Horch & Guck: Spurenbeseitigung

 

Es war ein schöner Herbst Morgen. Der Himmel war blau, die Sonne lachte und die Vögel vögelten. Es hätte ein richtig schöner Tag werden können. Wie gesagt, “HÄTTE”. Wenn nicht auf einmal das Brett aufgeflogen und Guck wie ein Wahnsinniger hereingestürmt wäre. “Verdammte Scheiße” waren seine ersten Worte zur Begrüßung. “Mein Guckposten”.

Ich sagte: “Beruhige dich, die Mauer ist seit zwanzig Jahren weg und wir seitdem außer Dienst. Ich habe keinen Horchposten mehr und du nix mehr zu gucken.” “Nein, man”, erwiderte Guck: “Ich habe mir doch damals diesen spottbilligen Außenposten in der Nähe von Münchberg andrehen lassen.”

Ich lachte und fragte:”Der mit der 30-jährigen Laufzeit, mit der du dich so angeschissen hast?” Guck sagte, viel-mehr schrie er:”Genau dieses Scheißding und weißt du wann dieser Vertrag ausläuft??” Schulterzuckend fragte ich:”Wann?” Er schrie noch lauter: “Übermorgen”. Toll dachte ich bei mir, super Planung. “Und nu?” fragte ich. “Wie, was und nu? Runter mit dem Arsch von der Couch, ab zur Autovermietung. Wir haben einen Auftrag, Spurenbeseitigung.” Ich schaute Guck ganz tief in die Pupille und erkannte, dass er es ernst meinte, so wirklich richtig bitterböse ernst. Bevor ich noch irgendetwas erwidern konnte, sagte Guck:”Du brauchst nichts mitnehmen. Wir sind morgen früh wieder zurück. Geld, Pässe habe ich und das Auto steht auch schon bereit. Was fehlt, bist du.” Ich habe kurzzeitig gute Miene zum bösen Spiel gemacht um etwas Zeit zu gewinnen für eine neue Ausrede, um nicht mitfahren zu müssen. Aber mir fiel echt nichts ein, um ihn im Stich zu lassen. So zog ich mich an und wir fuhren zur Autovermietung. Dort angekommen wäre mir beinahe dann echt der Arsch geplatzt. Nicht nur das ich mein freies Wochenende der Beräumung von Guck`s ehemaligem Guckposten opfere. Nein, er packte noch eins drauf und lässt uns die ganze Sache mit einem völlig “unauffälligen” Auto durchziehen. Vielleicht war das aber auch Guck´s genialer Plan für eine ausgeklügelte Tarnung. Auf jeden Fall sahen wir aus als würden wir für eine Robbenfarm arbeiten. Egal. Die Größe des Mietwagens hätte mir allerdings schon zu denken geben sollen. Aber mir blieb ja noch genug Zeit um näheres über den Umfang der Beräumung herauszufinden. Schließlich mussten wir knapp 400 Kilometer bis nach Münchberg zurücklegen. Am Ende unserer Fahrt und in Münchberg angekommen, hatte mich Guck davon überzeugt, dass die ganze Geschichte*¹ nur halb so wild ist und wir ratz fatz wieder weg sind. Dementsprechend motiviert sprang ich die Stufen zu dem ehemaligen Außenposten von Guck empor. Guck lief vom Keller zum Dachboden und wieder in seinen Unterschlupf. Immer mit einem “Hm”, noch einem “Hm” und unzählig vielen “Hm´s”. Meine Hoffnung, heile aus der Sache herauszukommen schwand von Minute zu Minute.

Dann, eine längere Pause nach Guck´s letztem “Hm” sagte er: “Scheiße, muss alles mit”. Ich fragte, nachdem ich die Räumlichkeiten besichtigt hatte:”Alles?” ein kurzes “Jo” von Guck´s Seite reichte aus, um meine Motivation vollends schwinden zu lassen. Denn da waren neben den zuvor erwähnten Sachen*¹, 20 weitere Kisten, ein Schrank, eine Maschine zur Devisenbereinigung (aus alten MfS- Beständen requiriert) und tausend anderer fragwürdiger Gegenstände die es galt aus dem vierten Stock unauffällig zu entfernen. Unauffällig & bayrisches Dorf. Zwei Faktoren die nicht funktionieren konnten. Zudem hatte sich Guck direkt neben einem Polizeirevier eingemietet. So kam es wie es kommen musste.

Jeder Depp (sagt man in Bayern so, Anm. d. Red.) fragte:”Oh, Sie kommen aus Berlin?” und die zweite Frage war, wie sollte es anders sein: “Und Sie arbeiten für eine Robbenzucht?”. Oh, wie gerne hätte ich in diesen Momenten mein geliebtes AK- 47 zur Hand gehabt. Aber leider reagieren die Staatsbediensteten außerhalb Berlins immer recht allergisch auf solche Gerätschaften, so dass ich mich von Guck habe überreden lassen, es diesmal ausnahmsweise zu Hause zu lassen. Das hat man nun davon. Nach vier endlosen Stunden des Schleppens, Fluchens und dämlichen Fragen Beantwortens war ich froh, dieses “schöne” kleine Dorf wieder verlassen zu dürfen. Für den kulturellen Ausgleich machten wir noch einen kleinen Abstecher in die Spielzeugstadt Sonneberg. Hier besuchten wir ein paar Kollegen von Guck und unterhielten uns mit ihnen über alte Zeiten und aktuelle Geschehnisse im Geschäft. Nach einem intensiven Erfahrungsaustausch und dem Erhalt einiger interessanter Neuigkeiten, verließen Guck und ich die elitäre Runde und machten uns auf den Heimweg. In den heimischen Gefilden angelangt, mussten die “paar” Sachen in Guck´s neues zu Hause. Und da er es noch immer nicht lassen kann herumzuspionieren, hat er sich für seine Zwecke enorm verbessert und einen Ausguck im 5. Stock ergattern können. OHNE Fahrstuhl.

Horch & Guck – Die Meisterspione a. D.

*¹ O-Ton Guck: 6-8 Kisten, ein Bett, eine kleine Couch, Schallplatten und ein Fahrrad, ´ne schnelle Nummer.

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