Es gibt Ereignisse auf dieser Welt, die zu komplex und undurchsichtig sind, als könne der außenstehende, normale Menschenverstand zu ihnen eine objektive Meinung hervorbringen. So verhält es sich nicht nur in Syrien, sondern gegenwärtig auch in Venezuela. Nicht einmal die internationale Politik ist sich einig. Die USA, Australien, Israel, die EU und einige südamerikanische Staaten verweigern dem alten und neuen Präsidenten Maduro die Anerkennung.
Russland, China und hundert weitere Staaten erkennen seine Rechtmäßigkeit wiederum an. Jede Regierung hat ihre eigene Begründung und ihre eigenen Interessen. Die Normalsterblichen blicken nicht durch. Somit bleibt nur die Fakten zu nehmen, sie mit einer Prise Erfahrungswerte zu versehen und das Beste für sich daraus zu machen.
Lagebild 2019 im Überblick
Unterstützung erhält Maduro vom Militär und wenn man dem Wahlergebnis trauen kann, auch von einem Großteil der Bevölkerung. Bei den letzten Wahlen bekam Amtsinhaber Maduro 67,7 Prozent der Wählerstimmen. Herausforderer Henri Falcón kam auf 21,1 Prozent. Der evangelikale Prediger Javier Bertucci konnte rund 11 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.
Für den Vorwurf von Falcon, dass es zu über Unregelmäßigkeiten bei der Wahldurchführung kam, zeigte die Leiterin der Wahlkommission, Tibisay Lucena Verständnis und gab den Kritikern teilweise recht. Allerdings äußerte sie auch, dass die Beschwerden im Vergleich zu früheren Wahlen unerheblich seien.
Somit ist je nach Standpunkt der Eine – Maduro oder der Andere – Guaidó rechtmäßiger Präsident beziehungsweise Interimspräsident des Landes. Es ist eine undurchsichtige Geschichte, auch wenn einige den Eindruck erwecken, den allumfassenden Durchblick zu besitzen, äußern sie oftmals nur Worte , aber keine wesentlichen Inhalte. Zudem kam und kommt es aufgrund fälschlicher Berichterstattung zu Fehleinschätzungen der Lage. So hat die ARD laut heise.de „die Mär vom Parteienverbot“ verbreitet und die BILD-Zeitung streute die nachweisliche Falschmeldung, dass die Regierung allein die Verantwortung für die Toten bei Demonstrationen und Protesten trägt.
Des Weiteren gibt es aufgrund der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte Anhaltspunkte, welche Interessen mit dem Wechsel im Präsidentenamt verfolgt werden. Offensichtlichster Anhaltspunkt sind die Bodenschätze des Landes. Und offensichtliche willfährige Marionette in diesem Spiel ist Juan Guaidó. Ungeachtet davon, ist es unbestritten, dass Teile der Bevölkerung leiden.
Der Reichtum lockt die Neider
Bei den Ölreserven liegt Venezuela mit 47 Milliarden Tonnen unangefochten an der Spitze. Das Hauptförderland Saudi-Arabien folgt abgeschlagen mit 36,6 Milliarden Tonnen und Kanada mit 27,6 Millionen Tonnen vor dem Iran und Irak, die jeweils um die 21 Millionen Tonnen vorhalten.
Eine Rechercheschätzung von Rohstoffwert aus dem Mai 2014 ergab, das Venezuela 2,1 Billionen Euro an Erdölvorkommen besitzt. Die Vorkommen an Erdgas werden auf einen Wert von 7,2 Billionen Euro geschätzt.
Laut der OPEC produziert das Ölland aufgrund von Mangelwirtschaft, Korruption und fehlender Fachkompetenz nur noch 1,5 Millionen Fass Öl am Tag. Vor zehn Jahren förderte die staatliche Ölgesellschaft PdVSA noch drei Millionen Fässer täglich.
