Horch & Guck: Auf und davon

Horch saß in seinem Sessel und drehte sich gerade einen Joint, als Guck das Büro betrat.

Mit provokanter Stimme fragte Guck: »Na, so früh am Tag schon wieder am kiffen?«

Gelassen antwortete Horch »Was heißt hier so früh am Tag, es ist zwölf Uhr und das ist mein dritter Joint.«

Guck hakte nach: »Seit wann bist du wach?«

»Seit neun.«

»Und da hast du schon den dritten Joint am brennen?«

Horch zuckte mit den Schultern und erwiderte: »Was haben ich denn noch zu verlieren außer ein paar Gehirnzellen? Die Rente reicht vorne und hinten nicht. Der Kreuzberger stellt den Betrieb auf Sparflamme und benötigt für die Recherche bis auf Weiteres keine Geheimdienstinformationen mehr von uns und außerdem muss ich das ganze Grass noch wegrauchen bevor wir nach Spanien fliegen – wegschmeißen tu ich es ganz bestimmt nicht!«

»Na ja warte mal ab, vielleicht sind wir auch schneller wieder zurück als dir lieb ist. Wenn wir keine Arbeit finden, die uns über Wasser hält, sind deine Pläne unter der Sonne des Südens alt werden zu wollen und irgendwann dort den Arsch zu zukneifen ganz schnell Geschichte und wir sitzen wieder hier.«

Energisch erwiderte Horch: »Ich werde alles daran setzen, dass dies nicht geschieht! Zur Not lecke ich der Sachberarbeiterin vom Arbeitsamt in Spanien am Arsch und versichere ihr das es nach Schokolade geschmeckt hat!«

»Bah, immer wenn du kiffst, wirst du ordinär.«

»Vielleicht, aber ganz sicher habe ich meinen unabdingbaren Willen verdeutlicht, alles zu unternehmen, dass wir irgendwann entspannt, jeder mit einer Chica im Arm, am Strand liegen und Schröder seine tägliche Wurst unter einer schönen Palme abdrücken kann.«

»Was muss eigentlich noch alles erledigt werden?«, fragte Guck.

»Hm, lass mich mal auf die Liste schauen: Das Lager ist geräumt, die AK-47 und das Gastgeschenk von Mai Ling und Früh Ling, das Sechserpack Handgranaten, habe ich im Wald verbuddelt, die Gerätschaften sind alle ausgeschaltet und vom Netz getrennt, die Koffer sind gepackt und die paar Penunsen, die ich noch hatte, habe ich von der Bank geholt… und die Flugtickets sind am Flughafen hinterlegt.«

»Sehr gut, dann können wir uns ja entspannt zurücklehnen.« Guck setzte sich in seinen Sessel und fuhr fort: »Ich habe in den letzten Tagen einige Leute getroffen, die mich schief angeschaut haben, als ich ihnen von unseren Plänen erzählt habe.«

»Ach, was die sagen, da scheiße ich drauf. Ich schaue nach vorne und wenn wir in ein paar Monaten wieder hier stehen sollten, ist der Hohn und der Spott der Neider mein geringstes Problem.«

Guck schaute verwundert und fragte: »Wieso welches Problem kratzt dich mehr?«

Horch guckte seinen Freund eindringlich an: »Welches Problem mich mehr kratzt? Da fragst du noch? Natürlich wieder hier zu sein! Aber nicht wegen dem Hohn und dem Spott der Neider, sondern wegen den ganzen Idioten, die mittlerweile nicht nur den Kiez, sondern gefühlt bereits das ganze Land besiedeln und mit ihrem asozialen Verhalten das gesellschaftliche Miteinander nahezu unmöglich machen. Schau dich doch um. Die Gesellschaft prügelt auf die Drogendealer im Görlitzer Park ein, die nur das Produkt des gesellschaftlich gelebten asozialen Verhaltens sind. Dazu kommt das scheiß Wetter. Seit Jahren quatschen die Öko-Nazis von Erderwärmung, Überschwemmungen und vernichtenden Wirbelstürmen. Ich frag dich: Wo ist all das? Wo ist die Erderwärmung, die uns das ganze Jahr über gemütlich warme Temperaturen bescheren würde, wo sind die Überschwemmungen, die das Umland von Berlin in die Costa Brava Nordeuropas verwandeln könnten und wo sind all die Wirbelstürme, die die landesweit verstreuten Arschlöcher hinweg fegen würden? Wo ist das alles? Nichts davon wird so Zeitnah auftreten, dass ich es noch erleben dürfte. Genauso wenig wie das Waldsterben, das ja angeblich Deutschland bis Mitte der 1990er Jahre Baum frei werden lassen sollte. Tausende besoffene Autofahrer, die sich um irgendeinen, im Weg stehenden Alleebaum gewickelt haben, wären vermutlich noch am Leben und dankbar, wenn diese Panikmache einiger Hetzer Realität geworden wäre.«

