„Niemand hat die Absicht die Mauer abzureißen“ oder der frühe Vogel fängt den Wurm

Anfang März demonstrierten 6.000 Menschen für den Erhalt der East Side Gallery und gegen die Umsetzung von Teilstücken der ehemaligen Staatsgrenze. Selbst der US-Schauspieler David Hasselhoff reiste Mitte März eigens für seinen Protest an die Spree, um für den Erhalt der Mauer zu demonstrieren. Die Empörung fand ihren bisherigen Höhepunkt, als am 27. März 2013 um 5.30 Uhr ein Bauunternehmen unter Polizeischutz damit begann Teile der Mauer zu entfernen, um einer Baustellenzufahrt, sowie den gesetzlich vorgeschriebenen Flucht- und Rettungswegen Platz zu machen. Noch bis zum späten Dienstag Abend saß der Initiator von „Mediaspree versenken“ Robert Muschinski mit weiteren Männern in einem Wohnanhänger, um an der East Side Gallery Mahnwache zu halten. Der Berliner Zeitung gegenüber äußerte Muschinski, er sei dann später nach Hause gefahren, um zu duschen und ein paar Stunden zu schlafen.

Gleich der Zwangsräumung in der Lausitzer Straße 8, bei der sich die Polizei in Begleitung der als Polizistin getarnten Gerichtsvollzieherin durch die Hintertür oder besser gesagt über den Hof eines Nachbarhauses Zutritt zum Objekt der Begierde verschaffte, so haben sie die Akteure der Initiative „Mediaspree versenken“ mit der Nacht und Nebel Aktion überrumpelt.

Nachdem die Verwunderung über das rührselige Vertrauen Muschinskis und seiner Mitstreiter in das Regime verflogen ist, stellt sich die Frage: Wo sind all die East Side Gallery Sympathisanten, wenn es um die Instandhaltung der von ihnen so geliebten Mauer-Galerie geht? Jeden Tag schmieren Touristen ihren „I was here„ Spruch auf die Werke internationaler Künstler. Jetzt auf ein mal entdeckt neben den Ein-Tags-Demonstranten auch Bezirksbürgermeister Schulz sein Interesse und ist, wie die anderen Mitstreiter, froh darüber, dass Bürgermeister Klaus Wowereit das Wort ergriffen hat und einschreiten will.

Genau der Wowereit, der seit Jahren nichts besseres zu tun hat, als auf den Partys der Stadt sich und seines gleichen zu feiern beziehungsweise feiern zu lassen und genau der Wowereit, der erst kürzlich wegen Unfähigkeit das Amt des Vorsitzenden der Flughafengesellschaft räumen musste. Genau dieser Wowereit soll es nun richten, soll dafür sorgen, dass der Bürgerwille umgesetzt wird? Wie gut der Einsatz von „uns Wowi“ funktioniert hat, zeigt die Aktion vom 27. März.

An den bereits beschlossenen Pläne wird weder ein (Macht)Wort von Wowereit etwas ändern, noch die Petition gegen die Bebauung der East Side Gallery, die bereits von über 81.000 Menschen unterschrieben wurde. Die Mauer wurde auf der Lüge Walter Ulbrichts errichtet: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“ und sie wird mit einem leeren Versprechen dem Untergang Preis gegeben.

Um das gewohnte Niveau meiner Berichterstattung zu halten und eine Welle der Empörung auszulösen, unterstelle ich dem israelischen Investor mit dem Neubau an historischer Stelle, die Ausdehnung der israelischen Siedlungsgebiete bis ans Spreeufer vorantreiben zu wollen. Ganz nach dem Motto der deutschen Politik, wonach Deutschland am Hindukusch verteidigt wird, könnte man in Anlehnung an dieses Motto, den geplanten Neubau des Investors als Brückenkopf der israelischen Siedlungspolitik bezeichnen.

Fazit: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Dieses Sprichwort bestätigt sich gleich in mehreren Punkten. Da gibt es zum einen den seit 2008 bestehenden Bauantrag, der den Investor Maik Uwe Hinkel von „Living Bauhaus“ seit nunmehr fünf Jahren dazu berechtigt an dieser Stelle sein 63 Meter Hochhaus zu errichten. Zum anderen zeigen die vergangen Polizeieinsätze, dass nicht nur der frühe Vogel den Wurm fängt, sondern auch wenn, wie in der Lausitzer Straße 8, der Wurm zwar weiß das der Vogel kommt um ihn zu holen, er aber noch nicht wach genug ist, um einen hinterhältigen Angriff abzuwehren.

Zu guter Letzt zeigt die Tatsache, dass die Baumaßnahmen mit Unterstützung der Staatsgewalt und gegen des Volkes Willen fortgesetzt werden. Der Protest kommt zu spät. Mit friedlichen Mitteln wird der Kampf nicht mehr zu gewinnen sein. Ein Mal mehr zitiere ich die vom Regime vorgegebenen Gesetzestexte, wenn ich zum aktiven Widerstand gegen das Regime aufrufe: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus (Artikel 20 Absatz 2).

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