Neben den großen Erdölreserven im Orinoco-Gürtel, Maracaibo-Gürtel, Barinas-Apure Becken und Maracaibo-Becken stützen auch zahlreiche andere Bodenschätze, wie Erdgas, Aluminium, Eisenerze, sowie Vorkommen von Kohle, Gold und Diamanten die Wirtschaft. Titan und Phosphate bescheren dem Land ebenfalls erwähnenswerte Einnahmen. Die Insel Margarita vor der Nordküste hat zudem bedeutende Magnesitreserven.
In Venezuela werden somit sehr wahrscheinlich nicht die Befindlichkeiten der Bevölkerung, im Fokus der diplomatischen Streitigkeiten liegen, sondern die Bodenschätze, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum eigenen Land, den USA liegen. Wie sonst ist es zu erklären, dass Interventionen und Sanktionen nicht in wahrlich diktatorisch geführten Ländern Afrikas, Asiens und anderen Kontinenten der Welt angewandt werden?
Wichtige Handelspartner von Venezuelas Wirtschaft waren und sind vor allem die Vereinigten Staaten, gefolgt von Kolumbien, Japan, Länder der Europäischen Union (z. B. Niederlande, Deutschland, Italien, Großbritannien), Mexiko und Brasilien. Von diesen haben sich nun einige eindeutig gegen Maduro gestellt. Die USA gehen sogar soweit, dass sie die Einnahmen, die Venezuela aus dem Verkauf von Erdöl generiert, an den Interimspräsidenten Guaidó überweisen beziehungsweise auf ein Sperrkonto zu seinen Gunsten hinterlegen wollen. Hinzu kommen die Sanktionen, aufgrund derer ausländische Konten von systemtreuen VenezolanerInnen eingefroren wurden.
Die politische Weltbühne
Brasilien ist eines der südamerikanischen Länder, dessen Regierung sich gegen Maduro ausspricht. Dabei ist es die Politik von Präsident Bolsonaro, die den schwulen Abgeordneten Jean Wyllys zwingt, nach Morddrohungen gegen ihn das Land verlassen zu müssen. Der Dammbruch in einer Eisenerzmine Córrego do Feijão nahe der Ortschaft Brumadinho im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais am 25. Februar 2018 ist auch nicht aufgrund die verantwortungsbewusste Handlungsweise der Regierung zurückzuführen. So oder so ähnlich sieht es nicht nur in den Regierungen in den Ländern aus, die Maduro unterstützen, sondern auch bei denen, die ihm ablehnend gegenüberstehen.
Kolumbien wird aufgrund der ins Land strömenden Flüchtlinge, jede wohlbringende politische Veränderung in Venezuela zustimmen, die die Flüchtlingsströme unterbinden. Die EU, ebenfalls weit weg davon, das eigene Volk zufrieden stellen zu können, setzt eine Frist für die Nennung eines Termins für Neuwahlen.
Der Tagesspiegel schrieb am 28. Januar 2019 im Zusammenhang mit den Beraterverträgen bei der Bundeswehr und den im Zuge der Aufklärung geplanten Untersuchungsausschuss: „Union und SPD stellten sich aus formalen Gründen quer, der Untersuchungsausschuss war vorerst gestoppt, die Opposition empört. Es geht um Beraterverträge in Millionenhöhe, Verdacht auf Rechtsbruch und Hinweise auf Vetternwirtschaft im Verteidigungsministerium.“ Es ist in etwa so, als würden Analphabeten erklären wollen, wie das Lesen und Schreiben funktioniert.
Derweil formiert sich neben dem Widerstand der Großmächte China und Russland auch der aus einer ganz anderen Richtung. Die Staats- und Regierungschefs der fünfzehn karibischen Staaten des Regionalbündnisses Caricom (Caribbean Community) kritisieren die US-Regierung wegen ihrer offenen Einmischung in Venezuela.
