MolotowCocktail – Die Geschichte einer Volkswaffe

Wann wäre ein solcher Artikel passender, als in der Mai-Ausgabe? Die Idee dazu kam mir vor einiger Zeit, als ein Bekannter der British Special Forces mir von seinen Erfahrungen in Nordirland erzählte, wo Demonstranten ihren Mollys Cornflakes und Zucker beimischten, damit die brennende Flüssigkeit besser haften blieb.

Aber zunächst, damit niemand denkt oder glaubt, dass hier Bombenbauanleitungen verbreitet würden, ein Disclaimer, der mir bei meinen Recherchen im Internet aufgefallen ist und dem ich mich gerne anschließen möchte: »!!!Mollys bauen (und werfen) ist böse und unökologisch (manche Anschlagsziele wohl aber auch). Der folgende Text ist kein Aufruf zum Molly-Bau und -Werfen, sondern dient der Aufklärung darüber, wie Menschen, die sowas trotzdem tun, das machen, um Mollys erkennen und sich davor schützen zu können. Diese Seite dient damit der Dokumentation und Vorbeugung!!!« (Zitat: www.deu.anarchopedia.org/Molly-Workshop)

Der Molotowcocktail, auch Molly genannt, ist ein einfacher Wurfbrandsatz, der ohne große Kosten oder Aufwand aus Flaschen, Lunten und einem Gemisch brennbarer Flüssigkeiten herzustellen ist, weshalb er auch als Volks- oder Guerillawaffe gilt, die bei Aufständen, Krawallen oder Straßenschlachten Verwendung findet.

Die Geschichte von Brandsätzen geht bis in die Antike zurück, wo »Griechisches Feuer« und »Feuertöpfe« in Seeschlachten oder bei der Erstürmung von Festungen eingesetzt wurden. Die ersten Belege für den Einsatz von Molotowcocktails stammen aus den Russischen Interventionskriegen (1918-1922) und dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), damals aber noch nicht unter diesem Namen bekannt. Die Benzinbomben wurden zunächst – auf Turm, Motor oder Auspuff geworfen – erfolgreich gegen Panzer eingesetzt.

Die Bezeichnung Molotowcocktail geht auf die sowjetische Invasion in Finnland (1939/1940) und den damaligen Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten – Wjatscheslaw Molotow – zurück, der während der Annexion behauptete, die russischen Bomber würden Brot für die Zivilbevölkerung bringen. Diese Lüge beantworteten die empörten Finnen mit einem »Getränk passend zum Essen«, denn die russischen Streubomben wurden damals im Volksmund »Molotows Brotkörbe« genannt.

Weil Mollys im Preis-/Leistungsverhältnis sehr günstige Panzerabwehrwaffen darstellten, wurden sie in Finnland bald von einer staatseigenen (Likör-)Fabrik in Rajamäki industriell hergestellt. Insgesamt wurden 450.000 Stück produziert und nebst Streichhölzern paketweise an die Front geschickt. Später ließen auch die Rote Armee und die Deutsche Wehrmacht »Brandflaschen« herstellen bzw. gaben Anleitungen für deren Selbstbau heraus.

Den Weg von der Kriegswaffe zur Volkswaffe und in den Bereich der »zivilen Auseinandersetzung« fand der Molly ab der Mitte des letzten Jahrhunderts durch seine Verwendung beim Aufstand im Warschauer Ghetto (1943), beim Warschauer Aufstand (1944) oder dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Ungarn (1956).

Im Folgenden gewann er gerade bei Volksaufständen, in der Auseinandersetzungen zwischen Zivilbevölkerung und Militär oder mit dem staatlichen Gewaltmonopol überall auf der Welt immer mehr an Popularität. Neben vielen anderen Konflikten zählen in Europa die Studentenbewegung der 1960er Jahre, die Terrorwelle in den 1970ern, die Hausbesetzerszene der 1980er in Deutschland, die IRA und – immer noch aktuell – die Globalisierungsgegner und Widerstandleistende gegen das Euro-Regime dazu. Somit hat sich der Molotowcocktail, neben Worten und Steinen, zu einer Waffe des »kleinen Mannes« entwicklet und als Ausdruck ohnmächtiger Wut gegenüber übermächtigen Gegnern heraus stilisiert.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern, wird der Molotowcocktail auf der Liste verbotener Waffen geführt. D. h. Erwerb, Besitz, Überlassen, Mitführen, Verbringen, Herstellen, und Handeln sind unter Androhung von Gefängnisstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren verboten. Das Werfen wird seitens der Justiz im Allgemeinen als versuchtes Tötungsdelikt (Totschlag oder Mord) gewertet.

Also, wenn ihr irgendwo Mollys brennen oder fliegen seht, dann macht euch aus dem Staub und bringt euch in Sicherheit. Und »Ihr da oben« überlegt mal, was ihr getan und womit ihr den Zorn des Volkes entzündet habt.

Geschrieben von kersten

 

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