Glückwunsch an die »Kolonialherren« der Lebensmittelbranche!

Geschrieben von bookfield




CMS Technik

Schon wieder hat sich die Lebensmittelindustrie was ausgedacht und will es auch noch gleich als BIO vermarkten. CMS-Saatgut (Cytoplasmatische Männliche Sterilität), das ist eine Hybrid-Züchtung, bei der artfremde Zellen miteinander verschmolzen werden. Dies betrifft Blumenkohl, Möhren, Zwiebeln, Melonen usw. Die Pflanzen können sich nicht mehr selbst bestäuben, liefern jedoch höhere Erträge. So wird CMS auch als Gentechnik light bezeichnet, daher ist der Aufschrei der Biohersteller nur verständlich. Da bei dieser Technik kein Nachbau seitens der Bauern möglich ist, könnten sie zudem direkt in die Abhängigkeit von Zuchtunternehmen rutschen (na, das ist ja mal eine Überraschung!). Was sagt die EU-Öko-Verordnung dazu? Dieser Passus wird leider nicht geregelt!!! (noch eine Überraschung). Doch alle guten Biohersteller haben in ihren Richtlinien ein Verbot für ihre Waren geregelt, das ist doch mal was.

Geschrieben von bookfield




Sehr geehrter Herr Henkel (CDU),

wie sagten Sie so schön zu der Schredderaktion der NSU Akten beim Verfassungsschutz »Warum sollte man Vorsatz unterstellen, wenn Dummheit als Erklärung ausreicht«. Es scheint, dass diese Strategie nun auch bei Herrn Friedrich für Prism zum Tragen kommt. Doch leider vernehme ich das unwohle Gefühl, dass bei so viel konzentrierter Dummheit eben doch Vorsatz mit im Spiel sein muss, denn wäre kein Vorsatz mit im Spiel, bliebe ja nur noch die absolute Dummheit, und die in einer solchen Position? Mmmmhhh! Der sofortige Rücktritt wäre als demütige Geste mehr als angebracht. Aber was ist nun besser, ein Arschloch mit Vorsatz oder ein Dummkopf mit Macht, irgendwie hört sich beides Scheiße an!!! Ach Verzeihung, schreiben Sie meinen Fäkalausdruck meiner Dummheit zu, von Vorsatz kann keine Rede sein!

Geschrieben von bookfield




Illegaler Gemüseanbau – Utopie oder Zukunft? Eine weitere Zeitreise ins Jahr 2030…

Erst in der Ausgabe 24 habe ich die Zukunft von Kreuzberg (1. Mai) im Jahr 2030 prognostiziert. Wie das Leben so spielt, liefert mir ausgerechnet die Gentechnologie und ihre Verfechter einen Anlass, um erneut eine Prognose zu erstellen. Diesmal nicht über eine lokale Veränderung, sondern eine, die weltweite Auswirkungen hätte, träfe sie denn ein.

Wir schreiben das Jahr 2030. Die Menschen laufen durch die Straßen, der Verkehr rollt und alles scheint wie immer. Doch der Schein trügt. Ein Blick in die Auslagen der Obst- und Gemüsehändler reicht aus, um zu erkennen, dass die Gentechnikkonzerne mit ihrem Bestreben den Agrarsektor zu beherrschen, erfolgreicher waren, als der aufbegehrende Widerstand. Die Preise für Kartoffeln, Äpfel und Erdbeeren sind in astronomische Höhen gestiegen. Auch die sonst immer am günstigsten angebotene Obstsorte – die Banane – kostet ein vielfaches des heutigen Preises. Sinkende Löhne und steigende Lebenshaltungs- und Lebensmittelkosten sind verantwortlich dafür, dass die Kunden von den Ständen der Händler fern bleiben. Wie Blei liegt das Obst und Gemüse als Ladenhüter in den Auslagen. Auch die großen Lebensmittelketten bieten nur noch eine kleine Auswahl für ihr zahlungskräftigeres Klientel an.

Als ich so durch die Straßen lief sprach mich ein junger Mann an: »Erika?«

»Ich? Erika? Seh ick so aus oder wat?« erwiderte ich verwundert.

»Quatsch, man. Ich wollte wissen ob du´n Kilo Erika kaufen willst.«

»Die bekomme ich doch auch im Laden um die Ecke.«

»Eben nicht!«, erwiderte mein Gegenüber. »Dort bekommst du nur die Gentechnik verseuchten ›Möchte-gern-Kartoffeln‹.«

Als er das sagte, lief er um mich herum und musterte mich von oben bis unten: »Bist du´n Bulle oder wirklich so doof?«, fragte er.

»Ick? Ein Bulle? Nee, da kannst du beruhigt sein. Aber wieso fragst du? Ist ´nen Kilo Kartoffeln heutzutage illegal?«

»Die Kartoffeln, die du im Handel kaufen kannst nicht, aber für die, die ich hier habe kommst du länger in den Knast, als für ein Kilo feinstes Marihuana.«

Verwundert schaute ich mein Gegenüber an. Dieses bemerkend, fragte er mich: »Du hast echt keine Ahnung was hier abgeht oder?«

»Nee, aber wenn ich dir die Wahrheit erzähle glaubst du mir die auch nicht.«

»Versuch´s. Ich kläre dich im Gegenzug über die Wahrheit auf.«

Ich erzählte ihm von meinem Treffen mit dem Unbekannten, der mich in seiner Zeitmaschine in die Zukunft reisen ließ, von meinem Erlebnis am 1. Mai 2030 und dass mich der Unbekannte nach meiner Ankunft erneut reisen ließ, als ich las, das Monsanto und Co. ihre Patentrechte ausweiten wollten. Nun war ich vor Ort, um meine Recherche durchzuführen und daraus einen Bericht für den Kreuzberger zu schreiben. Jetzt schaute mein Gegenüber verwundert drein. »So nun du!«, sagte ich.

»Na dann, komm mal mit.«. Wieder einmal vertraute ich einem mir völlig Unbekannten. Ein paar Straßen weiter standen wir vor einer Haustür. Er öffnete sie und wir gingen über mehrere Hinterhöfe. Am Ende standen wir vor einer Holztür. Dahinter führte eine steile Treppe in einen schlecht beleuchteten Kellergang. Am Ende befand sich eine Metalltür mit mehreren Schlössern. Nachdem der »Kartoffeldealer« die Tür geöffnet hatte und wir durch den zum Schutz angebrachten Vorhang getreten waren, standen wir in einem Kellergewölbe. Der Raum war ungefähr 200 Quadratmeter groß. Überall hingen Leuchten von der Decke, die in erster Linie dazu gedacht waren, Tageslicht für die unter ihnen wachsenden Kartoffeln zu imitieren. Eine Bewässerungsanlage versorgte die Pflanzen mit Wasser und allen nötigen Nährstoffen. Ventilatoren sorgten für ein angenehmes Raumklima.

»Hier unten gedeihen die Kartoffeln fast besser als in der freien Natur. Das liegt an dem kleinen Beet und der exklusiven Pflege.«

Ich war erstaunt: »Die ganze Mühe für Kartoffeln? Ist mit Gras kein Geld zu verdienen?«

»Es gibt Kartoffelsorten, für die bezahlen Küchenchefs 800 Euro je Kilo. Die ›La Bonotte‹ kostete im Jahr 2013 schon bis zu 500 Euro das Kilo. Jetzt kostet sie im Durchschnitt um die 2.000 Euro das Kilo.«

»Und was soll ein Kilo Erika kosten?«

»Da diese hier unter künstlichen Bedingungen gedeien, sind sie etwas günstiger. Aber einen Hunderter musst du schon legen.«

»100 Euro für ein Kilo Kartoffeln?«

»Gentechnikfreie Kartoffeln!«, betonte der Mann ohne Namen.

»Wie sieht es bei den Tomaten und so aus?«

»Alles was indoor angebaut werden kann, noch erschwinglich. Aber Äpfel, Kirschen und so weiter kannst du nicht bezahlen. Dieses Obst ist bis auf ganz seltene Ausnahmen nur über Supermärkte erhältlich.«

»Warum macht ihr euch die Mühe?«

»Die Saatgutkonzerne wie Monsanto, Syngenta, HiBred und Co. haben den Markt unter sich aufgeteilt und ihr eigenes Saatgut am Markt eingeführt. Durch ihre Patente besitzen sie das weltweite Monopol. Zur Wahrung ihrer Rechte haben sie tausende von Kontrolleuren in der ganzen Welt angestellt. Die Schnüffler sind nur damit beschäftigt, illegale Anpflanzungen aufzuspüren und die Einhaltung der Konzessionvorgaben durchzusetzen. Jeder – vom Landwirt bis zum Kleingärtner – muss eine Konzession für seine Bäume, Sträucher oder das Gemüse im Beet vorweisen. Wenn nicht, geht es direkt ab zum Haftrichter.«

»Unglaublich«, erwiderte ich. »Leider reicht mein Budget nicht, um dir deine Kartoffeln abzukaufen und damit den Widerstand zu unterstützen. Aber ich könnte für dich nach meiner Rückkehr ins Jahr 2013 ein paar Kilo Kartoffeln und Kirschen mit der Zeitmaschine in die Zukunft schmuggeln.«

Meine scherzhaft getätigte Aussage beeindruckte mein Gegenüber sehr: »Das würdest du tun? Wäre ja der Hammer. Die Leute hier wären dir unendlich dankbar, nicht mehr auf den Gentechnik-Fraß angewiesen zu sein.«

»Aber ich muss erst einmal den Besitzer der Zeitmaschine fragen, versprechen kann ich dir noch nichts. Wo ich gerade beim Thema bin: Ich muss los. Der Typ, dem die Zeitmaschine gehört, hat mir zwei Stunden gegeben und die sind bald vorbei.«

Wir verließen den Keller und gingen zu dem Zeitungsladen in der Manteuffelstraße, wo mein Reisegefährt stand.