Im eigenen Land bekommt Maduro Druck von beiden politischen Lagern. Die linken Kritiker werfen ihm vor, dass er die Vision von Chávez aufgegeben habe. Die Rechten bezeichnen ihn als Feind des privaten Kapitals und sehen in ihm eine schwächere und weniger intelligente Version von Hugo Chávez.
Holzauge sei wachsam
Wenn die USA so energisch gegen eine Regierung und deren Präsidenten eines Landes vorgeht, sollte das sprichwörtliche Holzauge wachsam sein. Die Vergangenheit hat mehrmals gezeigt, dass nicht immer das Wohl der Bevölkerung im Vordergrund stand, wenn Interventionen und Sanktionen im Namen von Demokratie und Frieden in fremden Ländern durchgeführt wurden. Vielmehr waren es bislang immer die eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen, die die USA und ihre Partner dazu bewogen haben immensen Aufwand zu betreiben, um an die begehrten wirtschaftlichen oder politischen Ziele zu gelangen.
Es war im Iran so, es war in Vietnam so und im Irak und in Afghanistan, um nur einen Bruchteil der Länder zu nennen, die aufgrund ihrer Unbeugsamkeit bei den USA und ihren Partnerstaaten in Ungnade gefallen sind. Sakastisch ist die Behauptung, dass die USA vermutlich unter anderem deswegen in den 2.Weltkrieg in Europa eingegriffen hat, um ein Bollwerk gegen den vorrückenden Kommunismus zu bilden und damit zu verhindern, dass der „Ivan“ bei seiner Befreiung Europas vom Nazi-Deutschland nicht versehentlich bis zum Mittelmeerküste durchmarschiert.
Der „Ivan“, Russland hat für seine Haltung zu Maduro ebenfalls gute Gründe. Ebenfalls wirtschaftliche und politische. Russland hat Venezuela in den vergangenen Jahren mit Krediten in Milliardenhöhe und der Abnahme von Erdöl geholfen. Bei einem Machtwechsel muss Russland die 20-Jährige Investition in das Land abschreiben.
Das Gleiche gilt für China. Die chinesische Entwicklungsbank gewähre allein dem staatlichen Ölkonzern PDVSA schon ein Darlehen über fünf Milliarden US-Dollar (4,3 Mrd Euro). Peking hat die Regierung in Caracas zudem mit Krediten und Handelsverträgen unterstützt und müsste ebenfalls mehrere Milliarden abschreiben, wenn Guaidó an die Macht käme. Hinzu kommen für Russland und China geopolitische Gründe für die Loyalität mit Venezuela und Maduro.
Der Präsident, sein inoffizieller Vertreter, die Gegenkandidaten
Wer ist Nicolás Maduro?
Nicolás Maduro wurde am 23. November 1962 in Caracas geboren. Bereits mit fünf Jahren haben ihn seine Eltern auf politische Veranstaltungen mitgenommen. Dies erklärt vermutlich sein frühes Engagement in der Bewegung „Ruptura“, der er mit zwölf Jahren beitrat.
Seine berufliche Laufbahn begann er in der Sozialistischen Liga. In deren nationalem Führungsgremium war er ebenso aktiv, wie im Regionalkomitee von Caracas. Zwischendurch betätigte er sich auch als Leibwächter und studierte mit einem Stipendium der Sozialistischen Liga 1986 ein Jahr auf Kuba. Maduro war auch ein Gründungsmitglied der neuen Gewerkschaft des öffentlichen Personennahverkehrs von Caracas SITRAMECA und saß in deren Gremien. Für die staatseigene Metro Caracas arbeitete er 1991 als Busfahrer.
