Die Einleitung
Ich habe diesen Artikel über die Konzertkultur von heute mit der Absicht geschrieben, mir den Unmut über ein durchwachsenes Kulturerlebnis von der Seele zu schreiben und um ihn im Anschluss daran zu veröffentlichen. Warum auch sonst setzt man sich hin und reiht zahlreiche Sätze aneinander? Als der Bericht fertig geschrieben vor mir lag, war der Unmut verflogen und es ging mir besser.
Mit einem erneuten Blick auf den Text dachte ich bei mir, das musst du deinen Leserinnen und Lesern nicht antun. Welchen Mehrwert hätten sie von dem Inhalt des Geschriebenen? Bis auf verbale Entgleisungen und Frust war nicht viel enthalten. Und so sah ich von einer Veröffentlichung des Geschriebenen ab.
Doch dann stieß ich ein paar Wochen später in der Tageszeitung Der Tagesspiegel auf den Zeitungsbericht „Höflicher drängeln“ von Nadine Lange. Darin beschreibt sie, dass sie als kleine Person auf Konzerten „durchschnittlich zwei bis vier Mal zur Seite gerempelt“ wird. Deshalb war sie bei ihrem Konzertbesuch des Rappers Fatoni im SO36 „ganz irritiert“, als sie „eine Hand sanft am Rücken berührte“. Doch anstatt „der aggressiven Drängler, die sich sonst immer rüde ihren Weg nach vorne bahnen, gern im Rudel“, war es „nur eine lächelnde Frau, die vorbeigelassen werden wollte.“
Mit meiner nahezu zeitgleichen Kenntnisnahme von der Buchveröffentlichung von „Kinder an der Macht“ (am 30. März im Kösel Verlag) des schwedischen Psychiaters und Buchautors David Eberhard waren die Würfel schlussendlich gefallen, meine emotional beflügelten Gedanken kund zu tun. Eberhard sagt im Interview mit Jeannette Otto in der Zeitung Die Zeit, eine liberale Erziehung schade Kindern und Eltern und verwies auf die Folgen, „so ziehen wir Rotzlöffel heran“.
Somit war nun klar, dass es mir und meiner durchaus charmanten Begleiterin nicht nur gleichermaßen erging, sondern wir auch keinen Einzelfall darstellten. Der Mehrwert der Veröffentlichung liegt nun eindeutig darin, diese Konzertkultur anzuprangern und Mitmenschen zu zeigen, ihr habt recht, wenn ihr euch über diese Zustände aufregt.
Das Wesentliche
Es war der 14. Dezember 2018 und meine durchaus charmante Begleiterin und ich machten uns auf den Weg zum Astra Kulturhaus, bekannt für Partys und Konzerte auf dem RAW-Gelände in Berlin-Friedrichshain. An diesem Abend gab sich Boris Brejcha im Zuge der „FCKNG Serious“-Tour die Ehre um seine berliner AnhängerInnen mit grandiosen Beats zu erfreuen. Darüber hinaus waren Ann Clue, Theydream und Deniz Bul an den digitalen Plattentellern angekündigt.
Am Einlass gab es keine Schlangen, was bei den niedrigen Temperaturen durchaus als positiv zu bewerten ist. Die Garderobe war auch nach kurzer Zeit abgegeben und gegen ein Nummernticket eingetauscht. Das Bier schmeckte und das Rauchverbot innerhalb der Räumlichkeiten wurde konsequent ignoriert. Pünktlich um 23:59 Uhr öffnete sich der Durchgang vom Vorraum zur Bühne und gab den Blick auf Ann Clue frei, die die BesucherInnen des Abends mit ihren Beats begrüßte.