Verwundert fragte der Kartoffeldealer: »Du hast mich nicht verarscht?! Du kommst wirklich aus dem Jahr 2013?«

»Ich wusste, dass du mir nicht glauben würdest. Nein, ich habe dich nicht verarscht und ja, ich komme tatsächlich aus dem Jahr 2013.«

Zum Abschied drückte mir der Unbekannte einen Beutel mit Kartoffeln in die Hand. »Hier, probier´ die mal, du wirst den Unterschied schmecken. Die sind sogar um einiges besser als die, die 2013 im Handel waren.«

»Danke. Und danke auch für deine eindrucksvolle Vorführung vom Indoor-Gemüseanbau. Das war echt interessant.«

Ich bestieg die Zeitmaschine, schloss die Tür und versetzte mich wieder in das Jahr 2013. Ein Mal mehr stand ich nach meiner Rückkehr vor dem mir noch immer unbekannten Zeitmaschinen-Besitzer und antwortete ihm auf seine Frage, wie es denn gewesen sei: »Ich habe Dinge gesehen, die glaubst du nicht. In ein paar Jahrzehnten könnten tausende fleißige Kleinbauern, die heutzutage mit Grünem Daumen illegal Marihuana anbauen, umsatteln und Tomaten, Äpfel und Kartoffeln, versteckt vor den staatlichen Behörden und den Fahndern der Gentechnik-Konzerne züchten.«

So etwas hat es früher nicht gegeben!

Euer Trend Scout




Horch & Guck: Wahlsonntag

Das Telefon klingelte und Horch nahm den Anruf entgegen: »Ja?«, fragte er genervt. »Wer wagt es am frühen Sonntag morgen zu stören?«

»Ich bin´s.«

Horch erkannte die Stimme seines Freundes: »Wer sollte es auch sonst sein? Was gibt es?«

»Habe ich dich geweckt?«, fragte Guck.

»Nein, so höre ich mich immer an, wenn die Sekretärin auf meinem Gesicht sitzt! Klar hast du mich geweckt! Hast du mal auf die Uhr geschaut?«

»Ja, klar«, antwortete Guck euphorisch, »und weißt du was heute ist?«

»Sonntag!«, fuhr Horch seinen Freund an.

»Ja, aber nicht irgendein Sonntag.«

»Gleich ist Totensonntag mein Freund. Was willst du?«

»Heute ist Wahltag!«, erwiderte Guck.

»Ach du scheiße und deswegen rufst du mich an?«

»Ja, denn wer nicht wählen geht, darf sich hinterher…«, ohne ein weiteres Wort seines Freundes abzuwarten, beendete Horch das Gespräch und legte das Telefon neben sich auf den Nachttisch. Er hatte sich gerade umgedreht und wollte weiterschlafen, als das Telefon erneut klingelte. Genervt nahm er das Gespräch an.

»Was gibt es denn noch?«

»Hallo mein Sohn. Ich hoffe ich habe dich nicht geweckt?«

Genervt antwortete Horch: »Nein, so höre ich mich immer an, wenn meine Sekretärin auf…« Horch brach den Satz ab, als er aus dem Halbschlaf erwachte, realisierte, dass seine Mutter am Telefon war.

»Was wolltest du sagen?«

»Ach, nichts, vergiss es Mutter. Was verschafft mir so früh am Morgen die Ehre?«

»Es ist Wahlsonntag und ich wollte dich an deine Bürgerpflicht erinnern.«

»Ach, lass mich doch mit diesem Mist in Ruhe. Guck hat auch schon angerufen, um mich auf dieses Negativereignis hinzuweisen. Außerdem weißt du, wie ich zu dem Thema Wahlen stehe.«

»Wer nicht wählen geht, darf sich hinterher auch nicht beschweren!«

»Ja, ja, das hat Guck mir auch schon gesagt.«

»Guter Junge, du solltest öfter auf ihn hören.«

»Du solltest öfter auf mich hören! Dann wüsstest du, dass du dich heute völlig umsonst zur Wahlurne quälst. Genieße lieber das Wetter und versaue dir den Tag nicht mit der Wahl des größten Idioten. Ich für meinen Teil werde jetzt weiterschlafen. Ich rufe dich die Tage mal an. Bis dann.«

Horch beendete das Gespräch und drehte sich wieder auf die Seite um weiterzuschlafen. Erneut klingelte das Telefon.

»Mutter?«, fragte Horch.

»Nein, Guck.«

»Was willst du denn schon wieder? Ich will schlafen!«

»Ich wollte nur fragen, wann ich dich abholen soll?«

»Du brauchst mich nicht abholen! Ich will schlafen!«

Horchs Worte ignorierend sagte Guck: »Aber am Morgen sind die Wahllokale noch nicht so voll.«

»Das ist mir scheißegal ob und wann die Wahllokale voll sind oder nicht, ich gehe eh nicht wählen. Und jeder Idiot, der meint, sich in die Schlange der Schwachsinnigen einreihen zu müssen, ist selber schuld. Ich werde weder einen Fuß aus dem Bett setzen, noch einen Finger krumm machen, um den Stift in die Hand zu nehmen, mit dem ich ein Kreuz mache, welches keinerlei Bedeutung für den Ausgang der Wahlen hat.«

»Was bist du denn so gereizt?«, fragte Guck.

»Warum ich so gereizt bin? Weil niemand um mich herum verstehen will, dass Wahlen nichts bewirken und niemanden dazu bewegen werden, etwas in diesem Land zu verändern, außer es nutzt ihm persönlich. Geh du nur und nehme dein demokratisches Recht wahr.«

»Ich bin dann so in einer Stunde bei dir«, sagte Guck.

»Hörst du mir nicht zu oder was? Außerdem kann ich gar nicht wählen gehen.«

»Wieso? Hast du deine Staatsbürgerschaft abgegeben oder ein Verbrechen begangen, von dem ich noch nichts weiß?«

»Nein, aber ich weiß nicht, wo sich meine Wahlbenachrichtigung befindet.«

»Das heißt, du hast sie verloren? Wo kann die denn sein?«

»Verloren würde ich nicht sagen. Ich habe sie ordentlich abgelegt.«

»Wo?«

»In dem Papierkorb unter den Briefkästen.«

Guck fing an zu lachen: »Ja, die habe ich gefunden und dir mit ins Büro gebracht. Die müsste in dem Fach für politisch motivierte Briefsendungen liegen. Ich fahre ins Büro und bin dann gleich bei dir.«

Horch wollte noch etwas erwidern, aber Guck hatte das Gespräch bereits beendet.

Eine Stunde später klingelte es an Horchs Haustür.

»Bin gleich da«, gab Horch Guck Bescheid.

Kurz darauf waren sie gemeinsam auf dem Weg zum Wahllokal in die Schlesische Straße. Unterwegs entbrannte die Diskussion über den Sinn des Wahlgangs zwischen Horch und Guck erneut.

»Ich verstehe dich nicht, dass du, von berufswegen über die Korruption in Wirtschaft und Politik bestens informiert, noch immer zur Wahlurne rennst und deine mehr oder weniger wertlose Stimme abgibst«, regte sich Horch auf.

»Wer nicht wählen geht, darf sich hinterher auch nicht beschweren.«

»Wenn Wahlen etwas ändern könnten, wären sie verboten!«, erwiderte Horch. »Es würde mich nicht wundern, wenn die Wahlen hierzulande, wie in anderen „Demokratien“ ebenfalls, manipuliert wären. Die Politiker aller Parteien lügen das Blaue vom Himmel, um die Stimmen des Volkes zu ergattern, welches sie Tag ein Tag aus bescheissen. Das Volk hängt in der Wahlkampfphase an den Lippen, der von ihnen verehrten Volksvertreter und glauben ihnen wieder und wieder jedes, auch noch so heuchlerisch verkündete Wort und jedes, auch von noch so weit an den Haaren herbeigezogenes Versprechen für die Zukunft. Erinnern wir uns an die Versprechen der letzten Wahlen. Was wurde eingehalten? Lohnnebenkostensenkung und Steuererhöhung! Normalsterbliche Bürgerinnen und Bürger wurden schon für weitaus kleinere Vergehen geteert und gefedert. Die Meisten vergessen dabei, dass jeder Volksverräter…äh…Volksvertreter von unseren Steuergeldern, bezahlt wird. Vom kleinsten Verwaltungsangestellten, über die Wegelagerer vom Ordnungsamt und die Schlägertrupps der Polizei, bis hin zu den Politikern und dem Bundespräsidenten, beziehen alle ihr Gehalt, ihren Lohn, oder wie man es sonst noch nennen mag, aus dem Steuertopf. Wir sind es, die das von Guido sogenannte spätrömisch dekadente Leben der Regimeelite und deren Schergen bezahlen. Jeder von uns ist somit der Vorgesetzte der zuvor genannten Staatsdiener. Aber wie müssen wir uns als solche behandeln lassen? Wir werden belogen, betrogen, verarscht, verraten und verkauft. Nun frage ich dich, welcher Chef würde sich dieses Verhalten seiner Angestellten gefallen lassen? Laut dem Grundgesetz Artikel 20 Absatz 2 geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Genau dieses Gesetz muss wieder gesellschaftliche Selbstverständlichkeit werden. Zeit dieses Vorhaben anzugehen!«

»Na dann mal los«, warf Guck ein.

