Yoraco – Holzkünstler, Designer und Mikroarchitekt

Holzkunst aus Recycling-Holz, Bauholz und einfachen einheimischen Holzarten in Form von Designobjekten und raffinierten Raumausstattungen ist die Spezialität von Yoraco González. Über eines seiner Projekte, bei dem ihm Olly behilflich war, berichtete der Kreuzberger bereits in der letzten Ausgabe unter “Kurz Gesagtes”.

Da ging es speziell um die KIM-Bar in der Brunnenstraße 10 in Mitte. Yoraco hat dafür nicht etwa nur passende Sitz- und andere Möbel entworfen, sondern eine regelrechte Holzlandschaft eingebaut. Angefertigt ist das Ganze aus einzeln zugeschnittenen Kanthölzern, wobei das Konzept während der mehrmonatigen Umsetzung ständig weiterentwickelt und angepasst wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: cool und modern in der Gestaltung und – weil statt Kunststoff oder Metall eben Holz verwendet wurde – lebendig und warm in der Ausstrahlung und auch für Großstadtverhältnisse was Besonderes.

Yoraco Gonzáles Uztariz wurde 1972 in Caracas/Venezuela geboren, ist dort auch aufgewachsen und hat ein Architekturstudium begonnen. Nach Berlin kam er 1997 als Student, eigentlich nur für einen kurzen Urlaub. Aber der Aufenthalt hat sich dann erheblich verlängert, inzwischen schon um 15 Jahre. Sein Architekturstudium konnte er ohne Probleme an der UdK fortsetzen, gleichzeitig machte er sich an seine ersten eigenen Projekte.

Von 2003 bis 2005 hatte er erst Mal genug von Berlin. Beruflich und privat versuchte sein Glück in Italien und konnte besonders durch Jobs beim Bootsbau in Sorrento (bei Neapel) eine Menge wertvolle Erfahrungen für die Holzbearbeitung sammeln. Danach ging Yoraco für längere Zeit zurück in seine Heimatstadt und profitierte dort sehr von dem, was er in Europa gelernt hat. Aber auf Dauer wieder in Venezuela zu bleiben war für ihn keine Option: “Nach drei Jahren in Caracas habe ich gemerkt, dass ich ein Berliner geworden bin.”

Deshalb bleibt Berlin jetzt sein Hauptquartier. Zur Zeit wohnt er in Kreuzberg und hat hier unter anderem eine Boutique und ein Cafe ausgestattet. Einen besonders originellen Auftrag bekam er von Silke und Sarah, den Inhaberinnen des “Hüttenpalast” in der Hobrechtstraße. In der Produktionshalle einer ehemaligen Staubsauger-Fabrik haben die beiden ein 200 Quadratmeter großes Areal mit Kreativspielplatz, Schrebergarten-Retro-Stimmung und Indoor-Camping eingerichtet. Dafür mussten drei alte Wohnwagen – entsprechend dem Baujahr “Kleine Schwester”, “Große Schwester” und “Die Oma” getauft – hergerichtet und umgestaltet werden, wofür Yoraco verpflichtet wurde.

In der Bastard Bar in der Reichenbergerstraße, für die eine neue Gastraumgestaltung gebraucht wurde, fällt die “Wandvertäfelung” besonders auf, für die Yoraco alte Holztüren verwendet hat, anstatt irgendwelcher Holzfurniere. Typisch für Yoraco, der sich inzwischen mit ungefähr allen Holzarten auskennt, genau weiß, wie man die verschiedenen Hölzer am besten bearbeiten kann und wofür sie taugen. Nussbaum, Eiche oder Mahagoni sind aber nicht so sein Ding. Lieber arbeitet er mit Recycling-Holz, Bauholz-Restposten oder Kiefernholz direkt vom Sägewerk, experimentiert viel und setzt sich dabei regelmäßig erfolgreich über alle Tischler-Regeln hinweg.

Mit Palm-Restholz hat Yoraco 2011 in Florenz gearbeitet: Es ging darum, aus schwarzem Palmholz, das in Peru in großen Mengen anfällt, aber normalerweise ungenutzt bleibt, einen Bodenbelag anzufertigen. Dabei hat er herausgefunden, dass sich das Material für Außenmöbel sehr eignet. Seine stylische und bequeme Outdoor-Kollektion “Quinto” wurde 2011 auf der Berliner Designmöbelmesse Qubique vorgestellt und bekam dort viel Lob. Design-Preise haben ihm seine tollen Ideen aber noch nicht eingebracht, weil er bisher noch bei keinem Wettbewerb was eingereicht hat. Aber eine Einladung liegt zumindest schon vor.

Der Bereich, in dem Yoraco hauptsächlich tätig ist, nennt sich “Mikroarchitektur”. Yoraco: “Das gefällt mir sehr, denn jedes meiner Projekte ist eine kleine Welt für sich.” Und wie bei großen architektonischen Projekten kommt es auf Räumlichkeit an, auf Gestaltung und Funktion.

Obwohl er weder Skulpturen und Objekte für Ausstellungen macht und im dem Bereich noch gar nicht in Erscheinung getreten ist, hat Yoraco einen guten Ruf als Holz-Künstler. Selber fühlt er sich gar nicht so sehr als “Künstler” und ist absolut weit davon entfernt, ein “Künstler im Elfenbeinturm” zu werden, der für sich arbeitet und Berührungspunkt mit der Allgemeinheit scheut. Viele seiner Arbeiten haben aber eine so starke Wirkung, dass sie als Kunst-Installationen ohne Weiteres durchgehen. Und nach der grundlegenden Faustregel für Kunst und Künstler (ein Künstler zeichnet sich aus durch Können, Kreativität und Eigenständigkeit) ist der Fall sowieso klar.

Bisher bearbeitet er bei seinen Projekten jedes einzelne Teil eigenhändig. Ob das allerdings so bleiben kann, ist nicht sicher, denn inzwischen ist Yoraco richtig gut im Geschäft. Die meisten Aufträge ergeben sich durch Mundpropaganda und persönliche Empfehlungen. Außerdem wird er von der Agentur arre-Design vertreten, die ihren Sitz in Rotterdam hat. arre-Design ist ein internationales Team und für Yoraco eine wichtige Plattform.

Die nächsten Aufträge liegen schon an: Ein wichtiger Kunde wartet bereits auf das ultimative Umbau-Konzept für zwei Innenhöfe. Und im italienischen Restaurant „Hartweizen“ in der Torstraße kann man demnächst auf einer Yoraco-Terrasse den Feierabend verbringen.

(Das Geheimnis um die Herkunft der rosa Fensterscheiben für die KIM-Bar hat uns der Künstler bis Redaktionsschluss leider noch nicht verraten.)

Infos und Kontakt über www.arre-design.nl

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