Ich erinnere mich noch gut an meine Schulzeit und die, meiner Meinung nach, Unnötigkeit des ein oder anderen Unterrichtsstoffs, den ich nie wieder benötigen würde aber ihn trotzdem für die Klassenarbeiten in meinen Kopf quetschen musste. Zu einem Großteil hat sich diese Ansicht auch bestätigt. Denn wer brauchte in seinem späteren Leben noch die Daten des Dreißigjährigen Krieges? Wer benötigt im Alltag die Bruchrechnung? Wer zieht effektiven Nutzen aus dem Wissen rund um die verschiedenen Sphären, die unseren Planeten umgeben? Niemand!? Aber das ein oder andere holt einen früher oder später doch wieder ein. Denn hätte ich im Physik-Unterricht ein wenig mehr Einsatz gezeigt, hätte ich euch zu dem Thema der Oberflächenforschung ein paar Grundinformationen liefern können. Aber Der Kreuzberger wäre ja nicht Der Kreuzberger, wenn uns für dieses Problem nicht eine Lösung eingefallen wäre. So ist es mir eine Ehre, euch Dr. Markus Ternes – Fest-körperforscher am Max-Planck Institut in Stuttgart vorstellen zu dürfen.
Am Anfang ein paar Daten aus dem Leben unseres Gastes.
Sein Leben bis zum Beginn seiner beruflichen Laufbahn ist schnell erzählt und recht unspektakulär. Er wuchs in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg auf. Hier besuchte er die örtliche Schule und absolvierte erfolgreich sein Abitur. Das war´s.
Mit dem Abi in der Tasche zog er nach Berlin und wohnte im seiner Zeit noch lebendigeren und angesagtem Charlottenburg.
An der Technischen Fachhochschule studierte er in den nächsten Jahren Physik und spezialisierte sich in den letzten zwei Jahren seines Studiums auf den Forschungszweig der Oberflächenforschung der er bis heute treu geblieben ist. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums arbeitete Dr. Markus Ternes für vier Jahre in der Schweiz, in einem Labor in Lausanne. Aufgrund besserer Chancen und eines guten Teams, das er bereits in einem dreimonatigen Aufenthalt zuvor kennen-gelernt hatte, zog es ihn nach Californien. Hier arbeitete und forschte er zwei Jahre in einem renommierten Labor. Danach zog es ihn wieder zurück in die Heimat Deutschland. Seitdem arbeitet er im Max-Planck Institut in Stuttgart an der Erforschung von Atomen. ihren Funktiontionen und deren Verhalten unter verschiedensten Bedingungen. Jeden Tag steht Dr. Ternes mit seinen Kollegen vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Sei es, dass Ergebnisse und Bilder eines zuvor durchgeführten Experiments neue, unvorhersehbare Fragen aufwerfen, die zu klären sind. Oder sie müssen für eine anstehende Versuchsreihe ein Gerät entwickeln. Hierfür sitzen die Forscher beisammen und führen endlose Diskus-sionen, sie beraten die nächsten Schritte um die Fertigung neuer Bauteile voran-zutreiben. Nach Plänen der Forscher stellen dann die Schlosser, Elektriker, und Feinmechaniker die Einzelteile her. Diese werden dann wiederum von den “Auftraggebern” zusammengesetzt.
Zum Beispiel das Rastertunnel-Mikroskop (siehe Foto). Mit diesem Instrument ist es den Forschen möglich, atomare Strukturen aufzulösen.
Wie das Rastertunnel-Mikroskop aufge-baut ist und wie es funktioniert hat Dr. Markus Ternes im Interview mit Marek eindrucksvoll beschrieben.
Jetzt wird es kompliziert:
Das Hauptbauteil des Rastertunnel-Mikroskop ist ein Draht mit einer sehr feinen Spitze. Sie ist so fein, dass sie am Ende aus nur einem Atom besteht. Als Materialien für diesen Draht werden Wolfram und Platinverbindungen (Platin-Iridium oder Platin-Rhodium) ver-wendet. Um das Ende des Drahts auf ein einzelnes Atom zu reduzieren kommt bei Wolfram ein Ätzverfahren zum Einsatz und bei den Platinverbindungen wird dies durch ein Zug-/Schnitt-Verfahren erreicht. Diese Spitze fährt die zu untersuchende Probe rasterförmig ab.
Dabei nutzt es den quantenmecha-nischen Tunneleffekt aus. Vereinfacht ausgedrückt funktioniert das Ganze wie die Nadel bei einem Schallplatten-spieler. Die Nadel liegt auf dem Objekt auf und tastet es ab. Bei einem Schallplatten-spieler ist das Resultat, der Ausstoß von Schallwellen. Bei dem Rastertunnel-Mikroskop die Anzeige von Meßergebnissen.
Das Rastertunnel-Mikroskop stellt die Oberfläche nicht als Bild im klassischen Sinne dar. Die Auflösung wird nicht durch Wellenlänge, sondern durch den Radius der Spitze und die Genauigkeit der Positionsbestimmung der Spitze bestimmt. Somit erreicht das Auflösungs-vermögen atomare Größenordnung.
Desweiteren fielen in dem Gespräch Begriffe wie Schrödingergleichung, Ray-leigh-Kriterium, HOPG, Piezo-Effekt, auf die ich aber nicht weiter eingehen möchte.
Soweit der fachliche Teil.
Stellt sich abschließend die Frage:
Wem nutzt die Oberflächenforschung?
Ein Beispiel das Dr. Ternes benennen konnte, sind ultra glatte Farben und Lacke. Ansonsten ist dies Grundlagen-forschung. Mit dem Wissen auf dem Gebiet der Oberflächenforschung werden zum Beispiel auch folgende Fragen beantwortet: Warum sind viele Eisenatome magnetisch aber ein einzelnes Eisenatom nicht? Ab welcher Zahl an Eisenatomen werden diese Magnetisch? Wovon hängt es ab?
Wir bedanken uns bei unserem Gesprächspartner für das Interview und wünschen Dr. Markus Ternes weiterhin viel Erfolg bei der Suche nach Antworten auf seine Fragen.
Für diejenigen unter euch, die sich intensiver mit diesem Thema befassen möchten, gibt es im Internet zahlreiche Informationsmöglichkeiten.
PS: Hätte auch nur einer von uns in der Schule besser aufgepasst, dann wäre jetzt wenigsten einer unter uns der verstanden hätte worum es ging.
Interview/Foto: Marek
Text: Olly