»Mittlerweile betrachten sogar einige der linken Geister die Zuwanderung der Mittelschicht aus europäischen Notstandsgebieten zunehmend mit Sorgenfalten im Gesicht. Dem kann ich nach wie vor nur entgegensetzen, wir sind selber schuld. Sarkastisch gesagt, können wir sogar noch froh darüber sein, dass die Ärmsten der Armen – die nur so arm geworden sind, weil wir unseren Lebensstandart längst vergangener glücklicherer Jahre ausgelebt haben – nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um sich ebenfalls eine Fahrkarte oder ein Flugticket nach Deutschland zu leisten.«

»Wenn du so gut Bescheid weißt, warum gehst du dann nicht in die Politik?«, fragte Guck.

»Ich? Politiker? Lass mal gut sein, diese ganzen Idioten und Selbstdarsteller, die einen da umgeben, halten meine Nerven nicht aus. Nimm alleine den Spruch ›Leistung muss sich lohnen‹, den die Politik propagiert. Die Wahrheit sieht anders aus. Millionen von Menschen gehen Vollzeit arbeiten und müssen trotzdem zusätzlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragen. Zugleich wird durch diese Haltung der Politik die Altersarmut gefördert. Bundesminister Dirk Nibel von der FDP hat in der Fernsehsendung Studio Friedman die Festlegung einer Lohnuntergrenze abgelehnt, damit die Höhe der gesetzlich festgelegten Löhne nicht Gegenstand eines jeden Wahlkampfs werden. Geistiger Dünnschiss! Derzeit ist der Mindestlohn an sich Gegenstand eines jeden Wahlkampfes. Dies bedeutet zugleich, dass Unternehmen durch Steuergelder subventioniert werden. Die Reallöhne sind in den vergangen zehn Jahren gesunken und nicht wenige Menschen arbeiten für nicht ein mal fünf Euro in der Stunde. Jedes Jahr demonstrieren hunderttausende am 1. Mai, einem Feiertag, der in 1856 in Australien seinen Ursprung hat, 1919 von der SPD, DDP und Teilen des Zentrums per Gesetz als gesetzlicher Feiertag festgelegt werden sollte und letztendlich durch einen Gesetzeserlass am 10. April 1933 durch die Nationalsozialisten zum gesetzlichen Feiertag und 1934 zum Nationalen Feiertag des Deutschen Volkes erklärt wurde. Wir »feiern« nächstes Jahr sozusagen 80-jähriges Jubiläum der nationalsozialistischen Gesetzgebung. Heil Hinkel! Ganz im diktatorischen Sinn wurde der aktuelle Armutsbericht gefälscht. Während in der ursprünglichen Fassung vor ›gesellschaftlicher Spaltung und den daraus resultierenden Gefahren‹ gewarnt wurde, ist in der veröffentlichten Version zu lesen, dass ›die vorliegenden Daten eine positive Entwicklung der Lebenslage in Deutschland belegen‹.«

»Dass die Politiker herummauscheln ist doch bereits seit Jahrzehnten bekannt. Eigentlich gab es das schon immer«, warf Guck ein.

Inzwischen waren Horch und Guck am Wahllokal angekommen und begaben sich in den Infobereich zur Ausgabe der Wahlunterlagen. Horch fuhr fort: »Ja, aber du siehst doch wo das hinführt. In Griechenland werden die Bankkunden an der, von den Banken und Spekulanten verursachten Krise anteilig mit ihren Spareinlagen beteiligt. In Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei bis zu sechzig Prozent, je nach Region und dass Irland mit der Kreditaufnahme durch die EZB einzig und allein deutsche, französische und englische Banken gerettet und somit ein sprunghaftes Ausbreiten der Krise verhindert hat, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Jeden Tag aufs neue lügen uns die Volksvertreter ohne Skrupel ins Gesicht. Ein Großteil der Bevölkerung vertraut auf die Worte und glaubt an eine Kehrtwende. Ich bin auf die langen Gesichter der Menschen gespannt, wenn sie eines Tages am ersten des Monats ihre Miete, Versicherung oder sonstige Rechnungen bezahlen wollen und feststellen, dass die sozialen Leistungen wie Renten, Arbeitslosengeld oder sonstige staatliche Zahlungen ausgeblieben sind. Warren Buffet, US-amerikanischer Unternehmer, hat im Interview mit Ben Stein in der New York Times vom 26. November 2006 gesagt: »Es herrscht Klassenkrieg, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.« So, und nun kannst du wählen gehen. Viel Spaß.«

Wortlos verschwand Guck in der Wahlkabine. Horch nahm ebenfalls seinen Wahlzettel und verschwand in der daneben stehenden Wahlkabine. Er faltete die Zettel auseinander und schrieb in deutlich lesbaren Druckbuchstaben auf jeden der beiden: ›Ich scheiße auf diese Demokratendiktatur!‹, faltete sie wieder zusammen und steckte sie in den Umschlag. Grinsend ging er zur Wahlurne und warf den Umschlag vor Gucks Augen in die Urne.

»Du hast es wirklich getan?«, fragte Guck erstaunt.

»Damit du endlich Ruhe gibst, ja, ich habe meine Stimme abgegeben. Und nun lass uns hier verschwinden. Das Wetter ist zu schön, um hier drin zu verweilen.«

 




Das Regierungsviertel – Schaltzentrale der Macht

Das Regierungsviertel, die Schaltzentrale der Macht, befindet sich im Herzen der Stadt, in den Ortsteilen Tiergarten und Mitte. Es erstreckt sich von der Wilhelmstraße im Süden bis zur Invalidenstraße im Norden und vom Schloss Bellevue im Westen bis zur Fischerinsel im Osten. Auf diesem Gebiet verteilt befinden sich das Reichstagsgebäude, der Deutsche Bundestag und das Band des Bundes mit dem Bundeskanzler(innen)amt. Des Weiteren befinden sich dort das Paul-Löbe-Haus in dem sich die Abgeordnetenbüros und die Sitzungssäle des Bundestages befinden sowie das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, welches den Große Anhörungsaal und das wissenschaftliche Dienstleistungszentrum beheimatet.Lage

Der kulturell wertvollste Bau ist neben dem Brandenburger Tor, das Reichstagsgebäude (geöffnet von 8-24 Uhr, der Eintritt ist frei). Es wurde von dem Architekten Paul Wallot im Stil der Neorenaissance entworfen und in den Jahren 1884 bis 1894 auf einer Grundfläche von 13.290 m² errichtet. Das Gebäude hat eine Höhe von bis zu 47 Metern und wurde von 1994 bis 1999 umfangreich saniert. Während dieser Zeit wurde es von dem Künstlerpaar Christo und Jeanne- Claude zu einem Kunstwerk umfunktioniert. Unter dem Motto »Verhüllter Reichstag« überspannten sie das Gebäude im Jahr 1995 mit einem Gewebetuch.

 

Geschichte

Ein Gebäude, das dem Reichstag des Deutschen Kaiserreichs sowie auch dem der Weimarer Republik ausreichte, um Politik zu zelebrieren, genügte dem größenwahnsinnigen Nazi- Regime natürlich nicht und so bauten sie weitere kolossale Gebäude wie das Detlev-Rohwedder-Haus in der Wilhelmstraße. Es wurde 1935 nach den Plänen des Architekten Ernst Sagebiel errichtet. Die heutige Verwendung als Bundesministerium für Finanzen fügt sich nahtlos an die ursprüngliche Nutzung als Reichsluftfahrtmuseum an. Beide Einrichtungen hatten beziehungsweise haben es mit abhebender Materie zu tun. Das Reichsluftfahrtmuseum mit Fluggeräten und das Bundesministerium für Finanzen mit Politikern. Diese Tatsache reflektierend betrachtend, erkennt man, dass die sich an der Macht befindliche Regimeelite gar noch größenwahnsinniger ist, als die längst der Geschichte angehörenden. Sie haben für über 3,44 Milliarden Euro das Regierungsviertel um weitere Gebäude erweitert. Dazu gehören wie bereits erwähnt das Paul-Löbe-Haus, das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und das, als »Waschmaschine« bekannte Bundeskanzleramt. Dass die Regierung mit dem Ausbau des Regierungsviertels nicht nur ihren Größenwahn offen zur Schau stellt, sondern obendrein auch unser hart verdientes Steuergeld mir nichts dir nichts zum Fenster hinausgeworfen hat, zeigen die bereits im Jahr 2010 aufgetretenen Baumängel (über 900!), deren Beseitigung über 68 Millionen Euro gekostet hat.