Zwischen 1994 und 1997 war Maduro Mitglied der Nationaldirektion der Bolivianischen Revolutionsbewegung. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung von 2000 und 2005 wurde er zum Abgeordneten gewählt und vertrat die Interessen der MVR des Wahlkreises Distrito Capital. Von 2000 bis 2001 war er zunächst Vorsitzender der Fraktion des MVR in der Nationalversammlung sowie bis 2003 Vorsitzender des Ausschusses für die Entwicklung der sozialen Integration. Nach der Parlamentswahl am 4. Dezember 2005 wurde Maduro zum Sprecher der Nationalversammlung gewählt und hatte dieses Amt bis August 2006 inne.
Am 9. August 2006 wurde Maduro von Präsident Chávez zum Minister für Auswärtige Beziehungen ernannt. Am 11. Oktober 2012 ernannte Chávez nach seiner Wiederwahl Maduro zum Nachfolger von Elías Jaua im Amt des Vizepräsidenten. Maduro ersetzte Elías Jaua am 16. Januar 2013 in dessen Amt. Nach dem Tod von Hugo Chávez wurde Maduro am 8. März 2013 als Interimspräsident vereidigt. Er forderte rasche Neuwahlen, deren Termin am 9. März auf den 14. April 2013 festgelegt wurde.
Nach Angaben der Wahlbehörde gewann Maduro die Präsidentschaftswahl am 14. April 2013 nur knapp mit 50,66 Prozent der Stimmen gegen seinen konservativen Herausforderer Henrique Capriles, der mit 49,06 Prozent knapp unterlag. Die Opposition beklagte die zahlreichen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl, wie Einschüchterung der Wähler und die nicht geheime und doppelte Stimmenabgaben. Die von den Chavistas kontrollierte Wahlbehörde lehnte jedoch eine über eine Stimmenauszählung hinausgehende Überprüfung der Wahl ab und erklärte das Ergebnis für gültig.
Was ihn sympathisch erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass er dem Whistleblower Edward Snowden im Juli 2013 Asyl anbot.
Politischer Fokus
Nach eigener Aussage ist Maduro auf die nächsten sechs Jahre einer Amtszeit „reifer und besser vorbereitet“. Dennoch wird er eher als Kandidat für Kontinuität als für Veränderungen gesehen. Die Kernbereiche seiner Politik sind die lokalen Produktions- und Versorgungsausschüsse (Local Productions and Supply Committees – CLAP), die die Versorgung der organisierten Gemeinden mit subventionierten Lebensmitteln sicherstellt, das Jugendbeschäftigungsprogramm Chamba Juvenil und die Große Venezolanische Wohnraummission.
Von Maduros Basisdokument, Homeland Plan 2025, das wichtige politische Reformen enthält, wurde bislang noch nicht wirklich umgesetzt. Die Reformen umfassen unter anderem die Umgestaltung der bürgerlichen Staatsstruktur, die Festigung der politischen Stabilität, den nationalen Frieden und die Überwindung des ölabhängigen Wirtschaftsmodells. Er hat der Wirtschaft versprochen, die Produktion zu steigern, die Importabhängigkeit zu beenden und mit Hilfe des Petro Sanktionen zu umgehen und eine größere Eigenständigkeit gegenüber der Wall Street und ihrem globalen Finanzsystem zu erreichen.
International will Maduro seine Beziehungen zu China, Indien, Russland, und Südafrika pflegen und die Solidarität mit Palästina wahren. Des Weiteren hat er sich zur Aufgabe gemacht, die Zusammenbrüche der Regionalvereinigungen wie UNASUR und CELAC aufzuhalten. Gegen die Blockade und Sanktionen der USA kündigte er Maßnahmen an.
Politische Unterstützung von Parteien
Politische Unterstützung erhält Maduro von allen Mitte-Links-Parteien, die die Chávista-Koalition des Großen Patriotischen Pols (GGP) bilden und die ihn bereits 2013 unterstützt hat. Darunter fallen United Socialist Party (PSUV), die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV), die Tupamaro-Partei, Homeland for All (PPT), die Popular Venezuelan Unity (UPV), die Authentic Renovating Organization (ORA) und die People’s Electoral Movement (MEP), We Can (Podemos) und andere. Erst im März 2018 hat Maduro eine PSUV-Wahlvereinbarung mit PCV und dem PPT unterzeichnet.