»Schießt du da jetzt nicht ein wenig über das Ziel hinaus?«

»Ja, na klar. Du weißt doch ganz genau was dich erwartet, wenn du dieses Thema ansprichst, selbst Schuld. Mir schwillt nun mal der Hals und platzt der Arsch, wenn ich über diese landesweite Egalhaltung des Volkes nachdenke. Alle sind sie am herummeckern, »so kann es nicht weitergehen«, »es muss sich etwas ändern« und »die Politik ist Schuld«. Verdammte Scheiße klar kann es nicht so weitergehen, klar muss sich etwas ändern und klar ist auch, dass die Politik Schuld ist, aber wer legitimiert diese Volksverräter den? Es sind doch jedes Mal die gleichen bescheuerten Wählerinnen und Wähler die zur Wahlurne rennen und mit ihrem Kreuz an der »richtigen Stelle« ihr Schicksal besiegeln, anstatt die Urne zu nehmen und sie den Verantwortlichen für die Miesere über den Schädel zu ziehen. Du hast es doch live miterlebt, wie lächerlich sich die ach so starke westliche Gemeinschaft mit ihren Drohungen gegenüber Wladimir Putin gemacht hat. Mit jedem Schachzug den Merkel, Obama und Co. gegen Putin geführt haben, hat er sie mit seinen Reaktionen einem Schach Matt immer ein Stück näher gebracht, bis er am Ende – natürlich im übertragenen Sinn gesprochen – wie ein Schuljunge, der einer Bestrafung entkommen ist, aus sicherer Entfernung ganz frech die Hosen herunter gezogen und seinen Berufskollegen den blanken Arsch gezeigt hat. Wir werden von volksfernen, überheblichen Nichtskönnern regiert. Wann versteht das Volk diese Tatsache endlich? Ein weiteres Beispiel für die Volksverarschung ist das endlose Geschwafel über die Eröffnung, Nicht-Eröffnung, den Umbau oder Total-Neubau vom BER-Flughafen. Das geht den Leuten langsam auf die Eier. Die sind bald soweit, dass sie sagen: Reißt das ganze Scheißding bloß ab, dann haben wir wenigsens Ruhe in dem ledigen Thema.«

Guck warf ein: »Pass mal auf, am Ende krallt sich unser beliebter Bürgermeister Wowereit das alte NSA-Gelände mit der Abhöranlage auf dem Teufelsberg und baut dort seinen rosa roten königlichen Palast nach spät römisch dekadenten Vorgaben und reißt sich zudem noch den BER unter den Nagel und macht seinen Privatflughafen daraus um Geschäftsleute, wichtige Freunde und seine zahlreichen Party-Gäste dort landen zu lassen.«

»Na klar, und ich arbeite dann als 1,50 Euro-Jobber und darf ihm mit dem Palmwedel frische Luft zu wedeln – wegen der Erderwärmung und so.«

»Nee die Luft wedel ich ihm zu, du hast die ehrenvolle Aufgabe des Majestäts Rosette immer schon gleitfähig zu halten, damit die ganzen politischen Arschkriecher um ihn herum es nicht so schwer haben ihm in den Arsch zu kriechen.«

»Du sagst ich bin ekelig? So ein Duktus aus deinem Mund. Pfui spinne ich kotz gleich!«

»Komm, stell dich nicht so an. Oder soll ich noch mal die Geschichte mit Merkel und Sarkozy aufwärmen.«

»Um Himmels Willen, bloß nicht! Die Abhöraktion steckt mir heute noch in den Knochen und ich kann von Glück reden, dass ich keine bleibenden seelischen Schäden davongetragen habe«, erwiderte Horch.