 

Aktuell

Damit das Pack unter sich bleibt und ungestört dem Volk das Fell über die Ohren ziehen kann, befinden sich auch die meisten Wirtschaftsverbände und Interessenvertretungen im Regierungsviertel. Die Ländervertretungen gönnen sich auf Kosten der Steuerzahler ebenfalls einige der besten Grundstücke im Stadtzentrum. Da sich auch ausländische Botschaften in dem Regierungsviertel befinden, könnte man manch diplomatische Verwicklung als Nachbarschaftskrieg bezeichnen.

Im Zuge dieses TouriTipps möchte ich es nicht versäumen, meinen Aufruf zu erneuern, der die Bitte beinhaltet, nicht mehr benötigte Silvesterböller der Kreuzberger-Redaktion zukommen zulassen, damit wir dem »alternativlosen« Ziel näher kommen eine Superbombe zu bauen, mit der wir das Regierungsviertel zusammen mit all seinen sich dort aufhaltenden politischen Nichtskönnern in dem sandigen Untergrund der Stadt verschwinden zu lassen. Getreu dem Motto der volkswirtschaftlich gewichtigen Märkte: Abreißen und neu bauen.

 

Interessante Orte in der Nähe

In Zeiten, wie diesen, in denen Hartz-IV-Empfänger mit ihren Leistungen nicht wissen wie sie überleben sollen und mehr oder weniger schwer Arbeitende sich von der Politik eine »spätrömisch dekadente« Lebensweise nachsagen lassen müssen, ist es mehr als nur eine bodenlose Frechheit, dass sich unsere Damen und Herren Volksvertreter mit allem umgeben, was das arme unterbezahlte und von Stress zerfressene Politiker-Herz begehrt. Wer also das nötige Kleingeld oder die schwarze American Express-Karte auf Tasche hat, kann in unzähligen Läden, Galerien, Boutiquen und Restaurants im und um das Regierungsviertel herum seine Urlaubskasse plündern. Darüber hinaus finden sich im direkten Umfeld aber auch noch weitere Sehenswürdigkeiten. Westlich vom Regierungsviertel liegt der Tiergarten mit seinen Skulpturen. Das Richard-Wagner-Denkmal mit mit einigen Figuren aus seinen Opern, Otto von Bismarck der auf seinem Sockel 15 Meter empor ragt und das aufwendig restaurierte Musiker-Denkmal von 1904 sind nur drei der insgesamt 67 Skulpturen. An der Straße des 17. Juni befindet sich zudem das Sowjetische Ehrenmal mit zwei T-34-Panzern. In östlicher Richtung reihen sich links und rechts des Boulevards Unter den Linden geschichtsträchtige Gebäude aneinander. Darunter die Staatsbibliothek, die Neue Wache und das Kronprinzenpalais.

 

Anfahrt

Obwohl die Fahrradwege, wie in der letzten Ausgabe berichtet, ungenügend ausgebaut sind, ist die Anfahrt mit dem Drahtesel schon aus dem Grund zu empfehlen, um die letzte Fahrpreiserhöhung im öffentlichen Personennahverkehr von 2,40 Euro auf 2,60 Euro je Fahrtstrecke nicht zu unterstützen. Dennoch hier die Alternative mit dem ÖPNV.

S-Bahn: Linie 25/Station Brandenburger Tor

U-Bahn: Linie 55 (Bundestag)

Bus: 100, M85 (Reichstag/Bundestag), TXL (Brandenburger Tor), 200, N2 (Behrenstr./Wilhelmstr.)




Verständnis (Vorwort Ausgabe 26)

»Werte Fahrgäste, aufgrund einer technischen Störung ist der Zugverkehr auf der Linie 1 unregelmäßig. Wir bitten Sie um Verständnis für die Verzögerungen.«

So geschehen am 22. August 2013 um 12.25 Uhr auf dem U-Bahnhof Schlesisches Tor in Berlin-Kreuzberg. Manchmal ist es nur ein Satz, der einen Gedanken anregt. In diesem Fall war es sogar nur ein Wort: Verständnis. Ein Mal mehr wurde ich angehalten Verständnis für etwas zu haben. Verständnis soll ich immer wieder haben. Verständnis für eine zu spät fahrende U-Bahn, Verständnis für Fehler in der Personalplanung bei der Bahn, Verständnis für geistig minderbemittelte Polizisten, die in »starken Stresssituationen« Jugendliche, Behinderte und Senioren verprügeln, Verständnis für Manager, die ihre Mitarbeiter ausbeuten, Verständnis für die wieder ausbezahlten Bonis für Banker von systemrelevanten Banken, Verständnis für die Machenschaften der Konzerne und nicht zu guter Letzt soll ich auch noch Verständnis für Politiker aufbringen, die ihren Aufgaben nicht im Ansatz nachkommen und unser Volksvermögen verzocken.

Stets wird versucht Missgeschick, Dummheit und Unfähigkeit mit noch so weit an den Haaren herbeigezogenen Ausreden und Argumenten zu entschuldigen und die Öffentlichkeit darum gebeten (falsches!) Verständnis zu haben. »Ich wusste nicht«, »ich konnte nicht«, »ich hatte ja keine Ahnung« sind noch die ehrlichsten Kommentare. Jedoch, wenn jemand »nicht weiß«, »nicht kann« oder »keine Ahnung hat«, sollte er es sein lassen. Das gilt für Manager, Berater, Banker, Polizisten, Politiker und alle anderen.

Die Regimeelite, Vorstandsetagen von Unternehmen und Konzerne quillen über von Leuten wie Schröder, von der Leyen und de Maiziére, die alle samt nichts »wissen«, nichts »können« und »keine Ahnung« haben. Überall lungern lauter kleine Wowereits, Wulffs und Ackermänner herum. Die Liste mit systemrelevanten Menschen, die durch ihr Tun stets in Verlegenheit kommen die Öffentlichkeit um Verständnis bitten zu müssen, ist endlos lang.

Bittet jedoch im umgekehrten Fall der Kunde oder Bürger um Verständnis beim Regime oder den Konzernen, ist die Resonanz zumeist negativ und er wird behandelt, wie der letzte Dreck, handeln Regime und Konzerne wie der, einst von Klaus Kinski beschriebene Jesus Christus: »Er hat eine Peitsche genommen und hat ihm in die Fresse gehauen.« Selbst wenn das Volk seinen Willen per Volksentscheid äußern soll, beugt das Regime das Recht, um die eigenen Interessen durchzusetzen und verlangt erneut Verständnis für diese Rechtsbeugungen. Die Zeit für Verständnis ist vorbei. Ich habe kein Verständnis mehr für zerschredderte NSU-Akten, für 600 Millionen Euro, die für ein flugunfähiges Fluggerät ausgegeben wurden, für Banken-Rettungsfonds, für menschenverachtend handelnde Konzerne, kein Verständnis mehr für Geheimdienstaktionen, die zu meine Sicherheit durchgeführt werden, mich aber nur in meiner Freiheit einschränken.

Wir können uns auch nach diesen Wahlen wieder ganz sicher sein, dass es heißt: »Wir bitten um Verständnis dafür, dass nicht jedes vor den Wahlen gegebene Wahlversprechen auch eingehalten werden kann.«




Alltagsgeschehen mit Tiefenwirkung: „Zeitmanagement für Kids“

Es begab sich vor gar nicht allzu langer Zeit…. Was für ein kitschiger Anfang für eine Geschichte, aber es begab sich tatsächlich vor gar nicht allzu langer Zeit, dass ich mich mit meinem Sohn auf dem Gelände der Kinder-Verkehrsschule im Görlitzer Park befand. Die Kinder drehten ihre Runden und hatten ihren Spaß. Ich saß derweil auf einer Bank im Schatten und genoss die, mal mehr oder mal weniger vorhandene Ruhe. Als die Kinder so ihre Runden fuhren, die einen auf den Fahrrad, die anderen mit einem „Kettcar“ und wiederum andere auf einem Roller, fielen mir zwei Kinder auf, beide um die 4-5 Jahre alt. Der Junge, nennen wir ihn Steve und das Mädchen, nennen wir es Linda fuhren ebenfalls von links nach rechts und von vorne nach hinten. Dabei war Linda stets damit beschäftigt, Steve mit den Worten anzufeuern: „Steve, komm´… schnell“, „Steve beeile dich“, „nun mach schon Steve“. Ihr Ziel war es, die auf Grün stehende Ampel noch rechtzeitig zu erreichen, um nicht wieder bei Rot warten zu müssen. Steve war damit beschäftigt, zunächst auf einem „Bobbycar“, später dann mit dem Laufrad Anschluss an Linda zu halten. Mit seinen klobigen Gummistiefeln fiel ihm dies jedoch sichtlich schwer. So sehr er sich bemühte, er blieb stets um Längen hinter der ständig: „Steve, komm´… schnell“, „Steve beeile dich“, „nun mach schon Steve“- rufenden Linda zurück. Irgendwie tat er mir leid und leise sagte ich zu ihm: „Tja Steve, das wird sich durch dein ganzes Leben ziehen, dieses: „Steve, komm´… schnell“, „Steve beeile dich“, „nun mach schon Steve.“ Während ich Steve zuschaute, wie er versuchte Linda einzuholen, fiel mir die Werbung ein, die ich auch, vor gar nicht allzu langer Zeit auf einem Monitor in der U-Bahn gesehen hatte. In dieser Werbung wurde auf ein Buch mit dem Titel hingewiesen: „Zeitmanagement für Kids-fit in 30 Minuten“. Des Weiteren, so ergab meine oberflächliche Recherche, wird das Buch eingeleitet mit: „Zeitmanagement ist nicht nur für Erwachsene zu einem sehr heißen Thema geworden. Auch die Zeitpläne von Schülerinnen und Schülern sind neben dem Unterricht immer voller geworden durch unzählige Aktivitäten.“ Nach der Einleitung gibt es in dem Buch einen „Eingangs-Check“ mit dem die Kids die Effizienz ihres Zeitmanagements herausfinden können. Das Buch beinhaltet Kapitel wie „Zeitmanagement bringt mehr Spaß“, „Durchstarten in den Tag“ und „Planen mit der Mind-Map-Technik“. Ich kenne den Inhalt des Buches nicht im Detail und werde mir aus diesem Grund an dieser Stelle nicht das Maul darüber zerreißen. Ich finde es jedoch sehr beschämend für unsere Gesellschaft, dass bereits Kinder und Jugendliche – das Buch ist für Kinder ab 9 Jahren – ein Zeitmanagement benötigen, um ihren Alltag effizient gestalten zu können.