Seine WählerInnen
Maduros WählerInnen sind jene, die der Politik von Cháves folgten und weiterhin folgen wollen. Es sind Revolutionäre, Marxisten, Nationalisten, Antiimperialisten, Gemeindeleiter, LGBT-Aktivisten, Feministinnen, Fischer und Frauen, Campesinos, Beschäftigte des öffentlichen Sektors, indigene Bürger und sogar nationalistische Großunternehmer oder Großgrundbesitzer. Unterstützung erhält er auch von der Arbeiterklasse. Zudem hat Maduro die Nähe der evangelischen Gemeinschaft gesucht, um seinem Rivalen Bertucci WählerInnenstimmen abzunehmen.
Wer ist Juan Guaidó?
Über Guaidó ist nicht viel in Erfahrung zu bringen. Das Online-Lexikon Wikipedia hält folgendes vor: Guaidó wurde am 28. Juli 1983 geboren und ist eines von acht Kindern. Der Vater war Berufspilot und die Mutter eine Lehrerin. Er wuchs in der Hafenstadt La Guaira an der Karibikküste auf. Nachdem er die Schule beendet hatte, zog er nach Caracas, um an der Universidad Católica Andrés Bello (UCAB) Ingenieurwissenschaften zu studieren.
Darüber hinaus absolvierte Guaidó ein Postgraduales Studium in Öffentlicher Verwaltung. Während dieser Zeit startete er sein politisches Engagement. Zu seinen politischen Absichten verweist die Onlineplattform auf seinen politischen Mentor, den Oppositionsführer Leopoldo López, der sich derzeit unter Hausarrest befindet. Guaidó lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Macuto.
Seit 2011 ist Guaidó Abgeordneter der Volkspartei Voluntad Popular („Volkswille“) für den Bundesstaat Vargas. Präsident der Nationalversammlung von Venezuela ist er seit dem 5. Januar 2019. Am 23. Januar 2019 erklärte er sich zum Interimspräsidenten Venezuelas.
Wer ist Henri Falcón?
Sein Lebenslauf liest sich wie folgt. Henri Falcónwurde am 17. Juni 1961 in Nirgua im Bundesstaat Yaracuy geboren. Als junger Mann diente er kurze Zeit bei den Streitkräften. Danach absolvierte er ein Studium in Politikwissenschaften. In dieser Zeit lernte er Hugo Chávez kennen. Seit 1987 ist er mit Marielba Diaz verheiratet, mit der er vier Kinder hat.
Bekannt geworden ist der Rechtsanwalt und Politiker in seinem Amt als Gouverneur des Staates Lara. Diesen Posten bekleidete er zweimal, von 2008 bis 2012 und von 2012 bis 2017. Er war Bürgermeister für zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten von Laras Hauptstadt, Iribarren (2000–2008). Seit 1999 ist er Mitglied der National Constituent Assembly, die die derzeitige Verfassung Venezuelas formulierte. Als Kandidat trat bei den Präsidentschaftswahlen in Venezuela 2018 an.
Politischer Fokus
Seine politischen Bestrebungen zielen darauf ab, den Rechtsstaat neu zu gründen und die Dezentralisierung der Verwaltung zu fördern. Falcón setzt sich für einen Mindestlohn von 75 US-Dollar ein und erwähnte, dass enteignetes Land und Unternehmen wieder in den privaten Sektor zurückkehren sollen. Den private Sektor will er auch für das Ölunternehmen PDVSA öffnen.