Alles hätte so schön sein können. Nun erging es uns an diesem Abend jedoch, wie sonst der Autorin vom Tagesspiegel. Nur dass sich die „aggressiven DränglerInnen” weitaus öfter an uns und zwischen uns hindurch hin und her bewegt haben, als „zwei bis vier Mal“. Man hatte das Gefühl, die anwesende Besuchermasse befand sich in einer stetigen Bewegung. Es gab keine festgelegten Laufkorridore. Aus allen Richtungen tauchten diese Kreaturen genauso schnell auf, wie sie verschwanden.
Auf ihrem Weg durch die Massen nahmen sie keine Rücksicht auf die im Weg befindliche Hindernisse, wie andere KonzertbesucherInnen. Hinzu kamen die Vollidioten, die ihre Bierflaschen auf den Boden schmissen und sie so entsorgten. Die Königsklasse der geistig Minderbemittelten ließ hier und da, den mit Bier gefüllten Becher aus der Hand auf die Füße der anderen KonzertbesucherInnen gleiten.
ALTER! Wenn ich auf einem Konzert bin, ganz egal wo auf dieser verdammten Welt, dann schaue ich mir das scheiß Konzert an. Stattdessen: Getränke holen, verdaute und nicht ausgeschwitzte Flüssigkeit zur Absonderung wieder wegbringen, Freunde suchen und finden, ständiges Hin- und Hergerenne und Anrempeln. ALTER! Stellt euch hin, haltet die Fresse und genießt, bei Bedarf tanzend, das Konzert ohne die anderen dabei zu belästigen.
Das war in den 1990er Jahren so, als wir Ska-, Punk- und Oi-Konzerte besucht haben. Und das war auch im vergangen Jahr so, als wir in Hannover das Konzert von Guns´n´Roses erleben durften. Es war sogar so, als wir auf Mallorca bei einem Straßenkonzert waren. Und es war verdammte Scheiße so, als ich vor nicht allzu langer Zeit beim Böhse Onkelz Konzert in der damals noch O²-World genannten Mercedes World war. Das sind alles keine Veranstaltungen gewesen, denen ihre gute Etikette vorauseilt. Aber auf keiner der Veranstaltungen ging es so respektlos zu wie bei dieser.
Klartext geschrieben
In mir wuchs das Bedürfnis, alte Zeiten aufleben zu lassen und diese väterlich hirngefickten Prinzessinnen, strotzend vor Arroganz, Selbstbewusstsein und Respektlosigkeit mit dem Springerstiefel der US-Normgröße “47” zu schwängern und ihr Gesicht mit der geballten Faust zu fisten – um es, wie das Folgende auch, in dem Duktus zu formulieren, den diese kleinen Schlampen von Kollegah, Farid Bang und all den anderen, von der Musikindustrie und der Gesellschaft zu Künstlern emporgehobenen Rappern gewohnt sind.
An den Händen dieser Bitches hängen Steroidbullen, aufgrund übermäßigen Tilidin-Konsums geistig degeneriert und folgen ihren Vögelfotzen Hand in Hand auf Schritt und Tritt durch die Massen der KonzertbesucherInnen. Diese hochgezüchteten Halslosen sehen aus, als würden sie sich um die Hauptrolle in der nächsten Gladiator Verfilmung bewerben, können aber, das vermittelt zumindest der Gesichtsausdruck, keinen zusammenhängenden Satz formulieren.
Die Gesellschaft hat Angst vor dem Verlust der Kultur? Dann pfeift eure kleinen Drecksfotzen zurück und bringt ihnen Respekt bei. Denn bei so einem Verhalten, kommen sie früher oder später nicht einmal mehr in die öffentlichen Bedürfnisanstalten heruntergekommener Autoraststätten, um ihre Freier bedienen zu können, geschweige den in ein Haus mit Kultur.