»Ich habe dich damals im Vorfeld gewarnt, dass es unschöne Szenen geben könnte.«

»Ja, aber wer konnte den ahnen, dass die beiden es, bei all dem was wir bereits im Leben durchgemacht haben, auf die Spitze treiben würden und….«

»Ja?«

»Na ja, du weißt schon.«

Guck grinste und fragte: »Nein, ich weiß nicht.«

»Du willst doch nur das ich es ausspreche.«

Guck fragte scheinheilig: »Wie? Was denn?«

»Na ja, dass die beiden…«

»Was haben die beiden?«

»Jetzt stell dich nicht so an, über meine Lippen kommt kein Wort.«

»Weil du es nicht kannst, weil du dann wie beim letzten Mal, als wir das Thema hatten, wieder das Frühstück auf den Teppich brüllst!«

»Nein, weil du Idiot deinen Kaffee über das Beweismaterial geschüttet hast, haben wir keinen Beweis dafür, dass die beiden sich, sage ich es mal vorsichtig, näher gekommen sind. Ich habe schon die Schlagzeilen gesehen: Sarkozy und Merkel erwischt beim F…«

»Vorsicht, pass auf! Du weißt nicht, ob der BND hier wieder irgendwelche Wanzen versteckt hat und dich dann dran kriegt wegen übler Nachrede oder falscher Behauptungen.«

»Wir sind unter uns, ganz sicher. Ich habe beim Aufräumen den alten Scanner gefunden, den mir Osama bei einem unserer letzten Treffen geschenkt hat. Der findet alles, sogar die neueste Generation der CIA-Wanzen.«

»Echt? Den habe ich schon gesucht.«

»Keine Sorge ich habe ihn eingepackt. Man weiß ja nie, wo wir noch überall landen.«

»Davon abgesehen ist die Politik in Spanien auch nicht besser als hier.«

»Auch wenn du damit wieder vom Thema ablenkst, da hast du Recht, aber das menschliche Miteinander ist weitaus ausgeprägter als hierzulande. Es wird nicht leichter, ganz im Gegenteil, aber lieber versuche ich es noch ein Mal auf die alten Tage und falle bei dem Versuch, dem Leben eine neue Richtung zu geben, auf die Schnauze, als dass ich mich immer wieder fragen muss, ob es nicht doch besser gewesen wäre den Versuch zu wagen und ich glaube dir geht es da ganz genauso.«

»Was machen wir eigentlich, wenn wir wieder zurückkommen?«

»Ich weiß nicht. Ich würde vorschlagen, wir gehen dann erst einmal zum Jobcenter, melden uns zurück und warten mal ab,was das Leben noch so bereit hält. Ich werde es dann auf jeden Fall ganz entspannt angehen lassen. In den vergangenen Jahren habe ich mir hier genug den Arsch aufgerissen um selbigen irgendwie an die Wand zu bekommen.«

»Da hast du Recht. Wir haben viel versucht und bei den zahlreichen Versuchen auch vieles erlebt, was unseren Erfahrungsschatz erweitert hat, aber es war auch ein harter Weg diese Erfahrungen zu sammeln.«

»Es hört sich jetzt vielleicht ein wenig arrogant an wenn ich sage, dass wir uns mit dem, was wir im Leben an Erfahrungen und Wissen gesammelt haben, wir uns nicht mehr jeden Scheiß antun und nicht jeden Scheiß von irgendeinem lebensunerfahrenen Jobcenter-Mitarbeiter anhören müssen. Und bevor ich jetzt noch anfange mich über die anderen Mitarbeiter des Regimes aufzuregen, lass uns lieber noch mal kurz, jeder für sich, in uns gehen und überlegen ob wir irgendetwas vergessen haben. Der Flug geht in drei Stunden und wir müssen noch das Taxi bestellen.«

»Na dann mach mal. Ich hoffe der ganze Kram passt ins Auto.«

»Ich werde ein Großraumtaxi ordern, dann passt das schon. Du kannst schon mal mit dem Heruntertragen anfangen, das Taxi wird nicht lange brauchen bis es hier ist.«

Horch bestellte das Taxi, nahm seinen Seesack und schaute sich noch einmal um. Wehmütig verließ er das Büro und schloss die Tür hinter sich ab. Das war es, dachte er bei sich, wieder ein Kapitel im Leben, das ein Ende gefunden hat.

Ob Horch und Guck in Spanien Arbeit finden und gemeinsam mit Schröder ihren Lebensabend dort verbringen und welche Abenteuer sie dabei erleben oder ob sie vielleicht widerwillig zurückkehren müssen erfahrt ihr Anfang Juli 2014 unter:

www.derkreuzberger.de

Geschrieben von Oliver Jung

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