Falcón möchte zudem den us-amerikanischen Markt für sein Land gewinnen. Zudem will er die Verwaltungskosten der Regierung senken und eine Steuerreform auf dem Weg bringen. Darüber hinaus hat er angekündigt, die Aussetzung internationaler Zahlungsverpflichtungen zu beantragen. Des Weiteren kündigte er an, staatliche Subventionen für Wasser und Strom abzuschaffen, damit gewährleistet ist, dass auch die arme Bevölkerung Zugang erhält. Ausgewanderte VenezolanerInnen möchte er mit Steuervergünstigungen zur Rückkehr bewegen. In Gefangenschaft befindliche Oppositionelle, die als politische Gefangene gelten, will er die Freiheit zurückgeben.
Zu seinen geplanten Veränderungen gehört auch, dass er umstrittene Projekte wie das Orinoco Mining Arc abschaffen will sowie die Kontrollen, die Chávez eingeführt hatte. Bei den Kontrollen nannte er jedoch keine definitiven Bereiche, so dass sich nur vermuten lässt, dass er sich auf die Kontrollen bei Währungsrestriktionen und Verbraucherpreisvorschriften bezogen hat. Auch sonst sollen unter seiner Führung einige Reformen und Programme der Chávez Regierung rückgängig gemacht werden.
Politische Unterstützung von Parteien
Unterstützt wurde er bei der Wahl neben seiner eigenen Partei, der Progressive Advance auch von der sozialdemokratischen Partei für den Sozialismus (MAS) und der rechtsorientierten Venezolanische Ökologische Bewegung (MOVEV).
Seine WählerInnen
Seine WählerInnen kommen aus der Mittel- und Oberschicht sowie aus der desillusionierten Arbeiterklasse.
Wer ist Javier Bertucci?
Javier Bertucci ist ein Geschäftsmann, Pastor und Politiker. Von ihm weiß man, dass er am 16. November 1969 in Guanare, Portuguesa geboren wurde und in einer Bauernfamilie aufwuchs. Seine Schulausbildung absolvierte er in der Stadt Yagua, die nördlich von Valencia liegt. Mit den Jahren gelangte die Familie durch den Vertrieb ihrer Erzeugnisse (Bananen) zu Wohlstand.
Bertucci heiratete 1994 im Alter von 24 Jahren Rebeca Barrios mit der er vier Kinder hat. Einen Monat nach seiner Heirat beschloss Bertucci eine Laufbahn als Pastor einzuschlagen und gründete die evangelische Bewegung “Evangelium-Änderungen” (Evangelio Cambia), die laut ihrer Website 110.000 Freiwillige in Venezuela und Vertretungen in 34 anderen Ländern hat.
Seine berufliche Laufbahn begann 1987 mit der Gründung der Firma Agropecuaria Los Cedos. Die Firma wurde später ein Teil der Maranatha Wood Comercialisation and Exploitation Consortium. Darüber hinaus besitzt er Bertucci Constructors und wurde 2013 zum CEO einer Import-Export-Firma Biometrix-Med Equipment Corp. ernannt. Die Firma bietet medizinische Dienstleistungen an und hat ihren Sitz in Miami. Er ist außerdem über Unternehmen wie Recicpetrol CA mit der Ölindustrie verbunden.
Im Jahr 2010 wurde Bertucci wegen Schmuggels von 5.000 Tonnen Diesel und Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Zudem war er 2016 in den Korruptionsskandal der Panama Papers verwickelt, wobei er jegliche Beteiligung bestritt. Ein Gerichtsurteil steht laut Recherche noch aus.
Politischer Fokus
Bertucci selbst bezeichnet sich als „absolut konservativ“. Er möchte den nationalen Produktionsapparat reaktivieren, Wohlstand durch private Initiative schaffen, die Kriminalität verringern und den Tourismus in seiner Entwicklung fördern. Bertucci kündigte zudem an das internationale Image wieder aufbauen zu wollen sowie die internationalen Handelsabkommen auf den Prüfstand zu stellen und die „Dollarisierung“ nicht zu unterstützen.