Warum sollten sie ihren Tag überhaupt effizient gestalten müssen? Zu meiner Jugendzeit kam man auch ohne Zeitmanagement pünktlich und zumeist ausgeschlafen zur Schule, machte die Hausaufgaben mehr oder weniger gewissenhaft und genauso pünktlich wie man in der Schule erschien, tat man dies auch im Sportverein. Die Wochenenden waren ganz ohne Zeitmanagement gut durch strukturiert. Selbstverständlich waren einige Wochenenden recht kurz, jedoch eher aus dem Grund weil man länger in einem schönen Moment verweilte und nicht weil ein Termin den anderen jagte.

Fazit: Wenn Steve „Zeitmanagement für Kids-fit in 30 Minuten“ gelesen beziehungsweise seine Mutter es ihm vorgelesen hätte, er wäre sicher nicht in dieses Situation gekommen! Wer nun denkt er benötigt für sein „Kid-2.0“ diese Buch um es auf die Zukunft vorzubereiten, bitte. Vermutlich wäre es jedoch viel effizienter, wenn wir den Kinder ihre Zeit lassen, um sich frei von Druck jeglicher Art zu entwickeln.

 




Die Politik sucht eine Lösung für die Protestcamps?

Die Lösung ist ganz einfach: Wir zahlen den von uns, über die vergangenen Jahrzehnte, zum Teil sogar über die vergangenen Jahrhunderte ausgebeuteten Völkern rückwirkend auf alle erbrachten Dienst- und Produktionsleistungen, sowie für die, zu einem Spottpreis angeeigneten Bodenschätze und Rohstoffe den Preis, den sie verdient haben und der angemessen ist – zuzüglich der Zinsen und Zinseszinsen. Wir stellen umgehend die Rodung der Wälder für die landwirtschaftliche Nutzung ein, lassen unsere Fischfangflotten nur noch in den Gewässern vor der eigenen Küste die Netze auswerfen und wir entsorgen unseren produzierten Wohlstandsmüll innerhalb der eigene Landesgrenzen, anstatt ihn in alten Bergwerken fremder Länder und den Weltmeeren zu verklappen. Ich bin mir sicher, dass nach der Umsetzung der zuvor genannten Vorgehensweise und einiger weiterer humanitärer Wiedergutmachungsprogramme keiner von „denen“ mehr auch nur einen Gedanken daran verschwenden wird, sein Land zu verlassen. Genauso sicher bin ich mir jedoch auch, dass die Flüchtlingsströme weiterhin zunehmen werden, wenn wir nicht endlich ein Umdenken in dem gesellschaftlichen Konsumverhalten herbeiführen, welches das Leid und die Armut anderer verschärft.

Dass, was anderen Menschen ohne Skrupel abverlangt wird, für einen Hungerlohn unter menschenverachtenden Bedingungen zu arbeiten, wird hierzulande auf das schärfste verurteilt. Für ein paar Euro mehr auf der Lohnabrechnung wird demonstriert, protestiert und gestreikt. Wir preisen die Politik, dass sie endlich den (immer noch viel zu geringen) Mindestlohn für den Berufsstand der Friseurinnen und Friseure eingeführt hat. Geht in Bangladesch ein Fabrikgebäude in Flammen auf, in denen hunderte von Angestellten sterben ist die geheuchelte Empörung groß und wird in ihrer Größe nur von der des Einkaufzettels für H&M, KiK und Co. übertroffen.

Denen, die sich eine Flucht aus sozialer Armut, quer durch teilweise mehrere Kontinente und Länder als eine angenehme Reise vorstellen, empfehle ich, sich in die Situation von einem Flüchtling zu versetzen. Sich der Vorstellung hinzugeben, sich aus Leid und Not auf eine Reise begeben zu müssen, von der man nicht weiß ob man sie überleben wird oder nicht. Seine Kinder zurückzulassen müssend nicht weiß, ob man sie je wieder in die Arme schließen wird. Hat man das Ziel – das vermeidliche Paradies, die EU – nach Monaten oder Jahren erreicht, steht man oftmals nicht besser da, als zu Beginn der Reise. Teilweise müssen Schulden für die „Reisekosten“ beglichen werden.

Insbesondere diejenigen, die diese Tatsachen aus ihrem Weltbild verdrängen, sind auch diejenigen, die zu dumm und naiv sind, sich durch ein relativ sicheres Touristengebiet zu bewegen ohne überfallen und ausgeraubt zu werden. Immer wieder gibt es Nachrichten von Touristen die mit goldener Armbanduhr und offen zur Schau gestelltem Reichtum in Form von Geldbündeln durch die Straßen von augenscheinlich sicheren Touristengebieten flanieren. Dabei vergessen sie, dass sie sich außerhalb Deutschlands zumeist in Ländern befinden, in denen die soziale Absicherung bei weitem nicht den Standard besitzt wie die deutsche, wenn es überhaupt eine gibt. Man muss nicht erst nach Amerika, Afrika oder Asien reisen um Orte zu finden, an denen die soziale Armut Motivation genug ist, jemanden für ein paar Euro umzubringen. Diese Orte finden sich seit Jahrzehnten auch nah der Heimat in Spanien, Italien, Frankreich, Portugal und andern EU-Ländern. Soviel zur kulturell erschlossenen westlichen Welt. Um wie viel härter es an den, von einigen als „unkultiviert“ bezeichneten Orten zugeht, vermag sich kaum einer vorzustellen, wenn nicht eigene Erfahrungen oder die Berichte von Betroffenen vorhanden sind.

In diesem Zusammenhang ist es auch sehr verwunderlich, dass Jahr für Jahr Millionen Menschen in die entlegensten Länder der Welt reisen, um fremde Kulturen kennenzulernen. Sobald aber die fremde Kultur in das eigene Land eindringt, ist Schluss mit Toleranz und Respekt. Es gibt keine Toleranz und noch weniger Respekt für fremde Kulturen im eigenen Land, sondern nur „Lösungen“. Auch wenn man durch seinen Konsum für den kulturellen Zuwachs und das Problem, eine „Lösung“ finden zu müssen mit verantwortlich ist. Aber schließlich ist da ja auch noch das ganz eigene Leid zu pflegen, der Status und das Ansehen in der Gesellschaft zu halten – um jeden Preis. Ganz gleich ob dieser Anspruch auf den Schultern anderer lastet.

 

Der Bericht Sidney Gennies zeigt sehr schön die Panikmache der Politik. Er erwähnt, dass im Jahr 2012 lediglich 77.651 Asylanträge gestellt wurden. Auch wenn diese Zahl mit den bislang 50.000 gestellten Asylanträgen bis zum Jahresende vermutlich übertroffen wird, kommt die Zahl bei weitem nicht an die aus dem Jahr 1992 heran, als laut dem Autor 438.191 Anträge gestellt wurden. Somit ist der Diskussion um eine Verschärfung des Asylrechts jede Grundlage entzogen.

 

Hierzulande treten die Probleme erstmals für uns sichtbar, wie in der Form von Protestcamps, zu Tage. Die Probleme beginnen jedoch, wie bereits einleitend erwähnt, weit außerhalb der EU, wobei die Ursache für die Probleme zu einem nicht geringen Teil wiederum die EU ist. Aus diesem Grund wird die Suche der Lokalpolitik nach einer Lösung erfolglos bleiben. Erfolglos in der Hinsicht, dass die Ursachen nicht beseitigt werden. Für die meisten wir die lokalpolitische Lösung, die Protestcamps zu verdrängen, notfalls gewaltsam aufzulösen einhergehen mit der Meinung: Das Problem ist gelöst.

