Tresentest – PIG7, Motorradwerkstatt auf Kreuzbergisch

Der Frühling kam auch in diesem Jahr wieder einmal überraschend, wie immer – wenn auch ein wenig spät. Und da waren sie wieder, meine drei Probleme: Keine Bikinifigur, Fahrrad nicht fit und auch das Motorrad stand den ganzen Winter nur in der Garage. Nichts von dem, was ich mir im Herbst vorgenommen hatte, konnte ich in der fiesen, dunklen Jahreszeit umsetzen. Also musste ich mir schnell Hilfe suchen, sonst ist der Sommer vorbei, ehe er begonnen hat.

Ok, bei der Bikinifigur und dem inneren Schweinehund kann mir nicht wirklich jemand helfen. Das Fahrrad bekomme ich mit ein bisschen Zeit und Schmiere alleine hin. Aber bei einigen Arbeiten an meinem zugegebenermaßen alten, dennoch sehr schönen Motorrad benötigte ich wirklich Hilfe und eine kompetente, gut ausgerüstete Werkstatt.

Bei meiner Suche stieß ich auf eine Mopedbude nicht all zu weit entfernt, in der Nähe des Mariannenplatz, die neben anderen Klassikern auch auf meinen Motorrad-typ spezialisiert ist. Dem wollte ich mal auf den Zahn fühlen. Also, den Kater gestiefelt und auf Schusters Rappen den Weg angetreten. Es war wirklich nicht weit, quer über den Mariannenplatz, vorbei an der Wagenburg, den Betaniendamm überquert und schon war ich in der Melchiorstr. 7.

Schon von außen weisen ein Leuchtschild und ein großes Graffiti »PIG 7« an der Hauswand auf eine Toreinfahrt in einem äußerlich wie ein Wohnhaus wirkenden Gebäude hin. Wirft man einen Blick hindurch, sieht man auf dem grünen Hof eine Remise mit überdachtem Vorplatz und vielen, mehr oder weniger gepflegten Oldtimer-Motorrädern davor. Zwischendrin findet sich auch immer mal wieder ein neueres Modell. Typenoffen also… Gerade zu gewährte mir ein großes, geöffnetes Holztor den Blick in eine Werkstatt mit mehreren, von Zweirädern besetzten Hebebühnen.

Sofort dachte ich: »Hier bin ich richtig«. Und ich sollte mich nicht täuschen. Aus der Werkstatt kam mir »Micha«, Michael Renzel, der Inhaber entgegen. Außer ihm war noch ein Azubi in anwesend, der grade am Kabelbaum eines Mopeds werkelte. Nach einem kurzen Smalltalk entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch. Hierbei erfuhr ich einiges über die fast 15-jährige Firmengeschichte, über Michas Leidenschaft für klassische Zweizylinder und darüber, dass er auch Händler für Enfield-Motorräder aus Indien und Ural-Gespanne aus Russland ist. Beides Motorräder, die zwar neu, aber in sehr klassischem Look daher kommen. In unserem Gespräch konnte ich auch feststellen, dass der Mann über großes Knowhow, technischen Sachverstand und ein ausgezeichnetes Feeling für Motorräder verfügt. Außerdem ist Micha Spezialist für Triumph und Yamaha XS650, SR/XT500. Und damit waren wir beim Thema.

Meine Maschine vertraue ich nämlich nicht jedem an. Dafür habe ich schon zu viele schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem lege ich auch gern selbst Hand an. Aber hier hatte ich von Anfang an Vertrauen. Einige Tage später, Micha hatte sich wegen des Frühjahrsansturms etwas Zeit ausgebeten, brachte ich mein Motorrad vorbei. Wir besprachen, was zu tun sein und er machte mir einen wirklich fairen Preis für die vereinbarten Arbeiten. Einen Tag vor dem Abholtermin erhielt ich sogar noch einen Anruf von Micha, der mich darauf hinwies, dass mein TÜV abgelaufen sei und mich fragte, ob er sich darum auch kümmern solle. Dankbar bejahte ich. Wann kuckt man schon mal auf sein eigenes Nummernschild? Hängt ja da, wo es immer hängt…

Beim Abholen betrat ich zum ersten Mal das Büro. Rustikal, kein Schischi, ein alter Schreibtisch, ein Glastresen und Regale angefüllt mit chromglänzenden Ersatzteilen, Ausstellungsmotoren und einigen Fanartikeln für Freunde der klassischen Motorradszene. Ein Mann ein Wort, der veranschlagte Preis hatte sich nur um die TÜV-Gebühr verändert. Keine Abzocke also, alles ok.

Als ich mein Motorrad aus der Werkstatt schob, fiel mir noch ein altes Rennrad mit Bahnlenker auf, das an der Decke hing. Wie ich herausfand, ist Micha, wie ich auch, ein ambitionierter Radfahrer. Mit diesem Rad, sagte er, fährt er den Velothon. Ansonsten sei er Mountainbiker, wofür er in seinen Ferien gern mal in die Mittelgebirge oder die Alpen fährt. Deshalb handelt er neben der Motorradschiene auch noch mit extrem hochwertigen MTB-Rahmen der Firma Liteville. Leider nicht meine Preisklasse.

Alles in allem war ich sehr zufrieden mit meinem Werkstattbesuch. Arbeit, Preis und auch der persönliche, beinahe familiäre Kontakt haben gestimmt. Als Skeptiker mag ich es sehr, wenn ich auch mit demjenigen reden kann, der sich hinterher um mein Motorrad kümmert. Von meiner Warte aus kann ich den Laden wärmstens empfehlen. Aber macht euch am Besten selbst ein Bild.

PIG 7 – Typenoffene Motorradwerkstatt

Melchiorstraße 7, 10179 Berlin

Tel. 030-279 16 38

Web: www.pig7.de

 

Geschrieben von kersten

image_pdfimage_print

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.