Wichtig ist Bertucci auch eine freie Presse sowie die Vertiefung bestehender Sozialprogramme und die Abschaffung der Währungskontrollen. Bemühungen gleichgeschlechtliche Ehen zu legalisieren erteilter er eine Absage. Und auch bei dem Thema Abtreibung, sagte er nur insofern seine Unterstützung zu, wenn es um medizinische Fälle geht oder das Leben der Mutter in Gefahr ist.
Politische Unterstützung von Parteien
Politische Unterstützung erhält Bertucci neben seiner Partei Esperanza por el Cambio (El Cambio) auch von der christdemokratischen Partei COPEI.
Seine WählerInnen
Seine typischen WählerInnen sind disziplinierte militante evangelikale Christen, die rund 17 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Bertucci profitiert auch von dem Umstand, dass aufgrund der Krise im Land viele BürgerInnen aus der Mittelschicht und Arbeiterklasse sich der evangelischen Kirche angeschlossen haben.
Wer ist Reinaldo Quijada?
Reinaldo Quijada wurde 21. November 1959 in der venezolanischen Botschaft in Genf/Schweiz geboren. Dieser ungewöhnliche Geburtsort erklärt sich aus dem Umstand, dass sein Vater zum damaligen Zeitpunkt als UN-Botschafter dort eingesetzt war. Im weiteren Verlauf seiner Kindheit wuchs er in Mailand und London auf bevor er im Alter von 11 Jahren zurück in die Heimat nach Caracas ging.
Bekannt geworden ist der Elektroingenieur als Redakteur der linken Internetseite Aporrea.org sowie als Autor bei der Chavista-Zeitung Diario Vea. Neben seiner Muttersprache Spanisch, spricht er Italienisch, Englisch und Französisch.
Politischer Fokus
Quijada nennt die Erklärungen der Maduro Regierung, wonach der Wirtschaftskrieg des Landes verantwortlich für die Krise sei absurd. Mit seiner Politik möchte er zum ursprünglichen Chavismo zurückkehren. Aufgrund seiner antiimperialistischen Haltung unterstützt Quijada die regionale Integration und bezieht Stellung gegen die Finanzblockade und militärische Aggression seitens der USA.
Er möchte darüber hinaus die bestehenden Währungskontrollen beibehalten, die Auslandsschulden des Venezuelas neu verhandeln, die Ölproduktion wieder optimieren, die Abhängigkeit von Importen verringern und das Verbrechen bekämpfen. Darüber hinaus versprach er, viele der subventionierten Güter preislich zu rationalisieren. Zudem erteilter er den Plänen von Falcón eine Absage, die venezolansiche Wirtschaft zu „dollarisieren“.
Politische Unterstützung von Parteien
Politisch steht Quijada dem Präsidenten Maduro kritisch gegenüber. Bei seinen politischen Bestrebungen wird er neben seiner eigenen Partei UPP89, die er 2015 gründete von Socialist Tide (Marea Socialista) unterstützt.
Seine WählerInnen
Die WählerInnen von Quijada kommen aus dem Reihen der unteren Mittelklasse, die eher intellektuell ist. Er bemühte sich auch die extremen Chávista-AnhängerInnen für sich zu gewinnen, die Maduro nicht wählen wollen, aber auch nicht für einen rechten Kandidaten stimmen würden.
Nicht der erste Putschversuch
Es ist nicht der erste Putschversuch in dem sozialistisch geführten Land. Am 27. Februar 1989 nach einer, über Nacht erfolgten starken Erhöhung der Preise für den öffentlichen Nahverkehr, kam es zu landesweiten Aufständen und Hungerrevolten, der sogenannten Caracazo. Die gewaltsame Niederschlagung kostete offiziell 246, inoffiziell 1000 bis 3000 Menschen das Leben.