Der Schutzschild für die Sicherheit Europas ist im Aufbau und vielleicht gibt es auch noch einige „verantwortungsbewusste“ PolitikerInnen, die eine Gutachterkommission damit beauftragen zu klären, ob sich die alten Bunker- und Geschützanlagen aus dem 2. Weltkrieg eignen, um die Flut der uns erwartenden Flüchtlingsströme, notfalls und selbstverständlich, im Duktus unserer Bundeskanzlerin formuliert, „alternativlos“ mit Gewalt aufzuhalten. Ausreichend geistige Tiefflieger besitzt die Europäische Union, sodass diese Theorie Gefahr läuft, eines Tages wahr werden zu können.




Ausgabe 25

Titelthema: Fahrrad-Rambo
Weitere Themen: Vorwort – Revolution!? / Dummschwätz – Von sinnentstelltem Sprachmissbrauch / Horch & Guck – Das Bewerbungsgespräch, Teil 2 / TrendScout – Armutsberufe / Urban Gardening – Es wächst etwas am Moritzplatz / Ollys Kommentar – Unschuldig verurteilt / Tresentest – Unterwegs in Puerto de la Cruz / Aktuelles – Neue Zuzugsregelung.

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Woher der Wind weht: Armutsarbeiten

„Es ist größtenteils der Unterstützung von Familie und Freunden und der Schwarzarbeit zu verdanken, dass es bisher nicht zur sozialen Revolte gekommen ist.“

Zu diesem Schluss kamen zwei Autoren des Wochenblatt/Spanien, die einen Bericht über die Verarmung in Spanien verfasst haben. Nun werden einige fragen, was hat Spanien mit Kreuzberg zu tun? Die Antwort ist ganz einfach: Seit Jahren erleben wir in Berlin eine verstärkte Zuwanderung von Spaniern, Italienern und anderen sozial ausgebeuteten Ländern. Es handelt sich bei ihnen um die sogenannte Mittelschicht, die versucht dem sozialen Abstieg und der Verarmung in der Heimat zu entfliehen. Doch jedem sollte bewusst sein, dass die Verarmung hierzulande ebenfalls voranschreitet. Auch wenn Regimeführerin Merkel und ihre Sympathisanten das Mutterland des Großdeutschen Reichs Europäischer Nationen (GREN) – Deutschland – nicht dem alternativlosen Untergang überlassen werden, so wird es doch empfindliche Einschnitte geben, die auch der zur Zeit noch besser gestellten Mittelschicht an den Kragen gehen werden. Einzig und alleine die Oberschicht wird als ebenfalls alternativloser Sieger aus dem Kampf hervorgehen. Das es eine breite Schicht gibt, die sich mit Armutsarbeit über Wasser hält, wird uns tagtäglich vor Augen geführt. Nur sind die meisten von uns (noch) besser Gestellten so arrogant und sagen, das kann mir nicht passieren. Um jedoch einige auf ihre Zukunft vorzubereiten, berichte ich über Arbeiten, die für einige heute schon alltäglich sind.

Das bekannteste Berufsbild der Armutsarbeiten ist das der Pfandsammler. In den Szenebezirken sind sie allgegenwärtig. Sie ziehen mit Plastik- und Stofftaschen bewaffnet durch die Straßen, ziehen einen Hackenporsche hinter oder schieben einen Einkaufswagen vor sich her. Manch ein Profi hat sich an seinen Fahrrad einen Anhänger mit Aufbau angehangen und kann mit dessen Fassungsvermögen ganze Parklandschaften von Pfandgut befreien. Familien sind an sonnigen Tagen damit beschäftigt allein das Leergut aus der Kuhle im Görlitzer Park abzufassen und in Bares zu verwandeln.

Es gibt zwei Arten von Pfandflaschensammlern. Während sich der Hauptteil auf die Parkanlagen und Großveranstaltungen mit großen Menschenaufkommen konzentrieren, sammeln einige abseits der ausgetretenen Pfade in den Seitenstraßen und in den dort hängenden Mülleimern sowie den Flaschencontainer auf der Straße und auf den Hinterhöfen. Die Geheimtipps, die mir bei meiner Recherche verraten wurden, werde ich aus wettbewerbsrechtlichen Gründen hier nicht verraten. Dabei möchte ich nicht vergessen zu erwähnen, dass auch die ein oder andere Ausgabe vom Kreuzberger farblich schwächer ausgefallen wäre, wenn ich die fehlenden Penunsen für die benötigte Farbpatronen nicht durch Flaschensammeln und dem daraus resultierenden Geldsegen finanziert hätte.

Nun gibt es neben dem Sammeln von Pfandflaschen aber weitaus mehr Arbeiten, die den meisten von uns schon beim bloßen Gedanken daran, diese verrichten zu müssen, das kalte Grausen über den Rücken jagt. Jedoch denken die meisten von uns gar nicht so weit, dass sie dieses Schicksal eines Tages ebenfalls ereilen könnte und schauen mit Missachtung und Abscheu auf die Menschen herab, die im Brackwasser der Gesellschaft um ihr täglich Brot kämpfen. Zu diesen Menschen gehören unbestritten die Zeitungsverkäufer einschlägig bekannter Straßen- und Obdachlosenmagazine. Für einen Anteil vom Verkaufserlös von bis zu sechzig Prozent verkaufen sie vor Banken, Einkaufsläden und in der U-Bahn die Neuigkeiten aus einer Parallelgesellschaft.

Ebenfalls in der U-Bahn finden sich die Musiker. Auch bei ihnen gibt es zwei Arten von Darbietungen. Die einen sitzen in den Zwischengängen und Übergängen von einer U-Bahn Linie zur anderen. Die anderen fahren in den Zügen mit. Die einen spielen mit, die anderen ohne offizielle Genehmigung der Verkehrsbetriebe auf. Bei der Qualität der dargebotenen Stücke unterscheiden sie sich weniger. Auf beiden Seiten der Medaille gibt es Glanz und Schande.

Am Anfang und am Ende einer jeden Fahrt mit dem Öffentlichen Personennahverkehr stehen die Ticketverkäufer. Sie agieren vollends illegal, um ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Jeden Menschenstrom, der den Bahnhof kurz nach dem Eintreffen des Zuges verlässt, fragen sie nach nicht mehr benötigten Ticket ab. Im Gegenzug versuchen sie die erhaltenen Tickets an die den Bahnhof betretenden Fahrgäste zu einem günstigeren Preis als dem offiziellen zu verkaufen. Für ein einfaches Ticket werden je nach Gültigkeitsdauer 50 Cent bis ein Euro fällig. Tages- und Zeitkarten bringen da ungleich mehr ein. Bis zu drei Euro werden für ein Tagesticket verlangt und bis zu zehn Euro für ein Touristenticket, welches noch drei Tage berechtigt mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Bei ihrer Arbeit als Ticket-Dealer müssen sie stets auf der Hut sein. Denunzianten im Auftrag der BVG jagen die Ärmsten der Armen. Aber Vorsicht. Es gibt auch wahrhaft Kriminelle, die gefälschte Fahrkarten verkaufen. Es sind gute Kopien von Originalen.

Die Saisonarbeiter unter den Armutsarbeitenden sind die Autoscheibenputzern Die Autoscheibenputzern können ebenfalls in zwei Gruppen eingeteilt werden. Die einen sind die Punks und Wohnungslosen, die unaufdringlich und freundlich ihre Dienste anbieten und auch bei einem Lohn in Form einer Zigarette oder eines Grasbrösels nicht blöd gucken und einem hinterherschimpfen. Die anderen sind die zumeist rumänischen Familien, die zuvor genannte Eigenschaften nicht besitzen.

Ebenfalls viel an der frischen Luft unterwegs und saisonabhängig, nur eine weitaus längere Wegstrecke verrichtend müssend, sind die Fensterputzer am Werk. Sie ziehen durch die Straßen der Stadt und bieten Ladeninhabern an, je nach Größe, für fünf Euro die Schaufensterfront zu putzen.

Als eines der ältesten Gewerbe im Bereich der Armutsarbeit, kann das der Straßenmusiker bezeichnet werden. Vor dem Hintergrund, dass nicht wenige Musikgruppen in Berlin für null Gage auftreten, um überhaupt spielen zu können, könnte man die Straßenmusiker fast als besserverdienende Mittelschicht in der Musikszene bezeichnen. Dabei haben einige von ihnen nach eigener Aussage nicht schlecht verdient. Je nach Ort und Zeit gibt es Tagesgagen von achtzig Euro.

Dies sind nur die Armutsarbeiten, die uns tagtäglich auffallen. Hinzu kommen die ebenfalls in unseren direkten Umfeld verrichteten Arbeiten, die uns jedoch gar nicht als solche erscheinen. Dazu zählen unter anderem „Pizza“-Lieferanten, Klofrauen, Frisösen, Paketzusteller, Kurierfahrer, Mitarbeiter im Sicherheitsgewerbe und unzählige weitere.

Wer demnächst wieder einmal einen der zuvor genannten Berufsgruppen über den Weg läuft, sollte anstatt einen verachtenden, einen aufmerksamen Blick auf die Menschen und ihre Arbeitsweise werfen. Es könnte sein, dass man eines Tages im direkten Wettstreit mit einem von „denen“ steht oder man gar in die peinliche Situation kommt einen der „alten Hasen“ in dem Geschäft um Rat nach einer besseren Verkaufsstrategie fragen muss, um sein täglich Brot zwischen die Zähne zu bekommen.