Ich rufe Bushido, Kollegah, Farid Bang und wie sie sonst noch alle heißen zu: Ich verstehe seit diesem Abend euer Dilemma. Heranwachsen zu müssen mit diesen Schlampen, muss mit Terror gleichsetzt werden. Handelt nach euren künstlerischen Aussagen. Macht sie fertig diese Bitches. Steckt ihnen eure Schwänze in alle möglichen Körperöffnungen, auf dass sie, ordentlich durchgevögelt, mal wieder zu klaren Gedanken fähig sind und in der Realität ankommen.
Die Mütter dieser VorläuferInnen des Homosapiens können die besagten Akteure – ihren Texten Taten folgen lassend – auch gleich mal so richtig ordentlich durchficken oder ist die Aussage „Isch fick´ deine Mutter“ auch nur künstlerisch gemeint? Immerhin bestünde die Möglichkeit, einen Evolutionssprung herbeizuführen, der respektvollere Mitglieder der Gesellschaft zur Folge haben könnte und somit einen Ausgleich zu den hoffnungslos verlorenen und ihrer Konzertkultur herbeiführen würde.
Dieses Kapitel habe ich im Sinne der Kunst in schriftstellerischer Form gestaltet.
Partyreferenzen
Ich lasse nebenbei einfließen, dass meine durchaus charmante Begleiterin und meine Wenigkeit, uns durchaus als Party- und Konzerterfahren bezeichnen können. Ich für meinen Teil rede da von Festivals, Konzerten und Partys mit selbstzerstörerischem Alkohol- und Drogenkonsum, Pogo mit blutigen Nasen und Totalabstürzen, die zur Folge hatten, dass man in dem eigenen Erbrochenem aufgewacht ist. Meine durchaus charmante Begleiterin hat es in ihrer Jugend nur geringfügig ruhiger angehen lassen.
Von der „Volxküche“ in der hamburger Hafenstraße bis hin zu heruntergekommenen Clubs in fernen Ländern wurde das gesamte Spektrum nonconformer Belustigung ausgeschöpft. Das Geld was andere in ihre Häuser gesteckt haben, ist bei mir in die Bespaßung des Lebens geflossen. Es geht hier also nicht um spießige Befindlichkeiten von roten Schalträgern aus Prenzlauer Berg, sondern um grundlegende Verhaltensweisen in der Konzertkultur.
Fazit des Abends
Nur um es zu betonen und zwei Mal zu unterstreichen, das Astra Kulturhaus trifft nicht die geringste Schuld. Die Crew hat vom Einlass über die Garderobe und die Sicherheit eine perfekte Arbeit geleistet. Das Bier hat geschmeckt. Die Currywurst und Pommes am Imbiss waren hervorragend. Doch waren wir so genervt von der Situation des ansich gelungenen Abends, dass wir das Set von Boris Brejcha kurz vor Ende verließen.
Auf dem Weg nach Hause kam heraus, dass wir beide den Abend aufgrund der Situation nicht wie vorgesehen genießen konnten. Bei meiner durchaus charmante Begleiterin rief die Situation ähnliche Gefühle hervor. Sie gestand mir das Bedürfnis gehabt zu haben, die in ihrer Hand befindliche Bierflasche abzubrechen und sie den „Wichsern in die Eingeweide zu rammen.“ Ich muss gestehen, ich war verwundert über das Aggressionspotential meiner ansonsten nicht nur charmanten sondern auch weitgehendst friedlichen Begleiterin.
Nachdem wir uns aber bereits auf verschiedenen Veranstaltungen gegenseitig bewiesen hatten, dass Worten auch Taten folgen, hatten wir uns unabhängig voneinander vorgenommen, es wenigstens an diesem Abend mal zu versuchen, in Situationen, denen wir kritisch gegenüber stehen, die Zähne zusammen zu beißen und aufkommende Aggressionsschübe zu unterdrücken. Wie sich weiter herausstellte, wollte keiner dem anderen die Stimmung mit dem eigenen Frust über die Situation verderben. Wer weiß, wie der Abend verlaufen wäre, wenn wir vom gegenseitigen Unmut über die Konzertkultur gewusst hätten.