Am 4. Februar 1992 führte Chávez einen Putsch des Movimiento Bolivariano Revolucionario 200 (MBR-200 zu deutsch: Bolivarianische Revolutionsbewegung) gegen die Regierung an. Nach nur wenigen Stunden wurde deutlich, dass der Aufstand gescheitert war. Der Putsch selbst war von zahlreichen Venezolanern begrüßt worden. Ein weiterer Versuch die Regierung zu stürzen wurde am 27. November 1992 unternommen.
Am 11. April 2002 scheiterte ein Putsch der Opposition gegen die Regierung Chávez. Und nun steht Maduro im Rampenlicht auf dem diplomatischen Parkett und kann das Tauziehen um ihn nur als Zuschauer ohne Einfluss auf die Entwicklung betrachten. Einzig das Militär und ein immer noch beträchtlicher Teil der Bevölkerung stehen ihm noch bei.
Nicht die erste Krise
Venezuela´s Déjà-vu-Erlebnis liegt in dem Verfall des Ölpreises. Von 1973 bis 1983 hat Venezuela rund 240 Milliarden US-Dollar durch den Verkauf von Erdöl eingenommen. Diese üppigen Einnahmen brachen jedoch seit 1983 weg, was in der Folge bis 1993 zu steigenden Auslandsschulden in Höhe von 45 Milliarden US-Dollar und einer anhaltenden Wirtschaftskrise führte. Schuld waren damals laut dem deutschen Historiker Michael Zeuske innenpolitische Probleme, Korruption, Elitenmisswirtschaft, massive Fehlinvestitionen, eine mangelhafte Bildungspolitik und die Vernachlässigung ganzer Wirtschaftszweige, wie der Landwirtschaft.
Nach der Absetzung des Präsidenten Pérez durch den Obersten Gerichtshof wegen Veruntreuung und Korruption wurde 1994 Rafael Caldera als neuer Präsident gewählt. Bis 1998 gelang ihm zwar die politische Stabilisierung, aber der Wirtschaftskrise wurde auch er nicht Herr. Die Inflationsrate lag bei 71 Prozent und eine schwere Währungskrise sowie ein Bankencrash ließen das Land erschüttern.
Abschlussbilanz
Der Ölpreis entscheidet in Venezuela über Wohl und Wehe. Insbesondere weil das Land seine Staatseinnahmen zur Hälfte aus dem Verkauf von Erdöl generiert. Mit dem niedrigen Ölpreis nutzen die USA die Gunst der Stunde, um den angeschlagenen Nachbarn gefügig zu machen. Der Goldpreis stand zudem auch schon besser im Kurs und der Tourismus ist aufgrund der Krise seit 2016 zusammengebrochen. Eine Kettenreaktion, die es umzukehren gilt. Steigt der Ölpreis, steigt der Wohlstand.
Solange keine eindeutigen Beweise auf dem Tisch liegen und nur Indizien und Behauptungen den Missstand in Venezuela erklären, solange heißt es im Sinne einer freien Welt, Misstrauen an der „offiziellen“ Wahrheit walten zu lassen. Ohne Frage muss das Land die Korruption in den Griff bekommen. Wenn dann noch der Ölpreis steigt, wird sich die Lage für die Bevölkerung verbessern.
Letzten Endes ist es das selbe Spiel wie in jedem Staat. Ganz gleich ob Demokratie, Diktatur oder Sozialismus, in jeder Regierungsform finden sich ausbeuterische Elemente. Sie zu bändigen muss insbesondere in Venezuela zeitnah gelingen.
Quellen:
https://www.schatzwert.de/rohstoffe/bodenschaetze/bodenschaetze-venezuela/
http://www.voyagesphotosmanu.com/industrie_von_venezuela.html
https://www.heise.de/tp/features/Parallele-Realitaeten-in-Venezuela-4052789.html
Weiterführende Informationen
http:// https://www.youtube.com/watch?v=QXOmJPHny3g – Chavez: Ein Staatsstreich von innen