In diesem Sinne, viel Spaß noch




Horch und Guck: Bewerbungsgespräch (Teil 2)

Was bisher geschah:

Horch hat vom Jobcenter ein Bewerbungsvorschlag bekommen, laut dem er sich als Mitarbeiter beim Bundesnachrichtendienst vorstellen muss. Ein paar Tage nach Erhalt des Schreibens vom Jobcenter tat er was ihm befohlen wurde und stand vor dem neuen BND-Gebäude in der Chausseestraße in Berlin-Mitte. Nachdem er sich am Pförtner vorbei Zutritt zum Gelände verschafft hatte, befand er sich kurz darauf im Büro des Personalchefs Herrn Kuhn. Dieser war von Horchs Auftritt, der nicht nur in einer SS-Uniform sondern zudem auch mit geschultertem Ak-47 in seinem Büro stand, überhaupt nicht begeistert und rief zur Klärung der Sachlage den Sicherheitsdienst herbei.

Der Personalchef nahm den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer vom Sicherheitsdienst. Als am anderen Ende das Gespräch angenommen wurde und sich der Sicherheitsdienst meldete, sagte der Personalchef: »Ach, dass freut mich aber, dass doch jemand von ihnen im Hause anwesend ist. Hier ist Herr Kuhn, der Personalchef. Hätten Sie die Güte und würden Ihren Arsch umgehend zur mir ins Büro bewegen? Hier steht ein Herr Horch in einer SS-Uniform und einem geschulterten AK-47 vor mir. Ich glaube, wir haben ein kleines Sicherheitsproblem und ich hätte von Ihnen gern eine Erklärung dazu, danke«, und legte den Telefonhörer ohne eine Antwort abzuwarten wieder auf.

»So, und nun mal ganz langsam«, führte Herr Kuhn das Gespräch mit Horch fort: »Sie haben unseren Wachmann überlistet und sich mit einem Sturmgewehr Zutritt in einen besonders gesicherten Bereich verschafft. Woher wussten Sie eigentlich, wo mein Büro liegt?«

»Ich werde Ihnen ein kleines Geheimnis von mir verraten. Ich war schon mal hier«, antwortete Horch.

»Wie darf ich das denn jetzt verstehen?«, fragte der Personalchef verwundert.

»Das Malheur um die verschwundenen Baupläne seinerzeit ist auf meinem Mist gewachsen – glaube ich.«

»Wie, glaube Sie? Und vor allem auf was für einem Mist?«

»Das sagte ich doch bereits, auf meinem Mist.«

»Sie haben seinerzeit die Baupläne entwendet?«

»Nun ja, was heißt entwendet«, versuchte sich Horch zu erklären. »Eigentlich wollte ich nur mal aus Neugier einen Blick darauf werfen. Aber aus Versehen habe ich eine Kaffeetasse umgeworfen und der ganze Scheiß ist über die Baupläne gelaufen. Und damit keiner meinen nächtlichen Besuch bemerkt, wollte ich am nächsten Morgen in einen Kopierladen gehen und neue Pläne anfertigen lassen. Aber als ich am nächsten Tag wiedergekommen bin, war das Verschwinden der Pläne bereits bemerkt und die Sicherheitsmaßnahmen daraufhin erhöht worden. Dann bin ich mit den Plänen unterm Arm und unverrichteter Dinge wieder abgezogen.«

»Wegen Ihnen haben wir die ganze verdammte scheiß Umbauaktion machen müssen, die uns zusätzliche Millionen von Euro gekostet hat? Sie habe ja Mut hier aufzutauchen.«

»Tja, wissen Sie, von der Aktion wissen Sie und ich und sonst niemand. Es dürfte Ihnen ohne ein Geständnis meinerseits oder irgendwelchen handfesten Beweisen schwer fallen, mir die Tat nachzuweisen. Außerdem bin ich nicht freiwillig hier. Ich habe ein Schreiben bekommen, aus dem hervorgeht, dass ich mich an dem heutigen Tag«, Horch schaute auf seine Uhr »und exakt zu dieser Uhrzeit bei Ihnen einfinden soll, um Ihnen meine Dienste zu unterbreiten.«

»Sie, bei uns? Zeigen Sie mal das Schreiben her.«

Horch reichte dem Personalchef das Schreiben und der las es gewissenhaft durch.

»Hier steht drin, dass Sie aufgrund Ihrer Qualifikationen bestens für den Job als Sicherheitsfachkraft geeignet wären« und schaute Horch dabei von oben bis unten an.

»Da stimme ich Ihnen zu, ich bin sogar überqualifiziert wie man so schön sagt, aber als überzeugter Regimegegner bin ich die denkbar schlechteste Wahl für diese Position. Für´n Toastbrot mit Ketchup würde ich hier jeden hereinlassen, der mich nett darum bittet.«

»Das würden Sie tun? Warum?«, fragte der Personalchef erstaunt.

»Weil ich mir somit nicht selber die Finger schmutzig machen müsste, bei dem Versuch, die Missstände im System zu beseitigen.«

»Und unsere Behörde sehen Sie als Teil des Systems, welches Missstände aufweist, die es aus Ihrer Sicht zu beseitigen gilt?«

»In der Tat«, erwiderte Horch.

»Und die Missstände wären welche, wenn ich fragen darf?«

»Das fängt bei dem Gedankengut der Mitarbeiter an, auf die sich, wie bereits erwähnt, auch mein Aufzug bezieht und hört dabei auf, dass einer wie ich – zugegeben und nicht übertrieben, ein Meisterspion – aber nichts desto Trotz seit Jahren außer Dienst und nicht trainiert, hier einfach herein marschiert und Baupläne zur freien Verfügung gestellt bekommt oder wie heute, am Wachmann und dem Sicherheitspersonal vorbei, sich mit einem Ak-47-Gewehr Zutritt zu einem, wie Sie so schön sagten, besonders gesicherten Bereich verschafft. Und zu guter Letzt habe ich eine Abneigung gegen die unlauteren Machenschaften der Geheimdienste. Reicht das als Begründung?«

»Na ja, zur freien Verfügung haben wir Ihnen die Baupläne ganz sicher nicht gestellt, aber Sie haben Recht mit dem was Sie sagen. Und was schlagen Sie vor, sollten wir Ihrer Ansicht nach tun?«

In diesem Moment kam der Sicherheitsdienst mit gezogenen Waffen hereingestürmt: »Hände hoch und auf den Boden«, schrie einer der hereinstürmenden Sicherheitskräfte. Horch blieb ohne eine Regung stehen und fragte: »Ja was denn nun? Hände hoch oder auf den Boden legen? Ihr könnt vergessen, dass ich mich mit nach oben ausgestreckten Armen auf die Fresse fallen lasse.«

Einer der Sicherheitsleute versuchte indes Horchs AK-47 zu ergreifen, doch Horch wich einen Schritt zurück und der Beamte griff ins Leere. »Na na na, mein Junge«, sagte Horch. »Das Ding ist gefährlich und nicht zum Spielen gedacht. Außerdem ist das mein Gewehr und ich mag es überhaupt nicht, wenn irgendjemand daran herumfingert.«

»Sie händigen mir umgehend das Gewehr aus…«, befahl der Wachmann.

»Sonst was?«, fiel Horch dem Beamten ins Wort.

»Sonst lasse ich sie umgehend festnehmen«, drohte der Beamte, der versucht hatte Horchs Waffe zu ergreifen.

»Also, wenn Sie derjenige sind, der hier sicherheitstechnisch etwas zu sagen hat, haben Sie ein ganz anderes Problem als mich, nicht wahr?«, und schaute zum Personalchef herüber.

Dieser schaute mit ernster Miene zu den Männern: »In der Tat meine Herren. Und gut Herr Jürgens, dass Sie als Chef der Sicherheitsabteilung auch zugegen sind, dann kommt mein Anschiss gleich bei der richtigen Stelle an.«

Während die Sicherheitsleute verwundert da standen und dumm aus der Wäsche guckten, konnte sich Horch ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.

»Aber zu Ihnen komme ich später. Zunächst geleiten zwei von Ihnen Herrn Horch zum Ausgang. Wer weiß, wo der sonst noch überall seine Nase rein steckt.«

»Dass heißt, Sie wollen auf meine Dienste verzichten?«, fragte Horch freudig.

»Selbstverständlich. Wie Sie sehen, habe ich es hier schon mit genug Nichtskönnern zu tun, da brauche ich nicht noch einen Wahnsinnigen im Team.«

»Das aus Ihrem Mund zu hören Herr Kuhn, ehrt mich geradezu«, sagte Horch. »Aber könnten Sie mir bitte meine Anwesenheit bestätigen, damit mir die Penner vom Amt nicht die Bezüge kürzen.«

»Wenn es weiter nichts ist«, und er nahm den Zettel, den ihm Horch reichte entgegen und unterzeichnete ihn. »So, und nun raus hier. Ich will Sie hier nicht länger sehen und schon gar wiedersehen. Ach, diesbezüglich händigen Sie mir doch bitte die Chipkarte aus, mit der Sie sich Zutritt zu diesem Gebäude verschafft haben.«

Horch reichte die Karte dem Personalchef: »Bitteschön, die benötige ich eh nicht mehr«, und fügte grinsend an: »Ich kenne ja eh schon alles.«

Die beiden Sicherheitsbeamten geleiteten Horch hinaus. Kurz darauf saß er in einem Taxi auf dem Weg zum Kostümverleih.

»Und, wie ist es gelaufen?«, fragte ihn der Mitarbeiter als Horch den Laden betrat.

»Ganz wie erhofft. Sie haben mich kurzum wieder vor die Tür gesetzt. Jetzt will ich aber so schnell wie möglich raus aus dem Plunder. Könnte ich bitte meine Klamotten haben?«

Kurz darauf stand Horch wieder in Zivil auf der Straße und machte sich auf den Heimweg nach Kreuzberg.

Als er die Tür zu dem Büro öffnete empfing ihn Guck mit den Worten: »Na Genosse, du musst ja einen verdammt guten Eindruck hinterlassen haben. Warst wohl doch nicht in Uniform bei dem Termin?«

»Doch, wieso?, fragte Horch erstaunt.

»Herr Kuhn hat angerufen und wollte dich sprechen. Unvorhersehbar ist die Stelle des Sicherheitschefs frei geworden und er hätte dir gern den Arbeitsplatz angeboten.«

»Ach du scheiße. Und was hast du ihm gesagt? Ich hoffe, du hast in meinem Namen dankend abgelehnt?«

»Ich habe ihm erzählt, ich sei deine Einzelfallhilfe und ich mich schon wundern würde, wo du dich schon wieder herumtreiben würdest, da wir einen Termin hätten. Danach war es kurz ruhig am Ende der Leitung und ich bin der Meinung Herr Kuhn hat irgendetwas gemurmelt von: Das erklärt einiges. Was hast du da abgezogen?«

»Du kennst mich doch. Ich würde nie etwas anstellen, was anderen schadet. Aber damit du wegen mir keine schlaflosen Nächte hast, erzähle ich dir wie es gelaufen ist.«

Die langjährige Freundschaft zu Horch ließ Guck die Geschichte, die ihm sein Freund erzählte, ohne große Verwunderung aufnehmen. Doch nachdem ihm Horch alles bis ins Detail geschildert hatte schüttelte er den Kopf und konnte sich ein Grinsen über die Dreistigkeit von Horch nicht verkneifen.

»Ich weiß nicht, wie du es immer hinbekommst, so glimpflich davonzukommen?«

»Du solltest dich viel lieber fragen, warum der Personalchef anruft und einem ganz offensichtlich nicht ganz rund laufendem Meisterspion a. D. den Posten als Sicherheitschef anbietet.

»Sei froh, dass du mich hast. Ohne meine Notlüge stündest du jetzt in Lohn und Brot und eine deiner obersten Befehlshaber hieße Angela Merkel.«




Tresentest – Unterwegs in Puerto de la Cruz

Recherche kann man am besten direkt vor Ort betreiben und fuhren zum Flughafen Tegel. Unsere Recherche galt der sozialen Lage der Spanier. Um die Lage der Nation in seinem vollen Ausmaß erfassen zu können, flogen wir nach Teneriffa. Einige mögen bei der Insel an Urlaub, Sonne, Strand und eventuell auch noch den höchsten Berg Spaniens denken. Tatsächlich sind die Kanaren, die mit am schwersten betroffene Region mit einer Jugendarbeitslosigkeit von bis zu 60 Prozent. Dieses Thema soll aber nicht Gegenstand dieses Tresentests werden. Es braucht also keiner befürchten wir statten dem Tresen vom hiesigen oficina de empleo (Arbeitsamt) einen Besuch ab.

Im Zuge unserer sozialkritischen Recherche mussten wir dann und wann auch mal was essen und trinken. Dafür war die Insel mit ihrem Angebot an frischem Fisch und landestypischen Köstlichkeiten bestens geeignet. Bewusst hatten wir uns bei der Buchung der Reise gegen alle all-inclusive-Angebote entschieden, denn wir wollten die Gastronomen vor Ort unterstützen. Jeden Abend ein anderes Restaurant und somit auch eine andere Küche. Dabei gab es Enttäuschungen und unerwartete Überraschungen. Als der kulinarisch gröbste Schnitzer ist wohl das am besten gelegene Restaurant zu bezeichnen. Das „Rustico“ (Calle San Telmo) liegt direkt an der Promenade und ist in die aus Lava bestehende Felsküste eingelassen. Es bietet einen einzigartigen Blick auf das Meer und die Promenade von Puerto, aber das Essen (Pizza Vegetal und Kaninchen in Salmorejososse) bekam zwei mal ein Minus.

Als gutes Mittelmaß der asiatischen Küche hat sich das Restaurant „Chinese International“ erwiesen. Es liegt direkt an der Promenade (Avda. de Colon) und bietet aufgrund seiner Lage in der ersten Etage, einen wunderbaren Blick auf den Atlantik. Das umfangreiche Buffet bietet alles, was das Herz eines Vielfraßes begehrt. Es stehen 36 verschiedene Gerichte und vier Nachspeisen zur Auswahl! Dabei gilt, man darf soviel essen wie man will und das für 5,95 Euro zuzüglich sieben Prozent Steuer.

Die Preise in den Karten der Gastronomen sind Nettowerte. Die Steuer wird als Kleingedrucktes erwähnt und überrascht den ein oder anderen Gast, ist jedoch gängige Praxis. Ein weiterer „Trick“ ist es Brot in den verschiedensten Variationen zu servieren, ungefragt, wer verzehrt zahlt. Während sich meine durchaus charmante Begleitung anfänglich noch über diese Geschäftsmethoden aufregte, lehnte ich mich zurück. Ich hatte mein Lehrgeld diesbezüglich Jahrzehnte zuvor gezahlt und wusste somit um die gastronomischen Raffinessen.

In typisch spanischer Atmosphäre gibt es im „La Alpista“ die typisch spanische Küche. Auf dem Speiseplan stand Lomo und ein Omelett Canarias. Das Restaurant liegt im oberen Stadtteil von Puerto in der Calle San Amaro.

Das aus unserer Sicht beste Restaurant namens „El Establo“ befindet sich am Plaza del Charco. Vor meiner Abreise nach Spanien träumte ich von einem saftigen und leckeren, medium gegrillten Rinderfilet. Genau dies wurde mir dort serviert. Dazu kam das Ambiente. Ein alter spanischer Innenhof. Schön schattig gelegen, ließ man mit Betreten des Innenhofes den touristischen Teil außen vor. Wie es bei Wettbewerben so üblich ist, darf der Sieger ein zweites Mal ran. So waren wir am letzten Abend zur Siegerehrung wieder vor Ort.

Eigentlich gibt es zwei Sieger. Denn wir waren nicht nur essen, um den Hunger zu stillen, sondern auch um die süßen Seiten der spanischen Backkunst auszukosten. Schließlich benötigt man neben der ganzen ernsthaften vor Ort betrieben Recherche auch mal etwas „Positives“

Wer das süße Leben unter der Sonne des Südens vollends abrunden will, kommt nicht drum herum in einer der Pastelerias hineinzuschauen. Wobei ich gleich vorwarne, beim bloßen Hineinschauen wird es nicht bleiben. Zu gut sehen die dargebotenen Werke der Backkunst aus. Die „El Aderno“ Läden bilden dabei nur die Spitze von zahlreichen weiteren privat geführten Kleinkunst-Konditoreien. Die Panaderia Paraiso (Calle C. Columbus) ist einer der Orte, an denen man Kuchen und andere leckere Dinge in für deutsche Verhältnisse ungeahnten Ausmaß vorfindet.

„Nach dem Essen sollst du rauchen …“

Wer es versäumt hat, sich rechtzeitig vor Reiseantritt im ortsansässigen Cannabis Klub als Mitglied anzumelden, nichts mitgenommen hat oder, wie ich, einfach nur zu viel kifft und den Bedarf falsch berechnet hat wie ich, und somit rauchtechnisch abgebrannt ist, bekommt, wenn die Umgebung mit geschärften Sinnen betrachtet wird, Nachschub. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den beiden Personen bedanken, die mir diesbezüglich weitergeholfen haben. Ihr habt den besten Tresen! Und damit der Tresen auch in Zukunft besteht, nenne ich Name und Anschrift natürlich nicht.

Wer trotz aller geschärften Sinne nichts findet, kann sein Verlangen nach Rausch in einer der zahlreichen Bars mit der Ersatzdroge Alkohol befriedigen. Vielleicht nicht die angesagtesten Bars, jedoch zwei der wenigen, die in der Nebensaison geöffnet hatten und ein angenehme Atmosphäre boten waren das „Tapas y Cañas“ und ein neu eröffneter Laden, dessen Namen ich vergessen habe. Beide Bars liegen sich in der Calle de Cruz Verde direkt gegenüber. Gute Cocktails gibt es im „Tapas y Cañas“ Das beste Bier (Reina) gab es, schön eisgekühlt direkt gegenüber.

Wer die heimische Lektüre, den Kreuzberger, nicht missen möchte, kann sich in die Calle la Hoya 71 begeben und in die deutsche Buchhandlung mit dem passenden Namen Der Buchladen. Dort liegt, wenn nicht vergriffen, stets die aktuelle Ausgabe von Der Kreuzberger aus.

Magda & Horch